Kapitel 28

D as erste Thema, das man sehen konnte, war ein angepinnter Post, der vor etwas mehr als einer Stunde erstellt worden war: ›Namen, Klasse, Alter und Zeit.‹ Zu diesem Thema gab es bereits etwa sechzig Kommentare, aber was die Aufmerksamkeit der Halbdrow wirklich erregte, waren die anderen, kürzlich erstellten Themen darunter.

›Ich bin auf der Suche nach meinem Sohn.‹

›Meine 16 Jahre alte Tochter ist nicht nach Hause gekommen.‹

›Ich versuche, Kalyss zu erreichen.‹

›Trollbrüder vermisst: 8 und 11 Jahre.‹

Cheyenne drehte sich der Magen um und sie verzog angeekelt das Gesicht beim Gedanken an das nächste Stück Pizza, bevor sie den Teller von ihrer Tastatur wegschob. Dann scrollte sie durch die neuesten Themen und fand mindestens zwei Dutzend weitere, die mit vermissten Kindern zu tun hatten. Alle waren nach 17 Uhr erstellt worden. Sir und Rhynehart wollten einen Beweis dafür haben. Hier ist er.

Sie ging zurück zu dem angehefteten Post und klickte ihn an.

Thema #215,637 von OP holdmyGrog911; angeheftet von gu@rdi@n104: Eröffnet 20:16 Uhr

holdmyGrog911: Ich habe versucht, eine fortlaufende Liste zu erstellen, Leute, aber die neuen Threads kommen so schnell rein, dass ich da nicht hinterherkomme. Wenn du Informationen über ein vermisstes Kind aus Richmond oder dem Großraum Richmond teilen willst, schreibe sie bitte hier in einen Kommentar, damit wir alle Informationen an einem Ort haben. Ich habe jemanden, der mir hilft, eine bessere Liste zusammenzustellen, damit wir sie auf Mustererkennung überprüfen können. Wenn wir neben dem Offensichtlichen noch weitere Gemeinsamkeiten zwischen den Kindern finden, könnte uns das helfen, herauszufinden, was zum Teufel passiert ist.

Wir arbeiten daran und wir alle wollen helfen. Soweit wir wissen, ist dies das erste Mal, dass es so etwas auf dieser Seite gibt. Wir betreten hier Neuland, aber wir sitzen alle im selben Boot. Deshalb sind wir doch gekommen, oder? Das Blut der O’gúleesh ist dicker als die Grenze und stärker als alles, was wir zurückgelassen haben. Vergesst das nicht.

Wenn jemand Informationen hat, von denen er glaubt, dass sie helfen könnten, sie aber nicht hier posten will, schickt mir eine PN. Ich versuche, jedem Hinweis nachzugehen, aber es hilft niemandem, Vermutungen in die Welt zu setzen, nur um die Gemüter zu erhitzen. Das ist nicht der richtige Zeitpunkt für so einen Scheiß.

Änderung um 20:21 Uhr von gu@rdi@n104: Jeder, der versucht, in diesem Thread oder in einem der vorherigen Themen zu den vermissten Kindern Unruhe zu stiften, bevor wir diese Kinder finden, wird auf Lebenszeit aus dem Forum verbannt. Erste und einzige Warnung. Keine Ausreden.

Cheyenne rollte mit ihrem Bürostuhl nach hinten, wobei ihr der Rücken wehtat und seufzte. Wenigstens hat Corian das Moderieren nicht aufgegeben.

Sie konnte nicht anders, als durch die angeheftete Meldung zu scrollen und die Kommentare zu überfliegen. Zwei Drittel der Kommentare enthielten Namen, Rasse und Alter eines vermissten Kindes nach dem anderen. Die meisten enthielten zusätzliche Informationen über das, was die Eltern oder Erziehungsberechtigten bereits versucht hatten, aber einige enthielten nur die notwendigen Details und sonst nichts.

Cheyenne biss die Zähne zusammen, als ihre Augen und ihre Nase brannten. Die Kommentare verschwammen und sie schüttelte den Kopf. Gut, dass ich keine hilflose Zuschauerin bin.

