Hermann Josef Abs, lange Chef der Deutschen Bank, 1966 Mitglied in dreiunddreißig Aufsichtsräten großer Firmen, fand im Jahr 1972, nur noch mit sechzehn Aufsichtsratsposten ausgestattet, die Zeit, gegen mich zu klagen – und er hatte nicht unrecht damit. In der satirischen Festschrift «Unsere Siemens-Welt» hatte ich im Kapitel «Unsere Führungskräfte» auch die Verdienste des Siemens-Aufsichtsrats Abs auf einer Seite gewürdigt. Wichtige Quelle war das Buch «Der Bankier und die Macht» von Eberhard Czichon, der Abs’ Rolle in der Nazizeit ausführlich recherchiert und dargestellt, in mehreren Punkten aber schlampig gearbeitet oder falsche Schlüsse gezogen hatte. Gegen solche falschen Tatsachenbehauptungen hatten Abs und die Deutsche Bank kurz vor dem Erscheinen meines Buches erfolgreich geklagt. Als Siemens und Abs im Herbst 1972 eine einstweilige Verfügung gegen «Unsere Siemens-Welt» beantragten, haben wir zwei kurze Zitate über Abs, die ich von Czichon übernommen hatte und die sich als nicht korrekt erwiesen hatten, geschwärzt beziehungsweise umformuliert. Damit war der juristischen Wahrheit Ehre getan. Nun waren wir Abs und die Bank los. Der fünfjährige Kampf des Siemens-Konzerns gegen Buch, Verlag und Autor war aufreibend genug, aber das ist eine andere Geschichte. Weil Czichon so schlecht gearbeitet und seinen Prozess schmählich verloren hatte, blieb der Großteil der nicht beanstandeten Fakten über die enge Kooperation von Abs und seiner Bank mit den Nationalsozialisten und ihrer Wirtschaftspolitik viel zu lange unbeachtet, ja tabuisiert, bis heute hat sich da wenig gebessert.
Anfang 1977 hatte ich in der «Frankfurter Rundschau» die Gelegenheit zur Revanche mit der Rezension eines Buches von Abs, «Lebensfragen der Wirtschaft». Doch ich ironisierte ihn lieber: «Alle lieben Abs. Unternehmer und Manager (…), Politiker (…), drei Generationen von Bankkaufleuten (…). Und auch die Linke liebt ihren Abs: als Inkarnation des bundesdeutschen Kapitalismus und lebendes Beispiel für die Tradition einer Wirtschaftsform, in der ein Hermann J. Abs die Wirtschaftspolitik Hitlers als auch Adenauers maßgeblich beeinflussen konnte – und das nicht nur als König der Aufsichtsräte.» Dann beschrieb ich die Komik, die lustigen Widersprüche zwischen Sonntagssprache und Alltagspraxis des Managerfürsten Abs. Es war eine kleine, vielleicht zu milde Revanche an einem Mann, der verhindern wollte, dass die «Siemens-Welt» auf den Markt kommt. Und den, nicht zu vergessen, die Amerikaner einst als Kriegsverbrecher anklagen wollten.