Cavelli schluckte. Das war das Letzte, womit er gerechnet hatte. Für einige Sekunden war er unfähig, eine Antwort zu geben. »Oh«, war alles, was er herausbrachte.
Die Stimme am anderen Ende der Leitung klang entspannt und gut gelaunt.
»Hab gehört, Sie wollen mich sprechen.«
Cavelli räusperte sich vorsichtig. »Ganz recht, Mr. Rearden.«
Rearden genoss die Situation. Dieser Überraschungsanruf hatte seinen Gesprächspartner voll auf dem falschen Fuß erwischt. Wahrscheinlich überlegte der jetzt fieberhaft, wie das möglich war. Rearden grinste. Allzu schwierig war es nicht gewesen. Nachdem ihm Byrd den Namen Cavelli verraten hatte und wenig später eine leitende Mitarbeiterin von Rearden Security anrief und ihn informierte, dass jemand versucht hatte, Reardens Adresse zu erfahren, und zwar unter falschem Namen – ein kurzer Kontrollanruf bei der Mayo-Klinik war bereits getätigt worden –, hatte Rearden sofort reagiert und einige Anweisungen erteilt. Offiziell war er zwar nicht mehr der Direktor von Rearden Security, aber wenn er etwas anordnete, spurten immer noch alle wie früher. Zwei Mitarbeiter hatten umgehend begonnen, alle Hotels in Washington anzurufen – angefangen bei den teuersten –, und nach Mr. Cavelli verlangt. Schon der vierte Anruf war erfolgreich gewesen. Die Dame an der Rezeption des Jefferson, antworte mit »Ich verbinde«, woraufhin der Mitarbeiter sofort aufgelegt hatte. Zwei Minuten später war Rearden informiert gewesen.
Jetzt verzog er den Mund zu einem breiten Lächeln, weil er wusste, dass sich das auf die Stimme übertrug.
»Ich denke, ich weiß, worum es geht, und ich bin gerne bereit, mich mit Ihnen und Ihrer Mitarbeiterin zu treffen, Mr. Cavelli. Ich denke, es gibt da einiges zu klären.«
Cavelli hielt die Ohrmuschel etwas weiter weg vom Ohr, so dass Pia, die jetzt dicht neben ihm stand, mithören konnte. Cavellis Mund war trocken, er sah Pia an, aber sie blickte nur stumm zurück. »Wo und wann?«
Rearden bemühte sich, wie jemand zu klingen, der spontan antwortete, obwohl er sich zuvor genau überlegt hatte, wie dieses Gespräch verlaufen sollte.
»Meinetwegen bald, heute Abend, wenn Ihnen das passt.« Cavelli sah Pia fragend an. Sie nickte.
»Einverstanden, Mr. Rearden. Wo?«
»Ich befinde mich zurzeit in meiner Ferienhütte etwas außerhalb der Stadt, warum kommen Sie nicht einfach zu mir, und dann reden wir in Ruhe über alles.« Rearden, der extra für dieses Telefonat in die Innenstadt gefahren war und nun in einer Telefonzelle stand, ließ einen Moment verstreichen, bevor er betont harmlos fortfuhr: »Es ist nicht weit, maximal zwanzig Minuten.«
Cavelli sah erneut Pia an, die heftig den Kopf schüttelte und mit den Lippen ein lautloses »Nein!« formte.
»Ehrlich gesagt, würden wir einen öffentlichen Ort vorziehen, Mr. Rearden.«
»Hm, verstehe.« Rearden legte einen verärgerten Klang in seine Stimme. »Also gut, dann schlage ich das Nationalheiligtum Basilika der Unbefleckten Empfängnis vor. Mit dem Wagen zehn Minuten von Ihrem Hotel, kennt jeder, nicht zu übersehen. Wir treffen uns um neunzehn Uhr in der Nähe des Altars. Ist das öffentlich genug?«
Cavelli sah zu Pia. Sie nickte.
»Wir werden da sein.«
»Gut, woran erkenne ich Sie beide?«
Cavelli beschrieb sich und Pia.
»Verstanden.« Rearden legte auf, ohne eine Antwort abzuwarten, dann zog er ein Papiertaschentuch aus der Jackentasche und wischte in der Telefonzelle alles ab, was er berührt hatte, und machte sich auf den Heimweg. Bald würden die beiden genau dort sein, wo er sie haben wollte.