XVIII

Cavelli stand auf seiner Terrasse und sah einem der Gärtner zu, die mit langen Schläuchen die Rasenflächen der Vatikanischen Gärten wässerten, wie jeden Abend zwischen sieben und acht Uhr. Eine Szene, die er nun schon seit einigen Wochen mit dem Pinsel auf die Leinwand zu bringen versuchte. Viele Stunden hatte er auf der Terrasse an der Staffelei gestanden und sich abgemüht, aber das Ergebnis war, wie er selbst sah, reichlich schwach. Wohl konnte man erkennen, was es sein sollte, und da und dort war ihm sogar der eine oder andere schöne Lichtreflex gelungen, aber das Amateurhafte seines Bildes – aller seiner Bilder – sprang einem sofort ins Auge. Ja mehr noch: Angesichts des Umstands, dass im Vatikanstaat Michelangelo, Raffael und weitere Giganten der Malkunst gewirkt hatten, war sich Cavelli bewusst, dass man ihn in diesem Land mit Fug und Recht als den schlechtesten Maler aller Zeiten bezeichnen konnte. Aber das war in Ordnung, solange es ihm nur Vergnügen bereitete. Und solange niemand diese Bilder zu Gesicht bekam.

Er sog noch einmal den Duft der Schirmpinien ein, dann schloss er das Fenster. Für gewöhnlich ließ er die Fenster seines Apartments zwischen Mai und Oktober offen, aber heute bevorzugte er Zurückgezogenheit.

Der Umschlag.

Cavelli zog den Stecker für den Ventilator aus der Steckdose und schob den für die Schreibtischlampe hinein. Die Stromleitungen in dem alten Haus stammten immer noch aus den vierziger Jahren, und man hatte damals in jedes Zimmer nur eine einzige Steckdose eingebaut. Bei der großen Generalrenovierung kurz nach Amtsantritt von Johannes Paul II. waren die Steckdosen durch Doppelsteckdosen ersetzt worden, was aber nichts an der Schwäche der alten Leitungen geändert hatte, die tagsüber meist überlastet waren. Erst nach zwanzig Uhr dreißig, wenn im Vatikan offiziell die Nachtruhe begann und Cavelli den Strom fast für sich allein hatte, erwachten auch die zweiten Steckdosen zum Leben. Für Cavelli, der es nicht anders kannte, war es nie ein Problem gewesen. Er setzte sich an seinen Schreibtisch und griff nach dem Brief. Wieder nahm er das seltsame Knistern wahr.

Für D. C. stand auf dem Umschlag in schwarzen Druckbuchstaben geschrieben. Er betrachtete das rote Siegel, das den Umschlag verschloss. Der Abdruck im Wachs war nicht gut zu erkennen. Offenbar hatte Fontana keinen Siegelring, sondern seinen Kardinalsring verwendet. Cavelli erkannte den stilisierten Jesus einigermaßen wieder. Es widerstrebte ihm, das Siegel zu zerstören. Er öffnete die Schreibtischschublade, entnahm einen Brieföffner und schlitzte den Umschlag an der Oberkante auf. Darin befand sich ein Blatt Alufolie, das einmal in der Mitte gefaltet war wie ein Buch, und darin zwei separat zusammengeheftete dünne Papierstapel. Offensichtlich hatte der Kardinal verhindern wollen, dass jemand den Brief von außen durchleuchtete. Cavelli atmete tief durch, zog den Inhalt aus dem Umschlag und entfernte die Alufolie.

Er nahm den ersten Papierstapel, der nur aus zwei Blättern bestand. Der Text darauf enthielt nichts als Zahlen.

1

1 4-5-1-6

1 5-6-2-2-1-5

1 4-1-7

...

Cavelli ging alle Zeilen bis zum Schluss durch. Sie waren alle in dieser Weise beschriftet. Ein Sinn war nicht zu erkennen. Cavelli legte die Papiere zur Seite und wandte sich dem zweiten Stapel zu. Es handelte sich um einen handgeschriebenen Brief.

Er lehnte sich in seinem Schreibtischsessel zurück und begann zu lesen.

