»WAS FÜR EIN ANBLICK!«, rief Lennox amüsiert. Er war zur Destillerie seiner kleinen Schwester Shona gekommen, hatte das Gebäude aber verschlossen vorgefunden. Das Tor der benachbarten Scheune jedoch stand offen, und er war neugierig näher getreten. Wie sich herausstellte, war die Scheune keine mehr, sondern ein Stall, in dem sich in einer großen Box eine ganze Herde Alpakas tummelte. Mittendrin stand die sonst stets stylishe Shona in einer Latzhose und mit Gummistiefeln an den Füßen.
»Lennox?« Sie ließ die Mistgabel fallen und drehte sich so abrupt um, dass die Tiere erschrocken zurückwichen. »Keine Sorge, ihr Süßen«, sagte sie tröstend zu ihnen. »Das ist nur mein Bruder, der tut euch nix.« Damit kam sie auf ihn zu und fiel ihm um den Hals.
»Ich glaube, sie haben sich eher wegen der hingeschmissenen Mistgabel erschreckt als meinetwegen«, bemerkte er lächelnd, als sie ihre stürmische Umarmung gelöst hatte.
»Ich hätte sie nicht hingeschmissen, wenn du mich nicht so hinterrücks überfallen hättest – das nennt man Logik!« Sie grinste ihn frech an. »Ich fass es immer noch nicht, dass du tatsächlich hier bist.«
»Und ich fass es nicht, dass du dich von der Schnapsdrossel zur Kameltreiberin entwickelt hast. Kirkby scheint dir nicht zu bekommen«, neckte er sie und trat dann zu der halbhohen Stallwand, um sich die besagten Kleinkamele genauer anzusehen.
»Sehr witzig, Bruderherz, sehr witzig.« Shona stellte sich neben ihn und lockte die Tiere herbei, die den Neuankömmling bisher aus sicherer Distanz beobachtet hatten. »Das ist Nessie«, stellte sie ihm ein dunkelgraues Exemplar vor, das sich als erstes herangewagt hatte.
»Hallo, Nessie«, grüßte Lennox artig und streichelte vorsichtig den flauschigen Hals. »Du bist der Unglücksrabe, der fast im Loch Ness ertrunken wäre, was?« Diese haarsträubende Geschichte war sogar bis zu ihm vorgedrungen – in recht unterschiedlichen Varianten.
»Ja, und das war sicher sehr traumatisierend für sie – aber unterm Strich auch ein großes Glück, denn sonst wäre sie nie hier gelandet und hätte es jetzt nicht so schön.«
»Und dein Schnapsladen hätte einen anderen Namen gebraucht«, fügte er augenzwinkernd hinzu.
»Die Golden Alpaca Distillery ist kein Schnapsladen!«, kam es prompt empört zurück. »Wir produzieren hier feinsten Whisky und Gin.«
»Wenn du es sagst …« Lennox machte sich nichts aus Alkohol und konnte die Begeisterung seiner Familie und überhaupt seiner Landsleute für Hochprozentiges nicht nachvollziehen.
»Bist du immer noch Antialkoholiker?«, fragte sie mit entsetzt aufgerissenen Augen, als sei das die schlimmste Sünde. Was in ihrer Welt vermutlich auch zutraf.
Er zuckte nur mit den Schultern.
Sie schüttelte den Kopf. »Unfassbar. Du kannst nicht aus unserer Familie stammen.«
»Das würde jedenfalls einiges erklären«, versetzte er und klang dabei so bitter, dass es selbst Shona auffiel.
»So hab ich das nicht gemeint«, versuchte sie ihn zu beschwichtigen. »Das weißt du hoffentlich. Ich finde es nur so schade, dass du dich nicht für die Dinge interessierst, die mir wichtig sind.«
»Aber interessierst du dich umgekehrt für die Dinge, die mir wichtig sind?« Lennox musterte sie prüfend, und Shona biss sich verlegen auf die Unterlippe. »Außerdem stimmt das nicht. Ich interessiere mich sehr wohl für dich und dein Leben. Sogar für deine Destillerie, und ich würde sie mir sehr gerne ansehen. Nur weil ich keinen Alkohol mag, bedeutet das ja nicht, dass es mir egal ist, was du tust. Und ich interessiere mich sehr für deine Kamelherde.«
»Es sind Alpakas!«, beharrte sie.
»Und Alpakas gehören zur Familie der Kamele und werden vorwiegend wegen ihrer Wolle gezüchtet.«
»Das weiß ich, du Klugscheißer, aber ›Kamel‹ hört sich irgendwie abfällig an, während ›Alpaka‹ putzig klingt – und meine Süßen sind sehr putzig!«
»Zweifellos«, bestätigte er. »Und sie müssen dich nachhaltig betört haben, sonst würdest du doch niemals in müffelnder Schmuddelkluft einen Stall ausmisten.«
»Ich habe schon früher Ställe ausgemistet«, verteidigte sie sich.
