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Hesse blickte Scherrer von seinem Stuhl aus beunruhigt an. Mit Bestürzung hatte er die Kommunikation der Männer mitverfolgt und machte sich unmittelbar mehr Sorgen als zuvor. Er hatte die Unterarme auf den Schenkeln aufgelegt, sein Rücken war vor Angst und Kummer gekrümmt, vor lauter Hilflosigkeit knetete er seine langen, feingliedrigen Finger.

„Dani, warte, ich fahre mit!“, rief Scherrer seinem Kollegen Daniel Leuthard von der Sondereinheit Enzian hinterher, der soeben mit seiner Mannschaft am Tresen vorüberhastete. „Ihr haltet hier die Stellung!“, ordnete er den Zurückbleibenden über die Schulter hinweg an.

Diese nickten, er war sicher, dass der eine oder andere am liebsten selbst gern mitgekommen wäre. 

Dezernatschef Dani Leuthard blieb stehen und wartete auf ihn.

Als er eilig den Tresen umrundete und aus dem Büro hastete, stemmte sich Hesse aus seinem Stuhl in die Höhe. „Und ich begleite Sie!“, erklärte er mit entschiedenem Tonfall, der keinen Widerspruch duldete.

Ohne anzuhalten, eilte ihm Scherrer entgegen und an ihm vorbei, so dass sich Frank August beeilen musste, um neben ihm Schritt zu halten. Während sie sich Leuthard anschlossen, verschwanden die Spezialisten der Kampfeinheit vor ihnen bereits gegen den Aufzug zur Einstellhalle. 

Scherrer blickte Hesse scharf an. Mit seiner verkniffenen Miene und vorgerecktem Kinn sah er zu allem entschlossen aus und machte ihm bewusst, dass er sich nicht so einfach umstimmen lassen würde. Er hingegen war in Eile und wollte sich mit ihm auf keine Diskussionen einlassen. Obwohl es nicht üblich war, nickte er, um keine wertvolle Zeit zu vergeuden. „Es wird zu einem Schusswechsel kommen! Sie werden im Auto bleiben!“, bestimmte er mit eisiger Stimme knapp.

Frank August nickte erleichtert; er hatte sichtlich mit einem schwereren Stand gerechnet. „Ich werde mich hinter Ihnen halten“, versprach er.

„Ich kann keine Garantie für Ihre Sicherheit übernehmen!“

„Keine Angst, das tue ich schon selbst! Ich verspreche Ihnen, ich halte mich im Hintergrund. Aber ich will dabei sein, wenn Sie den Mörder meiner Familie schnappen!“

Seine Jacke zerknüllt in der Faust, ging ihnen Scherrer voran. „Na dann, kommen Sie! Die Sondereinheit wird nicht auf uns warten!“

Im Eiltempo schritt Hesse mit seinen langen Beinen hinter Scherrer her, der mit den flachen Handballen die Türflügel aufwuchtete, und er musste die Unterarme hochreißen, damit sie ihm nicht an den Kopf flogen, als sie zurückpendelten. Hinter ihm hatte Leuthard dasselbe Problem. Sie eilten über einen langen Korridor, dann die Stiegen hinunter. Scherrer nahm sich nicht die Zeit, auf den Aufzug zu warten, zu Fuß waren sie schneller. Ihre Schritte widerhallten im Treppenhaus.

Wenig später schossen die Polizeiwagen wie Katapulte mit lautem Sirenengeheul aus der tieferliegenden Ausfahrt der Einstellhalle an die Erdoberfläche und fädelten sich in den dichten Mittagsverkehr ein. Die Einsatzfahrzeuge scherten in aller Eile hinter einem Personenwagen hervor, schossen in eine entstandene Verkehrslücke dem nächsten Wagen an die Stoßstange und schrammten dicht an ihren Hecks und Kotflügeln vorbei von einem Auto zum anderen. Die von der Sirene verlangte Gasse bildete sich nur langsam, aber wie Sutter war Scherrer ein gewandter Wagenlenker. Trotzdem brach ihm nicht nur wegen seinen halsbrecherischen Manövern der kalte Angstschweiß aus, mit denen er den Einsatzwagen der Sondereinheit Enzian folgte.