KAPITEL 10
Die Macht des alten Waldes

Jack konnte weder seine Augen von ihr lassen, noch das schlechte Gewissen abschütteln, das ihn befiel, als er begriff, dass er sie traurig gemacht hatte. Kein bisschen List oder Tücke waren in ihrer Stimme oder ihrem Gesichtsausdruck. Ihr Heim und ihre Schönheit waren ohne Frage nicht von dieser Welt, doch ihre Enttäuschung und die zerstörte Hoffnung in ihrem Blick waren eindeutig menschlich.

Er holte tief Luft, sah sich in der schlichten Gemütlichkeit der Hütte um und konnte nirgends eine Gefahr erkennen. Zauberei, vielleicht, denn was sonst war eine Hütte aus lebendem Holz? Aber keine Gefahr. Ein Gedanke schoss ihm durch den Kopf: Hänsel und Gretel, das Lebkuchenhaus und der Ofen einer Hexe. Aber er verging so schnell, wie er gekommen war. Das war nur ein Märchen, aber dieses Mädchen stand eindeutig vor ihm in der Tür, Hexe oder nicht.

Sie senkte den Blick, ihre Lippen spitzten sich zu einem leichten Schmollmund. »Nicht genug Salz?«, fragte sie, und es dauerte einen Moment, bis ihm klar wurde, dass sie immer noch vom Eintopf sprach. Sie hatte die halbleere Suppenschale auf dem Bücherregal entdeckt.

Jack schluckte mit trockener Kehle. Er sah aus dem Fenster in den üppigen Garten hinterm Haus, und die Erkenntnis traf ihn wie ein Blitz: Wo sollte er hingehen? Er hatte keine Ahnung, wie weit er vom Fluss entfernt war, an dem die Sklaventreiber ihr Lager aufgeschlagen hatten, oder in welcher Richtung er lag. Wegen seiner gebrochenen Rippen tat ihm das Atmen weh. Seine anderen Verletzungen waren zwar nicht schwer genug, um ihn aufzuhalten, aber eine einzige Mahlzeit reichte weder aus, um die Kraft und Energie, die er verloren hatte, wiederherzustellen, noch den Skorbut lange genug aufzuhalten, bis er es wieder zurück in die Zivilisation geschafft hätte. Er hatte weder Waffen noch Proviant noch irgendeine Ausrüstung … und da draußen lief immer noch der Wendigo herum.

»Der Eintopf schmeckt hervorragend«, erklärte Jack.

Sofort hellte sich ihr Gesicht auf, und ihr Lächeln und die Schüchternheit, die er gleich zu Anfang bei ihr bemerkt hatte, kehrten zurück. Dann wurde ihr Ausdruck wieder besorgt.

»Du bist doch sicher am Verhungern. Aber du hast nicht aufgegessen.« Fast demütig zeigte sie auf die stehen gelassene Suppenschale.

Mit seinen Zweifeln ringend, auf der Hut vor ihr und ihrer Umgebung, aber gleichzeitig auch dessen bewusst, wie sehr sie ihn bereits beschützt hatte, ging er zwei Schritte in die Hütte zurück.

»Das war schon meine zweite Portion.«

»Ach so«, meinte sie glücklich und nickte. »Das freut mich.«

Das Mädchen nahm die Schale und trug sie zum Tisch zurück, knapp einen Meter an Jack vorbei. Er roch ihren Zimtduft im Vorbeigehen, die Erinnerung an ihre erste Begegnung überkam ihn, wie sie auf ihm gelegen hatte, den Körper an seinen geschmiegt, wie er ihren Atem und ihren warmen, süßen Geruch eingeatmet hatte.

»Willst du nicht aufessen?«, fragte sie, setzte die Schale ab und sah ihn an.

Jack musste feststellen, dass er sehr, sehr gerne aufessen wollte. Sein Magen knurrte, er konnte den Kanincheneintopf immer noch im Mund schmecken und wollte mehr davon. Gegen ein Glas Wasser oder Whisky hätte er auch nichts einzuwenden gehabt. Felle und Decken, ein warmes Kaminfeuer, Obst und Gemüse … hier wollte er gerne bleiben.

»Wie heißt du?«, fragte er.

Sie drehte sich so schnell zu ihm um, dass es fast eine Pirouette war. Der Saum ihres Rockes wirbelte durch die Luft. »Lesya. Ich heiße Lesya.«

»Du sprichst wunderschönes Englisch, Lesya«, meinte Jack. »Was ist deine Muttersprache?«

Sie zuckte fast unmerklich mit den Schultern, und vielleicht wurde sie ein ganz kleines bisschen rot. »Ich habe schon immer mehr als eine Sprache gesprochen. Stammessprache. Die Sprache der Reisenden. Und andere Sprachen.«

Jack dachte an die Bücher auf ihrem Regal und fragte sich, wer ihr diese ganzen Sprachen beigebracht hatte. Er schätzte sie etwa so alt wie sich, ein Jahr mehr oder weniger. Ihre Sprachbegabung hätte ihn wohl mehr erstaunt, wenn die letzten Tage seine Möglichkeiten, zu staunen und sich zu wundern, nicht erheblich strapaziert hätten.

