Einführung

Wir leben in einer gefährlichen Welt. Das erfahren Sie jeden Tag aufs Neue aus den Fernsehnachrichten. Eine bislang unbekannte, rätselhafte Seuche breitet sich aus. Ausgerechnet das Essen, das Ihnen am besten schmeckt, macht Sie angeblich krank. Dass Rauchen ungesund ist, können Sie schon lange nicht mehr hören. Aber bedrohen auch Handys Ihre Gesundheit? Über Krebs haben Sie sich schon öfter Gedanken gemacht. Sollten Sie nun endlich einmal zur Krebsvorsorge gehen?

Vielleicht machen Sie sich aber gar nicht so viele Sorgen um Ihre Gesundheit. Eigentlich geht es den Menschen heute trotz aller Risiken doch ziemlich gut. Vielleicht staunen Sie sogar darüber, wie dramatisch sich die gesundheitliche Situation der Bevölkerung in Deutschland verbessert hat, verglichen etwa mit der Zeit Ihrer Urgroßeltern. Davon profitieren Sie und Ihre Familie. Allein an einer besseren medizinischen Versorgung kann das nicht liegen: Verbesserungen der Gesundheit setzten ein, lange bevor es beispielsweise Antibiotika gab.

Die Wissenschaftler, die sich mit diesen auch für Ihren Alltag wichtigen Fragen befassen, heißen Epidemiologen. Epidemiologen untersuchen Risikofaktoren und Krankheiten in der Bevölkerung. Darin unterscheiden sie sich von Ärzten, die vorwiegend den einzelnen Patienten im Auge haben. Epidemiologen und ihre Arbeit werden in der Öffentlichkeit nur wenig wahrgenommen.

Wir zeigen Ihnen praxisnah und mit vielen Beispielen, was Epidemiologen leisten und warum ihre Arbeit in der heutigen Welt unverzichtbar ist. Wenn Sie dieses Buch gelesen haben, können Sie mitreden. Sie werden außerdem sehen: Epidemiologie kann ungemein spannend sein.

Über dieses Buch

Dieses Buch unterscheidet sich von Lehrbüchern der Epidemiologie, aber auch von populärwissenschaftlichen Werken:

  • Wir richten uns nicht an Experten, sondern an Menschen, die sich für Gesundheit interessieren und Grundkenntnisse in Epidemiologie erwerben wollen. Ganz besonders haben wir Menschen im Blick, die Gesundheitswissenschaften beziehungsweise Medizin studieren oder im Gesundheitswesen arbeiten.
  • Anders als viele populärwissenschaftliche Bücher wollen wir den Dingen aber auf den Grund gehen. Wir sagen Ihnen nicht nur, was ist. Vielmehr erklären wir Ihnen auch, warum das so ist und wie die entsprechenden Erkenntnisse gewonnen werden. Mit anderen Worten: Wir erläutern Ihnen in diesem Buch auch die Methoden, mit denen Epidemiologen arbeiten.
  • Wir nutzen dazu spannende Beispiele aus der Praxis, die mit Ihrem Alltag und Ihrer Arbeit zu tun haben.

Was Sie nicht lesen müssen

Vielleicht möchten Sie kein Epidemiologe werden. Sie sind auch sicher, dass Sie nie in Ihrem Leben selbst eine epidemiologische Studie durchführen werden. Das Thema interessiert Sie sehr, aber Sie wollen nicht in die letzten technischen Details einsteigen. Tiefer gehende Hintergrundinformationen haben wir deshalb mit dem Symbol »Detailwissen« gekennzeichnet. Sie können diese Abschnitte auslassen, ohne den Faden zu verlieren. Sie müssen das Buch auch nicht unbedingt von vorn bis hinten lesen. Fangen Sie dort an, wo es am spannendsten klingt, oder benutzen Sie es wie ein Nachschlagewerk.

Konventionen in diesem Buch

Wenn Sie dieses Buch in die Hand nehmen und eine Frau sind, bekommen Sie wahrscheinlich einen Schreck: Es wurde von drei Männern geschrieben und im Text ist nur von Epidemiologen, Studenten und sonstigen männlichen Wesen die Rede. Deshalb möchten wir klarstellen: Wir meinen in allen Fällen Männer und Frauen, also Epidemiologinnen und Epidemiologen, Studentinnen und Studenten, und so weiter. Tatsächlich sind in der Epidemiologie und unter unseren Studierenden Frauen nahezu gleich stark vertreten wie Männer. Da die Dummies-Bücher gut lesbar sein sollen, haben wir beim Schreiben auf weibliche Formen verzichtet.

