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19. Kapitel

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... Es war ein glühend heißer Tag. Alle Häftlinge hatten sich in die schattigen Ecken verkrochen. Laut Zeitplan hatten sie eine halbe Stunde Hofgang, aber keiner hatte Lust, sich braten zu lassen. Tonio Murano kauerte an der Mauer, als sich Al Capone neben ihm niederließ.

„Du bist ein feiner Kerl“, flüsterte Capone. „Ich habe dich beobachtet. Vielleicht hast du Lust, zu meinen Freunden zu gehören, denn Freunde kann man immer gebrauchen.“ Er streckte ihm die Hand hin.

Tonio schlug ein und stammelte: „Selbstverständlich, Al. Das ist ein Glückstag, heute.

Al stand auf. „Wir werden bald häufiger miteinander reden. Du weißt jetzt Bescheid, und ich habe Vertrauen zu dir. Ich hoffe, du wirst mich nicht enttäuschen.“

Einige Tage später begann in Alcatraz eine der immer wieder auftretenden Revolten. Sie wurde ausgelöst durch den Tod eines Häftlings, der an einem Magengeschwür gestorben war. Die Gefängnisleitung hatte medizinische Hilfe verweigert, weil man den Mann für einen Simulanten hielt. Die Häftlinge beschlossen einen Streik.

Capone hielt nichts von solchen Maßnahmen. Er bat um die Erlaubnis zu einer Arbeitsunterbrechung und wollte in seiner Zelle bleiben, bis die Sache vorüber war. „Diese Kerle sind wahnsinnig“, sagte er zu Tonio, „damit werden sie nichts erreichen.“

Dann fügte er hinzu: „Ich muss mich in acht nehmen, wenn ich hier noch mal lebend rauskommen will.“

Tonio nickte eifrig. „Das ist richtig, Al. Aber es gibt ein paar Leute, die auf dich aufpassen. Du kannst dich darauf verlassen.“

Tonio nahm natürlich auch nicht an dem Streik teil. Die prominenten Häftlinge ebenfalls nicht, so zum Beispiel Arthur Baker, der letzte Überlebende Sohn aus Mama Bakers mörderischer Brut, oder Roy Gardner, der Eisenbahnbandit.

Durch Aushungern wurde die Revolte erstickt, und als Al Capone zum ersten Mal zur Arbeit zurückkehrte, wurde ihm das Gewicht eines Fallfensters gegen den Schädel geschleudert. Tonio sah das Geschoss auf ihn zufliegen, stürzte sich auf Capone und riss ihn zur Seite. Capone wurde dadurch nur am Arm getroffen, wo er allerdings eine tiefe Schnittwunde davontrug. Nach diesem Vorfall wurde er dem Reinigungstrupp im Badehaus zugeteilt.

Das Badehaus lag direkt neben dem Friseur. Eines Tages erschien dort ein gewisser Lukas, Bankräuber aus Texas, zu seinem morgendlichen Haarschnitt. Als er fertig war, schnappte er sich eine Schere und rammte die Klinge in Capones Rücken, der gerade den Fußboden wischte. Dies brachte den Chicagoer Gangster eine Woche ins Lazarett. Seit diesem Zwischenfall passte Tonio Murano noch mehr auf ihn auf und wich ihm nicht von der Seite, soweit es die Gefängnisordnung erlaubte. Capone hatte Vertrauen zu ihm gefasst.

Sie sprachen viel miteinander, wobei Tonio allerdings meistens zuhörte. Al redete gern und viel, er brauchte Zuhörer. Tonio hing immer wie gebannt an seinen Lippen, wenn Al von den Zeiten in Chicago erzählte. Von den Leuten, mit denen er zusammengearbeitet hatte. Einige davon hatten ihn verraten. Tonio merkte sich diese Namen.

„Du kannst mir einen Gefallen tun, wenn du eines Tages hier herauskommst“, sagte Al. „Ich werde dir noch alle Einzelheiten verraten. Ich habe nämlich noch ein paar Reserven versteckt, von denen nur ich etwas weiß. Wenn ich tot bin, kannst du darüber verfügen, aber du musst mir versprechen, dass du nicht mit den Leuten zusammenarbeitest, die ich dir genannt habe.“

Tonio hatte genau verstanden, was Al meinte. Er wollte, dass er – Tonio – die Verräter zur Rechenschaft zog. Und dafür konnte er über das geheime Erbe von Al verfügen.

Diese Aussicht ließ Tonio Murano viele lange Jahre hinter Gittern ertragen. Sein Geist verwirrte sich, sobald er an dieses Ziel dachte. Er war nicht krank im medizinischen Sinne. Kein Mensch merkte ihm diese fixe Idee an, aber im Laufe der Jahre hatte er sich immer fester in sie verrannt. Ansonsten hielt ihn jeder für einen ziemlich normalen Menschen. Er lebte in sich zurückgezogen und freundete sich kaum mit anderen Häftlingen an.

In seinem Geist hatten sich die Namen derer, die er später zu Rechenschaft ziehen wollte, unauslöschlich eingegraben. Er dachte Tag und Nacht an sie, und darüber verging Jahr um Jahr in Alcatraz und später in Leavenworth.

Al Capone war längst entlassen und einige Jahre später gestorben, aber Tonio Murano hatte nicht ein Wort von dem vergessen, was der berüchtigte Gangster ihm gesagt hatte. Es wurde zu einer fixen Idee für Tonio, und wenn er allein in seiner Zelle saß, berauschte er sich im Gedanken daran, was er machen würde, wenn man ihn eines Tages endlich entlassen würde.

Im Laufe der Zeit vermischten sich die Worte, und der Bezug zur Realität verschwand immer mehr. Als man Tonio Murano begnadigte und in die Freiheit entließ, hatte er nur noch einen Gedanken ...

*

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DER ALTE MANN KICHERTE leise. Viel Zeit war vergangen, aber für eine Rache war es nie zu spät. Schade war nur, dass die meisten der Leute nicht mehr lebten, deren Namen damals gefallen waren. Nicht alle hatten Nachkommen, an die man sich halten konnte. Aber es gab immer noch genügend von ihnen. Er hatte noch viel zu tun.