1. Kapitel

»Die sprechen ihn frei!« Burke Basile streckte die Finger seiner rechten Hand und ballte sie dann zur Faust. Diese unwillkürliche Streckbewegung hatte er sich in letzter Zeit angewöhnt. »Er wird unter gar keinen Umständen schuldig gesprochen.«

Captain Douglas Patout, der Chef des Drogen- und Sittendezernats des New Orleans Police Departments, seufzte entnervt. »Vielleicht.«

»Nicht ›vielleicht‹. Die sprechen ihn frei«, wiederholte Burke nachdrücklich.

Nach kurzer Pause fragte Patout: »Warum hat Littrell die Anklage in diesem Fall ausgerechnet diesem Staatsanwalt übertragen? Er ist neu hier, lebt erst seit ein paar Monaten im Süden, ist aus dem Norden hierher verpflanzt worden. Aus Wisconsin oder so ähnlich. Er hat die … Nuancen dieses Verfahrens nicht begriffen.«

Burke, der aus seinem Fenster gestarrt hatte, drehte sich wieder um. »Pinkie Duvall hat sie dagegen recht gut begriffen.«

»Dieser aalglatte Wortverdreher! Er tut nichts lieber, als auf die Polizei einzuschlagen und uns alle als unfähig hinzustellen.«

Obwohl es Burke widerstrebte, den Strafverteidiger zu loben, sagte er: »Eins muß man ihm lassen, Doug, sein Schlußplädoyer war brillant. Eindeutig gegen die Polizei, aber ebenso eindeutig für die Gerechtigkeit. Die zwölf Geschworenen haben jedes Wort gierig aufgesogen.« Er sah auf seine Armbanduhr. »Sie beraten seit einer halben Stunde. Ich würde sagen, in zehn Minuten sind sie wieder da.«

»Glaubst du wirklich, daß es so schnell geht?«

»Ja, glaub’ ich.« Burke setzte sich auf einen zerschrammten Stuhl mit hölzernen Armlehnen. »Nüchtern betrachtet, haben wir nie ein Chance gehabt. Welcher Staatsanwalt die Anklage auch vertreten hätte, mit welchen juristischen Tricks beide Seiten auch gearbeitet haben mögen – es steht leider fest, daß Wayne Bardo nicht abgedrückt hat. Er hat die Kugel, die Kevin den Tod brachte, nicht abgefeuert.«

»Ich wollte, ich hätte fünf Cent bekommen für jedes Mal, das Pinkie Duvall das während der Verhandlung gesagt hat«, meinte Patout mißmutig. »›Mein Mandant hat die tödliche Kugel nicht abgefeuert.‹ Das hat er gebetsmühlenhaft wiederholt.«

»Leider ist es die Wahrheit.«

Dieses Thema hatten sie mindestens schon tausendmal diskutiert  – grübelnd, Vermutungen anstellend, aber immer wieder auf die eine unangenehme, unbestreitbare, unumkehrbare Tatsache zurückkommend: Der in diesem Verfahren angeklagte Wayne Bardo hatte Detective Sergeant Kevin Stuart faktisch nicht erschossen.

Burke Basile rieb sich müde seine von dunklen Ringen umgebenen Augen, strich sich das zerzauste, lockige Haar aus der Stirn, fuhr sich über den Schnurrbart und rieb dann nervös über seine Oberschenkel. Er streckte die Finger seiner rechten Hand. Zuletzt stützte er die Ellbogen auf die Knie, ließ die Schultern entmutigt nach vorn hängen und starrte blicklos auf den Fußboden.

Patout musterte ihn prüfend. »Du siehst verdammt schlecht aus. Warum gehst du nicht raus und rauchst eine Zigarette?«

Burke schüttelte den Kopf.