Sie sprechen Deutsch – wir auch. Gelegentlich aber kommen wir nicht umhin, »Epidemiologisch« mit Ihnen zu sprechen. Sie werden sich also an einige wenige Fachausdrücke gewöhnen müssen. Zudem benutzen wir manche Begriffe anders, als Sie es aus dem Alltag gewohnt sind. Auf drei Begriffe und ihre epidemiologische Bedeutung müssen wir uns von Anfang an einigen:

  • Bevölkerung: Mit »Bevölkerung« meinen wir eine größere Gruppe von Menschen. Das muss nicht unbedingt die gesamte Bevölkerung einer Stadt oder eines Landes sein, es kann sich auch nur um alle Männer zwischen 40 und 59 Jahren handeln (das erläutern wir dann natürlich). Die »Studienbevölkerung« ist eine Bevölkerung, aus der Epidemiologen eine Stichprobe ziehen. Sie führen dann in der Stichprobe eine Studie durch. Deren Ergebnisse gelten für die ganze Studienbevölkerung. Da sich in der Epidemiologie alles um Gruppen von Menschen dreht, verwenden wir den Begriff »Bevölkerung« immer wieder.
  • Exposition: Mit »Exposition« bezeichnen wir Faktoren, denen eine Gruppe von Menschen (eben eine »Bevölkerung«) ausgesetzt ist. Nicht immer ist von vornherein klar, ob eine Exposition wirklich zu einem erhöhten Krankheitsrisiko führt. Ein Begriff wie »Risikofaktor« legt dies aber nahe. Daher bevorzugen wir den Begriff »Exposition«. Manchmal kann eine Exposition sogar einen positiven, die Gesundheit schützenden Effekt haben. Rauchen etwa ist eine gesundheitsschädliche Exposition, in diesem Fall auch eindeutig ein Risikofaktor. Regelmäßige körperliche Aktivität hingegen ist eine Exposition, die vor Herz-Kreislauf-Erkrankungen schützt. Sie sehen, der Begriff »Exposition« ist neutraler und umfassender als »Risikofaktor«.
  • Outcome: Unter »Outcome« verstehen wir ein bestimmtes gesundheitliches Ereignis oder Ergebnis (daher sprechen andere Epidemiologen auch von der »Ergebnisvariable«). Das kann eine Erkrankung sein oder auch ein Todesfall. In einer Studie zu Rauchen und Lungenkrebs ist Rauchen die Exposition (oder auch der Risikofaktor, siehe oben) und Lungenkrebs der Outcome. Wenn wir die schützende Wirkung von körperlicher Aktivität auf Herzinfarkt untersuchen, ist körperliche Aktivität die Exposition und Herzinfarkt der Outcome.

Törichte Annahmen über den Leser

Sie sind am Thema Gesundheit interessiert. Naturgemäß ganz besonders an Ihrer eigenen Gesundheit und der Ihrer Familie. Sie finden das Thema aber so spannend, dass Sie sich auch über die Gesundheit anderer Menschen Gedanken machen.

  • Vielleicht studieren Sie Gesundheitswissenschaften oder Medizin. Sie halten Epidemiologie für trocken und technisch. Ihre Interessen liegen in ganz anderen Bereichen wie Gesundheitskommunikation oder der Behandlung von Herzinfarkten. Aber nun steht Epidemiologie auf dem Lehrplan und Sie möchten das Beste daraus machen.
  • Vielleicht sind Sie im Gesundheitsbereich tätig, aber kein Experte für Epidemiologie. Sie möchten sich auf diesem Gebiet schlauer machen, um anderen Menschen fachkundigen Rat geben zu können. Dazu möchten Sie mehr über die Zusammenhänge zwischen Gesundheitsrisiken, Krankheit und Vorbeugung wissen.
  • Sie sind gesundheitsbewusst und gut informiert. Aber dem sogenannten »zweiten Gesundheitsmarkt« stehen Sie etwas ratlos gegenüber. Hier tummeln sich Anbieter von gesundheitlichen Dienstleistungen, die Ihnen Schutz vor Risiken und Erkrankungen versprechen. Dafür wollen sie Ihr Geld. Sie fragen sich, wie hoch die beworbenen Risiken wirklich sind und ob die angepriesenen Vorbeugemaßnahmen tatsächlich wirken.

Sie erwarten nicht, dass Sie ein fertiger Epidemiologe sind, wenn Sie dieses Buch gelesen haben. Aber Sie sind bereit, sich auch über Methoden und Hintergründe Gedanken zu machen. Sie scheuen auch nicht davor zurück, gelegentlich einen Taschenrechner in die Hand zu nehmen.

Wie dieses Buch aufgebaut ist

Dieses Buch hat sechs Teile. In den ersten fünf Teilen erklären wir, was die Epidemiologie erreicht hat und wie sie funktioniert. Diese fünf Teile haben wir in Kapitel untergliedert, in denen wir Epidemiologie in gut verdaulichen Häppchen servieren. Der sechste Teil enthält kurze Listen, die Ihnen bei der Suche nach Datenquellen und beim kritischen Lesen epidemiologischer Artikel weiterhelfen.

