E in angenehmes Knistern umgibt mich. Der Duft nach frischer Wäsche. Warme, weiche Bettlaken, in denen ich ewig liegen könnte … Ewig … Wäre da nicht dieser Schmerz, der immer wieder an den unterschiedlichsten Stellen meines Körpers aufzüngelt.
Jäh kommt die Erinnerung zurück. An die Männer. Den Jungen, in dessen Traum ich eingestiegen bin. Das goldene Tor. Die Felsspalte. Das fremde Mädchen –
Bin ich zurück in der Villa? Haben die Männer mich doch erwischt? Bevor sich Verzweiflung in meinem Inneren ausbreiten kann, zwinge ich mich, die Augen zu öffnen.
Sofort durchzuckt Schmerz meinen Hinterkopf. Doch da ist auch Erleichterung. Dieser Raum gehört mit Sicherheit nicht zu dem alten Haus der Traumgänger. Ich liege in einem breiten Bett mit weicher, weißer Bettwäsche, das fast das gesamte Zimmer ausfüllt. Da ist noch ein Schrank in der Ecke und Vorhänge, durch die warmes Licht hindurchscheint.
Als ich mich aufsetze, stelle ich fest, dass ich diesmal nicht gefesselt bin. Trotzdem protestieren meine Gliedmaßen gegen jede Bewegung. Da bemerke ich einen Verband an meinem Arm. Die Haut darunter glüht. Ich fasse mir an die pochende Wange und finde auch hier ein Pflaster.
Jemand hat mich versorgt und in dieses Bett gelegt.
Meine schmerzenden Gliedmaßen ignorierend, stehe ich auf und schiebe die bodentiefen Vorhänge beiseite. Ich muss herausfinden, wo ich bin. Blinzelnd stehe ich vor der Fensterfront und kann einen Moment nicht ganz verarbeiten, was ich sehe.
Vor mir breitet sich ein Meer aus Beton, Glas, Stahl und Teer aus – verwoben zu großen und kleinen Gebäuden, deren Glasfassaden in der Nachmittagssonne blitzen. Einige erreichen die Höhe, auf der ich mich befinde. Auf andere sehe ich herunter, kann unzählige begrünte Dachterrassen entdecken. Autos schieben sich über das Grau der Straßen, und Menschen drängen sich wie kleine, bewegliche Punkte zwischen ihnen hindurch.
Eine Ahnung beschleicht mich, als ich in der Ferne einen Turm entdecke, dessen Spitze wie eine Nadel in den Himmel ragt: das Empire State Building. Ist das hier etwa New York City?
Erst Deutschland, jetzt New York? Wie bin ich bloß hierhergekommen? Und noch wichtiger, wie komme ich hier wieder weg?
Als ich hinter mir ein Geräusch höre, wirbele ich herum. Die Tür wird langsam geöffnet. Ich scanne das Zimmer, sehe jedoch nichts, womit ich mich verteidigen könnte. Mir bleibt also nichts anderes übrig, als abzuwarten, wer da ins Zimmer tritt.
Als ich die Person erkenne, streiten sich zwei Gefühle gleichzeitig um die Oberhand in mir: Erleichterung und der Drang, sofort zu flüchten.
Im Türrahmen steht das Mädchen aus Somna. Das Mädchen, das ich so dringend gesucht habe. Das Mädchen, dem ich meine Rettung vor den Männern der Traumunion verdanke. Aber auch das Mädchen, das für mich so sehr mit Gefahr und Flucht verbunden ist, dass sich jede Zelle meines Körpers instinktiv anspannt.
Auf ihrem Gesicht steht ein Ausdruck, den ich nicht deuten kann.
»Hi, Selena«, sagt sie.
»Hi«, presse ich hervor.
»Du bist wach«, stellt sie fest und schließt die Tür. Dann geht sie auf mich zu, und mit jedem Zentimeter, der zwischen uns schwindet, rasen meine Gedanken schneller. Wo bin ich? Wie konnte sie mich hierherbringen? Bin ich jetzt in Sicherheit? Bekomme ich endlich Antworten? Oder ist das hier am Ende nur eine weitere Falle?
»Ich bin Mo.«
Fast hat sie mich erreicht, streckt mir die Hand entgegen. Ich registriere die Vorsicht, die hinter ihrem Lächeln liegt. Sehe alles gleichzeitig: Ihren schwarzen Pferdeschwanz, die dunklen Augen, die mich mustern, die steilen Brauen und das breite Kinn. Vermutlich ist sie nur ein wenig älter als ich.
Ich gebe mir einen Ruck und ergreife ihre Hand, die noch immer zwischen uns in der Luft hängt. Ich habe keinen Grund, ihr zu misstrauen. Sie hat mir nie etwas getan. Im Gegenteil.
Als ich versuche zu lächeln, zieht ein stechender Schmerz durch meine verletzte Wange.