Lesya stützte sich mit einer Hand auf einen Stuhl, als hätte sie Angst hinzufallen. Sie musterte einen Moment lang sein Gesicht, dann sah sie wieder weg.

»Du hast mir deinen Namen noch nicht verraten«, sagte sie.

»Jack«, antwortete er. »Jack London.«

»London!«, freute sie sich, ihre Augen strahlten vor Aufregung. »Von London hab ich schon mal gehört.«

Ganz verzaubert hielt er die Luft an. Ihre bloße Nähe verwirrte ihn. Er wollte auf einmal etwas bauen, etwas jagen, einen anderen im Kampf besiegen, um sie zu beeindrucken und für sich zu gewinnen. Dieser Impuls erfüllte ihn mit neuem Elan, auch wenn kein Gegner unmittelbar in der Nähe war, mit dem er sich messen konnte.

»Tut mir leid, aber das ist nur ein Name. Ich war noch nie in London. Aber ich hoffe, eines Tages dorthin zu reisen.«

Ein Anflug von Enttäuschung huschte ihr übers Gesicht. »Das wäre wunderbar.« Dann fixierte sie ihn mit einem harten, bohrenden Blick. Ihre ganze Schüchternheit schien verflogen. »Du wolltest gerade gehen. Warum?«

»Ich …?«, setzte Jack an, doch er wusste nicht, was er sagen sollte. Da stand sie, dieses unvorstellbar hübsche Mädchen, umgeben von Dingen, die es eigentlich gar nicht geben konnte, und benahm sich, als sei das alles das Normalste von der Welt. War sie eine Hexe? Vielleicht. Doch wenn er ihr in die Augen sah, sah er keine Hexe.

»Könnte ich denn gehen?«, fragte er.

»Natürlich!« Sie lachte. »Wir sind hier immer noch im Yukon, auch wenn mein Garten ein … ganz besonderer Teil davon ist.«

»Inwiefern?«

Lesya zuckte die Achseln und wandte den Blick ab, als wüsste sie nicht genau, wie sie antworten sollte.

»Du hast mich vor dem Wendigo gerettet«, sagte er und durchbrach damit das peinliche Schweigen. »Aber wie hast du mich hierhergebracht?«

»Ich habe dich getragen«, erklärte sie, als ob das die dämlichste Frage wäre, die sie je gehört hatte.

Sie war ein sehr zartes Mädchen, sicher fünfzehn Kilo leichter als Jack. Auch wenn er nach dem langen Winter und dem Marsch der Sklaventreiber ausgezehrt war, wie wollte sie ihn getragen haben? Und sie schien daran nichts Besonderes zu finden.

»Dieses Haus, deine Hütte … du weißt, dass die Bäume leben?«

Lesya lächelte nachsichtig und verdrehte die Augen. »Sicher. Alle Bäume leben, oder?«

»Nicht die, aus denen man Häuser baut.«

Das Mädchen runzelte die Stirn, nicht wirklich verächtlich, aber ein bisschen herablassend. »Das ist doch schade, oder? So ist es viel schöner.«

Dagegen konnte Jack nichts sagen, auch wenn er es gerne getan hätte. Verstand Lesya wirklich nicht, wie außergewöhnlich ihr Heim war, oder tat sie nur so und war in Wahrheit längst nicht so naiv, wie es schien?

Wieder blickte er zur Tür.

Bestürzt trat sie beiseite. »Aber wenn du unbedingt gehen willst … wenn dir meine Gastfreundschaft und mein Zuhause so wenig gefallen … dann tut es mir leid, dich hergebracht zu haben. Dann geh, wenn du musst.«

»Es ist nur …«

»Du hast Angst.«

Er wollte schon nicken, überlegte es sich jedoch anders: »Nein, keine Angst, sondern …« Ein besseres Wort fiel ihm aber nicht ein.

Lesya trat näher an ihn heran. So nah, dass ihr betörender Duft ihm wieder in die Nase stieg. Sie nahm seine Hände in ihre und sah ihm forschend in die Augen.

»Bleib hier und werde wieder gesund, Jack. Dieser Teil des Waldes kommt dir vielleicht seltsam vor, aber für mich ist das mein Zuhause, es gibt hier nichts, vor dem man sich fürchten muss. Du bist bei mir sicher.«

Ihre Finger berührten sich, ein Funke schoss ihm den Arm hoch und durch seinen Körper. Einen Moment lang spürte er dieselbe Nähe, die sie, vor Angst gelähmt, unter den Felldecken geteilt hatten, als der Wendigo, gierig auf der Suche nach ihrem Fleisch, an ihnen vorbeiging. Wie lange war es her, dass er einem Mädchen so nahe gewesen war? Zu lange auf jeden Fall. Und einem so hübschen und zarten, offenen und ernsten Mädchen wie Lesya war er noch nie nahe gewesen.