»Wenn du das sagst«, wiederholte er. Er erinnerte sich an Szenen aus ihrer Kindheit, in der sie als Küken der Familie stets dafür gesorgt hatte, dass irgendeines ihrer älteren Geschwister die Drecksarbeit im Stall übernahm. Doch diese ollen Kamellen wollte er nicht wieder auspacken. »Nessie kenne ich jetzt, wer sind denn die anderen?« Inzwischen hatten sich auch die restlichen Tiere herangewagt und schnupperten neugierig an ihm herum.
»Das sind Petunia, Hamish und Alvarez«, begann sie und deutete auf ein Trio, das sich neben Nessie gestellt hatte. »Dad und ich haben sie vor ein paar Wochen einem insolventen Wanderzirkus abgekauft, und wir haben den Verdacht, dass Nessie auch daher stammte, denn sie waren gleich ganz vertraut miteinander. Diese vier heißen Ringo, Georgia, Joanna und Paula und sind erst seit gut zwei Wochen bei uns. Eine Tierschutzorganisation hat sich bei Kendrick gemeldet und gefragt, ob er einen Platz für vier in Not geratene Alpakas wüsste, und da Dad gerade den Stall gebaut hatte, konnten wir sie gleich retten. Wenige Tage nach ihrer Ankunft hat Paula ihr Fohlen bekommen, das wir Stella getauft haben.« Sie bedachte das Tierbaby mit mütterlich-verliebten Blicken.
»Wirklich niedlich«, befand er. »Und haben sie schon musikalisches Talent gezeigt?«
»Wer?«
»Na die Beatles!«
»Hä?« Shona sah ihn verständnislos an.
»Du weißt schon, wer die Beatles waren?«
»Natürlich! So eine Uraltband aus dem letzten Jahrtausend.«
Das war formal zwar richtig, aber Lennox war trotzdem schockiert von der völligen Ignoranz, die seine Schwester an den Tag legte. »Die Beatles waren die Mitbegründer der modernen Popmusik, und viele ihrer Songs sind inzwischen echte Klassiker«, erklärte er seufzend.
»Mag sein, aber was hat das mit meinen Alpakas zu tun?«
»Die Bandmitglieder hießen John, Paul, George und Ringo. Klingelt da was bei dir?« Er deutete auf die vier Alpakas, deren Vorbesitzer offensichtlich über einen gehörigen Sinn für Humor verfügt hatte.
»Echt? Ist ja witzig. Ich hatte keine Ahnung.«
»Dass du das Fohlen dann Stella getauft hast, war also reiner Zufall?«
»Ähm …« Sie kratzte sich am Kopf. »Eigentlich nicht. Kendrick und Dad kamen gleichzeitig auf die Idee. Das fand ich dann dermaßen schräg, dass ich die Kleine so genannt habe. War Stella etwa auch ein Beatles-Mitglied?«
»Nein. Stella ist die Tochter von Paul McCartney – die kennst du bestimmt. Sie ist eine bekannte Modedesignerin. Aber toll, dass sich wenigstens dein neuer Freund ein bisschen auskennt. Jetzt bin ich gleich noch neugieriger auf ihn. Wann lerne ich ihn denn kennen?«
»Er hat vorhin angerufen und meinte, dass er mir gleich die Hunde vorbeibringt, weil er zu einem Schäfer muss, dessen Hunde nicht so gut auf Artgenossen zu sprechen sind. Aber Dad …«
Sie kam nicht mehr dazu, auszuführen, was Dad gesagt oder getan hatte, denn in diesem Augenblick trabten wie aufs Stichwort zwei gigantische Irische Wolfshunde in den Stall und beäugten Lennox misstrauisch.
»Orla, Higgins, das ist euer Onkel Lennox«, stellte Shona ihn den Biestern vor.
»Wenn ich ihr Onkel bin, dann bist du ihre Mama?«, erkundigte er sich amüsiert und hielt den Hunden seine Hände hin, damit sie dran schnuppern konnten.
»Natürlich bin ich das!«
»Wer bist du, und was hast du mit meiner Schwester gemacht?« Lennox grinste schwach.
»Ich schätze, das ist reine Biologie«, erklärte ein Hüne von Mann, der den Hunden gefolgt war, und reichte Lennox lächelnd seine Pranke. »Ich bin Kendrick, freut mich sehr. Und deine kleine Schwester ist noch im Tierbesitzer-Honeymoon. Das wird sich auch wieder legen. Hoffe ich jedenfalls …« Er zwinkerte ihm zu, und Lennox beschloss, dass er ihn sehr sympathisch fand.
»Hey, mach dich nicht über mich lustig, sondern sei lieber froh, dass ich unsere Tiere liebe. Es könnte ja auch anders sein, und das wäre dir sicherlich auch nicht recht.« Shona reckte sich und drückte ihrem Freund einen Kuss auf die Wange. Lennox nahm erleichtert zur Kenntnis, dass sie ihn noch verliebter ansah als ihre Tiere.