»Ich bin Selena.« Ich räuspere mich. »Aber das weißt du ja offenbar schon.«
Erleichterung ist auf ihrem Gesicht zu sehen. Ihre Hand ist weich in meiner. Ich lasse sie los.
»Wo bin ich?«, frage ich, und irgendein Winkel meines Gehirns spielt mir die Erinnerung an mein Erwachen bei den Traumgängern ein. Habe ich da nicht dieselbe Frage gestellt? Aber das hier ist anders. Ganz anders. Oder etwa nicht?
Gerade will Mo zu einer Antwort ansetzen, als ein Summen das Zimmer erfüllt.
»Entschuldige.«
Sie zieht ein Handy aus der Hosentasche, zögert kurz und nimmt dann den Anruf an.
»Ja?«
»Ist sie wach?«, dringt es aus dem Gerät, laut genug, damit ich es hören kann. Etwas in mir erstarrt. Es ist eine Männerstimme.
Mo wirft mir einen Blick zu.
»Ja, sie ist gerade aufgewacht. Soll ich sie zu dir bringen?«
Die Männerstimme antwortet, doch mein Gehirn registriert schon nicht mehr den Sinn der Worte. Es passiert wieder. Das hier ist genau wie bei den Männern. Nur schickt hier jemand ein Mädchen vor, um mein Vertrauen zu gewinnen. Gleich wird die Traumgängerin mich zu irgendeinem Mann bringen, und der wird mich wieder unter Drogen setzen und nach Somna zwingen. Plötzlich weiß ich nur noch eins: Ich muss hier weg.
Trotz meines schmerzenden Körpers springe ich auf das Bett, lasse es in wenigen Sätzen hinter mir und bin zur Tür hinaus.
Ich muss hier raus. Irgendwie.
Ohne nachzudenken, biege ich nach rechts ab und sprinte einen langen Gang entlang, an einigen Türen vorbei.
»Selena!«, höre ich in meinem Rücken.
Ich stoße eine Tür auf, in der Hoffnung, dass sich dahinter ein Treppenhaus verbirgt. Doch es ist nur ein weiteres Schlafzimmer, in dem überall Gegenstände und Klamotten verstreut liegen.
Ohne zu überlegen, renne ich weiter den Gang hinunter, der in einem großen hellen Raum mündet. Noch während ich laufe, wird mir bewusst, dass ich einen Fehler begangen habe. Das hier ist eine Sackgasse.
Ich bin in einer Wohnküche mit einer ausladenden Sofalandschaft und einem edel wirkenden Küchenblock gelandet. Eine riesige Fensterfront bietet eine Aussicht auf die Skyline, doch nirgends ist eine weitere Tür zu sehen.
Da höre ich Schritte hinter mir.
Mein Blick bleibt an etwas hängen, und mein hämmerndes Herz lässt mich darauf zustürzen. Es ist ein Messerblock, aus dem mehrere schwarze Griffe ragen. Wahllos ziehe ich an einem davon und halte die lange Klinge wie ein Schwert vor mich.
Die fremde Traumgängerin – Mo – erreicht das Zimmer und bleibt im selben Moment schlagartig stehen.
Den Küchenblock zwischen uns, starrt sie auf das Messer in meiner Hand, und ihre Lippen formen ein Wort, das ihren Mund nicht verlässt.
»Ich lasse mich nicht verarschen!«, schreie ich sie an. »Du wirst mich jetzt gehen lassen!«
Das Messer in meiner Hand bebt, als ich damit auf sie deute. Das Mädchen hebt die Arme. In ihrer rechten Hand liegt noch immer das Handy. Sie führt es zum Mund und sagt: »Eric. Ich muss dich zurückrufen.«
Dann legt sie auf und steckt das Handy langsam in die Hosentasche.
»Du kannst jederzeit gehen, Selena. Echt. Ich halte dich nicht auf.«
Sie spricht noch weiter, aber ich höre sie kaum. In meinem Kopf hallt ein einziges Wort und bringt all meinen Widerstand ins Wanken. Eric. Soeben hat sie den Mann am Telefon so genannt. Sie werden unruhig. Ich muss zurück zu Eric. Das hat mein Vater in seiner Nachricht geschrieben.
Ich kann nicht anders. Ich muss fragen.
»Wer ist Eric?«, flüstere ich mit belegter Stimme.
Mo öffnet gerade den Mund, um zu einer Antwort anzusetzen, als ein weiteres Mädchen die Küche betritt. Sie trägt graue Sweatpants und einen ausgebeulten Hoodie. Ihre aschblonden Haare sind in einem unordentlichen Knoten auf dem Kopf zusammengebunden – direkt hinter überdimensionalen Kopfhörern, die sie sich jetzt mit einem interessierten Blick auf mich abstreift. An den Füßen trägt sie riesige Hausschuhe mit Löwenköpfen, die über den Boden auf mich zuschlurfen.
