Pro forma ist insofern ein höchst unglücklicher und verwirrender Begriff, als er in mehr oder weniger konträren Zusammenhängen verwendet wird. Pro-forma-Ergebnisse basieren auf angenommenen repräsentativen Renditen und nicht auf tatsächlichen Renditen. Sie werden verwendet, wenn keine tatsächlichen Renditen verfügbar sind oder wenn man meint, die tatsächlichen Renditen müssten modifiziert werden. In der Praxis können Pro-forma-Renditen allerdings von nicht repräsentativen und irreführenden Renditen bis hin zu Renditen reichen, die repräsentativer sind als die sogenannten tatsächlichen Renditen.
Nehmen wir als Beispiel für die irreführende Verwendung von Pro-forma-Zahlen einen neuen Dachfonds, der einen Track Record der Performance verwendet, die sein Portfolio in den Jahren vor seiner Auflegung gebracht hätte, und dafür die tatsächlichen Track Records der Fonds benutzt, die er für sein Portfolio ausgewählt hat. Man kann die Anleger leicht zu dem Glauben verleiten, diese Pro-forma-Ergebnisse seien repräsentativ, denn schließlich basieren sie ja auf tatsächlichen Track Records. Der Haken an der Sache ist allerdings, dass dafür natürlich nur Fonds mit guter Performance ausgewählt werden und dass das Wissen, welche Fonds eine überlegene Performance verzeichnen würden, nicht vorhanden gewesen wäre, bevor sie diese erzielt hatten. Eigentlich gibt es keinen Grund, anzunehmen, dass am Beginn der Pro-forma-Periode ein weitgehend ähnliches Portfolio oder gar das gleiche Portfolio ausgewählt worden wäre und dass es während des gesamten Zeitraums unverändert beibehalten worden wäre. Darum sind solche Pro-forma-Ergebnisse stark einseitig, denn die Portfolio-Ergebnisse sind zwar aus tatsächlichen Renditeangaben der zugrunde liegenden Fonds abgeleitet, aber die Zusammensetzung des Portfolios ist nur hypothetisch.
Ein weiteres Beispiel für irreführende Pro-forma-Zahlen wäre ein Manager, der ein diversifiziertes Portfolio getradet hat und dann beschließt, ein neues spezialisiertes Programm aufzulegen, das nur in einem Sektor des Portfolios tradet. Man kann getrost davon ausgehen, dass ein solches Ausschnitt-Portfolio auf einem Marktsektor basiert, der innerhalb des Portfolios besonders gut abgeschnitten hat. Auch hier basieren die Pro-forma-Ergebnisse auf tatsächlichen Renditen und dies verleiht ihnen eine scheinbare Glaubwürdigkeit. Doch vielleicht ist dem Anleger nicht klar, dass diese Renditen einen handverlesenen Teil eines breiter angelegten Portfolios darstellen. In einem Portfolio gibt es immer Teile, die eine bessere Performance bringen als andere (zum Beispiel Marktsektoren, die eine bessere Performance hatten). Allerdings gibt es keinen Grund, anzunehmen, dass der Teil, der als neues eigenständiges Programm ausgewählt wurde, auch in Zukunft besser laufen wird,
Man ist versucht, daraus den Schluss zu ziehen, Pro-forma-Ergebnisse seien kategorisch irreführend und sollten nicht ernst genommen werden – und viele Anleger tun dies in der Tat. Aber auch diese Vermutung ist ein Fehler, denn manchmal können Pro-forma-Ergebnisse repräsentativer sein als die sogenannten tatsächlichen Ergebnisse. Ein Beispiel wäre ein Manager, der einen Fonds auflegt und damit die gleiche Strategie fährt wie zuvor mit einem eigenen Eigenhandelsdepot, auf das keine Gebühren anfielen. In diesem Fall würden die tatsächlichen früheren Renditen das Performance-Potenzial zu hoch angeben (selbst wenn man annimmt, dass die künftigen Renditen den bisher erzielten entsprechen), weil sie die Gebühren nicht berücksichtigen, die von den Fonds-Anlegern in Zukunft verlangt werden. In diesem Fall ist es eindeutig korrekt, die Ergebnisse so darzustellen, dass die Renditen des bisherigen tatsächlichen Track Records um die Beträge gemindert werden, die von den Anlegern des neuen Fonds verlangt werden. In einer solchen Situation ist die Verwendung von Pro-forma-Ergebnissen nicht nur unproblematisch, sondern die Pro-forma-Renditen sind sogar aussagekräftiger als die tatsächlichen Renditen.
