Es gibt zwei Grundtypen von Optionen: Calls und Puts. Der Kauf einer Call-Option verleiht dem Käufer das Recht – aber nicht die Pflicht –, das zugrunde liegende Underlying zu einem festgelegten Preis zu kaufen, dem sogenannten Strike- oder Ausübungspreis, und zwar bis zum letzten Tag des Verfallstags. Eine Put-Option verleiht dem Käufer das Recht – aber nicht die Pflicht –, das zugrunde liegende Underlying zum Strike-Preis jederzeit vor dem Verfall zu verkaufen (daher ist zu beachten, dass der Kauf eines Puts ein bearisher Trade und der Verkauf eines Puts ein bullisher Trade ist). Den Preis einer Option bezeichnet man als Prämie. Zum Beispiel würde ein April-Call auf IBM zu 210 dem Käufer das Recht geben, jederzeit während der Laufzeit der Option 100 IBM-Aktien für 210 Dollar pro Aktie zu kaufen.
Der Käufer eines Calls möchte von einem erwarteten Preisanstieg dadurch profitieren, dass er sich einen bestimmten Kaufpreis sichert. Der größtmögliche Verlust des Käufers beläuft sich dabei auf die Prämie, die er für die Option bezahlt hat. Dieser Verlust fällt an, wenn die Option bis zur Fälligkeit gehalten wird und der Ausübungspreis über dem aktuellen Marktpreis liegt. Wenn beispielsweise IBM 205 Dollar kostet und die Option zu 210 Dollar verfällt, dann ist sie wertlos. Wenn der Preis des zugrunde liegenden Marktes zum Verfallstag über dem Ausübungspreis liegt, besitzt die Option hingegen einen gewissen Wert und wird daher ausgeübt. Wenn jedoch die Differenz zwischen dem Marktpreis und dem Ausübungspreis geringer ist als die Prämie, die für die Option bezahlt wurde, ist das Endergebnis des Trades trotzdem ein Verlust. Damit der Käufer eines Calls einen Gewinn realisieren kann, muss daher die Differenz zwischen dem Marktpreis und dem Kaufpreis größer sein als die beim Kauf der Option bezahlte Prämie (zuzüglich der Transaktionskosten). Je höher der Marktpreis, desto größer der Gewinn.
Der Käufer eines Puts möchte von einem erwarteten Preisrückgang dadurch profitieren, dass er sich einen bestimmten Verkaufspreis sichert. Ebenso wie beim Call-Käufer ist sein größtmöglicher Verlust auf die Höhe der Prämie beschränkt, die er für die Option bezahlt hat. Wird der Put bis zum Verfallsdatum gehalten, weist der Trade dann einen Nettogewinn auf, wenn der Strike-Preis um mehr als die Kaufprämie für den Put (zuzüglich der Transaktionskosten) über dem Marktpreis liegt.
Während der Käufer eines Calls oder Puts also ein begrenztes Risiko eingeht und einen potenziell unbegrenzten Gewinn erzielen kann, gilt für den Verkäufer das Gegenteil. Der Verkäufer (häufig als Aussteller bezeichnet) einer Option bekommt die Prämie im Austausch dafür, dass er sich verpflichtet, zum Ausübungspreis die Gegenposition einzunehmen, falls die Option ausgeübt wird. Das heißt beispielsweise, dass der Verkäufer, wenn ein Call ausgeübt wird, eine Short-Position auf den zugrunde liegenden Markt zum Ausübungspreis eingehen muss (denn durch die Ausübung des Calls geht der Käufer eine Long-Position zu diesem Preis ein).
Der Verkäufer eines Calls möchte von einer erwarteten Seitwärts- oder leichten Abwärtsbewegung des betreffenden Marktes profitieren. In diesen Fällen stellt die aus dem Verkauf des Calls erlöste Prämie nämlich die attraktivste Trading-Gelegenheit dar. Wenn der Trader mit einem kräftigen Rückgang rechnet, fährt er allerdings normalerweise besser, wenn er den zugrunde liegenden Markt shortet oder einen entsprechenden Put kauft – denn diese Trades bieten ein nach oben offenes Gewinnpotenzial. In ähnlicher Weise möchte der Verkäufer eines Puts von einer erwarteten Seitwärtsoder leichten Aufwärtsbewegung des betreffenden Marktes profitieren.
Manchen Anfängern fällt es schwer, zu verstehen, warum ein Trader nicht jederzeit die Käuferseite einer Option vorziehen sollte (je nach seiner Markteinschätzung einer Call- oder einer Put-Option), weil bei solchen Trades das Gewinnpotenzial unbegrenzt, aber das Risiko begrenzt ist. Diese Verwirrung beruht auf der fehlenden Berücksichtigung der Wahrscheinlichkeit. Das theoretische Risiko eines Optionsverkäufers ist zwar unbegrenzt, aber die Preisniveaus, deren Eintreten am wahrscheinlichsten ist (also Preise in der Nähe des zum Zeitpunkt des Optionsgeschäfts gültigen Marktpreises), bringen dem Optionsverkäufer einen Nettogewinn. Vereinfacht gesagt nimmt der Optionskäufer die hohe Wahrscheinlichkeit eines geringen Verlusts im Austausch gegen die geringe Wahrscheinlichkeit eines großen Gewinns in Kauf, während der Optionsverkäufer die geringe Wahrscheinlichkeit eines großen Verlusts im Austausch gegen die hohe Wahrscheinlichkeit eines geringen Gewinns in Kauf nimmt.