»Du musst Selena sein«, stellt sie in einem breiten amerikanischen Akzent fest und streckt mir die Hand entgegen, ohne auf das Messer zu achten, das ich noch immer vor mir in die Höhe halte.
Ich bin so perplex, dass ich meine rechte Hand vom Griff löse und ihre schüttele.
»Willkommen in der WG . Ich bin Denise.«
Ein schiefes Lächeln liegt kurz auf dem blassen Gesicht, dann wendet sie sich ab und öffnet den Kühlschrank neben mir.
Ich beobachte, wie sich Denise einen riesigen Karton Orangensaft herausnimmt, ein Glas aus einem der Küchenschränke holt und sich einschenkt. Das Gluckern des Safts und das leichte Knarzen der Kühlschranktür, als sie den Karton zurückstellt, hören sich unfassbar laut an.
Erst als Denise samt Glas wieder zum Ausgang der Küche schlurft, sagt sie: »Bis später, Mo.«
Dann ist sie verschwunden.
Ich wende mich wieder zu Mo. Die verzieht das Gesicht.
»Das war Denise.« Sie zuckt mit den Schultern. »Sie kann manchmal ein bisschen seltsam sein. Hilft Eric bei seinen Forschungen im Traumlabor.«
Da ist er schon wieder. Der Name.
»Wer ist Eric?«, wiederhole ich.
Mo hebt eine Augenbraue.
»Mit dem habe ich gerade telefoniert, als du ausgerastet bist. Er möchte dich kennenlernen. Wenn du willst, bringe ich dich zu ihm.«
Ich zögere. Ist das hier eine Falle? Oder die Chance, endlich Antworten zu bekommen?
Mo wertet mein Schweigen offenbar als Zustimmung, denn sie zieht ihr Smartphone wieder hervor und beginnt, zu tippen. Dann hebt sie das Handy ans Ohr, und sagt ein paar Sekunden später: »Hey. Also ich glaube …« Wieder wirft sie mir einen Blick zu. Ich spüre das Messer schwer in meiner Hand. »Selena will dich kennenlernen … Okay, gut. Bis gleich.«
Damit legt sie auf und lässt das Handy zurück in die Tasche gleiten.
»Er kommt hoch«, sagt sie. »Wir können in seinem Büro warten.«
Irgendetwas an ihrem Lächeln und der Art und Weise, wie sie sich jetzt zum Gehen wendet, lässt die Anspannung aus meinen Gliedern weichen. Klappernd lege ich das Messer auf die Arbeitsfläche des Küchenblocks. Ich weiß, dass Mo es gehört hat. Doch sie dreht sich nicht um. Sie verlässt einfach die Wohnküche.
»Der Ausgang wäre übrigens in die andere Richtung gewesen«, sagt Mo, sobald wir wieder auf dem Gang stehen.
Ich meine, Belustigung in ihrer Stimme zu hören, als sie den Flur hinunter deutet. Dieses Apartment muss riesig sein. Wer auch immer Eric ist – wenn ihm all das hier gehört, ist er stinkreich.
»Und mein Zimmer kennst du ja auch schon. Besser, wir machen hier mal die Tür zu. Ich bin nicht so die Ordentliche.«
Mo lächelt mich an, während sie die Tür zu dem Schlafzimmer schließt, das ich vorhin für den Ausgang gehalten habe. Das Lächeln hat noch etwas Unsicheres an sich, aber es sieht authentisch aus.
Ich muss wieder daran denken, dass mich die Traumgänger vermutlich hinter das strahlende Tor gestoßen hätten, wenn sie nicht aufgetaucht wäre. Vermutlich habe ich mit meiner Flucht wirklich überreagiert. Aber bevor ich nicht weiß, wo ich hier genau bin und wie ich hierhergekommen bin, werde ich auf der Hut bleiben. Das nehme ich mir fest vor. Schweigend folge ich Mo den Gang hinunter und um eine Ecke.
»Das ist Erics Büro«, sagt sie schließlich und öffnet eine weitere Tür.
Dahinter liegt ein abgedunkeltes Zimmer. Noch während ich über die Schwelle trete, steigt Übelkeit in mir auf. Ein penetranter Geruch dringt mir in die Nase, und einen Augenblick später kann ich die Quelle ausmachen: In einer Ecke des weitläufigen Raumes, direkt neben dicken, zugezogenen Vorhängen und einer Sitzgruppe aus Kissen, qualmen mehrere Räucherstäbchen.
Das hier ist vermutlich das seltsamste Büro, in dem ich je gewesen bin. Eine Wand wird von einem Bücherregal eingenommen, während an der anderen eine riesige Leinwand hängt. Davor liegt eine Spielekonsole mit mehreren Controllern auf dem Boden. In der Mitte des Raumes steht ein Schreibtisch mit geschwungenen und filigran verzierten Beinen. Hinter mir befindet sich ein ungemütlich wirkendes Sofa. Das Zimmer ist wie eine Collage, die jemand ohne konsequente Idee zusammengesetzt hat.