»Schön, dich kennenzulernen«, sagte Lennox zu Kendrick. »Und cooler Move mit Stella.«
»Du hast es also kapiert?«, stellte Kendrick erfreut fest. »Shona war komplett ahnungslos.« Er lachte und küsste sie auf den Kopf. »Aber du bist ja auch Musiker, stimmt’s?«
»Wollt ihr euch gegen mich verschwören?«, beklagte sich Shona. »Das finde ich echt fies. Ich wette, dass Alex und Isla es auch nicht gecheckt haben. Ich meine, ernsthaft, wer kennt denn heutzutage noch die Beatles?«
»Auweia«, murmelte Kendrick. »Lassen wir das lieber. Vor allem das mit dem Wetten.«
»Du hättest mir das erklären müssen. Oder Dad«, schmollte Shona. »Es wundert mich, dass er es wusste.«
»Na ja, dein Vater hätte in seiner Kindheit und Jugend schon unter einem Stein leben müssen, um nichts von den Beatles mitzukriegen«, gab Kendrick zu bedenken. »Natürlich kennt er sie und hat sofort kapiert, dass die Alpakas nach ihnen benannt worden sind. Ich schätze mal, er ist gar nicht auf die Idee gekommen, dass du es nicht verstanden haben könntest.«
»Pah. Ihr seid echt doof.«
Lennox verfolgte das Geplänkel mit wachsender Belustigung. Dieser Mann tat seiner verwöhnten kleinen Schwester richtig gut – und auch das Leben in Kirkby. Er hatte sich ja die ganze Zeit gefragt, was die flippige und rastlose Shona im Hinterland suchte, und hätte vermutet, dass sie hier unglücklich sein würde, doch inzwischen sah er es anders. Sie hatte sich hier ein Leben aufgebaut, eine Mischung aus alten und neuen Leidenschaften, und wirkte so fröhlich und ausgeglichen, wie er sie selten erlebt hatte. Nur ihre verheerende Wissenslücke, was die neuere britische Musikgeschichte betraf, konnte er ihr nicht so leicht verzeihen. Wie bitte schön konnte man die Beatles nicht präsent haben? Umso erstaunlicher, dass ausgerechnet Marlin Fraser, der größte Musikhasser, den er kannte, die Verbindung sofort hergestellt hatte. Aber wahrscheinlich hatte Kendrick recht, und es lag schlicht daran, dass Marlins Generation die Beatles gar nicht hatte ignorieren können. Nicht einmal in den schottischen Highlands.
»So gern ich auch mit euch weiterplaudern würde, ich muss leider los«, unterbrach Kendrick seine Gedanken. Er streckte Lennox erneut die Hand entgegen. »Hat mich echt gefreut. Wenn du Lust hast, komm doch heute Abend zum Essen zu uns, dann quatschen wir weiter.« Er küsste Shona zum Abschied und gab den Hunden jeweils einen freundschaftlichen Klaps.
»Da hast du einen wirklich guten Fang gemacht«, sagte Lennox, als Kendrick außer Hörweite war. »Ein sehr netter Typ. Tut dir gut.«
»Ich tu ihm gut«, entgegnete Shona, konnte ihr verliebtes Lächeln aber nicht ganz unterdrücken. »Und er hat recht, komm heute Abend zum Essen.«
»Gerne. Ich hoffe, er kocht besser als du?« Shona hatte früher eine fast pathologische Abneigung gegen jede Form von Küchenarbeit gehabt, und irgendwie bezweifelte er, dass ihre spektakuläre Veränderung sich auch auf ihre Kochkünste ausgewirkt hatte.
»Er kocht super, aber wir können auch was vom Pub holen, wenn es dir lieber ist. Da gibt es sensationelle Currygerichte, die Isla für Jon entwickelt hat und nach denen wir absolut süchtig sind.«
»Klingt verführerisch.«
»Dann haben wir ein Date. Komm um sieben vorbei.« Sie nahm wieder ihre Mistgabel zur Hand und stocherte damit in der Box herum. »Hast du eigentlich schon Dad getroffen?«, wechselte sie abrupt das Thema.
»Bisher noch nicht. Ich wollte erst die Menschen sehen, die mich mögen …«
»Dad liebt dich!«, behauptete sie.
Lennox gab ein ungläubiges Schnauben von sich.
»Gib ihm eine Chance«, bat sie und hielt erneut beim Ausmisten inne, um ihn eindringlich anzuschauen. »Er liebt dich genauso wie seine anderen Kinder.«
»Vielleicht auf seine Art«, gestand ihr Lennox zu. »Aber das ist nicht die Art, wie Eltern ihre Kinder lieben sollten. Bedingungslos nämlich. Dads Zuneigung war immer an Konditionen geknüpft. Wer sich entsprechend verhält, wird belohnt, wer nicht …« Er sprach den Satz nicht zu Ende.