»Teurer Freund,

dieser Brief ist an Sie – und nur an Sie – gerichtet, da ich glaube – oder sollte ich sagen: fürchte? – nein, weil ich hoffe, dass niemand besser als Sie verstehen wird, in welch einem fürchterlichen Dilemma ich mich befinde. Ich schreibe Ihnen in der Hoffnung, dass Sie die Dinge, die ich gleich darlegen werde, in einem anderen Licht zu sehen vermögen. Einem Licht, das ich nicht zu sehen vermag, einem Licht, für dessen Vorhandensein ich bete; auch wenn ich mir nicht vorstellen kann, woher es wohl kommen könnte. Mir ist nur zu bewusst, dass ich Ihnen, lieber Freund, unter Umständen eine ungeheure Last der Verantwortung aufbürde. Ich bete, dass Sie diese tragen können. Wenn Sie sich dazu nicht in der Lage sehen, so dürfen Sie sich zu nichts verpflichtet fühlen! Verbrennen Sie dann diesen Brief, in welchem ich Sie in voller Absicht nicht beim Namen nenne, und leben Sie Ihr Leben weiter! Niemand außer Dottore Bonetti weiß von der Existenz dieses Briefes (nicht jedoch von seinem Inhalt!), und er ist zu absolutem Stillschweigen verpflichtet.

Dies als Vorrede, doch ich will zum Eigentlichen kommen.

Mein ganzes Leben habe ich immer im Einklang mit den Geboten Gottes und der heiligen Katholischen Kirche zu leben versucht. Ich will nicht behaupten, dass es mir zu allen Zeiten leichtgefallen wäre. Auch als Mann der Kirche ist man mannigfaltigen Versuchungen ausgesetzt – und letzten Endes sind wir ja alle nur schwache Menschen –, aber ich kann von mir sagen, dass ich diesen Versuchungen – von einigen Jugendsünden abgesehen – fast immer zu widerstehen vermochte. Ich sage das ohne Stolz, sondern voller Dankbarkeit für die Stärke, die mir Gott schenkte.

Nun jedoch …«

Tock, tock, tock.

Cavelli sah auf. Der Türklopfer. Jemand war an der Tür. Das war ungewöhnlich. Abgesehen von Kardinal Fontana hatte er selten Besuch, zumindest unangemeldeten, denn Personen, die nicht im Vatikan wohnten, mussten sich im Uffizio Permessi gleich hinter dem St. Anna-Tor melden, woraufhin der diensthabende Mitarbeiter bei Cavelli anrief, um sich das bestätigen zu lassen, und einen temporären Passierschein ausstellte. Diesmal war kein Anruf gekommen. Es handelte sich also um jemanden aus dem Dorf – wie die Bewohner der Vatikanstadt ihre Heimat liebevoll nannten. Cavelli beschloss ihn zu ignorieren. Sorry, Kumpel, nicht jetzt.

Erneut wandte er sich dem Brief zu.

»Nun jedoch …«

Tock, tock, tock!

Wieder der Türklopfer. Diesmal heftiger. Cavelli stöhnte. Wahrscheinlich drang Licht unter seiner Wohnungstür in das Treppenhaus. Sein Besucher wusste also, dass er zu Hause war.

Tock, tock, tock!

Cavelli erhob sich widerwillig, ging zur Tür und öffnete. Was er sah, ließ ihn unwillkürlich einen Schritt zurücktreten. Im schwachen Licht der alten Treppenhausbeleuchtung stand die junge Frau , die er auf dem Friedhof gesehen hatte.

»Buona sera, Signor …?«, sie schielte kurz auf das verblasste Namensschild an der Tür hinüber, »… Capelli.«

»Cavelli«, korrigierte er mechanisch.

»Cavelli.« Sie strich sich hektisch eine dunkelbraune Haarsträhne aus der Stirn. »Entschuldigen Sie die Störung. Sie haben vielleicht gehört, was Kardinal Fontana passiert ist? Ich bin seine Nichte.«

»Ah ja, ich habe Sie bei der Trauerfeier gesehen.« Langsam gewann Cavelli seine Geistesgegenwart zurück. »Mein herzliches Beileid, Signorina.«

»Danke! Oh, ich hab mich noch gar nicht vorgestellt, mein Name ist Pia Randall.«

Sie reichten sich die Hände.