Sie machte einen Screenshot nach dem anderen, scrollte, um jeden Namen, jedes Alter und jede Rasse zu erfassen und um genau zu wissen, wie viele Kinder nach Angaben der Erwachsenen, die sie betreuten, in den letzten vier Stunden vermisst wurden. Dann kramte sie in den Außentaschen ihrer Jacke und holte das Handy heraus. Ach, komm schon. Sie müssen das Ding wirklich aufrüsten.

Sie schrieb eine SMS an Rhyneharts Nummer, schüttelte den Kopf und machte sich an die Arbeit.

Ich habe Beweise. Schick mir eine E-Mail-Adresse und du bekommst sie.

Cheyenne ließ das Handy auf den Schreibtisch fallen, lehnte sich in ihrem Bürostuhl zurück und starrte das nutzlose Stück Technik an. Als sie das Gefühl hatte, sie würde schon seit einer Stunde auf eine Antwort warten, stieß sie sich von ihrem Schreibtisch ab und stand auf. Ich werde nicht die ganze Nacht darauf warten.

Das Handy surrte. Sie nahm es in die Hand und riss es fast in zwei Teile, als sie es aufklappte.

Schick es mir einfach per SMS.

»Was ?« Knurrend lockerte Cheyenne ihren Griff um das Handy und zwang sich, tief Luft zu holen.

Du hast mir ein beschissenes Handy ohne E-Mail-Funktion, Kamera oder Speicherplatz gegeben. Keine Grundlagen. Gib mir eine E-Mail-Adresse oder ich kümmere mich selbst darum.

Die Antwort von Rhynehart kam diesmal sofort.

L.Rhynehart@froe.gov

Cheyenne ließ sich in ihren Stuhl zurückfallen und rief ihr VCU-E-Mail-Konto auf, um die Nachricht an Rhynehart von dort aus zu senden. Ich gebe der FRoE keine persönlichen Informationen über mich Preis, die sie nicht schon haben.

Sie rief eine neue E-Mail auf, hängte zehn Screenshots der Vermisstenmeldungen des Borderlands-Forums an, trug die E-Mail-Adresse des Agenten ein und tippte ›Beweise‹ in die Betreffzeile. Dann schickte sie die E-Mail ab und klopfte mit der Hand auf ihren Schreibtisch.

Seufzend drehte sich die Halbdrow in ihrem Stuhl und fuhr sich mit den Händen über das Gesicht. »Ich sollte jetzt da draußen sein und sie suchen, anstatt Geheimbotin zu spielen.«

Noch mehr Wut und Drowmagie durchströmten sie und sie sprang aus dem Sessel, um in dem kleinen Wohnzimmer zwischen der Küche und Glen hin und her zu tigern. Aus der Wohnung neben ihr hörte sie, wie derjenige, der dort wohnte, einen ruckartigen, trägen Rhythmus auf den Tisch klopfte. Das Geräusch ließ ihre Augen zucken, während sie auf und ab ging.

Reiß dich zusammen. Warte einfach.

Das Handy surrte wieder auf ihrem Schreibtisch und summte weiter, als sie um Glen herumlief, um es sich wieder zu schnappen. Sie riss es auf und schlug es an ihr Ohr. »Wir müssen jetzt sofort los.«

»Woah, Neuling. Das ist nicht …«

»Du hast gesagt, du brauchst Beweise. Ich habe dir gerade eine ganze Ladung davon gegeben. Jetzt ist es an der Zeit, dass du dein Wort hältst.«

»Ich weiß nicht einmal, was du mir geschickt hast.«

»Bist du blind ?«, schrie sie und ging wieder auf und ab, mit dem Mobiltelefon am Ohr. »Es gibt Dutzende von Kindern, die als vermisst gemeldet sind. Alle seit fünf Uhr und niemand weiß, wo sie sind.«

»Das ist nicht genug, um das zu verfolgen, Cheyenne.«

Sie ignorierte, dass er sie beim Namen nannte. »Warum nicht?«

»Erstens: Wenn die Typen, die schwarze Magie verkaufen, tatsächlich einen Haufen Kinder zusammengetrieben haben, ist das vor acht Uhr heute Morgen passiert. Hier gibt es eine Lücke von einigen Stunden.«

»Willst du mich verarschen? Diese Kinder sind alle im Schulalter, Rhynehart und es ist ein Dienstag. Wann haben die meisten Leute Feierabend, um zu ihren Kindern nach Hause zu kommen, selbst wenn es magische Wesen sind?«

»Hm.« Am anderen Ende der Leitung herrschte Stille.