»Aber das stimmt doch einfach nicht!«, protestierte Shona. »Dad hat uns nie einen Weg aufgezwungen, sondern uns immer in allem unterstützt. Klar hat er auch Fehler gemacht, aber wer tut das nicht? Vor ein paar Wochen hat er mir gegenüber sogar zugegeben, dass er uns ein schlechtes Vorbild war und dass ihm das leidtut.«
»Ach ja?« Lennox schüttelte den Kopf. Er verstand Shonas Perspektive. Sie war vom ersten Tag an Marlins Liebling gewesen. Natürlich sah sie ihn anders als er selbst. Aber sie hatte auch nie den Schmerz des väterlichen Liebesentzugs zu spüren bekommen. Es schien ihm recht schwer vorstellbar, dass der sture alte Mann ernsthaft zu der Einsicht gelangt sein sollte, Fehler gemacht zu haben. Und falls doch, dann sicher nicht auf eine Art, die seinen Umgang mit dem jüngsten Sohn betraf.
Doch Shona konnte oder wollte das nicht begreifen, sie nickte vehement. »Er hat wörtlich gesagt, dass er sich nach Mums Tod vor der Liebe verschlossen und uns damit vorgelebt hat, dass man ohne romantische Liebe im Leben besser dran ist, weil man dann von Schmerzen verschont bleibt. Inzwischen hat er aber eingesehen, dass das ein Fehler ist, und er wünscht sich, er wäre offener und weicher gewesen.«
»Aha«, brummte Lennox, weil er den Eindruck hatte, dass Shona eine Reaktion von ihm erwartete. »Das hat aber nichts mit seiner sehr unterschiedlich verteilten Liebe zu seinen Kindern zu tun. Sondern höchstens mit der Erkenntnis, dass der Zug für ihn abgefahren ist, wenn er noch mal eine Frau abkriegen will. Für mich klingt das nicht nach höherer Einsicht, sondern nach Selbstmitleid. Außerdem habt ihr – Alex, Isla und du – ja kein Problem mit der romantischen Liebe gehabt.«
»Du bist genauso störrisch und engstirnig wie er!« Shona plusterte die Backen auf und wirkte wie ein Teekessel kurz vor der Explosion. »Verstehst du das nicht? Diese Ansage war für ihn ein Riesenschritt. Vor allem, weil er es wirklich so meinte. Ich bin mir sicher, er bedauert es zutiefst, dass er für sich keine Liebe zugelassen und sich stattdessen nur auf uns fixiert hat. Stell dir vor, was gewesen wäre, wenn er eine neue Frau gefunden hätte.«
»Das ist doch pure Spekulation«, wehrte Lennox ab. Solche Gedankenspiele waren sinn- und fruchtlos. »Keiner weiß, was dann gewesen wäre. Es könnte auch sein, dass du die neue Frau gehasst hättest. Ich verstehe, dass du ihn verteidigst. Du warst immer sein Liebling und wirst es immer bleiben – egal, was passiert. Und dass du gerade alles durch eine rosarote Brille betrachtest, ist auch normal. Du hast die große Liebe gefunden, und das freut mich von Herzen, aber das ändert nichts daran, dass …« Er sprach nicht weiter, sondern schluckte. Dass Dad mich nie so lieben wird wie euch, hatte er hinzufügen wollen, doch das hätte so schrecklich verbittert geklungen. Auch wenn es die Wahrheit war.
»Dass was?«, bohrte Shona aber prompt nach. »Dass du deine große Liebe noch nicht gefunden hast? Das kannst du ja wohl kaum unserem Vater anlasten.«
»Doch, ich habe die große Liebe meines Lebens gefunden. Dad kann sie nur nicht akzeptieren.«
Sie sah ihn verblüfft an und konnte ihm offensichtlich nicht folgen. Was er ihr nicht weiter verübeln konnte, denn er hatte selbst Schwierigkeiten, die ganze Wucht seiner Aussage zu begreifen. Sein Unterbewusstsein spülte zurzeit in den seltsamsten Momenten Wahrheit an die Oberfläche.