Wenn sie eine Hexe war, die ihn verzaubert hatte, war das Jack auch recht. Doch ein Mädchen wie sie brauchte keinen Zauber, um einen Mann atemlos und gefügig zu machen. Er glaubte ihr, wenn sie sagte, er sei bei ihr sicher. Schließlich hatte sie ihm direkt vor der Nase des Wendigos das Leben gerettet. Das war ihm genug Beweis.

»Ich sollte meinen Eintopf aufessen«, sagte er.

Erfreut drückte sie seine Hände und nickte. »Ja, da hast du recht. Ich habe auch Wein, wenn du magst.«

Jack grinste. Whisky wäre ihm lieber gewesen, aber Wein war auch in Ordnung. Lesya hielt ihr Versprechen. In den folgenden Tagen sorgte sie für ihn, während er sich auskurierte. Nachts schlief er in Fellen und Decken gewickelt, die Tage verbrachte er ebenfalls in ihrem Bett und atmete ihren Duft ein, während Lesya den Wald nach Wild durchstreifte, scheinbar ohne es je jagen zu müssen, oder im Garten Obst und Gemüse pflückte. Wenn sie zusammen in der Hütte waren, kochte sie ihm eine fantastische Auswahl an Gerichten mit Kräutern und Gewürzen aus ihrem Garten. Nach ein paar Tagen hörte er auf, sich über die unglaubliche Vielfalt ihres Lebensmittelangebots zu wundern.

Obwohl Lesya protestierte, er solle sich ausruhen und gesund werden, wollte er nach dem dritten Tag nicht mehr drinnen bleiben und sich von ihr so vollständig bedienen lassen. Holzhacken konnte er noch nicht und nur wenige Holzscheite tragen, ohne seine zusammenwachsenden Rippen zu sehr zu belasten, doch als er ihr beim Gemüseernten helfen wollte, hatte sie nichts dagegen. Schon mit dieser bescheidenen kleinen Aufgabe fühlte er sich gleich sehr viel besser. Er brauchte sinnvolle Beschäftigung, um sich wohlzufühlen. Bald schweiften seine Gedanken ab, und er dachte über die Reise nach, die ihn hierhergeführt hatte, und warum er von zu Hause fortgegangen war.

Lesya brachte ihn zum Lächeln, und er brachte sie zum Lachen. Sie bestand darauf, dass er ihr am Abend bei Kerzenlicht vorlas. In ihrem Bücherregal stand unter anderem Eine Geschichte aus zwei Städten von Charles Dickens, und wenn Jack ihr von der leidenschaftlichen, hoffnungslosen Liebe zwischen Sydney Carton und Lucie Manette vorlas, versuchten beide so zu tun, als bemerkten sie nicht, dass seine Stimme dabei ein wenig zitterte.

In stillen Momenten dachte er jedoch an daheim. Seine Mutter, Shepard und die gute Eliza warteten sicher auf Nachricht von seiner Ankunft in Dawson. Reiselust und Abenteuerdurst hatten ihn hierhergeführt. Sein Wunsch, die Wildnis zu bezwingen, trieb ihn an, doch er trug ebenso ihre Wünsche und Hoffnungen mit sich. Und auch wenn sich dieser Frühling in den Wäldern mit Lesya wie das Paradies anfühlte, war er zwischen Verlangen und Verantwortung hin- und hergerissen, während zuerst eine Woche und dann noch eine verging.

Lesya spürte anscheinend etwas von seinen Gefühlen, denn eines Tages lud sie ihn zu einem Spaziergang im Wald ein.

Sich an den Händen haltend wanderten sie durch den Wald, über ihnen leuchtete die Sonne. Der Wald jenseits ihrer Lichtung schien ganz alltäglich, und offenbar nahm Lesya jeden Tag einen anderen Weg, denn es waren keine ausgetretenen Pfade zu sehen.

Während ihres Spaziergangs unterhielten sie sich. Sie verstand es, ihn dazu zu bringen, aus seinem Leben zu erzählen. Er brauchte allerdings nur wenig Ansporn, um von seiner Zeit als Austernpirat oder Hafenarbeiter zu erzählen. Doch er erzählte ihr auch von seinen Träumen und Plänen, und das so, wie er noch nie jemandem erzählt hatte. Er erzählte ihr sogar von seinen dreißig Tagen im Gefängnis, einer Höllenfahrt, von der er nicht einmal seiner Familie erzählt hatte. Lesya brachte ihm Worte und Ausdrücke in einem halben dutzend Sprachen bei, und sie unterhielten sich über Bücher, die sie gelesen hatten. Doch sonst gab sie nichts von sich preis. Jack hätte gern mehr über ihr Leben erfahren, auch wenn er das Rätselhafte an ihr liebte. Er bezweifelte nicht einen Moment, dass sie magische Fähigkeiten hatte. Doch er setzte sie nie unter Druck, ihm die wahre Natur ihres Hauses und Gartens zu erklären, und Lesya tat es auch nicht freiwillig.