Teil I: Epidemiologen sind Gesundheitsdetektive

Epidemiologen untersuchen Risikofaktoren und Krankheiten in der Bevölkerung. Dabei gehen sie wie Detektive vor und verfolgen Spuren, indem sie Zahlen analysieren. Statt einer Lupe verwenden sie Instrumente wie Fall-Kontroll-Studien. In diesem Teil erfahren Sie, wie Epidemiologen arbeiten und was sie geleistet haben. Sie lernen auch die ersten Ausdrücke aus der epidemiologischen Fachsprache.

Teil II: Werkzeuge zum Messen und Vergleichen

Epidemiologen messen und vergleichen die Häufigkeit von Risikofaktoren und von Krankheiten in der Bevölkerung. Im zweiten Teil stellen wir Werkzeuge vor, mit deren Hilfe Sie sinnvolle und aussagekräftige Vergleiche vornehmen können. Sie erfahren auch, wie Sie die Ergebnisse solcher Vergleiche übersichtlich und korrekt darstellen.

Teil III: Die Architektur der Epidemiologie

Epidemiologen begnügen sich nicht damit, die Häufigkeit von Krankheiten zu beschreiben. Sie wollen auch herausfinden, ob eine bestimmte Exposition die Ursache einer Erkrankung ist. Epidemiologen ermitteln dazu, ob die Exposition bei Erkrankten häufiger auftritt als bei Gesunden. Dazu führen sie wissenschaftliche Studien durch. Wir stellen Ihnen die ausgefeilten Methoden vor, die Epidemiologen dabei einsetzen.

Teil IV: Studien durchführen und Fallstricke vermeiden

Epidemiologen identifizieren die Ursachen von Krankheiten. Das ist die Voraussetzung für Vorbeugemaßnahmen. Wenn Sie den guten Ratschlägen der Epidemiologen folgen und Risikofaktoren vermeiden, erhöhen sich Ihre Chancen, länger gesund zu bleiben. Manchmal aber schießen Epidemiologen über ihr Ziel hinaus: Sie ziehen vorschnelle oder falsche Schlussfolgerungen und behaupten einen Zusammenhang, der in Wirklichkeit gar nicht besteht. In diesem Teil erfahren Sie mehr über Fallstricke in epidemiologischen Studien und wie Sie diese vermeiden können.

Teil V: Anwendungen der Epidemiologie

Epidemiologen leben nicht in akademischen Elfenbeintürmen. Sie untersuchen Gesundheitsprobleme in der real existierenden Welt. Droht uns eine neue Supergrippe? Macht Armut krank? Kann ich mich durch Teilnahme an Vorsorgeuntersuchungen vor Krebs schützen? In der Praxis liegen die Dinge nicht immer so klar und eindeutig wie in der Theorie. In diesem Teil erfahren Sie anhand von aktuellen Beispielen aus dem Alltag, welche Fragen Epidemiologen aufgreifen und wie sie dabei auftretende Probleme lösen.

Teil VI: Der Top-Ten-Teil

In übersichtlicher Form vermitteln wir, welche zehn Fehler Epidemiologen vermeiden sollten. Wenn Sie sich weiter informieren wollen, finden Sie hier zehn Quellen für bevölkerungsbezogene Gesundheitsdaten.

Anhang

Mit diesem Buch möchten wir Ihr Interesse an Epidemiologie wecken. Wir hoffen, dass Sie nach der Lektüre noch neugieriger geworden sind. Im Anhang listen wir alle Quellen auf, die wir verwendet haben. Vielleicht möchten Sie das eine oder andere genauer nachlesen.

Symbole, die in diesem Buch verwendet werden

Wir verwenden in diesem Buch Symbole, um Ihre Aufmerksamkeit auf bestimmte Dinge zu lenken.

image Mit diesem Symbol markieren wir Hinweise, die Ihnen das Leben leichter machen sollen – in der Epidemiologie oder im Alltag.

image Dieses Symbol setzen wir für wichtige Definitionen ein, die es sich zu merken lohnt.

image Mit diesem Symbol kennzeichnen wir technisch tiefer gehende Informationen. Sie können den entsprechenden Textabschnitt übergehen, wenn Sie sich nicht mit Detailwissen befassen wollen.

image Mit diesem Symbol möchten wir Sie auf Missverständnisse oder Fallstricke hinweisen. Wenn Sie den vorangegangenen Textabschnitt nur überflogen haben, achten Sie bitte besonders auf diesen Warnhinweis.

Wie es weitergeht

Manche Menschen beginnen ein Buch mit Kapitel 1 und lesen es von vorn bis hinten durch. Natürlich würden wir uns freuen, wenn Sie das auch mit unserem Buch tun. Wir haben Epidemiologie für Dummies aber so geschrieben, dass Sie fast an jeder Stelle einsteigen können. Vielleicht werfen Sie also erst einmal einen Blick in das Inhaltsverzeichnis oder das Stichwortverzeichnis und beginnen an der Stelle zu lesen, die Ihnen am spannendsten erscheint. Oder Sie beginnen mit Teil V und tauchen so gleich ins pralle Leben der Epidemiologie ein. Viel Spaß dabei.