»Eric hat einen ziemlich seltsamen Geschmack. Den Rest der Wohnung hat er zum Glück mir überlassen«, kommentiert Mo meine unausgesprochenen Gedanken.
Ich nicke nur und betrachte das Bücherregal. Ein schlechtes Gewissen legt sich über mein Inneres, als ich an das Arbeitszimmer meiner Mutter denke. Vielleicht sitzt sie jetzt dort und glaubt, dass sie nach meinem Vater nun auch mich verloren hat. Vermutlich ist mein Onkel bei ihr, um sie zu trösten.
Am liebsten würde ich sie sofort anrufen. Aber mein Handy liegt zu Hause in Griechenland, wie so vieles unerreichbar für mich.
Da ich nicht weiß, was ich sonst tun soll, schlendere ich durch den Raum, bis ich vor dem Bücherregal stehen bleibe. Außer einem Regalbrett ist es zum Bersten gefüllt. Auf diesem stehen nur wenige Bücher, und ein paar vereinzelte Gegenstände liegen daneben, die nach technischen Gerätschaften aussehen. Ich lasse den Blick über die Buchrücken schweifen, als ich an einer verschnörkelten Schrift hängenbleibe: Somna – Mythen und Sagen der Traumwelt. Derselbe Titel wie im Arbeitszimmer meiner Mutter. Gerade will ich die Hand danach ausstrecken, da räuspert sich jemand. Irritiert sehe ich mich um.
Fast habe ich Mo vergessen, die hinter mir steht und mich mit verschränkten Armen beobachtet.
»Ein ›Danke, dass du mir das Leben gerettet hast‹, wäre übrigens auch ganz nett«, sagt sie.
»Was?«
»Du hast mich schon verstanden.«
Ich starre sie an, und brauche einen Moment, ehe ich den Sinn ihrer Worte begreife. Dann flammt Ärger in mir auf. »Du hast mich verschleppt! Wo sind wir hier überhaupt?«
»Hätte ich das nicht getan, wärst du jetzt tot. Diese Männer waren drauf und dran, dich hinter das Tor zu stoßen. Das hast du schon mitbekommen, oder?«, fragt Mo, und ich meine, Sorge unter ihrem angriffslustigen Ton herauszuhören. »Und dann wärst du nicht nur deine Fähigkeiten los, sondern auch noch mausetot. Gut, dass Eric dir schon als Kind einen Tracker eingesetzt hat. So konnten wir dich noch rechtzeitig finden.« Sie stockt. »Und wir sind übrigens in New York City. In unserer WG .«
Ich schüttele den Kopf, versuche ihn vom Duft der Räucherstäbchen zu befreien und Ordnung in all diese Informationen zu bringen. Eine neue Welle Kopfschmerzen erfasst mich.
»Ein Tracker?«, ist das Einzige, was ich hervorbringe.
»Ja.« Mo zieht die Stirn kraus. »Wie hast du denn gedacht, dass ich dich so leicht gefunden habe?«
Ein implantierter Tracker … Was zum …
Doch bevor ich diese Neuigkeit richtig begreifen kann, bewegt sich etwas direkt neben mir. Ein Teil des Regals gleitet beiseite und offenbart ein helles Treppenhaus. Eine Geheimtür.
Hastig weiche ich zurück, doch Mo scheint nicht im Geringsten überrascht.
Schritte erklingen auf der Treppe, und ich starre auf die Stufen, als könnte ich Eric so schneller erscheinen lassen. Fast vergesse ich zu atmen.
Dann ist es so weit. Der Mann, der auf mich zukommt, hat ungeordnete, aschblonde Haare und trägt einen schwarzen Rollkragenpullover zu einer hellen Leinenhose. Da ist ein Lächeln auf seinem Gesicht, das die mit dunklen Schatten umrandeten grünen Augen übermütig glänzen lässt.
»Selena!«, sagt er und hat mich erreicht, noch ehe ich einen sinnvollen Gedanken fassen kann.
Eric betrachtet mich, und einen Moment lang wirkt es, als wolle er mich umarmen. Doch dann streckt er mir die Hand entgegen. Ich greife danach, spüre den festen Druck seiner Finger.
»Ich freue mich so, dich endlich kennenzulernen.«
»Eric?«, sage ich nur.
Er nickt, und sein Blick zuckt unruhig über mein Gesicht.
»Geht es dir gut? Willst du dich hinsetzen? Vermutlich wirkt das Debix noch nach … Und dann noch das ganze Adrenalin, das Mo dir verpassen musste, um dich da rauszuholen.«
Er deutet auf das Sofa und scheint dabei ehrlich besorgt.
Ich ignoriere seine Aufforderung und schiebe die Hände in meine Hosentaschen. Mit den Fingern umschließe ich die Notiz meines Vaters.