»Ja, du Genie. Ich sage dir, das sind die gleichen Kinder.«

»Okay, vielleicht. Vielleicht. Aber in dem, was du mir geschickt hast, steht nichts darüber, wohin sie gegangen sind oder wer sie entführt hat.«

Cheyenne biss wütend und genervt die Zähne zusammen und drehte sich um, um weiter auf und ab zu gehen. »Deshalb müssen wir sie suchen gehen. Jetzt.«

»Hey, muss ich dir das wirklich noch genauer erklären? Wo zur Hölle willst du denn anfangen zu suchen? Ich bin seit sieben Jahren in Richmond, Neuling und ich kann dir sagen, dass ich immer noch Orte finde, von denen ich nicht wusste, dass sie existieren. Wenn deine Drownase dich nicht in einen Bluthund verwandelt, haben wir keinen Ansatzpunkt

Die Halbdrow zwang sich, ruhig zu atmen, während ihre Brust sich hob. Beruhige dich. Komm schon. »Und, hast du etwas darüber herausgefunden, wo sie sind?«

»Nein. Wir sind noch auf der Suche.«

»Oh, ja? Wo willst du damit anfangen?«

»Hör zu, Mädchen. Wir haben Informanten und Freunde, die verschiedene Gegenden der Stadt beobachten. Ich werde ein paar Anrufe tätigen und mehr Leute auf die Sache ansetzen, aber ich kann kein Team losschicken, wenn ich nicht weiß, wohin wir gehen und womit wir es zu tun haben. Und … Scheiße. Du weißt, dass ich das erst mit der Befehlskette abklären muss, okay?«

»Nun, du solltest das besser überzeugend machen.«

»Ich werde tun, was ich kann.« Rhynehart seufzte am Handy. »Bleib einfach ruhig und stürze dich nicht ohne Unterstützung in die Sache, ja? Ich bin mir ziemlich sicher, dass sie von mir kommen wird.«

»Wie auch immer.«

»Hey, wo hast du das Zeug eigentlich gefunden? Das könnte in Zukunft eine gute Ressource für uns sein.«

Cheyenne schluckte und richtete ihren Blick auf Glen. »Du würdest nicht wissen, was du damit anfangen sollst, wenn ich es dir sage.«

»Okay. Was auch immer das bedeutet, gute Arbeit. Wir werden sie finden, Cheyenne. Das ist unser Job.«

Nur konnte mich die FRoE nicht finden, bis ich ihnen buchstäblich über den Weg gelaufen bin . »Ruf mich an, wenn du etwas hast.«

Die Halbdrow klappte das Klapphandy zu und hätte es fast quer durch den Raum geworfen, aber sie steckte es stattdessen in ihre Jackentasche und ging weiter auf und ab. Ihr Nachbar hatte angefangen, eine kleine Melodie zu summen, die im Rhythmus des Trommelns auf dem Tisch sein sollte, aber leider absolut nicht im Takt war. Cheyennes Rücken tat weh und das ging auch dann nicht weg, als die Hitze ihres Drowblutes ihre Wirbelsäule hinaufstieg. Sie schob es wieder hinunter und stürmte in die Küche, um ihre Schlüssel zu holen. Ich muss hier raus.

Nachdem sie in ihre schwarzen Vans geschlüpft war, riss sie die Haustür auf und blieb stehen. Sie knirschte mit den Zähnen und sprang zurück, um sich die kupferne Drowkiste zu schnappen und sie sich unter den Arm zu klemmen.