DIE FRAU DES ZEITREISENDEN
Ein weiterer Film, der das Modell des selbstkonsistenten Universums nutzt, ist Robert Schwentkes DIE FRAU DES ZEITREISENDEN (USA 2009).
Henry DeTamble leidet an einem bislang unbekannten Gendefekt, der bewirkt, dass er unkontrolliert durch die Zeit reist. Er hat keinen Einfluss darauf, wann und wohin er reist und zu welchem Zeitpunkt er zurückkehren wird. Er und seine Frau Claire versuchen mit Hilfe eines Arztes, die Zeitsprünge unter Kontrolle zu bringen. Doch als Henry auf einer seiner Zeitreisen seinen eigenen Tod beobachtet, erkennt er, dass er seinem Schicksal nicht entfliehen kann.
Originaltitel: |
THE TIME TRAVELER’ S WIFE |
Produktionsland: |
USA |
Produktionsjahr: |
2009 |
Dauer: |
108 Minuten |
Verleih: |
Warner Bros. |
Regisseur: |
Robert Schwentke |
Drehbuch: |
Bruce Joel Rubin |
Hauptdarsteller: |
Eric Bana (Henry), Rachel McAdams (Claire) |
Produktion: |
Nick Wechsler, Dede Gardner |
Das Zeitreisemodell kann bereits ganz zu Beginn des Filmes erkannt werden. Der Zuschauer sieht Henrys ersten Zeitsprung. Er sitzt mit seiner Mutter im Auto und löst sich plötzlich in Luft auf. Er taucht zwei Wochen zuvor in seinem Wohnzimmer wieder auf und sieht zu, wie seine Eltern ihm vorlesen. Dann springt er zurück in die Gegenwart und sieht, wie das Auto seiner Mutter, in dem er selbst noch vor wenigen Augenblicken gesessen hat, von einem Lastwagen erfasst wird. Gleich darauf kommt ein Mann zu ihm und legt ihm eine Decke um. Er sagt ihm, dass er nichts tun könne und dass alles gut werde. Er sei sein älteres Ich aus der Zukunft.
Henry begegnet seinem Kinder-Ich (DIE FRAU DES ZEITREISENDEN).
Der Zuschauer beobachtet zunächst das Kind Henry und erlebt das Geschehen aus dessen Perspektive. Als dann der erwachsene Henry auftaucht, begleitet der Zuschauer ihn zurück in dessen Gegenwart. Der erwachsene Henry hat als Kind genau diesen Moment erlebt. Und das Kind Henry wird später als Erwachsener selbst in der Zeit zurückspringen und sein Kinder-Ich trösten. Es handelt sich um eine selbstkonsistente Schleife.
Der sicherste Hinweis darauf, dass es sich in DIE FRAU DES ZEITREISENDEN um ein selbstkonsistentes Universum handelt, ist Henrys Beziehung zu seiner Frau Claire. Claire kennt Henry seit ihrer Kindheit, da seine Zeitsprünge ihn oft zu ihr führen. Als der Erwachsene Henry Claire das erste Mal begegnet, erkennt er sie nicht, da er die Zeitreisen in Claires Kindheit und Jugend noch nicht unternommen hat. Nach jeder Reise in Claires Kindheit erzählt Henry bei seiner Rückkehr der erwachsenen Claire von ihrer Begegnung. Claire erinnert sich an jeden seiner Besuche und auch daran, worüber sie als Kind mit ihm gesprochen hat und was während seiner Besuche geschehen ist. Für Claire sind Henrys Besuche Teil ihrer Vergangenheit. Für Henry haben diese Begegnungen, als er Claire als Erwachsener kennenlernt, noch nicht stattgefunden. Henry kann den Verlauf seiner Besuche nicht bestimmen, da alles bereits geschehen ist.
Henrys Zeitsprünge finden innerhalb eines selbstkonsistenten Universums statt, in dem der Zeitfluss komplett vorgegeben ist, sowohl die Vergangenheit als auch die Zukunft. Bei seinen Zeitsprüngen in die Zukunft begegnet Henry zum Beispiel seiner in der Gegenwart noch nicht geborenen Tochter und er beobachtet seinen eigenen Tod. Beides sind unabänderlich feststehende Ereignisse.
Abbildung Nr. 8 zeigt beispielhaft die Struktur von Henrys Zeitreisen. Henry reist in die Zukunft. Dort verlebt er eine gewisse Zeit bis er wieder zurückspringt. In seiner Gegenwart verweilt er, bis er eine Reise in die Vergangenheit macht. Die Zeit, die Henry in der jeweils anderen Zeitebene verbringt, läuft in der Gegenwart ebenso weiter. Verbringt er zwei Tage in einer anderen Zeit, sind bei seiner Rückkehr auch zwei Tage in der Gegenwart vergangen.
Abb. 8: Visualisierung beispielhafter Zeitreisen in DIE FRAU DES ZEITREISENDEN
Henry kann nicht entscheiden, wann und wohin er reist, und auch nicht, wann er zurückkehren wird. Er kann nicht ändern, was bereits passiert ist und kann nicht verhindern, was noch geschehen wird. In DIE FRAU DES ZEITREISENDEN beobachtet Henry während eines Zeitsprunges seinen eigenen Tod. Er sieht sich selbst angeschossen auf dem Boden seines Hauses liegen, seine Frau und seine Tochter halten ihn im Arm. Der Zeitreisende Henry steht draußen vor dem Haus und beobachtet die Szene durch das Fenster. Als er wieder zurück in seine Gegenwart springt, bleibt sein Handabdruck am Fenster noch kurze Zeit sichtbar. Als Henry später angeschossen von einem Zeitsprung in sein Haus zurückkehrt und stirbt, schwenkt die Kamera zum Fenster und zeigt den langsam verblassenden Handabdruck des Henry, der gerade seinen Tod beobachtet hat. Aufgrund des Modells des selbstkonsistenten Universums kann ein anderer Ausgang der Geschichte nicht erzählt werden. Der Drehbuchautor Bruce Joel Rubin musste sich, um Logikfehler zu vermeiden, an dieses Modell halten. Ab dem Moment, in dem Henry seinen Tod sieht, steht dieser unabänderlich fest.
Der Plot in DIE FRAU DES ZEITREISENDEN erzählt dabei die Geschichte in chronologischer Reihenfolge, nämlich so, wie die Protagonisten die Handlung selbst erleben. Die Überschneidungen der Ereignisse, wenn ein zukünftiger Henry in der Gegenwart des Henry landet, den der Zuschauer verfolgt, dienen als Vorschau auf noch bevorstehende Ereignisse in Henrys Zukunft. Die Handlung ist in chronologischer Erzählweise in sich logisch und entspricht dem Ursache-Wirkungs-Prinzip.