Eric kommt mir irgendwie bekannt vor … Wo zum Teufel habe ich diesen Mann bereits gesehen? Mein Blick wandert zurück zum Regal – zu dem Buch, das ich aus dem Büro meiner Mutter kenne. Eric tut es mir gleich. Eine Sekunde lang herrscht Stille. Dann wendet er sich mir wieder zu.
»Selena. Ich weiß, dass das alles sehr verwirrend für dich sein muss. Aber ich verspreche dir: Du kannst mir vertrauen. Dein Vater, er –« Er zögert, und plötzlich scheint alle Luft aus seinem hageren Körper zu weichen. »Er war ein sehr wichtiger Mensch für mich.«
Ich schlucke.
»Sein Tod …« Er bricht ab. »Du siehst wirklich nicht gut aus. Bist du dir sicher, dass du dich nicht setzen willst?«
Dasselbe könnte ich ihn fragen. Doch stattdessen stoße ich hervor: »Woher kennst du meinen Vater?«
»Das ist eine lange Geschichte …« Als er meinen Gesichtsausdruck sieht, beeilt er sich fortzufahren: »Die ich dir natürlich erzählen werde. Aber das Wichtigste ist: Du bist jetzt in Sicherheit. Ich kann hier viel besser auf dich aufpassen, als ich es jemals zuvor konnte. Das hat auch deine Mutter endlich eingesehen.«
Jeder seiner Sätze löst eine neue Lawine in mir aus. Auf mich aufpassen? Meine Mutter? Ich muss an den Tracker denken, den Mo gerade erwähnt hat – wie lange beobachtet mich dieser Mann schon? Aber vor allem: Was zum Teufel hat meine Mutter mit all dem hier zu tun?
»Meine Mutter?«
»Ja. Ich habe vorhin mit ihr telefoniert.«
Ich öffne den Mund, doch ich kann nur wieder den Kopf schütteln. Statt der nötigen Klarheit durchzieht mich erneuter Schmerz, und ich weiß nicht, ob es der Geruch der Räucherstäbchen oder der Schock ist, der Übelkeit in mir aufsteigen lässt.
»Wie wäre es, wenn du sie erst mal anrufst?«, höre ich Eric sagen. »Vielleicht wäre das eine gute Idee?«
Als ich nicht reagiere, zieht er ein Smartphone aus seiner Tasche und tippt kurz darauf herum.
»Hier. Die Nummer ist eingespeichert.«
Er macht ein paar Schritte auf mich zu und reicht mir das Handy. Zögernd greife ich danach. Dann stehe ich da und starre auf das Display, auf dem der Name meiner Mutter aufleuchtet. Mos und Erics erwartungsvolle Blicke liegen auf mir, bis ich mit zittrigen Fingern auf das kleine Hörersymbol tippe. Es klingelt nur einmal, dann meldet sich eine Stimme, die die Anspannung in meinem Inneren mit nur zwei Worten zum Einsturz bringt.
»Ja? Hallo?«
»Mama?«, krächze ich.
»Selena!« Ihre Stimme überschlägt sich.
Ich räuspere mich.
»Mama!«
Sie ist es wirklich.
»Wie geht es dir, Schatz? Ich bin so froh, dich zu hören!«
In meinem Inneren herrscht ein Sturm unterschiedlicher Gefühle: Auf der einen Seite möchte ich losschluchzen und meiner Mutter erzählen, was passiert ist. Auf der anderen Seite ist da unendlich viel Wut in mir. Verraten. So fühle ich mich. Zitternd atme ich ein und aus. So lange, bis ein Gedanke alles überlagert. Klarheit. Ich brauche Klarheit. Damit sollte ich anfangen.
Wieder räuspere ich mich und gebe mir Mühe, Eric zu ignorieren, der sich an seinen Schreibtisch gelehnt hat. Er scheint hin und her gerissen zwischen Neugierde und dem Versuch, meine Privatsphäre zu achten.
»Mama«, beginne ich und klinge hart. Aber besser so als auf der Stelle in Tränen auszubrechen. »Ich bin in New York.«
»Ja, ich weiß, mein Schatz«, murmelt sie.
Verrat. Die Worte, mit denen sie Erics Aussage bestätigt, sickern brennend in mich hinein.
»Was ist hier los?«, verlange ich zu wissen.
»Sel. Mein Schatz.« Den Tonfall kenne ich. Sie will mich besänftigen – und erreicht das Gegenteil. »Es tut mir so leid, dass ich dir bisher nichts von Eric erzählt habe. Er ist –«, sie bricht ab. »Ich dachte, es wäre besser so.«
Ich bin versucht sie anzuschreien. Doch mein Gehirn will einfach keine passenden Worte ausspucken. Langsam lasse ich das Handy sinken.
»Selena?«, tönt es aus dem Hörer, »Sel? Schatz? Bist du noch dran?«
Mechanisch tippe ich auf das kleine rote Symbol auf dem Display. Die Verbindung wird unterbrochen.
