Nach Frankfurt zu Theodor W. Adorno, der so viele kritische Köpfe meiner Generation anlockte, zog es mich nie. Die «Noten zur Literatur», «Minima Moralia» und die «Dialektik der Aufklärung» waren sehr inspirierend. Aber mehr musste nicht sein. Zu viel Philosophie für meinen kleinen Kopf. Selbst der berühmte Satz, es gebe «kein richtiges Leben im falschen», schien mir stets zu schön oder zu resolut oder zu statisch-steif, zu undialektisch, unwitzig formuliert, um wirklich klärend zu sein.
Als Gisela von Wysocki bei einem Essen mit Freunden von den Schwierigkeiten beim Schreiben eines Romans über Adorno erzählte, unterlief mir eher nebenbei ein Vorschlag, wie Adorno bildlich-literarisch zu packen sein könnte. Der erwies sich als produktiv und befreite die Autorin von ihrer Adorno-Blockade. Ihr wunderbarer Roman «Wiesengrund» erschien 2016. Und wieder war ich froh, kein Adorno-Schüler gewesen zu sein.