»Ich kann mich nicht erinnern, dass du jemals ein Mädchen mit nach Hause gebracht hast, das Dad nicht akzeptiert hätte. Oder einen Jungen«, fügte sie rasch hinzu. »Lennox, wenn du schwul bist, ist das doch nicht schlimm. Ich glaube nicht, dass Dad damit ein Problem hätte. Und selbst wenn, es ist dein Leben, und er muss das akzeptieren.«
»Ich bin nicht schwul«, sagte er leise und wünschte gleichzeitig, dass es so wäre und dass seine sexuelle Orientierung der einzige Konfliktpunkt zwischen ihm und seinem Vater wäre. Aber Shona hatte recht: Einen homosexuellen Sohn hätte Marlin Fraser akzeptieren können. Einen Musiker jedoch nicht. »Meine große Liebe ist schon mein ganzes Leben lang die Musik«, versuchte er, es ihr zu erklären. »Musik ist für mich mehr als nur eine Leidenschaft oder eine Berufung. Es ist nicht so wie bei dir und deiner Destillerie oder bei Alex und seinem Hotel. Das sind Jobs, die ihr liebt und in denen ihr gut seid – und vielleicht wollt ihr auch nie etwas anderes machen als das. Aber es ist nicht vergleichbar. Musik ist für mich alles – es ist die Art, wie ich mich am besten ausdrücken kann, meine Gedanken und meine Gefühle. Du könntest vielleicht ohne Gin und Whisky leben, ich aber nicht ohne Musik. Und das kann oder will Dad nicht begreifen.«
»O.« Das schien Shona zum Nachdenken zu bringen, doch gleich darauf erhellte sich ihr Gesicht wieder. »Vielleicht ist es aber auch so, dass er so hart mit dir umgesprungen ist, weil du so viele Möglichkeiten hattest – und immer noch hast. Ich meine, du kannst doch fast alles. Du warst immer in allen Fächern der Beste, kennst dich mit allem aus. Vielleicht wollte er einfach nicht, dass du dein Talent vergeudest?«
»Und wenn schon. Es ist mein Leben, es sind meine Entscheidungen. Da sind wir auch wieder an dem Punkt – bedingungslose Liebe geht anders.«
»Mag sein«, entgegnete sie nachdenklich. »Aber du bist längst kein kleines Kind mehr. Du bist ein erwachsener Mann. Womöglich solltest du mal anfangen, dich selbst zu akzeptieren, wie du bist, und dich selbst zu lieben, statt dich nur über die Verfehlungen unseres Vaters zu definieren.«
Lennox starrte seine Schwester an. Das hatte er nicht kommen sehen. Sie wohl auch nicht, denn sie wirkte von Sekunde zu Sekunde verunsicherter und kaute wieder auf ihrer Unterlippe herum. Dann wandte sie sich um und harkte weiter Mist vom Stallboden zusammen. Er dagegen fühlte sich wie ein Boxer, dem man einen K.-o.-Schlag verpasst hatte und der nun noch einen Moment lang desorientiert herumtaumelte, ehe er vollständig zu Boden ging. Offenbar sprach neuerdings nicht nur sein Unterbewusstsein Klartext und die Wahrheit, sondern auch das seiner kleinen Schwester. Mit schweren Schritten und ohne sich zu verabschieden, verließ er die Scheune der Destillerie. Darüber musste er jetzt erst mal ausführlich nachdenken.
• • •
»Noch einen letzten Durchgang! Vier, drei, zwei, eins«, forderte Alice Fraser, schwang resolut ihren Taktstock, und Kirkbys Kirchenchor schmetterte los. »All you need is love …«
Nachdem die letzten Töne des alten Beatles-Hits in der kleinen Kirche von Kirkby verhallt waren, applaudierte Anna genauso enthusiastisch wie alle anderen Chormitglieder. Sie hatte schon immer gerne gesungen, und seit sie in Kirkby lebte, war sie Mitglied im Chor, der sich immer montagabends zur Probe traf. Bis vor ein paar Wochen hatte Jack McTavish seine singenden Heerscharen persönlich angeleitet, durchaus mit Engagement, aber leider ziemlich talentfrei und uninspiriert. Dann war es zur Meuterei gekommen, der Pfarrer war im Handstreich seines musikalischen Amtes enthoben und durch Alice Fraser ersetzt worden. Seitdem hatte sich nicht nur das Repertoire dramatisch geändert, sondern auch die klangliche Qualität. Alice war mit Rupert Fraser verheiratet, dem örtlichen Pferdeflüsterer und jüngeren Bruder von Marlin. Sie war die Mutter von Kristie und Hailey und hatte nebenbei auch noch mitgeholfen, die vier mutterlosen Kinder ihres Schwagers großzuziehen. Außerdem kümmerte sie sich seit Jahren um das leibliche Wohl der Bed-&-Breakfast-Gäste. Lange hatte niemand in Kirkby geahnt, dass sie darüber hinaus über ein ausgeprägtes musikalisches Talent und die Fähigkeit verfügte, aus einer bunt zusammengewürfelten Truppe mit sehr unterschiedlichen Gesangsbegabungen einen durchaus beachtlichen Klangkörper zu formen.
»Das war’s für heute!«, rief Alice über das Klatschen hinweg. »Vielen Dank für euer Engagement und noch einen schönen Abend.«
»Lust auf einen Gin Tonic?«, fragte Isla, als sich die Gruppe langsam auflöste. Das war ein Ritual, mit dem sie und Anna vor einigen Monaten angefangen hatten: Nach der Chorprobe gingen sie häufig noch auf einen Drink in Annas Wohnung oder in den Pub.
