Der formulierte theoretische Ansatz zur inhaltlichen Differenzierung des Internets enthält verschiedene Ebenen und Dimensionen (vgl. Abschnitt 4.2.2). Daraus resultiert eine Vielzahl an Möglichkeiten, den Mediatisierungsprozess empirisch zu untersuchen. Eine All-in-One-Lösung hingegen ist zunächst nicht realisierbar, da nicht gleichzeitig das WWW, E-Mail-Kommunikation, Blogs und die vielen anderen Internetmedien untersucht werden können. Realistisch ist jedoch, für einzelne Bereiche und bestimmte Fragestellungen Operationalisierungen zu entwickeln. Demgemäß sind mehrere Selektionen vorzunehmen. Die erste Unterscheidung betrifft die Analyseebene für den Offline-Bereich. Entsprechend der vorgängigen Argumentation ist für das Internet die Makroebene interessant, weil die Differenzierung hier am deutlichsten sichtbar wird. Die dort verorteten gesellschaftlichen Subsysteme sind an sich schwer »greifbar« und nur mit Hilfe abstrakter Codes schlüssig abzugrenzen. Gleichwohl sind alle Funktionssysteme durch die Existenz von Organisationen gekennzeichnet. Diese Organisationen sind sehr gut identifizierbar und gewissermaßen eine Verbindungen zu den Individuen, die sich schließlich für die hier interessierende Kommunikation verantwortlich zeichnen. Deshalb wird vorgeschlagen, Organisationen zum Ausgangspunkt zu nehmen und sie den jeweiligen Subsystemen zuzuordnen (also Universitäten zu Wissenschaft, Verlage zu Massenmedien oder Unternehmen zu Wirtschaft), um dadurch Rückschlüsse auf die Mediatisierung gesellschaftlicher Funktionssysteme ziehen zu können.
Damit wird bereits deutlich, dass mit dem Fokus auf Organisationen nicht die interaktive Kommunikation, sondern entweder die Nutzung von Massenmedien oder die Nutzung von symbolisch generalisierten Kommunikationsmedien analysiert werden sollte. Die Erfolgsmedien sind aufgrund ihrer Unterschiedlichkeit allerdings schwer empirisch zu untersuchen. Mit dem angestrebten quantitativen Vorgehen wäre es nahezu unmöglich, so unterschiedliche Medien wie Macht, Geld, Liebe oder Erfolg zu vergleichen. Massenmediale Kommunikation hingegen ist per se der Öffentlichkeit zugänglich und basiert, über die einzelnen Bereiche der Gesellschaft hinweg, auf einem gemeinsamen Set an Medien. Ein anderer bedeutsamer Aspekt von Kommunikation soll für die nachfolgende empirische Untersuchung zurückgestellt werden: die Selektion der Information und Mitteilung. So ist es natürlich relevant, welche Informationen die Organisationen über das Internet übermitteln und auf welche Weise sie ausgedrückt werden (Mitteilungsaspekt). Eine solche Frage nach der Selektivität des Mediatisierungsprozesses liefe im Grunde darauf hinaus, dass beispielsweise Wirtschaftsunternehmen vorrangig Marketing mit Hilfe des Internets betrieben, statt ihre Produktion zu koordinieren. Der erste Schritt besteht aber in der Analyse, ob und zu welchen Anteilen bestimmte Organisationen das Internet überhaupt für Kommunikation nutzen.
Der bis hierhin vorgestellte Zuschnitt der Untersuchung ist im Offline-Bereich zu verorten. An der Schnittstelle zur Online-Kommunikation befindet sich die Mediatisierung. Aus dem erweiterten Mediatisierungsansatz geht hervor, dass nach Giddens Strukturationstheorie Mediatisierung einer von vier Teilprozessen im Verhältnis zwischen On- und Offline ist. Hierbei sind die als Internet-Innovation sowie als Selbst-Transformation bezeichneten Entwicklungen zunächst unwichtig, da sie ihren Ursprung im Internet haben, Mediatisierung aber vom Offline-Bereich aus gedacht werden soll. Die raumzeitliche Entbettung von Offline-Strukturen durch das Internet als Verbreitungskanal ist dabei ebenso Gegenstand der folgenden Untersuchung wie das Kernverständnis von Mediatisierung, die Entstehung von Internetkommunikation vor dem Hintergrund der Offline-Kommunikation. Damit wird deutlich, dass die Erhebung nicht am Internet, sondern an den Offline-Organisationen ansetzen muss.
Auch für das Internet sind Entscheidungen zu treffen, die sich zentral auf das Medium der Mediatisierung beziehen. Wie gezeigt, existiert eine Vielzahl an einzelnen Web-Medien. Der obigen Prämisse der massenmedialen Nutzung zufolge, sind vor allem diejenigen Dienste interessant, die eine massenhafte Adressierung erlauben. Dazu gehören weder Chat, E-Mail (auch Mailinglisten sind in der Regel begrenzt) noch Videotelefonie. Microblogging-Dienste, Dateitransfer und auch das World Wide Web hingegen richten sich vielmals an eine unbekannte Masse potenzieller Rezipientinnen oder Rezipienten. Der letztgenannte Dienst soll hier in die Untersuchung einbezogen werden. Während Microblogs und Weblogs insgesamt ein sehr junges Phänomen sind, Dateitransfer aufgrund der nichtsemantischen Kommunikation ein Sonderstatus zugesprochen werden muss, ist das WWW noch vor der E-Mail der bedeutendste aller Dienste, der zudem dem Internet in den 1990er Jahren zum Durchbruch verhalf und dessen Stellenwert bis heute ungebrochen ist. Userseitig ist dann zu eruieren, inwiefern die entsprechenden Mitteilungen verstanden und angenommen werden. Die mit der Selektion von Information und Mitteilung direkt verbundenen Unterscheidungen müssen zunächst zurückgestellt werden, da die erste Annäherung mit empirischem Material nicht alle Aspekte in ihrer Tiefe behandeln kann. Gerade die Frage nach der Rezeption ist mittels quantifizierender Methoden ohnehin nur unzureichend zu ermitteln. Dass hier aber gerade mit einem solchem Forschungsinstrumentarium gearbeitet werden soll, hängt mit der zentralen Fragestellung nach der inhaltlichen Differenzierung des Internets zusammen. So ist an der Oberfläche bereits ersichtlich, dass alle relevanten Teilbereiche der Gesellschaft auf verschiedene Art und Weise über das Internet kommunizieren. Aber in welchem Umfang sie dies tun und welche Dynamik der gegenwärtigen Situation zugrunde liegt, kann nur mittels inferenzstatistischer Methoden auf der Basis von Stichproben ermittelt werden.