Aus diesen gegensätzlichen Beispielen dürfte klar hervorgehen, dass das Spektrum von Pro-forma-Ergebnissen von irreführend bis hin zu repräsentativer als die tatsächlichen Ergebnisse reicht. Alle Pro-forma-Ergebnisse abfällig in den gleichen Topf zu werfen ist selbst irreführend.
Bezüglich aller Pro-forma-Ergebnisse muss man zwei entscheidende Fragen stellen:
1.Beinhaltet das Pro-forma-Ergebnis ein Element der Rückschau?
2.Ist das Pro-forma-Ergebnis repräsentativer als die tatsächlichen Ergebnisse?
Aus der Beantwortung dieser beiden Fragen geht hervor, ob eine Serie von Pro-forma-Ergebnissen legitim ist oder nicht. Im ersten angeführten Beispiel – ein neuer Dachfonds, der einen Pro-forma-Track-Record aus den tatsächlichen Track Records der Fonds verwendet, die für den Dachfonds ausgewählt wurden – nutzt der Portfoliomanager den Effekt der Rückschau für die Auswahl der Fonds für sein Portfolio. Kein Dachfonds-Manager konstruiert sein Portfolio aus Fonds, die in der Vergangenheit schlechte Ergebnisse hatten. Somit liefern die tatsächlichen Ergebnisse der im Portfolio enthaltenen Fonds im Zeitraum vor ihrer Auswahl einen irreführenden Anhaltspunkt für die potenzielle künftige Performance des Fonds. In dem Beispiel des neuen Fondsprodukts, das einen Auszug aus einem breiter angelegten Fonds darstellt, wird bei der Auswahl der Untergruppe ebenfalls der Effekt der Rückschau ausgenutzt. Wenn hingegen die Anpassung vorgenommen wird, um die Art, wie der Fonds gehandelt wird, besser wiederzugeben, und zwar ohne jegliche Verzerrung durch Rückschau – zum Beispiel eine Pro-forma-Anpassung um die Gebühren, die neue Anleger bezahlen müssen, die aber im Track Record nicht erscheinen –, dann können die Pro-forma-Renditen zutreffender und repräsentativer sein als die sogenannten tatsächlichen Renditen.
Investment-Missverständnis 21: Pro-forma-Ergebnisse liefern eine brauchbare Näherung für die tatsächliche Performance.
In Wirklichkeit: Auch wenn diese Annahme manchmal stimmt, können Pro-forma-Ergebnisse überaus Irreführend sein, wenn sie mit dem Vorteil der Rückschau abgeleitet wurden.
Investment-Missverständnis 22: Pro-forma-Ergebnisse sind stark verzerrt und sollten nie als Näherung für die tatsächliche Performance verwendet werden.
In Wirklichkeit: Diese Annahme stimmt zwar oft, manchmal können Pro-forma-Renditen die Performance für den Anleger jedoch angemessener darstellen als die tatsächlichen Renditen – zum Beispiel wenn die früheren tatsächlichen Renditen bei geringeren Gebühren erzielt wurden. Allgemein ausgedrückt sind Pro-forma-Ergebnisse tatsächlichen Ergebnissen vorzuziehen, wenn sie nur die früheren Gebühren so anpassen, dass sie die von den jetzigen Anlegern bezahlten Gebühren genauer darstellen, und keine Anpassungen vornehmen, die von der Rückschau profitieren.
Was Pro-forma-Ergebnisse angeht, herrscht eine Menge Verwirrung, weil dieser Begriff in fast konträren Zusammenhängen verwendet wird. Manchmal werden Pro-forma-Ergebnisse genutzt, wenn man das besser nicht täte, und manchmal werden sie abgelehnt, wenn sie vollkommen angemessen sind. Entscheidend ist, ob Pro-forma-Ergebnisse ein Element der Rückschau enthalten – diese Frage entscheidet alles.