An diesem Tage jedoch behielten sie ihre Gedanken für sich. Sie gingen durch den Wald wie ein glücklich verliebtes Paar, das im Park spazieren geht.

Und dennoch …

Jack spürte, dass sie nicht allein waren. Seit sie Lesyas Lichtung verlassen hatten, war etwas bei ihnen gewesen. Der Wendigo konnte es nicht sein, den hätte er gehört und gerochen, wenn er ihnen auflauerte. Und auch wenn ihm in den Tagen bei Lesya im Wald die Abwesenheit seines Schutzgeistes deutlich bewusst gewesen war, der Wolf war es auch nicht.

Es war etwas anderes, das sie beobachtete. Etwas grimmig Brütendes, vielleicht sogar Bedrohliches. Doch Lesya schien nichts zu bemerken. Und obwohl sich hier und da seltsame Schatten tief im Wald bewegten, konnte Jack keine wirkliche Gefahr erkennen.

Als sie danach auf einer anderen Lichtung stehen blieben, wo die Bäume hoch emporragten und sich der Lichtung zuneigten und die Sonne so hell strahlte wie die goldene Kuppel einer Kathedrale, streichelte Lesya zärtlich sein Gesicht und küsste ihn, und all seine Sorgen waren vergessen.

Spät nachmittags an einem Tag, an dem er schon längst aufgehört hatte, die Tage zu zählen, die er in Lesyas Hütte verbracht hatte – es waren wohl mehr als drei Wochen, aber weniger als ein Monat –, stand Jack in der offenen Tür, nippte an einer Tasse starken Tees und studierte die Bäume jenseits der Lichtung. Die Nacht zuvor hatte Lesya mit den Fingern Jacks Bizeps gestreichelt und ihm gesagt, er brauche mehr Fleisch, um wieder ganz zu Kräften zu kommen. Obwohl er sich wieder erholt fühlte – kräftiger sogar, als er es noch in San Francisco gewesen war – widersprach Jack nicht. Ein Blick in ihre Mandelaugen, in denen winzige grüne Flecken funkelten, die er nur bemerkte, wenn sie sich gerade geküsst hatten, reichte, um jeden Widerspruch auszuräumen, der sich in ihm regte.

Wenn Lesya ihm ein besonderes Festmahl kochen wollte, hatte er ganz bestimmt nichts dagegen. Er würde es dankbar essen. Die Tage und Nächte bei ihr vergingen wie im Traum. Ihre gemächlichen Spaziergänge im Wald wechselten sich ab mit gemütlichen Abenden am Kamin oder den betörenden Düften von Lesyas Kochkünsten, die die Hütte erfüllten. Sie hatte ihm mehr über Kräuter und Gewürze beigebracht, als er sich je hatte vorstellen können. Für heute Abend hatte sie ihm Karibu-Steaks versprochen und war in der Frühe zum Jagen aufgebrochen.

Unbewaffnet.

Jack fragte sich, wie sie das Tier fangen oder töten wollte, wie sie es zur Hütte tragen wollte und wo sie den Rest lagern wollte, den sie nicht essen konnten. Aber er hatte gelernt, wie sinnlos solche Fragen waren. Lesya würde nur lächeln, als wäre die Frage albern und Jack die Antwort selber wissen müsste.

Allein in der Hütte hatte er Tee gekocht und sich hingesetzt, um zu versuchen, Alexandre Dumas auf Französisch zu lesen. Bald hatten ihn die warme Brise vom offenen Fenster und der Duft des Frühlings vor die Tür gelockt. Nun war er ganz fasziniert von den Bäumen am Rand der Rodung um Lesyas Hütte. Die Neugier nagte an ihm. Eine Rodung war es ja nicht wirklich. Er sah keinerlei Anzeichen, dass irgendwelche Bäume gefällt worden waren, um Platz für die Hütte zu schaffen. Es waren weder Baumstümpfe noch Kuhlen zu sehen, wo Bäume entfernt worden waren. Dennoch standen die Bäume ordentlich in Reih und Glied wie Zaunpfähle um die Hütte und den Garten.

Jack setzte seinen Tee auf dem Bücherregal an der Tür ab. Vielleicht würde er mit Alexandre Dumas spazieren gehen und sich einen umgestürzten Baum suchen, auf dem er in der Sonne sitzen und lesen könnte. Lesya nahm ihn so völlig für sich ein, dass ihre schlendernden Spaziergänge sein Bedürfnis, den Wald zu erforschen, komplett befriedigten. Sie schienen jeden Tag einen anderen Weg zu gehen, Jack gefiel die Vorstellung, diesen Wald hier kennenzulernen.