»Entschuldigen Sie nochmals die Störung. Ich wollte in die Wohnung meines Onkels, aber ich habe keinen Schlüssel, und weder die Verwaltung hier noch der Notar meines Onkels konnten mir weiterhelfen ...«

»Ah, Dottore Bonetti.«

»Sie kennen Ihn?« Pia Randall wirkte keineswegs überrascht.

»Nun ja, ich …«

»Und ich habe mich gefragt«, fuhr sie fort, ohne Cavelli ausreden zu lassen, »ob Sie als benachbarter Hausbewohner vielleicht einen Schlüssel für seine Wohnung in Verwahrung haben.«

Das Licht im Hausflur ging aus. Cavelli lachte freundlich.

»Ich glaube, ich kann Ihnen helfen.« Er drückte auf den Knopf für das Licht. »Kommen Sie«, rief er und lief die Treppe hinunter. Sie zögerte einen Moment, dann folgte sie ihm. Cavelli wartete vor der Wohnungstür des Kardinals auf sie.

»Wissen Sie, hier kennt jeder jeden, und Leute von außen kommen nicht ohne weiteres rein.« Er drehte den Türknopf und stieß die Wohnungstür auf. »Wir schließen hier nie ab.«

Pia wirkte überrascht. »Ui, so viel Gottvertrauen.«

Cavelli lächelte. »Wo, wenn nicht hier? Obwohl die vatikanische Flagge die einzige ist, auf der zwei Schlüssel abgebildet sind, hat man hier am wenigsten Verwendung dafür.«

»Haben Sie gar keine Angst vor Diebstählen?«

»Eher nicht. Alle Bewohner dieses Hauses, mit Ausnahme von mir, sind Kardinäle. Das Diebstahlsrisiko scheint vertretbar zu sein.«

Pia verzog amüsiert den Mund. Zögernd betrat sie die Wohnung. Cavelli warf einen Blick hinein, er war nur ein einziges Mal hier gewesen. Das war, als Fontana eine schwere Bronchitis gehabt hatte. Cavelli hatte ihm Medizin und Tee aus der vatikanischen Apotheke gebracht. Er sah sich um. Es sah noch genau aus wie damals. Ein normales bürgerliches Apartment. Nichts Extravagantes. Nur ordentlicher als die meisten Wohnungen. Außerdem ein großes goldenes Kreuz an einer Wohnzimmerwand und eine sehr schöne geschnitzte Marienstatue auf dem Schreibtisch.

»Gut, wenn Sie mich nicht weiter brauchen, werde ich wieder nach oben ...«

»Warten Sie!«

Cavelli wandte sich um. »Ja?«

Pia schien etwas verlegen zu sein. »Können Sie so lange hierbleiben? Ich fühle mich etwas merkwürdig so allein in dieser Wohnung und in dieser Umgebung. Ich beeile mich auch.«

Cavelli nickte. »Natürlich.« Er blieb abwartend im Türrahmen stehen.

Pia begann, durch die Zimmer zu wandern. »Zum Glück hat Onkel Eduardo ein sehr einfaches Testament hinterlassen«, rief sie aus dem Schlafzimmer. »Das Geld bekommt meine Mutter, und bis auf die persönlichen Gegenstände, an denen wir interessiert sind, wird alles verkauft und der Erlös der vatikanischen Armenküche gespendet. Im Grunde möchten meine Mutter und ich nur das Fotoalbum mit den alten Familienaufnahmen haben.«

»Die Kunstwerke möchten Sie nicht?« Cavelli deutete vage auf die Marienstatue.

Pia winkte ab. »Dieser ganze katholische Krempel kann mir gestohlen bleiben!« Eilig fügte sie hinzu: »Verzeihung, ich hatte nicht vor, Ihre Gefühle zu verletzen, wenn ich so spreche. Ich habe meinen Onkel sehr gern gehabt, aber diese ganze Katholikenkiste …«

»Sie sind wohl keine Freundin der Katholischen Kirche, was?«

»Das können Sie laut sagen.« Pia schnaubte verächtlich.

