image
image
image

62

image

Als das Phantombild fertig war, blickten Frank von Hesse und die Polizeibeamten fassungslos darauf nieder, dann sahen sie Patrick an, schließlich einander. Morettis Miene war verkniffen und sah aus wie in Stein gemeißelt. Sutter konnte sich im ersten Moment ein zynisches Grinsen nicht verkneifen, obwohl die Situation zu traurig war.

Scherrer schüttelte tief seufzend den Kopf, ehe er ihre Betroffenheit in Worte zu fassen versuchte: „Sie müssen sich irren, Herr Bach! Das kann nie und nimmer unser Mörder sein!“

„Aber ich bin mir ganz sicher!“, fuhr der junge Mann aufbegehrend hoch und drehte sich brüskiert nach ihm um, bevor er einen hilflosen Blick mit von Hesse wechselte, der jedoch lediglich die Achseln zucken und ihm nicht beistehen konnte.

Der Abteilungsleiter lenkte seine Aufmerksamkeit wieder auf sich, indem er mit der Hand zurück auf den Bildschirm deutete. „Was sehen Sie, wenn Sie ganz genau hinsehen?“

Bach zuckte frustriert und verärgert die Schultern. „Na, den Mörder! Also, ich meine den Kerl, den ich zum Chef gebracht habe!“

Scherrer warf Moretti einen vielsagenden Blick zu. Er begriff, dass der Zeuge ihr Unverständnis nicht verstand und er es ihm zeigen musste. „Arno, mach ihm schwarze Haare.“

Der Spanier tat es und alle starrten frustriert auf das Bild nieder.

„Wen sehen Sie nun?“

„Er war blond! Ich bin doch nicht blöd!“, beharrte Bach anstelle einer Antwort.

Von Hesse klopfte ihm trotz traurigem Ausdruck im Gesicht beruhigend auf die Schulter.

Der Abteilungsleiter kratzte sich im Nacken am Haaransatz. „Und doch muss Ihnen ein Fehler unterlaufen sein!“, stieß er tief seufzend aus, bevor er auf den Adligen deutete. „Mit dunklem Haar sieht er aus wie Ihr Boss, Herr von Hesse! Blond und kurz wie einer unserer Beamten!“

Frank August musste ihm recht geben, eine gewisse Ähnlichkeit bestand, und das war ziemlich beunruhigend.

Auch Moretti fand diesen Umstand alles andere als erfreulich. Nach den großen Hoffnungen, die er in diesen Zeugen gesetzt hatte, war er erst mal nicht in der Lage, seine Enttäuschung in Worte zu fassen. Sein Mund öffnete und schloss sich im schnellen Takt mit dem Heben und Senken seines massigen Brustkorbs. Er stand nur da und starrte den Rücken dieser Niete von hinten verärgert an.

„Das einzige, was ich Ihnen zugestehen kann“, fuhr Scherrer fort, „sind die blonden, langen Haare, ansonsten muss Ihnen etwas durcheinander geraten sein! Was Sie gezeichnet haben, ist ein Dutzendgesicht!“

Patrick hob abwehrend die Hände, um weiter zu protestieren, ließ es dann aber angesichts der Klugscheißer sein. Sie hatten seine Hilfe gewollt! Wenn sie ihm nicht glaubten, war das ihr Fehler, ihm konnte das ja egal sein! „Glauben Sie, was Sie wollen!“, fauchte er und stand genervt auf. „Ich nehme an, dass Sie keine Verwendung mehr für mich haben!“ Es war keine Frage, eher eine Feststellung, die wie eine Verabschiedung klang.

Nachdem er sich umgedreht hatte, stand er dem Kommissar direkt gegenüber. Wie die meisten Menschen überragte er ihn um mehrere Zentimeter.

Scherrer blickte Moretti bekümmert an.

Wie jeder von ihnen hatte er sich alles von dem Zeugen erhofft und nichts dazugewonnen, und er sah aus wie jemand, der nicht mehr wusste, was er tun sollte! Die Frage, wie er es jetzt anstellen sollte, um den Schlächter zu kriegen, wenn der einzige, der den Killer gesehen hatte, nicht einmal in der Lage war, ihnen eine brauchbare Darstellung zu liefern, stand wie ein großes Fragezeichen in seinem Gesicht! Seine Stimme klang spröde, als er zu ihm sagte: „Ja. Trotzdem, vielen Dank.“

Bach nickte ihnen nur noch ungnädig zu, ehe er an ihnen vorbeirauschte und die Beamten seufzend mit ihren Problemen stehen ließ.

Moretti fuhr entnervt zu ihm herum. „Hey, einen Moment noch!“, fand er endlich seine Stimme wieder, weil sie ihn doch noch brauchten!

Auch Sutter warf dem jungen Mann einen verdrossenen Blick nach. Es ärgerte ihn, dass er das ganze Tamtam und das Polizeiaufgebot zu seiner Rettung um nichts veranstaltet hatte! „Warten Sie draußen auf mich, ich fahre Sie und Herrn von Hesse zurück und dann sehen wir uns den Weinberg an!“, rief er ihm bei seinem wütenden Abgang hinterher.

Frank August wechselten einen kurzen Blick mit ihm, dann folgte er ihm dicht auf den Fersen, um ihn zu beruhigen und davon abzuhalten, ohne sie wegzulaufen.