»Unbedingt. Große Runde oder kleine?«
»Zu dir«, raunte Isla, während sich eine größere Gruppe in Richtung Wise Pelican aufmachte. »Ich will nämlich wissen, warum Betty und mein Dad sauer auf dich sind und Jack bei deinem Anblick Panik in den Augen hatte.«
»Vielleicht weil ich, statt Informationen zu liefern, meine Finger in intime Körperöffnungen gesteckt habe? Und das meine ich wortwörtlich.« Anna kicherte leise und winkte dann fröhlich dem Pfarrer zu, der mit düsterem Gesicht an Bettys Seite zum Pub eilte – zweifellos, um dort Marlin zu treffen.
»Das musst du mir genauer erklären«, verlangte Isla, als sie fünf Minuten später auf Annas Sofa fiel. Dort wurde sie gleich von Elvis belagert, der sich auf ihrem Schoß zusammenrollte und laut zu schnurren begann.
Anna holte zwei Gläser und eine Ginflasche aus ihren gut gesicherten Schränken – Elvis war leider ein ziemlich geschickter Türen- und Schubladenöffner und hatte schon für reichlich Chaos gesorgt – und mixte die Drinks. »Die drei haben mich heute Vormittag in der Praxis überfallen. Angeblich nur wegen Grippeschutzimpfungen und irgendwelchen vorgeschützten Beschwerden. Tatsächlich haben sie mich wegen deines Bruders in die Mangel genommen, weil sie aus irgendeinem Grund sicher sind, dass ich mit ihm unter einer Decke stecke und mehr über sein rätselhaftes Auftauchen hier in Kirkby weiß.« Sie verdrehte die Augen, reichte Isla ein Glas und nahm dann in der anderen Ecke des gemütlichen Sofas Platz. »Das ist wirklich vollkommen absurd!«, empörte sie sich. »In jeder denkbaren Hinsicht. Cheers!« Sie trank einen Schluck und lehnte sich zurück.
»Warum? Würdest du nicht gern mit meinem Bruder unter einer Decke stecken? So als Dauersingle …«
»In eurer Familie pflegt man wirklich einen sehr seltsamen Humor. Mein Beziehungsstatus tut gar nichts zur Sache, und ich glaube auch nicht, dass mir die drei Herrschaften eine Affäre mit Lennox unterstellt haben. Eher scheinen sie anzunehmen, dass ich ihn aus meinem früheren Leben in Edinburgh kenne. Dabei habe ich ihn letzten Freitag zum ersten Mal in meinem Leben gesehen.«
»Weshalb sind die drei dann schlecht auf dich zu sprechen?«
»Tja, ich schätze mal, aufgrund enttäuschter Erwartungen. Ich fand es ziemlich dreist und wenig subtil, dass sie alle gleichzeitig bei mir aufgeschlagen sind. Betty kam als Erste dran und hat sich wenigstens noch die Mühe gemacht, ein paar interessante Fragen zu stellen, um mich aufs Glatteis zu führen. Dein Vater hat es erst mit dem Holzhammer versucht und anschließend auf die Mitleidstour. Ich solle einem armen alten Mann doch helfen, das Verhältnis zu seinem Sohn wieder geradezurücken. Ernsthaft!« Sie schnaubte.
»Das ist aber wirklich ungewöhnlich.« Isla sah Anna überrascht an. »Also, dass mein Vater nicht nur öffentlich zugibt, dass er ein schlechtes Verhältnis zu Lennox hat, sondern auch um Hilfe bittet.« Sie kraulte geistesabwesend den Kater und trank noch einen Schluck von ihrem Gin Tonic.
»Ich habe es eher als manipulativ empfunden, aber egal, wie man es interpretiert, ich bin nicht die richtige Ansprechpartnerin. Das habe ich ihm dann auch gesagt und ihm geraten, das alles mit Lennox oder der ganzen Familie direkt zu klären.«
»Sehr schlau. Ich würde mich freiwillig auch nicht zwischen die Fronten stellen. Aber was ist mit Jack?«
»Dem habe ich kurz entschlossen eine komplette Vorsorgeuntersuchung mit allen Schikanen angedeihen lassen. Leider ist mir diese brillante Idee erst bei ihm gekommen, Betty und deinem Vater hätte das auch nicht geschadet.« Anna grinste in ihr Glas. »Der Pfarrer hat sich mit den Worten ›Du bist eine erstaunlich bösartige Frau‹ von mir verabschiedet, und ich bin geneigt, das als Kompliment zu werten.«
Isla musste so lachen, dass sie sich fast verschluckte. »Im Ernst? Und mit allen Schikanen meinst du Finger im Po?«
»Ärztliche Schweigepflicht, aber er war not amused.«
»Kann ich mir vorstellen.« Isla kicherte. »Denkst du, sie planen jetzt einen Racheakt?«
»Keine Ahnung, du kennst sie besser als ich. Aber wie Maggie so schlau bemerkte, was sollen sie schon tun? Ich habe schließlich nur meinen Job gemacht. Und selbst wenn sie versuchen, schlecht über mich zu sprechen – spätestens wenn die Leute krank werden, kommen sie trotzdem zu mir. Ich mach mir also keine größeren Sorgen.« Das war jetzt eine Spur optimistischer formuliert, als sie sich tatsächlich fühlte, denn sie wusste um den Einfluss, den die drei im Ort hatten. Doch andererseits war sie auch stolz auf sich, weil sie endlich mal Grenzen gesetzt hatte und zukünftig vielleicht nicht immer nur als supernett gelten würde. Das konnte sicher nicht schaden.