»Wie wär’s mit einem Kaffee? Ich hole dir einen, bringe ihn dir, damit die Reporter nicht über dich herfallen können.«

»Nein, vielen Dank.«

Patout setzte sich auf den Stuhl neben Burke. »Wir dürfen den Fall noch nicht abschreiben. Die Geschworenen sind oft unberechenbar. Man glaubt, man hätte so einen Dreckskerl überführt, und er verläßt den Gerichtssaal als freier Mann. Ein andermal rechnet man mit einem sicheren Freispruch, aber sie sprechen ihn schuldig, und der Richter verhängt die Höchststrafe. Im voraus weiß man das nie.«

»Ich schon«, murmelte Burke hartnäckig. »Bardo wird freigesprochen.«

Eine Zeitlang sagte keiner der beiden Männer etwas, um das bedrückende Schweigen zu brechen. Dann meinte Patout: »Heute ist der Jahrestag der mexikanischen Verfassung.«

Burke sah auf. »Wie bitte?«

»Der mexikanischen Verfassung. Sie wurde am fünften Februar angenommen. Das habe ich heute morgen in meinem Terminkalender gelesen.«

»Hmmm.«

»Allerdings hat nicht dringestanden, in welchem Jahr. Vor mindestens hundert Jahren, schätze ich.«

»Hmmm.«

Als dieses Thema erschöpft war, schwiegen sie wieder und hingen ihren eigenen Gedanken nach. Burke überlegte, wie er sich in den ersten Sekunden nach der Urteilsverkündung verhalten sollte.

Daß es zu einer Gerichtsverhandlung kommen würde, hatten sie von Anfang an gewußt. Pinkie Duvall würde nicht im Traum daran denken, einen Deal mit der Anklagebehörde anzustreben, wenn er den Freispruch für seinen Mandanten schon so gut wie in der Tasche zu haben glaubte. Und Burke hatte ebenfalls gewußt, wie dieser Prozeß ausgehen würde. Jetzt, wo der Augenblick der Wahrheit bevorstand – falls seine schlimmen Vorahnungen sich bestätigten –, machte er sich darauf gefaßt, gegen die Wut anzukämpfen, die er empfinden würde, wenn er sah, wie Bardo das Gerichtsgebäude als freier Mann verließ.

Gott behüte ihn davor, diesen Dreckskerl mit bloßen Händen zu erwürgen.

Eine große, brummende Stubenfliege, die nicht in diese Jahreszeit paßte und von Insektiziden high war, hatte sich irgendwie in den kleinen Raum im Gerichtsgebäude des Orleans Parish verirrt, in dem schon unzählige Anklagevertreter und Angeklagte angstvoll geschwitzt hatten, während sie auf den Spruch der Geschworenen gewartet hatten. Bei ihren verzweifelten Fluchtversuchen prallte die Fliege immer wieder mit einem selbstmörderischen kleinen Platsch! gegen die Fensterscheibe. Das arme Fliegenvieh wußte nicht, daß es verloren hatte. Es erkannte nicht, daß es sich mit seinen vergeblichen Versuchen, so tapfer sie auch waren, nur zum Narren machte.

Burke unterdrückte ein selbstkritisches Auflachen. Daß er sich mit dem vergeblichen Bemühen einer Stubenfliege identifizieren konnte, bewies ihm, daß er auf einem absoluten Tiefpunkt angelangt war.

Als das Klopfen ertönte, wechselten Patout und er zuerst einen Blick, bevor sie zur Tür hinübersahen, die von der Gerichtsdienerin geöffnet wurde. Sie steckte den Kopf herein. »Die Geschworenen sind wieder im Saal.«

Auf dem Weg zur Tür warf Patout einen Blick auf seine Uhr und murmelte: »Verdammt! Genau zehn Minuten.« Er sah zu Burke hinüber. »Wie hast du das erraten?«

Aber Burke hörte nicht zu. Seine Aufmerksamkeit galt der offenen zweiflügeligen Tür des Gerichtssaales am Ende des Korridors. Prozeßbeobachter und Medienvertreter strömten durch das Portal, aufgeregt wie Kolosseumsbesucher im alten Rom bei der Aussicht darauf, daß ein paar Märtyrer von Löwen zerfleischt werden.

Kevin Stuart – Ehemann, Familienvater, verdammt guter Cop und bester Freund – war einen Märtyrertod gestorben. Wie bei vielen Märtyrern im Lauf der Geschichte war sein Tod die Folge eines Verrats. Jemand, dem Kevin vertraut hatte, jemand, der auf seiner Seite hätte stehen und ihn unterstüzten sollen, war zum Verräter geworden. Ein anderer Cop hatte die Bösen gewarnt, daß die Guten unterwegs waren.

