Rainer Barzel, den Oppositionsführer und Hoffnungsträger der CDU, in einen sowjetischen Panzer zu setzen, der den demokratischen Sozialismus der Tschechen und Slowaken niederschießt, war eine Frechheit, die man sich 1968 erlauben konnte – in der langen Vorzeit, als es noch keinen Shitstorm gab. Der Einfall war naheliegend: Ein kalter Krieger wie Barzel, Scharfmacher gegen alles, was links war oder aussah, beklagte vor den Mikrofonen völlig zu Recht die militärische Niederschlagung der tschechischen Reformpolitik durch die sowjetische Armee. Gleichzeitig muss er im Stillen glücklich gewesen sein, dass der demokratische Sozialismus damit am Ende war. Seine Tränen waren Krokodilstränen. Meine Trauer, meine Wut über den mit Gewalt abgebrochenen Versuch der ČSSR, dem Sozialismus den Parteikommunismus auszutreiben und damit menschlicher und effektiver zu werden (ob das funktioniert hätte, ist eine andere Frage), war so groß, dass es literarisch albern gewesen wäre, politisch erwartbar Herrn Ulbricht oder Herrn Breschnew anzuklagen. Aber den in Paderborn schon fast heiliggesprochenen und in Bonn mächtigen Barzel in einen sowjetischen Panzer zu setzen und den Augenzeugen vorzutäuschen, schien die einzig passende Provokation:
Prag, 23.8.68
In einem Panzer vor dem
Innenministerium entdeckten wir
plötzlich Barzel. Nie hätten wir
gedacht, dass sein, wie soll man sagen,
Lächeln so gut unter einen
Stahlhelm passt. Wir versuchten,
ihn in eine Diskussion zu verwickeln.
Mein Panzer, sagte er, dient
der Freiheit besser als euer
utopistisches Geschwätz. Er bestritt,
auf Unschuldige geschossen zu haben.
Er bot uns Zigaretten an.
Mit seinen Kameraden ging er
ausgesprochen freundlich um.
Er bestellte herzliche Grüße
nach Paderborn, die wir hiermit ausrichten.