Das Stichwort Astrologie würde in diesem Buch gar nicht auftauchen, wenn ich nicht eine Tante gehabt hätte, die eine Jugendfreundin hatte, die als Germanistin in den fünfziger Jahren in die USA zog und in New York Professorin und eine enge Freundin, später die Nachlassverwalterin von Hannah > ARENDT wurde. Das Stichwort Astrologie würde in diesem Buch gar nicht auftauchen, wenn es die Gruppe 47 nicht gegeben und wenn Hans Werner Richter mich nicht zur Tagung nach Princeton 1966 (> ARBEITSTITEL, > AUFGABE, > AYLER) eingeladen und sich diese Einladung an den Dreiundzwanzigjährigen nicht auch in der Familie herumgesprochen hätte. Das Stichwort Astrologie würde in diesem Buch gar nicht auftauchen, wenn meine Tante mir nicht dringend empfohlen hätte, ihre «interessante» Freundin Lotte Köhler in New York zu besuchen, und wenn ich nicht dieser Empfehlung gefolgt wäre. Und Frau Professor Köhler gegen Ende meines Besuches nicht meine exakte Geburtsstunde erfragt und gesagt hätte, es sei ihr Hobby, hin und wieder Horoskope von Freunden und Bekannten zu erstellen, sie sei da ganz gut, auch Hannah Arendt sei beeindruckt. Das Stichwort Astrologie würde in diesem Buch gar nicht auftauchen, wenn der Hinweis auf Arendt, diese große Dame der Vernunft, mich, der bis dahin Horoskope nur verlacht und verachtet hatte, nicht dazu gebracht hätte, nach meiner Rückkehr nach Deutschland meine Mutter nach der Geburtsstunde zu fragen und diese Daten Frau Köhler zu melden. Das Stichwort Astrologie würde in diesem Buch gar nicht auftauchen, wenn mir Frau Köhler nicht einige Monate später, im Dezember 1966, in einem kurzen Brief so beängstigend erfreuliche Sätze über meine Zukunft vorhergesagt hätte, dass ich vor lauter Scham und Angst um ein Zuviel an versprochenem Glück diesen Brief tief in meinen Schubladen versteckte und fast vergaß. Nun taucht das Stichwort Astrologie in diesem Buch auf, weil ich den Brief mit dem Kurzhoroskop dreißig Jahre danach wieder hervorholte und weitere zwanzig Jahre später in der Erzählung «Die Zukunft der Schönheit» erwähnte und zitierte.
Was brachte, frage ich mich, die in Mecklenburg geborene und nach New York emigrierte Frau Köhler dazu, mir, dem damals Dreiundzwanzigjährigen, zu einigen anderen erschreckend guten Eigenschaften auch noch «ästhetisches Gefühl» zu bescheinigen? Nur weil bei meiner Geburt Jupiter im Trigon zur Venus stand? Sie wird mit Sicherheit nicht gewusst haben, dass meine Eltern, sie sechzehn und er sechsundzwanzig, sich 1938 zum ersten Mal bei einem > ÄSTHETISCHEN ABEND getroffen haben.