Ein heimlicher Anruf von irgend jemandem aus ihrem Dezernat, und Kevin Stuarts Schicksal war besiegelt. Gewiß, er war im Dienst umgekommen, aber das machte ihn nicht weniger tot. Sein Tod war unnötig gewesen. Unnötig und blutig. Mit diesem Verfahren wurde lediglich ein Schlußstrich gezogen. Der Prozeß war nur eine teure und zeitraubende Übung, der eine zivilisierte Gesellschaft sich unterzog, um die Tatsache zu kaschieren, daß sie einen Dreckskerl laufenließ, nachdem er dem Leben eines anständigen Menschen ein Ende gesetzt hatte.

Die Auswahl der Geschworenen hatte zwei Wochen gedauert. Der Staatsanwalt war von Anfang an vom Strafverteidiger, dem glanzvollen Pinkie Duvall, eingeschüchtert und ausgetrickst worden. Ohne auf energische Gegenwehr seitens der Anklagebehörde zu stoßen, hatte Duvall sämtliche Einspruchsmöglichkeiten genutzt, um die Geschworenenbank mit handverlesenen Leuten zu besetzen, die seinen Mandanten vermutlich begünstigen würden.

Der Prozeß selbst hatte nur vier Tage gedauert. Aber seine Kürze stand in umgekehrtem Verhältnis zu dem Interesse der Öffentlichkeit an seinem Ausgang. Voraussagen hatte es reichlich gegeben.

Am Morgen nach dem tödlichen Vorfall wurde der Polizeipräsident mit den Worten zitiert: »Jeder unserer Beamten fühlt diesen Verlust und ist persönlich betroffen. Kevin Stuart war im Kollegenkreis sehr beliebt und geachtet. Wir setzen alle uns zur Vergügung stehenden Mittel ein, um die genauen Umstände der tödlichen Schüsse auf diesen ausgezeichneten Beamten gründlich und vollständig aufzuklären.«

»Das Verfahren müßte sich rasch abschließen lassen«, hatte ein Leitartikler am ersten Prozeßtag in der Times Picayune geschrieben. »Durch einen krassen Fehler der Polizei hat einer ihrer Beamten den Tod gefunden. Tragisch? Bestimmt. Aber eine Rechtfertigung dafür, seinen Tod einem unschuldigen Sündenbock anzulasten? Meiner Ansicht nach nicht.«

»Der Staaatsanwalt vergeudet Steuergelder, indem er einen unschuldigen Bürger dazu zwingt, sich vor Gericht wegen einer erfundenen Anklage zu verantworten, die allein den Zweck hat, das New Orleans Police Department vor der öffentlichen Demütigung zu bewahren, die es wegen dieses Vorfalls verdient hätte. Alle Wähler wären gut beraten, sich an diese Farce zu erinnern, wenn Staatsanwalt Littrell sich zur Wiederwahl stellt.« Dieses Zitat stammte von Pinkie Duvall, dessen »unschuldiger« Mandant Wayne Bardo, geborener Bardeaux, ein Vorstrafenregister hatte, das so lang war wie die Brücke über den Lake Pontchartrain.

Pinkie Duvalls Beteiligung an einem Gerichtsverfahren sorgte immer für reges Medieninteresse. Jeder Wahlbeamte im öffentlichen Dienst wollte an dieser kostenlosen Publicity teilhaben und benützte den Prozeß gegen Bardo als Forum für sein oder ihr Programm, was immer es beinhalten mochte. Ungebetene Meinungen wurden so freigiebig unters Volk gebracht wie Konfetti an Mardi Gras.

Im Gegensatz dazu hatte Lieutenant Burke Basile seit der Nacht, in der Kevin Stuart umgekommen war, hartnäckiges, verächtliches Schweigen bewahrt. Während der Anhörungen vor Prozeßbeginn, während all der Anträge, die beide Seiten bei Gericht stellten, und inmitten der künstlich erzeugten Medienhysterie war dem schweigsamen Drogenfahnder, dessen Partner und bester Freund in jener Nacht, in der die Drogenrazzia schiefgelaufen war, einer Schußverletzung erlegen war, nichts Zitierbares zu entlocken gewesen.