Er konnte zwar nicht ewig hier bei ihr bleiben, aber es gab Augenblicke – wenn sie ihn auf eine ganz bestimmte Art ansah, wenn er sie im Arm hielt und ihren Duft roch, wenn sie lachte –, da wünschte er sich, nie mehr in die Zivilisation zurückkehren zu müssen. Wenn dieser kleine Hain das einzige Stückchen Wildnis bliebe, das er je erobern sollte, war das einem Teil von ihm nur recht.

Aber nur einem Teil. In seinem Herzen wusste er, dass er nicht bleiben konnte und dass der Abschied von Lesya sehr schmerzhaft sein würde. Jedes Mal, wenn er an seine Familie in Oakland dachte, die auf Nachricht von ihm wartete, begrub er die Gedanken daran tief. Mit ihrem Duft noch in der Nase, der Zartheit ihrer Haut noch an den Händen, schob er den Gedanken daran, eines Tages aufbrechen zu müssen, so weit wie möglich von sich. Auf einen anderen Tag, eine andere Woche. Vielleicht würde er auch bis zum Sommer bleiben.

Mit dem Buch in der Hand ging Jack durch den Blumengarten vor der Hütte. Die Blumen schienen jeden Tag mehr zu blühen, ihre Farben wurden immer leuchtender. Die Bäume am Waldrand teilten dieses Leuchten nicht. Ob weiße Birke oder schwarze Kiefer, sie warfen völlig normale Schatten. Und wenn die Vögel in ihren Ästen mehr und lauter sangen, als er es von anderen Wäldern kannte, schrieb Jack das der Abwesenheit von menschlichen Störenfrieden zu.

Nun blieb er am Waldrand stehen und untersuchte den Stamm eines Baumes. Sein Blick wanderte von einem Baum zum nächsten. Er sah, dass die regelmäßige Anordnung der Bäume um das Haus keine Einbildung war. Er nahm das Buch in die linke Hand und presste die rechten Handfläche gegen die Rinde eines Baumes. Die drückte sich ihm in die Haut, fühlte sich aber völlig normal an.

Es ist nur ein Baum, sagte er sich. Welche Zauberkräfte auch für Lesyas Haus verantwortlich waren – er hatte sich schon längst mit dem Gedanken abgefunden, dass es Zauberkräfte waren –, diese Bäume waren einfach nur Bäume. Er suchte den Fuß des Stammes ab, folgte den Wurzeln unter der Erde, die auf die Blockhütte zuliefen. Waren die Wurzeln miteinander verbunden? Er hatte sich schon vorgestellt, dass die Hütte Teil des Waldes sei, doch nun fragte er sich, ob das Gegenteil vielleicht der Fall sei, ob der Wald, oder dieser Ring aus Bäumen zumindest, Teil der Hütte wäre.

Er suchte die sonnigste Schneise zwischen den Bäumen, ließ die Lichtung hinter sich und marschierte los. Das Buch in seiner Hand fühlte sich gut an, das Gefühl des Einbands war ihm ein Trost, eine handfeste, vertraute Verbindung zur Zivilisation, die er hinter sich gelassen hatte. Bei dem Gedanken musste er lächeln. Die Stunden, die er in Dawson City verbracht hatte, hatten in ihm kein wirkliches Vertrauen in den dortigen Grad der Zivilisiertheit ausgelöst. Aber im Vergleich zu hier – vermutlich weit weg von selbst der kleinsten Siedlung, ein winziger Fleck menschlicher Ordnung inmitten des Chaos der Wildnis – kam Dawson ihm vor wie eine leibhaftige Metropole.

Jack hatte die Herausforderung des Yukon-Trails bestanden, die Grausamkeit der Menschen überlebt. Er hatte die Elemente bezwungen und die Strapazen der Wildnis gemeistert. Doch als er losgezogen war, um die Wildnis zu besiegen, zu reifen und zu beweisen, dass der Mensch stärker war als die Naturgewalten, hatte er sich nicht im Traum verstellen können, was ihm alles unterwegs begegnen würde. An Bord der Umatilla war der Wendigo nur eine Legende gewesen. Aber in der weißen Stille des hohen Nordens wurden Legenden leibhaftig und furchterregend echt.

Sogar jetzt, während er einen Weg entlanglief, der extra für ihn gemacht schien, die Bäume links und rechts wie die Auffahrtsallee einer großen Villa aufgereiht, erschauderte er beim Gedanken an das Blutbad in jener Nacht im Lager. Die Schreie der Männer hallten in seinem Kopf. Er konnte den Anblick des Wendigos nicht abschütteln, halb unsichtbar in der Dunkelheit und im Mondschein, wie er die Männer gepackt und in Stücke gerissen hatte, um sich an ihren Eingeweiden zu laben.

Wenn es nur ein Tier gewesen wäre, wäre es nicht so schlimm gewesen. Doch er hatte ihn aus der Nähe gesehen, wie er die Gestalt seines Spiegelbildes angenommen und durch die Schatten marschiert war. Kein Wesen aus Fleisch und Blut war zu so etwas in der Lage. Nein, der Wendigo war mehr als das. Er war verflucht, ein Mythos, ein Produkt irgendeines schrecklichen Zaubers.

Ein Frösteln überlief Jack und er blieb stehen. Der Wind fühlte sich noch warm an, doch als er sich umsah, erkannte er, dass ihn der Weg immer tiefer in die dunklen Schatten geführt hatte, wo das Laub der Bäume über ihm immer dichter wuchs. Er blickte sich um, sah einen hellen Sonnenfleck und machte sich in diese Richtung auf. Er versuchte, sich zu merken, in welcher Richtung sich die Blockhütte befand.

Etwa zehn Minuten lang verdrängte er alle anderen Gedanken und lief einfach weiter. Zweige knackten unter seinen Stiefeln, manchmal fühlte sich die Erde weich an, obwohl es nicht geregnet hatte, seitdem er in Lesyas Hütte aufgewacht war.

Ein Birkenhain leuchtete im Sonnenlicht, aber an vielen der Birken fehlten die Blätter, obwohl es Frühling war. Sie waren nicht tot, aber gediehen einfach nicht so gut wie der übrige Wald und hatten bei weitem nicht die Kraft und den Saft der Apfel- und Birnbäume im Garten hinter Lesyas Haus.

Jack fragte sich, ob Lesya die Bäume wohl heilen könnte. Nur ein Narr hätte bestritten, welche Wirkung sie auf ihre Umgebung hatte, so üppig wie die Blumen und Pflanzen wuchsen. Selbst Jack war unter ihrer Fürsorge wieder zu Kräften gekommen, auch wenn das seiner Meinung nach mindestens soviel mit ihren Kochkünsten zu tun hatte wie mit dem Zauber, der das Holz ihrer Hütte am Leben hielt.

»Schlag sie dir aus dem Kopf«, sagte er sich.

Der Wind in den Blättern schien ihm zu antworten.

Die Existenz von Zauberkräften zu akzeptieren war ihm nicht leicht gefallen, nicht zuletzt wegen der belastenden Gefühle, die der Spiritismus seiner Mutter bei ihm hervorrief. Die Dinge, an die sie angeblich glaubte, hatten den Tod und die Toten ganz nahe zu ihm und in sein Zuhause gebracht und ihn verwirrt und verschreckt. Er erinnerte sich noch an eine Gaslampe und die beschwörende Stimme seiner Mutter, die ihren eigenen Schutzgeist anrief und andere finstere Wesen in ihre Küche einlud.

Eines verregneten Abends lag die Lampe in bunten Splittern am Küchenboden. Die Rosen auf dem Glas waren so bunt wie die Blumen in Lesyas Garten gewesen. Jack hatte die Lampe nicht angefasst, dennoch hatte sie sich bewegt, und seine Mutter hatte ihm die Schuld gegeben. Sie hatte ihn dafür bestraft.

Dafür verflucht.

Er hatte für Spiritismus nur Verachtung übrig. Er verachtete das ganze theatralische Getue, das damit verbunden war, und die Anmaßung der Leute, die den Spiritismus für sich in Anspruch nahmen. Zauberkräfte waren für ihn kaum etwas anderes, als die Art esoterischer Scharlatanerie, die seine Mutter praktiziert hatte, um Witwen und trauernde Töchter um ihr Geld zu bringen. Er hatte Zauberei deshalb aus den gleichen Gründen wie den Spritismus abgelehnt und verachtet.

Bis jetzt.

Seit er als kleiner Junge von der großen weiten Welt erfahren hatte, sehnte er sich danach, ihre Rätsel zu lösen, exotische Häfen und geheime Kammern zu besuchen und Meeren und Gipfeln zu trotzen. Nun war er allerdings gezwungen, die Existenz einer viel weiteren, unbekannten Welt einzuräumen. Um ihn herum waren Kräfte am Werk, die mit Wissenschaft nicht zu erklären waren, aber dennoch ein Teil der Natur zu sein schienen. Er empfand Lesyas Zauberkräfte nämlich als etwas sehr Natürliches. Sie selbst sah es auch so und verstand offenbar nicht einmal, was er mit »Zauberei« eigentlich meinte.

Lächelnd setzte er sich zwischen die sterbenden Birken und lehnte sich an den robustesten Stamm. Er schlug das Buch auf und vertiefte sich in Dumas’ Graf von Monte Christo. Obwohl diese Art Melodram ihn meistens nicht ansprach, hatte Jack das Buch vor einigen Jahren gelesen und wusste immer noch genug, um trotz seiner mageren Französischkenntnisse vielleicht etwas davon zu verstehen.

Der Versuch misslang gründlich. Egal, wie sehr er sich konzentrierte, die Seiten nach bekannten Wörtern absuchte und die Sätze aus seinem Gedächtnis in Zusammenhang zu bringen versuchte, er musste bald eingestehen, dass heute nicht der Tag war, an dem er sich Französisch beibrachte.

Nach etwa zwanzig Minuten dieser fruchtlosen Mühen verlor er endgültig die Geduld und stand auf. Die Sonne schien jetzt hoch vom Himmel, und die Wärme tat Jack gut. Die Nächte waren immer noch kalt, und noch einen Winter im Yukon wünschte er sich nicht. Aber der Frühling war in Ordnung.

Mit dem Buch in der Hand sah er in die Richtung zurück, aus der er gekommen war, und beschloss sofort, sich noch weiter in den Wald zu wagen, anstatt umzukehren. Wenn das Buch ihm schon keine Ablenkung verschaffte, würde er sich sein Abenteuer eben außerhalb des Buches suchen. Vielleicht würde er das Ende des Waldes finden und sich ein Bild machen können, wo er sich eigentlich befand. Bestimmt waren sie kaum mehr als fünf bis zehn Kilometer vom Lager am Fluss entfernt, wo er und seine Mitgefangenen nach Gold geschürft hatten?

Bei dieser Überlegung fiel Jack Merritt ein, und seine Laune verschlechterte sich rapide.

Wesentlich finsterer machte er sich, zumindest seiner Schätzung nach, in östliche Richtung auf den Weg. Im Unterholz und im Blattwerk über ihm raschelte es. Tiere flohen vor ihm. Je weiter er vorankam, desto beschwerlicher wurde der Weg. Wurzeln und Steine ragten aus dem unebenen Boden, die Bäume wurden immer dichter, sodass er sich bald unter Ästen hindurchducken musste, einige Kratzer abbekam und mehr als einmal stolperte.

Er schaffte es, nicht hinzufallen, aber der Wald war so dicht, dass er fast undurchdringlich erschien. Ihm wurde klar, dass es keinen Sinn machte weiterzugehen, vor allem, da er den Waldrand nicht finden konnte und nicht immer tiefer in den Wald hineingehen wollte. Er änderte die Richtung. Doch kaum zehn Minuten später begegnete er einem ähnlichen Hindernis. Der Weg war frei gewesen, man konnte leicht zwischen den Bäume durchlaufen, doch nun fand er sich wieder von dichtem Geäst umgeben.

Wieder erschauderte er, doch diesmal mischte sich ein schleichender Verdacht in seinen Schauder. Er sah sich um, erblickte jedoch nur die Schatten der Äste und das goldene Funkeln, wo die Sonne noch hindurchdrang.

Er war allein in den Wald aufgebrochen, doch nun hatte er Gesellschaft. Jetzt, wo er sich dessen bewusst war, fragte sich Jack, wie er es hatte übersehen können. Er hatte in letzter Zeit wenig an den Wolf gedacht, der ihm geholfen hatte, wenn er in Gefahr war. Doch in diesen Tagen mit Lesya gab es für ihn nur Freude und Zufriedenheit, die sein Herz höher schlagen ließen. Dennoch hatte er sich gefragt, was aus seinem Schutzgeist geworden war, dem Tier, das ihm neues Leben eingehaucht hatte, als er sterbend im Schnee lag. Der Wolf hatte ihm eine Nähe zur Wildnis ermöglicht, die er sonst nie bekommen hätte. Warum hatte er ihn nicht gesehen? Wenn er nachts die Augen schloss, meinte er manchmal das einsame Heulen eines Wolfs in weiter Ferne hören zu können. Doch dann lullte ihn das Feuer wieder ein, oder Lesya berührte seine Lippen mit einem zärtlichen Kuss, und der Wolf war vergessen.

Doch das hier war nicht der Wolf. Es war auch nicht der Wendigo. Und Jack kannte es. Er hatte diese Anwesenheit schon einmal gespürt, damals im Wald, als Lesya ihn das erste Mal geküsst hatte. Er spürte, wie intensiv es sich auf ihn konzentrierte – mit welcher Bedrohung –, und seine Nackenhaare sträubten sich. Es war ihm völlig klar, dass er hier nicht erwünscht war.

Er starrte in die dunkeln Schatten, suchte zwischen den Bäumen nach dem Ursprung dieser Bedrohung, doch nichts war zu sehen. Frustriert wandte er sich nach Norden, bis der Wald lichter wurde, lief immer schneller und klopfte dabei mit dem Buch gegen seinen Oberschenkel. Er konnte immer noch diese Aufmerksamkeit spüren, die Wucht der Verärgerung, doch er wollte sich nicht von etwas verschrecken lassen, das er nicht sehen konnte.

Er ging Richtung Osten. Nach einer Weile versperrten dichte Bäume ihm wieder den Weg. Er nickte, zusehends genervter, trat einen Schritt zurück und besah sich die Wurzeln der dicht verzweigten Bäume. Die Wurzeln wuchsen übereinander wie Ranken oder die Finger händchenhaltender Liebender.

»Also gut, wenn ihr das nicht anders wollt …«

Er lief rückwärts in einen Baum, und die Spitze eines abgebrochenen Astes stach ihm ins Kreuz. Jack fuhr herum und sah, dass der Wald hinter ihm auch dichter geworden war. Es war eigentlich unmöglich, aber dort standen jetzt Bäume, die gerade noch nicht da gewesen waren. Dicke Äste versperrten ihm den Weg.

Jetzt nistete sich doch etwas Furcht bei ihm ein.

Er drehte sich mehrmals im Kreis, schützte sein Gesicht, duckte den Kopf, wand sich durch eine Lücke und schob sich zwischen zwei Bäume. Die Äste schienen sich zu verhaken, doch er preschte vorwärts, schlug Haken nach links und rechts und hörte Zweige knacken. Ein Ast schoss vor, schnitt ihm in die Stirn, bis Blut kam. Äste pieksten ihm in die Seite und schnalzten gegen seine Schienbeine, doch Jack kämpfte sich verbissen weiter. Durch die Bäume erspähte er den Teil des Waldes, den er hinter sich gelassen hatte, ein ganz normaler Wald, in dem die Sonne durch Äste schien und genug Platz zwischen den Bäumen war.

Doch die Bäume um ihn wurden immer dichter, ihre Äste dicker und kräftiger, bis er schließlich stehen bleiben musste. Ohne Axt oder Säge gab es kein Durchkommen.

»Was soll das?«, rief er, als würde er erwarten, dass der Wald ihm Antwort gäbe. Doch als Antwort hörte er nur das Rascheln der Blätter und das Zwitschern der Vögel.

Er wollte sich umdrehen, doch er fühlte eine Astknolle gegen seinen Rücken drücken. Sein Herz begann zu rasen. Er wand sich und kratzte sich mit jedem Zentimeter weiter auf, bis er feststellen musste, dass der Wald ihn gefangen hielt. Die Bäume standen so eng um ihn, dass sie einen Käfig bildeten, der ihm mit dicken Ästen den Weg versperrte und so eng gegen seine Arme und Beine, seine Rippen und seinen Rücken drückte, dass es kein Entkommen für ihn gab.

Jack legte den Kopf in den Nacken und sah die Sonne durch das dunkle Blattwerk schimmern. Er erkannte, dass es doch noch einen Fluchtweg für ihn gab. Wenn er sehen wollte, in welcher Richtung die Hütte lag – oder auch, wovon die Bäume ihn abhalten wollten –, musste er klettern.

Entschlossen schaffte er es, das rechte Bein zu heben und auf einen niedrigen Ast zu setzen. Ohne klare Sicht auf die Sonne, obwohl es Mittag war, hatte er nun jegliche Orientierung verloren. Ein Blick von ganz oben würde ihm weiterhelfen. Und wenn der Waldgott – denn er hatte keinen Zweifel, dass er es mit irgendeinem übernatürlichen Wesen zu tun hatte – ihn nicht weiter den Wald erkunden ließ, würde er sich so einen Überblick verschaffen.

Er packte einen dicken Ast und zog sich daran hoch. Die Äste wankten und wackelten, doch Jack kletterte weiter, bahnte sich einen Weg nach oben.

Er spürte das Blut auf seiner Haut, das aus einem dutzend kleiner Schnitte trat. Angst machte sich in seinem Magen breit, doch er ignorierte sie. Auch auf dem Chilkoot-Trail und den White-Horse-Stromschnellen hatte er Angst gehabt, doch davon hatte er sich nicht aufhalten lassen. Nur vor dem Wendigo war er davongelaufen, aber alles andere wäre da ja auch reiner Selbstmord gewesen.

»Los, zeig mir, was du draufhast«, zischte Jack, während er kletterte.

Der Ast unter seinem linken Fuß brach, und er stürzte durch knackende Äste, die ihn im Fallen stachen. Er knallte mit einer Wucht zu Boden, die ihm die Luft aus der Lunge schlug. Seine Brust brannte wie Feuer, und er lag eine ganze Weile auf den knorrigen Wurzeln, bis er wieder Luft bekam.

»Du Drecksack«, keuchte er, als er wieder atmen konnte.

Er wischte sich den Hosenboden ab, umklammerte mit der rechten Hand einen tiefen Kratzer im linken Bizeps, stand auf und sah, dass die Bäume sich wieder bewegt hatten. Sie standen immer noch dicht an dicht, doch nun öffnete sich ein schmaler Weg vor ihm, frei von Wurzeln, Felsbrocken oder Bäumen, als sei der Weg extra für ihn geräumt worden.

Er wusste sehr wenig über diesen Wald. Doch es war ihm klar, dass Lesyas Zauber nicht als Einziger hier am Werk war. Das Gefühl der Bedrohung umgab ihn wie unsichtbarer Rauch, er fühlte sich schrecklich bedrängt. Er hatte keine Ahnung mehr, in welcher Richtung Osten lag, und es war ihm auch egal. Der Wald hatte ihn fest im Griff. Es blieb nur dieser eine Weg.

Wenn er jemals Lesya oder die Zivilisation wiedersehen wollte, musste er ihm folgen.