Um mich herum herrscht absolute Stille. Ich sehe Eric an: »Sie kennt dich.«
Er nickt. »Ich weiß.«
Als nichts weiter kommt, spüre ich erneut Wut in mir aufwallen. »Was wollt ihr von mir? Warum habt ihr mich hierher verschleppt?«
Mein Blick fliegt zwischen Eric und Mo hin und her. Mo lehnt an einem Bücherregal und zieht die Stirn kraus. Eric erstarrt, als würde ihn irgendetwas in Aufruhr versetzen.
»Selena. Du kannst jederzeit gehen. Ich würde dich niemals festhalten. Das musst du mir glauben.«
Ein dunkler Schatten legt sich über sein Gesicht, der alles Leben aus seinen Zügen zu vertreiben scheint. Die Augen verlieren ihr Stechen und wirken plötzlich matt inmitten des fahlen Gesichts.
»Aber wenn du bleiben willst«, fährt er schließlich fort, »dann werde ich dir alles erklären. Über dich. Über mich. Über deinen Vater. Versprochen.«
Etwas Weiches tritt in seinen Ausdruck.
»Weißt du, dass du ihm ähnlich siehst?«
Meine Kehle wird eng.
»Theo. Du siehst ihm so ähnlich.«
Die Sätze hängen in der Luft und entziehen ihr jeglichen Sauerstoff. Es ist zu viel. Alles zu viel. Ich muss hier raus. Egal wie.
»Ich muss mal«, spreche ich das Einzige aus, was mir auf die Schnelle einfällt.
Kurz sieht Eric überrascht aus, dann lächelt er verständnisvoll.
Mo stößt sich vom Regal ab. »Ich zeige ihr die Toilette«, sagt sie an Eric gewandt.
Dann geht sie zur Tür und hält sie mir auf. Eilig folge ich ihr auf den hellen Gang hinaus. Erst jetzt bemerke ich, dass ich noch immer Erics Handy in der Hand halte. Egal. Ich atme tief die räucherstäbchenfreie Luft ein.
Mo mustert mich. Einen Moment wirkt es, als wolle sie etwas anderes sagen, doch dann deutet sie nur den Gang hinunter.
»Da hinten ist das Bad.« Ich folge ihr ein paar Meter weiter, bis sie eine Tür aufstößt.
Dahinter kommt ein Badezimmer zum Vorschein, wie ich es zuvor noch nie gesehen habe. Eine riesige Badewanne steht direkt vor der Fensterfront inmitten des großen, weiß gekachelten Raumes. Das warme Licht des anbrechenden Abends fällt auf die Armaturen und lässt sie golden schimmern. Ich kann mir nicht vorstellen, wie es sein muss in einer solchen Wanne und mit einem solchen Ausblick zu baden.
Mo grinst, als sie mich ansieht. Mir fällt auf, dass sich ihr Gesicht verwandelt, wenn sie lächelt. Wie es an Härte verliert.
»Bitte sehr!«
Sie tritt zurück, ich schiebe mich an ihr vorbei ins Bad und schließe die Tür hinter mir. Erleichtert atme ich auf, als ich den Schlüssel im Schloss drehe. Allein. Endlich allein.
Ich tippe auf das Display des Handys, das ohne Sperrung aufleuchtet. Ist das hier Erics Handy? Könnte ich mit dem Gerät etwas über ihn herausfinden? Ich rufe den Homescreen auf. Doch das Handy wirkt, als wäre es auf Werkeinstellungen zurückgesetzt. Im Adressbuch stehen neben der Nummer meiner Mutter nur die von Mo, Eric und Denise, und die eines Taxiunternehmens.
Ich durchquere das riesige Bad und setze mich auf den Rand der Wanne, nicht sicher, ob mich meine Beine noch viel länger tragen. Als das Handy in meinen Fingern vibriert, zucke ich zusammen.
Auf dem Screen steht der Name meiner Mutter.
»Ja?«, melde ich mich nach kurzem Zögern.
»Selena …« Meine Mutter seufzt, als hätte sie bis jetzt die Luft angehalten. »Schön, dass du rangehst.«
Ich sage nichts.
»Es tut mir so leid«, stößt sie hervor. »Ich hätte dir schon viel früher alles erzählen sollen. Das weiß ich. Theo hätte es so gewollt. Ich hätte dir von Eric erzählen müssen. Doch nach dem, was damals passiert ist –«, sie bricht ab, und ich höre, wie sie geräuschvoll schluckt. »Dein Vater wollte, dass ich dich zu ihm schicke, sobald du alt genug bist, damit du ihm helfen kannst.«
»Mein Vater wollte was ?«, unterbreche ich sie.
»Ja. Aber ich hatte Angst um dich. Das verstehst du doch, oder?«
Stille in der Leitung und Stille im Badezimmer.
Plötzlich fühlt es sich an, als würde sich meine Verwirrung und Erschöpfung ein Ventil suchen, und dieses Ventil ist meine Mutter.
»Sag mal, willst du mich verarschen? Woher kennst du Eric? Was soll das alles?«
»Sel.« Ihr Ton klingt flehend. »Ich kann dir alles erklären.«
»Ach wirklich? Jetzt wirst du mir alles erklären? Nachdem du mir nie irgendetwas über meinen Vater erzählt hast? Ist das dein Ernst?«
»Sel. Es tut mir leid. Ich wollte dich nur beschützen!«
»Mich beschützen? Wovor?«
»Ich wollte, dass du ein normales Leben lebst.«
»Ein normales Leben?«, jetzt schreie ich fast. »Ich. Bin. Nicht. Normal.« Ich schleudere jedes Wort einzeln ins Handy. »Das weißt du ganz genau. Also hör endlich auf, so zu tun.«
»Ich …«
Wieder unterbreche ich sie.
»Weißt du was, Mama? Von dir will ich keine Antworten mehr. Aber vielleicht kriege ich ja welche von diesem Eric.«
Damit lege ich auf. Fast im selben Moment tut es mir leid. Jetzt bin ich wieder allein in diesem fremden Bad, in dieser unbekannten Wohnung. Dabei ist alles, was ich will, dass meine Mutter hier ist, mich in den Arm nimmt und mir alles erklärt. Aber das wird sie nicht. Das kann sie nicht. Das weiß ich. Soll ich wirklich hierbleiben?
Ich stehe auf, stelle mich an das Waschbecken und betrachte mein Spiegelbild. Kein Wunder, dass Eric mich so besorgt gemustert hat. Sogar für meine Standards sehe ich schrecklich aus. Ich bin blass, habe dunkle Augenringe und ein großes Pflaster auf der Wange.
Mit einem Seufzen stelle ich das Wasser auf kalt und trinke ein paar große Züge. Es schmeckt nach Chlor. Angewidert verziehe ich das Gesicht, bevor ich mir mit den feuchten Händen über den Nacken fahre.
Es hilft nichts. Ich kann mich nicht ewig hier drin verstecken. Ich muss zurück zu Mo und Eric. Muss herausfinden, was sie wissen und ob ich ihnen vertrauen kann.
Als ich zurück auf den Gang trete, lehnt Mo an der gegenüberliegenden Wand und sieht in diesem Moment von ihrem Smartphone auf. Abrupt halte ich inne. Ihr Blick sagt alles: Sie hat gehört, was ich meiner Mutter entgegengeschrien habe. Eine Sekunde lang sehen wir uns nur an.
»Komm mit«, sagt sie schließlich. »Ich zeige dir was.«
Ich zögere und wende mich kurz in Richtung Erics Arbeitszimmer. Doch dann siegt meine Neugier, und ich folge Mo wortlos.
Wir steuern auf eine Treppe zu, die bei einer Glastür endet. Sobald ihr Sensor uns erfasst, gleitet sie zur Seite.
Warme Sommerluft strömt mir entgegen, als ich die Dachterrasse betrete. Sie riecht ganz anders als die Meeresluft, die ich gewöhnt bin – nach Autos und Asphalt. Zahlreiche Lounge-Möbel, ein Whirlpool und eine Bar verteilen sich auf den edlen Steinfließen und eine phantastische Aussicht bietet sich mir. Sie übertrifft alles, was von den Fensterfronten des Apartments aus zu sehen war.
»Willkommen an meinem Lieblingsort. Ich dachte mir, dass du vielleicht ein wenig frische Luft gebrauchen kannst«, sagt Mo und geht in Richtung der Lounge-Möbel.
Kurz stehe ich nur da und nehme den Rundumblick über die Stadt in mir auf, der von der Sonne in ein rosafarbenes Licht getaucht wird. Ein paar Gebäude meine ich zu erkennen: das One World Trade Center und auch von hier aus das Empire State Building in der Ferne. Da sind die Flüsse, die Manhattan zu beiden Seiten säumen. Und natürlich der Teppich aus Straßen und Gebäuden, in dessen Mitte ich mich befinde.
Tief atme ich die Abendluft ein. Mo hat recht. Es tut gut, hier draußen zu sein. Ich bin zwar kein Fan von Großstädten, aber so weit über den Dächern wirkt die Stadt ein wenig, als würde man auf ein seltsames Meer hinabsehen. Ich gebe mir einen Ruck, gehe zu Mo herüber und setze mich ans andere Ende des Sofas, auf dem sie sich niedergelassen hat.
Das Schweigen zwischen uns ist dicht und schwer, und so viele Worte hängen darin, dass ich nicht weiß, welche von ihnen ich herausgreifen soll.
»Das war nicht das erste Mal, dass du mich in Somna beobachtet hast, oder? Da auf dem Marktplatz meiner Insel, meine ich. Ich habe dich schon häufiger gesehen«, stelle ich schließlich fest.