Als er jetzt wieder den Verhandlungssaal betreten wollte, um den Spruch der Geschworenen zu hören, erklärte Burke Basile einem Reporter, der ihm sein Mikrofon unter die Nase hielt und wissen wollte, ob er etwas zu sagen habe, kurz und bündig: »Ja. Verpiß dich!«

Captain Patout, den die Reporter als höheren Polizeibeamten erkannten, wurde aufgehalten, als er Burke in den Saal zu folgen versuchte. Obwohl Patout sich weit diplomatischer ausdrückte als sein Untergebener, stellte er unmißverständlich fest, Wayne Bardo habe Stuarts Tod verschuldet und der Gerechtigkeit werde nur Genüge getan, wenn die Geschworenen auf schuldig erkannt hatten.

Burke saß bereits, als Patout sich wieder zu ihm gesellte. »Für Nanci wird das bestimmt schwierig«, meinte er besorgt, als er Platz nahm.

Kevin Stuarts Witwe saß in derselben Reihe wie sie, aber auf der anderen Seite des Mittelgangs. Rechts und links neben ihr hatten ihre Eltern Platz genommen. Burke beugte sich leicht nach vorn, erwiderte ihren Blick und nickte ihr aufmunternd zu. Aus ihrem schwachen Antwortlächeln sprach mehr Optimismus, als sie tatsächlich empfand.

Patout winkte ihr grüßend zu. »Andererseits ist sie ein tapferer Kerl.«

»Na klar, auf Nanci kann man immer zählen, auch wenn ihr Mann eiskalt umgelegt wird.«

Patout quittierte diese sarkastische Bemerkung mit einem Stirnrunzeln. »Dieser Seitenhieb war unnötig. Du weißt genau, was ich gemeint habe.« Burke äußerte sich nicht dazu. Nach kurzer Pause fragte Patout gespielt nonchalant: »Kommt Barbara noch?«

»Nein.«

»Ich dachte, sie würde vielleicht kommen, um dir moralische Unterstützung zu gewähren, falls die Sache für uns ungünstig ausgeht.«

Burke hatte keine Lust, ihm zu erklären, warum seine Frau es vorzog, der Verhandlung fernzubleiben. Er sagte einfach: »Wir haben vereinbart, daß ich sie anrufe, sobald das Urteil gesprochen ist.«

Aus den Lagern der beiden Prozeßparteien kamen ganz unterschiedliche Signale. Burke teilte Patouts Einschätzung, der Staatsanwalt habe als Vertreter der Anklage versagt. Nachdem er das Verfahren mehr schlecht als recht hinter sich gebracht hatte, saß er jetzt an seinem Tisch und klopfte mit dem Radiergummi an seinem Bleistift auf einen Schreibblock, auf dem er sich keine einzige Notiz gemacht hatte. Er wippte nervös mit dem linken Bein und machte den Eindruck, er wäre am liebsten woanders – notfalls zur Wurzelbehandlung auf einem Zahnarztstuhl.

Dagegen schienen Bardo und Duvall am Verteidigertisch über einen geflüsterten Scherz zu grinsen. Beide schmunzelten hinter vorgehaltener Hand. Burke wäre es schwergefallen, sofort zu sagen, wen er mehr haßte – den Berufsverbrecher oder seinen ebenso kriminellen Verteidiger.

Als Duvall von einem seiner Assistenten angesprochen wurde und sich abwandte, um in einem Schriftsatz zu blättern, lehnte Bardo sich auf seinem Stuhl zurück, hielt die Fingerspitzen seiner aneinandergelegten Hände unters Kinn und sah himmelwärts. Burke konnte sich nicht vorstellen, daß der Dreckskerl tatsächlich betete.

Bardo sah zu ihm hinüber, als spürte er, daß der Lieutenant ihn durchdringend anstarrte. In den kalt glitzernden dunklen Augen, die nun Burkes Blick erwiderten, hatte bestimmt noch niemals ein Anflug von Schuldbewußtsein gestanden. