Schlussbemerkungen

Nach Bordwell sind Kausalität und Zeit die zentralen Komponenten einer Erzählung[24]. Eine Erzählung ist auf Kausalität, Zeit und Ort aufgebaut.

Die Untersuchung der ausgewählten Filme hat ergeben, dass die von Physikern entwickelten Zeitreisemodelle in Filmen, die von Zeitreisen in die Vergangenheit handeln, großen Einfluss auf die narrative Struktur haben. Dabei ist die konsequente Einhaltung des Zeitreisemodells Voraussetzung für die Erhaltung der Kausalität und Logik innerhalb der Handlung.

Die Besonderheit des selbstkonsistenten Universums liegt in der Möglichkeit, durch Verknüpfung von Zeit- bzw. Handlungsebenen eine Vorschau auf künftige Ereignisse ohne Verlust der Kausalität handlungsintern einzubetten, ohne filmtechnische Mittel wie »flash-forwards« anwenden zu müssen.

In Filmen, die ihre Handlung in einem Parallel-Universum ansiedeln, wird die Möglichkeit der Verknüpfung der Zeit- bzw. Handlungsebenen, die nur in einem selbstkonsistenten Universum möglich ist, ebenfalls angewendet. Dabei entstehen meist Logikfehler, da eine Vermischung zweier sich gegenseitig ausschließender Zeitreisemodelle in der Physik nicht denkbar ist. Die Filmwahrnehmung der Rezipienten wird jedoch so manipuliert, dass Logikfehler nicht als solche erkannt werden, da dem Zuschauer durch das Auslösen von »Aha-Erlebnissen« eine logische Verkettung der Ereignisse suggeriert wird. Die Handlung scheint trotz der im Parallel-Universum unmöglichen Verknüpfung von Zeitebenen in sich geschlossen und logisch zu sein.

Zeitreisen als Motiv in Kinofilmen eröffnen den Filmemachern viele Möglichkeiten, spannende und komplexe Handlungen für die Kinoleinwand zu entwerfen. Besonders die Modelle des selbstkonsistenten Universums und des Parallel-Universums haben eine komplexe Struktur und eignen sich daher besonders gut für die Umsetzung im Film, da »Puzzle-Filme« sich immer größerer Beliebtheit beim Rezipienten erfreuen. Welches Zeitreisemodell als Grundlage für die Zeitreisestruktur fungiert, hat großen Einfluss auf das Endergebnis der Filmproduktion.

Während Filme, die in selbstkonsistenten Universen angesiedelt sind, viele »Aha-Effekte« auslösen können, lassen sie doch keinen Zweifel daran, dass der freie Wille der Protagonisten reine Illusion ist. Die Handlung steht unabänderlich fest, was die Frage nach dem »Was wäre wenn« hinfällig erscheinen lässt. Hätte sich zum Beispiel Harry Potter dagegen entschieden, die Zeitreise anzutreten, hätte er zu diesem Zeitpunkt bereits nicht mehr gelebt, um diese Entscheidung zu treffen, da sein Zeitreise-Ich ihm zuvor ja das Leben gerettet hat.

In den wenigen Filmen, die in einem Multiversum spielen, ohne Elemente anderer Modelle einzubeziehen, sind Aha-Effekte eher spärlich gesät, jedoch ist das Ende der Handlung vollkommen offen. Wie oft hätte Evan sein Zeitreisegen noch einsetzen können und wie viele unterschiedliche Leben in diversen Parallel-Universen hätte er noch erlebt? Der freie Wille ist in einem Multiversum zu keiner Zeit eingeschränkt und ermöglicht eine Vielzahl an Handlungsverläufen.

Die Anwendung verschiedener Zeitreisemodelle in Kinofilmen führt zu dramaturgisch-narrativen und philosophisch höchst spannenden Ergebnissen. So wollen wir die Vorausschau wagen, dass uns auch in Zukunft weitere Parallel-Universen und Zeitschleifen auf der Kinoleinwand beschert und wir weiter herausfordert werden, Zeitreisemodelle, Paradoxa und die Frage nach dem freien Willen zu entschlüsseln.