Mo nickt.
»Eric und ich beobachten dich schon seit Jahren.«
»Und ihr habt mir einen … Was hast du gesagt? Einen Tracker eingesetzt?«
Wieder nickt Mo.
»Eric hat das, wie gesagt, schon vor einer ganzen Weile getan. So kann er dich immer in Somna finden.«
Ihr Blick tanzt über mein Gesicht, als wolle sie meine Reaktion auf ihr Geständnis einschätzen. Aber ich habe keine Emotionen mehr übrig, die der Tatsache gerecht werden würden, dass ich mein Leben lang von zwei Fremden getrackt und überwacht worden bin. Und dass meine Mutter das vermutlich die ganze Zeit wusste. Im Grunde fühle ich gar nichts mehr außer Erschöpfung.
»Tut mir leid, dass ich dir Angst gemacht habe. Deinen Vater zu erwähnen, war wohl nicht die beste Idee …«
»Du hast mir keine Angst gemacht.«
Ihr ist klar, dass ich lüge, aber sie widerspricht nicht. Stattdessen breitet sich erneut Schweigen zwischen uns aus.
»Weißt du«, murmelt Mo nach einer Weile. »Ich bin auch nicht normal. Eric ist nicht normal. Aber hier in der WG ist das wiederum ganz normal.«
Ich spüre, wie mir die Hitze in die Wangen steigt. Sie hat also tatsächlich gehört, was ich in das Handy gebrüllt habe. Doch was mir die Kehle zuschnürt und es unmöglich macht, etwas zu erwidern, ist die Vertrautheit, die mich mit einem Mal überkommt. Nicht wie eine Erinnerung an frühere Begegnungen. Sondern so, als hätte ich endlich jemanden gefunden, der mich versteht. Wirklich versteht. Eine weitere Traumgängerin.
Stur starre auf das Relief der Gebäude, das in der untergehenden Sonne schimmert. Hauptsache, Mo merkt nicht, was ihre Worte in mir auslösen.
»Wer ist das Mädchen, mit dem du so oft in Somna warst? Die Träumerin?«, fragt sie irgendwann.
»Meine Cousine«, höre ich mich selbst sagen. »Eleni. Sie liebt es, wenn wir nach Somna gehen. Sie will immer alle möglichen verrückten Dinge machen. Und na ja, jetzt wo sie ständig Albträume hat, ist sie froh, nicht allein zu sein.«
Mo nickt, und ihr Gesicht verdunkelt sich. Doch sie sagt nichts, und augenblicklich bereue ich meine Offenheit. Das alles geht sie nichts an. Eleni geht sie nichts an. Seit wann erzähle ich Fremden so persönliche Dinge?
Ich bin erleichtert, als Mo sich erhebt und ein paar Schritte zum Geländer geht. Sie lehnt sich dagegen und sieht in die Ferne, als wäre sie tief in Gedanken. Dann dreht sie sich abrupt um, Entschlossenheit in den Augen.
»Du solltest nicht hierbleiben, Selena. Ich besorge dir ein Ticket. Dann kannst du morgen nach Hause fliegen.«
»Warum?«, frage ich ungläubig. Woher kommt denn dieser plötzliche Sinneswandel?
»Weil …« Mo scheint nach Worten zu suchen. »Weil das hier keine gute Idee ist. Eric … Ihm geht es nicht gut, weißt du? Er … er verlässt nie die Wohnung. Und er ist irgendwie anders in letzter Zeit. Noch seltsamer als sonst. Und dann noch diese Veränderungen in Somna … Keine Ahnung, was da los ist …« Sie stockt. »Ich glaube einfach nicht, dass du hierbleiben solltest. Versuch es alleine. Sei vielleicht einfach ein bisschen vorsichtiger als bisher, okay?«
Fast flehend sieht sie mich an. Einem Impuls folgend, stehe ich auf. Meine Finger tasten nach der Notiz meines Vaters in meiner Hosentasche. Mittlerweile ist sie zu einer zerknitterten Papierkugel verkommen – und doch ist sie mein wertvollster Besitz. Mein Talisman.
Entschlossen stelle ich mich neben Mo an das Geländer.
»Seit wann kennst du Eric?«, frage ich.
Sie sieht mich irritiert an.
»Schon immer.« Sie zögert kurz. »Also seit er mich als Kind adoptiert hat.«
»Und was weißt du über meinen Vater?«
Mo schüttelt den Kopf.
»Nichts. Außer dass die beiden früher befreundet waren.«
Ich sehe hinaus bis zum Horizont, an dem die Sonne untergeht. Mos Blick liegt auf mir – fragend, bittend. Doch ich weiß, wie ich mich entschieden habe.
Ich lehne mich an das Geländer, atme tief die Stadtluft ein und sage: »Ich bleibe hier.«