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11. Kapitel

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Das Telefongespräch, das Tony Marengo ohne Wissen seines Auftraggebers Scalise geführt hatte, setzte inzwischen erste Reaktionen in Gang. Der Mann am anderen Ende der Leitung war sofort tätig geworden. Er hatte die Informationen weitergeleitet. Der Mann, der sie jetzt hatte, war schon ein wichtiges Glied in der Kette.

Notfalls hätte er auch allein entscheiden können, was nun geschehen musste, doch in diesem Falle wollte er sich lieber absichern.

Er rief seinerseits eine weitere Person an.

„Ich bin’s“, meldete er sich. „Sie erkennen meine Stimme?“

„Natürlich!“, entgegnete der Gesprächspartner leicht verärgert. Schließlich war es mitten in der Nacht.

„Ich habe soeben Informationen erhalten, dass die Dinge in Chicago eine unglückliche Wendung nehmen. Es wird große Schwierigkeiten unter den Familien geben – und damit natürlich großes Aufsehen.“

„Ich habe andeutungsweise davon gehört“, erwiderte der andere vorsichtig.

„Ich schlage vor, dass wir sofort einen Mann hinschicken, der alles stoppt und dann die Argumente auf beiden Seiten prüft. Er muss alle erforderlichen Vollmachten besitzen, um notfalls die Dinge anderweitig zu beenden.“

„Ich verstehe.“

„Die Zeit drängt!“

„Gut. Leiten Sie die erforderlichen Schritte in die Wege. Ich werde die Zustimmung der anderen nachträglich einholen. Handeln Sie!“

„Danke“, sagte der Mann, aber die Leitung war bereits tot. Sein Gesprächspartner hatte aufgelegt. Langsam legte der Mann den Hörer auf die Gabel. Er machte ein nachdenkliches Gesicht. Jetzt lag die Verantwortung bei ihm. Er konnte sich ihr nicht mehr entziehen. Und er wusste außerdem, dass ihm kein Fehler unterlaufen durfte. Die Organisation, für die er arbeitete, duldete keine Fehler.

Er wählte erneut. Auch diesmal brauchte er nicht lange zu warten, bis sich am anderen Ende jemand meldete. „Ja. Hier Gucci.“

„Hör zu! Wir haben einen Auftrag für dich. Er kommt von ganz oben.“

„Verstehe“, entgegnete Gucci. „Ich bin bereit.“

„Die Einzelheiten besprechen wir persönlich. Ich will dich heute noch sehen. Nur so viel: Es geht nach Chicago.“

Gucci lachte. „Schöne Stadt. Wollte ich immer schon gerne mal wieder hin.“

„Es ist keine Vergnügungsreise.“

Gucci wurde sofort wieder ernst. „Okay. Sie wissen, dass Sie sich auf mich verlassen können. Ich bin in etwa zwei Stunden bei Ihnen.“

„In einer“, befahl der Mann und legte auf.

Ernesto Gucci, Vollstrecker der Mafia, hatte einen Auftrag bekommen. Er wurde nur auf besondere Anordnung eines Mitgliedes der Commissione eingesetzt und war auch nur dieser obersten Instanz der Mafia verantwortlich. Er hatte noch nie in seinem Leben im Gefängnis gesessen, man hatte ihn noch nicht einmal angeklagt. Seine Tarnung war perfekt. Er besaß in New York einen Gemüseladen, den er mit zwei Angestellten betrieb, die von seiner sonstigen Funktion keine Ahnung hatten.

Das Honorar für seine Mafia-Aufträge legte er in sicheren Aktien an. Irgendwann wollte er sich zur Ruhe setzen, obwohl ihm bewusst war, dass eine solche Absicht nicht ganz einfach durchzusetzen sein würde. Ein Mann wie er gehörte bis an sein Lebensende der Mafia.

Gucci war ein Profi. Selten hinterließ er eine Spur, die überhaupt auf Mord schließen ließ. In der Regel arrangierte er Unfälle.

Unfälle, die so perfekt waren, dass sie nach der üblichen Untersuchung als ‚Erledigt‘ zu den Akten gelegt wurden. Er war stolz auf seine Arbeit. Und die Mafia belohnte ihn mit hohen Prämien.