»Erstaunlich, immerhin ist Ihr Onkel Kardinal gewesen. Dann sind Ihre Eltern wohl eher anti Kirche?«

»Im Gegenteil, besonders meine Mutter nicht. Sie ist so katholisch – dagegen war Onkel Eduardo Atheist. Für sie gibt es überhaupt nicht anderes. Was glauben Sie wohl, warum ich Pia heiße?«

Cavelli zuckte mit den Achseln. »Pia bedeutet die Fromme.«

»Das auch, aber vor allem bin ich nach Papst Pius benannt.«

»Warum gerade nach dem? Der war doch schon tot, als Sie geboren wurden.«

»Darum heiße ich ja auch Pia Johanna Paula. Ich bin nach sechs aufeinanderfolgenden Päpsten benannt.«

»Sechs?« Cavelli stutzte und rechnete kurz nach. »Stimmt, Sie haben recht. Pius XI., Pius XII., Johannes XXIII., Paul VI., Johannes Paul I. und Johannes Paul II. Nicht zu vergessen alle früheren Piusse, Johannesse und Pauls, das dürften dann ... etwas über vierzig sein.«

Pia verdrehte angewidert die Augen. »Die volle Dröhnung. Ich bin päpstlicher als der Papst.« Sie sah Cavelli an. »Und wie heißen Sie?«

»Mit Vornamen? Donato.«

Pia grinste. »Mit dem Namen hat man aber auch nicht nur Spaß, oder?«

»Darum nennen mich auch die meisten Don.«

»Don? So wie Don Corleone?«

»Exakt so.«

»Gefällt mir viel besser. Nicht so heilig.« Sie grinste teuflisch.

Cavelli setzte sein erprobtes Brandogesicht auf. »Mach ihm ein Angebot, das er nicht ablehnen kann«, stieß er mit heiserer Stimme hervor.

Pia lachte. »Okay, ich suche nur schnell das Fotoalbum und dann sind Sie mich los.«

»Keine Eile, ist mir ein Vergnügen.«

Pia öffnete einige Schranktüren. Cavelli sah ihr dabei zu.

»Was ist mit Ihren Eltern?«

»Was soll mit denen sein?«

»Warum sind sie nicht hier?«

Pia kniete vor einem Sideboard und durchstöberte den Inhalt.

»Mein Vater ist tot, und meine Mutter hat das alles so mitgenommen, dass eine solch weite Reise über ihre Kräfte gegangen wäre … Ah, das wird es sein!«

Pia schien gefunden zu haben, wonach sie suchte. Sie zog ein dickes, in Schweinsleder gebundenes Buch hervor, schlug es auf und blätterte darin. Dann hielt sie es Cavelli unter die Nase.

»Hier.« Sie zeigte auf ein Foto. »Das bin ich mit meinen Eltern und Onkel Eduardo.«

Cavelli betrachtete das alte Foto. Aufgenommen in einem Restaurant, Fontana etwa zwanzig Jahre jünger mit nur leicht ergrautem vollem Haar und wesentlich schlanker, daneben eine jüngere Frau mit spitzer Nase und sehr strengem Mund und ein etwas weichlich wirkender Mann und dazwischen ein etwa fünfjähriges strahlendes Mädchen mit Zahnlücke.

»Kaum wiederzuerkennen«, sagte Cavelli.

»Ich oder mein Onkel?«

»Beide.«

Pia klappt das Album zu. »Danke fürs Hierbleiben. Ich fahre jetzt zurück in mein Hotel.«

Sie trat aus der Wohnung ins Treppenhaus. Cavelli folgte ihr und zog die Tür ins Schloss. Sie drückte auf den Knopf für das Licht und zögerte kurz, bevor sie sich erneut an ihn wandte.

»Würden Sie es für sehr unverschämt halten, wenn ich noch um ein Glas Saft oder so was bitte? Ich habe seit Stunden nichts getrunken.«

»Ganz und gar nicht, aber ich fürchte, ich habe nur Rotwein und Acqua minerale da.«

»Acqua minerale ist perfekt.«

Sie stiegen die Treppe hinauf, und Cavelli ließ sie eintreten. Pia sah sich um.