»Die haben auf jeden Fall verdient, was sie bekommen haben. Allerdings finde ich es wirklich schade, dass du erst bei Jack auf diese grandiose Idee mit dem General-Check-up gekommen bist und nicht schon bei meinem Dad. Der hätte das dringend nötig. Ich glaube, er war noch nie bei einer Vorsorgeuntersuchung.«
»Das nächste Mal«, versprach Anna leichthin, obwohl sie sich sicher war, dass sie Marlin Fraser so schnell nicht mehr in ihrer Praxis sehen würde. »Aber jetzt mal unter uns«, fuhr sie fort, »was für ein Problem haben dein Dad und Lennox miteinander? Richtig viel hast du mir da bisher nie erzählt.«
»Vermutlich weil es ein eher trauriges Kapitel in unserer Familiengeschichte ist«, sagte Isla und klang mit einem Mal ziemlich ernüchtert. »Lennox ist mit Sicherheit der Komplexeste und Sensibelste von uns Geschwistern. Er ist hochbegabt und kann einfach alles. Durch die Schule ist er mühelos durchgekommen, hat nie etwas dafür getan und immer die besten Noten kassiert. Er hat zwei Jahrgangsstufen übersprungen und gleichzeitig mit mir seinen Abschluss gemacht – mit gerade mal sechzehn. Er war aber kein Nerd, sondern beliebt bei seinen Freunden und gut im Sport – ihm stand die Welt offen, und er hätte alles machen können. Aber wirklich interessiert hat er sich immer nur für Musik. Er hat sich Klavier und Gitarre selbst beigebracht und hat schon mit zehn oder elf eigene Songs komponiert.«
»Oje«, sagte Anna mitfühlend.
»Oje?« Isla sah sie irritiert an. »Das ist jetzt nicht die Reaktion, mit der ich gerechnet hätte. Die meisten sind total beeindruckt, wenn ich das sage, und können nicht verstehen, wo das Problem liegt.«
Anna zuckte mit den Schultern, entschloss sich dann aber, Isla auszugsweise von ihrer eigenen Geschichte zu erzählen. Etwas, das sie normalerweise vermied. Doch Isla war hier in Kirkby ihre einzige wirklich enge Freundin und hatte ein wenig Offenheit verdient. »Ich weiß, wie es ist, hochsensibel und überdurchschnittlich intelligent zu sein. Und ich weiß, dass die Betroffenen und ihr Umfeld damit häufig große Probleme haben. Euer Vater ist ein toller Mann, aber sehr in seinen eigenen Wertvorstellungen verhaftet und nicht der … ähm … flexibelste Zeitgenosse.«
»Um es vorsichtig zu formulieren«, bestätigte Isla. »Du bist also auch hochbegabt? Also, nicht dass ich dir das nicht zutraue, aber du wirkst so … normal.«
»Normal?« Anna lachte kurz auf. »Du ahnst gar nicht, wie sehr ich dieses Wort hasse. Aber ja, ich bin gut angepasst. Ich will dich nicht mit meiner ganzen traurigen Geschichte langweilen, und schon gar nicht will ich mich beklagen. Mir haben meine Fähigkeiten wohl das Leben gerettet. Im Gegensatz zu Lennox hatte ich von Haus aus nämlich überhaupt keine guten Startbedingungen, sondern habe meine ersten Lebensjahre vorwiegend in Pflegefamilien verbracht. Als Teenager habe ich dann einen Platz in einer betreuten Wohngemeinschaft für ›schwierige Jugendliche‹ bekommen. Unter diesem Label werden Kinder mit Drogenerfahrung, Opfer häuslicher und/oder sexualisierter Gewalt, psychisch labile, verhaltensauffällige, straffällig gewordene und eben hochbegabte Kinder zusammengefasst. Das klingt ziemlich gruselig, und in den meisten Fällen ist es das auch, aber ich hatte verdammtes Glück. Meine Gruppe war toll, und wir hatten sehr engagierte Betreuer. Mir hat die Stabilität geholfen. Ich habe meinen Schulabschluss ebenfalls schon mit sechzehn gemacht und konnte danach sofort mit meinem Medizinstudium anfangen. Mit fünfundzwanzig hatte ich zwei Facharztausbildungen in der Tasche – für Allgemein- und Notfallmedizin. Ich bin jetzt zweiunddreißig und habe deutlich mehr Berufserfahrung als die meisten Kollegen in meiner Altersklasse.«
»Wow«, befand Isla und klang tief beeindruckt. »Ich hatte echt keine Ahnung.«
»Ich will damit nicht angeben, ich wollte nur deutlich machen, dass ich weiß, was das für einen Menschen bedeuten kann. Für mich war es ein Segen – auch, weil ich immer wusste, was ich wollte. Letztlich hatte ich nur diese eine Option und konnte meine ganze Energie da hineinstecken. Wenn man aber alle Möglichkeiten hat, wie soll man sich da entscheiden?«
»Ich glaube, dass Lennox in Wirklichkeit auch nur eine Option für sich gesehen hat – leider eine, gegen die unser Vater mit aller Vehemenz war und vermutlich immer noch ist.«
»Musik?«, mutmaßte Anna. Doch eigentlich war es eine Feststellung. Sie hatte ihn gestern im Wald erlebt und auch heute beim Frühstück so eine Ahnung entwickelt. Sie verstand nur nicht, was Marlins Problem damit war – und warum Lennox sich davon so beeinflussen ließ.
