I_Kapitel_27_a.tif

Obwohl die Pest in den meisten der Häuser wütete, gingen sie doch überall hinein und schleppten alles mit, was darinnen war. Niemand von ihnen nahm hierbei irgendeinen Schaden, was doch [128] wohl eine außergewöhnliche Angelegenheit ist: denn die Pfarrer, die Priester, die Prediger, die Ärzte, Wundärzte und Apotheker, die die Kranken besuchten, um sie zu pflegen, zu heilen, ihnen zu predigen und sie auf den Tod vorzubereiten, waren alle infolge von Ansteckung gestorben, und diese Teufel von Räubern und Mördern blieben völlig unversehrt. Woher kommt das, meine Herren? Denken Sie bitte einmal darüber nach.

Nachdem der Marktflecken derart geplündert war, begaben sie sich in wildem Tumult zur Abtei, die sie aber verriegelt und verrammelt vorfanden, so dass das Gros des Heeres in Richtung der Furt von Vède weiterzog. Vor Ort blieben sieben Kompanien Fußvolk und zweihundert Lanzen. Sie rissen die Mauern des Klosterhofes ein, um die gesamte Weinernte zu vernichten.

Die armen Teufel von Mönchen wussten nicht, welchem ihrer Heiligen sie sich geloben sollten. Für alle Fälle ließen sie ad capitulum capitulantes läuten. Dort wurde beschlossen, dass sie eine schöne Prozession machen wollten mit Psalmensingen und Gebeten contra hostium insidias und schönem Antwortgesang pro pace.

Zu dieser Zeit lebte in der Abtei ein Klostermönch namens Bruder Jean des Entommeures, ein junger, kräftiger Kerl, fein herausgeputzt, stets gut gelaunt, sehr geschickt, beherzt, mutig, entschlossen, groß, hager, mit einer richtig guten Schnauze, einer ordentlichen Nase, ein Meister im Herunterrasseln von Gebeten, im Herunterleiern von Messen und im Sichdrücken vor Fasttagen, alles in allem ein richtiger Mönch, wenn es jemals einen solchen gegeben hat, seitdem die mönchische Welt im Mönchtum gemöncht hat; was das Brevier anging, so war er bis an die Zähne gelehrt.

[129] Als dieser den Lärm hörte, den die Feinde im Weingarten veranstalteten, ging er hinaus, um nachzusehen, was sie machten. Als er sah, dass sie ihren Weingarten abernteten, in dem ihr Getränkevorrat für das ganze Jahr gründete, kehrte er in den Altarchor der Kirche zurück, in dem sich die anderen Mönche aufhielten, die verdutzt waren wie die Glockengießer. Und als er hörte, wie sie sangen: »Ini nim, pe, ne, ne, ne, ne, ne, ne, tum, ne, num, num, ini, i, mi, i, mi, co, o, ne, no, o, o, ne, no, ne, no, no, no, rum, ne, num, num«, sagte er: »Das singt ihr aber schön! Warum, bei allen Tugenden Gottes, singt ihr nicht: ›Ihr Körbe, ade, die Lese ist passé‹? Der Teufel soll mich holen, wenn sie nicht in unserem Weingarten Weinstöcke und Reben so gut abschneiden, dass wir, Herrgott Sakrament nochmal, vier Jahre lang dort keine Nachlese halten können. Beim Bauch des heiligen Jakob, was sollen wir armen Teufel während dieser Zeit denn trinken? Herr im Himmel, da mihi potum.«

Da sagte der Prior des Klosters: »Was will denn dieser Trunkenbold hier? Ab in den Karzer mit ihm. So den Gottesdienst zu stören!« »Achten wir doch lieber darauf, dass der Pottesdienst nicht gestört wird«, sagte darauf der Mönch. »Ihr selbst, Herr Prior, trinkt doch gerne vom Besten. So macht es ein jeder Mann von Stand; ein Mann von Adel hasst niemals guten Wein: dies ist ein Denkspruch von uns Mönchen. Aber die Responsorien, die ihr hier singt, passen nicht in die Jahreszeit. Warum sind unsere Gebetsstunden in Zeiten der Ernte und Weinlese so kurz, in der Adventszeit und im Winter aber so lang? Unser seliger Bruder Macé Pelosse, ein Mann mit Verstand und wahrer Eiferer unseres Glaubens – oder der Teufel soll mich holen –, sagte mir einmal, und ich erinnere mich gut daran, dass dies deshalb so sei, damit wir in [131] dieser Jahreszeit die Weinernte einholen und den Wein keltern, um ihn dann im Winter zu schlürfen.

Hört ihr Herren, all die, die ihr den Wein liebt: folgt mir, beim Leibe Gottes! Verdammt noch mal, der heilige Antonius soll mich verbrennen, wenn diejenigen den Wein trinken, die die Reben nicht geschützt haben! Beim Bauche Gottes, das sind die Güter der Kirche! Nein und nochmal nein! Zum Teufel! Der heilige Thomas aus England ließ für jene sein Leben; wenn ich bei diesem Unterfangen stürbe, wäre ich dann gleichermaßen ein Heiliger? Aber ich werde noch nicht sterben – ich werde die anderen ins Gras beißen lassen.«

Mit diesen Worten warf er seine weite Kutte ab und packte sich das Kreuzholz, das aus hartem Ebereschenholz gefertigt war; so lang wie eine Lanze, lag es ausgezeichnet in der Hand und war hier und dort mit Lilienblüten bemalt, die fast gänzlich verwischt waren. In Wams und Hosen ging er nach draußen, nahm seine Kutte als Schild, und mit dem Holzkreuz schlug er urgewaltig auf die Feinde ein, die ohne Heerbanner, Trompeten und Trommeln in hellem Durcheinander den Weingarten abrasierten. Die Fahnen- und Standartenträger hatten ihre Fahnen und Standarten an die Mauer gelehnt, die Trommler hatten ihre Trommeln auf einer Seite eingehauen, um sie mit Trauben zu füllen, die Trompeter waren mit Weinrebenbüscheln beladen – ein jeder war außer Rand und Band. Ohne Warnung schlug er so heftig auf sie ein, dass er sie wie Schweine umwarf, indem er wild in der Gegend herumschlug, so wie es in der alten Fechtkunst üblich war.

Den einen zerschmetterte er den Schädel, den anderen zerbrach er Arme und Beine, zerschlug ihnen das Genick oder brach ihnen das Kreuz, schlug die Nase ab oder ein Matschauge ein, [132] zerspaltete ihnen die Kiefer oder drosch ihnen die Zähne ins Maul, zertrümmerte ihnen die Schulterblätter, zerquetschte ihnen die Beine, kugelte ihnen die Hüftknochen aus und zerfetzte die Knochen der Glieder.