Die Optionsprämie besteht aus zwei Komponenten: dem inneren Wert und dem Zeitwert. Der innere Wert einer Call-Option ist der Betrag, um den der aktuelle Marktpreis über dem Ausübungspreis liegt (der innere Wert einer Put-Option ist der Betrag, um den der aktuelle Marktpreis unter dem Ausübungspreis liegt). Im Endeffekt ist der innere Wert der Teil der Prämie, der realisiert werden könnte, wenn die Option zum aktuellen Marktpreis ausgeübt würde. Der innere Wert fungiert als Preisuntergrenze einer Option. Warum? Läge die Prämie unter dem inneren Wert, könnte ein Trader eine Option kaufen und ausüben, die daraus resultierende Marktposition sofort ausgleichen und dadurch einen Nettogewinn erzielen (unter der Annahme, dass er dadurch zumindest die Transaktionskosten deckt).
Von Optionen, die einen inneren Wert besitzen (also Calls mit Ausübungspreisen unter dem Marktpreis oder Puts mit Ausübungspreisen über dem Marktpreis), sagt man, sie seien im Geld. Von Optionen, die keinen inneren Wert besitzen, sagt man, sie seien aus dem Geld. Optionen, deren Ausübungspreis dicht am Marktpreis liegt, sind am Geld.
Eine aus dem Geld befindliche Option, deren innerer Wert per definitionem gleich null ist, besitzt trotzdem einen gewissen Wert, weil die Möglichkeit besteht, dass sich der Marktpreis vor dem Verfallsdatum über den Strike-Preis hinaus bewegt. Der Wert einer im Geld befindlichen Option ist größer als ihr innerer Wert, weil der Besitz einer solchen Option besser ist als der Besitz einer Position im zugrunde liegenden Markt. Warum? Weil im Falle einer günstigen Preisbewegung zwar die Options- und die Marktposition in gleichem Maße profitieren würden, aber der maximale Verlust aus der Option begrenzt ist. Den Anteil der Prämie, der über den inneren Wert hinausgeht, bezeichnet man als Zeitwert.
Die drei wichtigsten Faktoren, die sich auf den Zeitwert einer Option auswirken, sind die folgenden:
1.Das Verhältnis zwischen Ausübungspreis und Marktpreis – Weit aus dem Geld befindliche Optionen haben einen geringen Zeitwert, weil es unwahrscheinlich ist, dass der Marktpreis vor dem Ausübungsdatum bis zum Ausübungspreis – oder darüber hinaus – läuft. Optionen, die weit im Geld sind, haben ebenfalls einen geringen Zeitwert, weil eine solche Position dem zugrunde liegenden Markt sehr ähnlich ist – außer im Falle einer äußerst ungünstigen Preisbewegung verzeichnen beide die gleichen Gewinne beziehungsweise Verluste. Anders ausgedrückt ist bei einer Option, die weit im Geld ist, ihr begrenztes Risiko nicht viel wert, weil der Ausübungspreis so weit vom aktuellen Marktpreis entfernt ist.
2.Die Restlaufzeit – Je mehr Zeit bis zum Verfallstag noch verbleibt, umso größer ist der Zeitwert der Option. Das liegt daran, dass eine längere Lebensdauer die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass der innere Wert vor dem Ausübungsdatum steigt.
3.Die Volatilität – Die Veränderung des Zeitwerts ist direkt an die geschätzte Volatilität (ein Maß für die Größe der Preisänderungen) des zugrunde liegenden Marktes während der restlichen Lebensdauer der Option geknüpft. Diese Beziehung ergibt sich aus der Tatsache, dass eine höhere Volatilität auch die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass der innere Wert vor dem Verfallstag steigt. Anders gesagt: Je größer die Volatilität, umso größer der wahrscheinliche Preisbereich des Marktes.
Die Volatilität ist zwar als Faktor für die Bestimmung des Wertes von Optionsprämien äußerst wichtig, doch dazu muss betont werden, dass man die künftige Volatilität eines Marktes nie genau wissen kann – man kennt sie erst nachträglich. (Im Gegensatz dazu können die Restlaufzeit und das Verhältnis zwischen dem aktuellen Marktpreis und dem Ausübungspreis jederzeit exakt angegeben werden.) Somit muss man die Volatilität immer auf Grundlage der Zahlen zur historischen Volatilität schätzen. Die zukünftige geschätzte Volatilität, die in Marktpreise eingepreist ist (zum Beispiel in eine Optionsprämie) und höher oder niedriger als die historische Volatilität sein kann, nennt man implizite Volatilität oder implizierte Volatilität.
Im Schnitt ist die implizite Volatilität von Optionen größer als die später realisierte Volatilität des Marktes bis zur Fälligkeit der Option. Anders gesagt sind Optionen tendenziell ein bisschen zu hoch bewertet. Diese zusätzliche Prämie ist als Anreiz für die Optionsverkäufer notwendig, das nach oben offene Risiko einzugehen, dass sie den Optionskäufern eine Preisversicherung bieten. Das ist exakt genauso wie bei den Versicherungsprämien für Häuser: Ihre Preise sind so gestaltet, dass sie den Versicherungen eine Gewinnspanne liefern – andernfalls hätten sie ja keinen Anreiz, das nach oben offene Risiko auf sich zu nehmen.
* Dieser Anhang ist die angepasste Version eines Anhangs, der ursprünglich in Jack D. Schwager: „Magier der Märkte“ (Börsenmedien AG 1999) veröffentlicht wurde.