»Musik«, bestätigte Isla. »Und ehe du fragst, ich habe keine Ahnung, warum Dad so dagegen ist. Er selbst summt ständig vor sich hin, wenn er sich unbeobachtet fühlt, aber er hat nie mit uns gesungen oder uns ermutigt, Instrumente spielen zu lernen. Ganz im Gegenteil.«
»Seltsam«, murmelte Anna. »Denkst du, das hängt mit eurer Mutter zusammen? Vielleicht war die besonders musikalisch, und es macht ihn traurig, wenn er dadurch an sie erinnert wird?«
»Angeblich nicht, aber er spricht nicht darüber, darum werden wir es wohl nie erfahren. Es ist aber nicht nur das Thema Musik, das zwischen ihm und Lennox zu Spannungen geführt hat. Die beiden haben sich im Grunde immer gefetzt, wegen allem. Lennox ist der geborene Widerspruch und hat nie verstanden, wie man bei unserem Dad seinen Willen durchsetzt. Dabei ist er wirklich einfach zu …« Sie suchte nach dem passenden Wort.
»Zu manipulieren?«, schlug Anna vor.
»Das klingt nicht besonders nett, aber genau so ist es«, gab Isla zu. »Shona hat es perfektioniert. Sie wickelt ihn mit einem einzigen Blick um ihren kleinen Finger, aber selbst ich weiß, wie ich mit ihm umgehen muss – und ich bin wahrlich nicht die diplomatischste Frau unter der Sonne. Doch Lennox ist völlig kompromisslos und unserem Vater in diesem Punkt erstaunlich ähnlich. Es gibt für ihn – oder für beide – nur die eigene Wahrheit. Das macht es halt ganz schön schwer. Und weil Lenny so empfindsam ist und wir anderen eher rustikalere Naturen, hat er ziemlich gelitten.« Sie seufzte. »Wir waren uns immer sehr nah, aber ich konnte ihn nicht vor allem schützen.«
Anna dachte an den Moment am Freitagnachmittag zurück, als sie Lennox kurz berührt und so viel Schmerz in ihm gespürt hatte, dass es ihr selbst wehtat. Sie hatte schon lange erkannt, dass scheinbare Privilegien kein Garant für ein glückliches, erfülltes Leben waren. Man musste selbst etwas dafür tun, das Glück einladen und umarmen. Zumindest war das bis heute ihr Lebensmantra gewesen. Vielleicht war das aber sogar leichter, wenn man allein war und sich nicht mit den – sicher gut gemeinten – Erwartungen einer liebenden Familie auseinandersetzen musste? Wie schwer musste es sein, sich dagegen zu wehren und gleichzeitig die Kraft zu finden, unbeirrt den eigenen Weg zu gehen? »Ich habe mir immer eine Familie wie die eure gewünscht«, gestand sie Isla. »Aber manchmal denke ich, dass sie auch eine Last sein kann. Versteh mich bitte nicht falsch«, fügte sie rasch hinzu, als sie Islas Stirnrunzeln bemerkte. »Ihr Frasers seid wirklich toll, und ich finde euren Zusammenhalt nach wie vor beeindruckend und beneidenswert. Aber für einen Menschen wie Lennox kann das auch eine Riesenhypothek sein.«
»Das fürchte ich auch. Ich wünschte, ich könnte mehr für ihn tun.«
»Ich glaube, du tust schon eine Menge. Du liebst und akzeptierst ihn so, wie er ist. Er wird seinen Weg aber allein finden müssen – letztlich wie wir alle.«
Isla sagte lange nichts, sondern streichelte versonnen den wohlig schnurrenden Kater und trank ein paar Schlucke von dem Gin Tonic, dann sah sie Anna an. »Wenn du recht hast, dann frage ich mich umso mehr, was er hier in Kirkby will.«
Zu dieser großen Frage war Anna auch gekommen, und sie beschloss, ihr auf den Grund zu gehen.