»Hübsche Wohnung! Und dann noch die Lage. Teuer?«

»Ich zahle keine Miete.«

»Ach, ich dachte, die Leute hier müssen Miete zahlen.«

»Normalerweise schon, aber ich nicht.«

»Dann sind Sie der einzige?«

»Nein es gibt noch einen, der nichts zahlen muss.«

»Wen denn?«

»Von dem haben Sie bestimmt gehört. Nennt sich Papst.«

Pia lachte. »Und welchen Job machen Sie hier? Geheimer Stellvertreter vom Papst?«

Cavelli entnahm dem Kühlschrank eine angebrochene Mineralwasserflasche und füllte ein Glas.

»Nein, meine Familie hat Wohnrecht seit 1513, als mein Urahn Umberto Cavelli … nun seit 1513 eben. Das ist eine alte Tradition.«

Cavelli bemerkte, dass der Brief des Kardinals immer noch gut sichtbar auf seinem Schreibtisch lag.

Pia hatte die Terrassentür geöffnet. »Darf ich?«

»Bitte.«

Sie trat auf die Terrasse und sah hinunter in die Gärten. »Wunderschön ...«

Cavelli griff nach einem Panamahut, der auf dem Sofa lag, und warf ihn auf den Brief. Er trat zu Pia und reichte ihr das Glas mit dem Wasser.

»Vielen Dank.« Sie nippte kurz daran, offenbar tief in Gedanken. Schließlich trank sie den Rest des Glases leer und wandte sich um.

»Danke, ich hab Ihnen jetzt genug Zeit gestohlen.«

»Bevor Sie gehen ...«

Pia sah ihn mit einem merkwürdigen Ausdruck an, den Cavelli nicht deuten konnte. »Ja?«

»Ich weiß nicht, ob ich das schon erwähnt habe, aber Ihr Onkel und ich waren befreundet – eng befreundet. Was mit ihm geschehen ist, geht mir sehr nahe ... und sein Tod war …« Cavelli suchte nach Worten. »...vollkommen … wie soll ich sagen ...? Merkwürdig. Unerklärlich für mich. Ich hatte gehofft, dass Sie vielleicht eine Erklärung dafür haben.«

Pia kniff die Augen zusammen und verzog schmerzlich das Gesicht. »Ich …« Sie tastete nach der Terrassenbrüstung.

»Ist alles in Ordnung?« Cavelli nahm ihr das Glas aus der Hand.

Pia schüttelte den Kopf. »Es geht gleich wieder. Das hab ich öfter. Ich muss nur meine Tabletten nehmen.«

Sie wankte mit schmerzverzerrtem Gesicht zurück in die Wohnung.

»Wo hab ich denn meine Handtasche …?«

Sie sah sich um. Cavelli folgte ihr und hielt ebenfalls Ausschau nach der Handtasche. Pia sank kraftlos auf die Couch.

»Verdammt, ich muss sie unten vergessen haben.« Wieder verzog sie das Gesicht.

Cavelli war bereits an der Tür. »Ich hole sie.«

»Eine kleine schwarze Tasche mit silbernem Verschluss«, rief sie ihm nach.

Cavelli sprang eilig die Stufen hinunter und befand sich kaum einen Moment darauf wieder in Kardinal Fontanas Wohnung. Er ließ seinen Blick umherschweifen. Esstisch, Schreibtisch, Sofa. Nichts. Cavelli hoffte, dass ihr gesundheitliches Problem harmloser war, als es aussah. Er durchsuchte weiter das Wohnzimmer. Keine Handtasche. Er lief in die Küche. Dort war nichts, das konnte er mit zwei Blicken feststellen. Er lief zurück ins Wohnzimmer und dann ins Schlafzimmer. Ohne Erfolg. Langsam gingen ihm die Orte aus, wo er nachsehen konnte. Er öffnete den Kleiderschrank. Eine Soutane und mehrere schwarze Anzüge. Cavelli kam sich albern vor. In einen Schrank hatte sie ihre Tasche bestimmt nicht gelegt. Blieb nur noch das Bad. Er wollte gerade das Schlafzimmer verlassen, als er die Tasche entdeckte. Sie hing auf der Rückseite der offenen Schlafzimmertür an der Türklinke.

Frauen!

Cavelli griff die Tasche und rannte aus der Wohnung. Immer zwei Stufen auf einmal nehmend, sprang er die Treppe hinauf. Er riss die Tür zu seiner Wohnung auf und blieb abrupt stehen, als sei er gegen eine unsichtbare Wand geprallt.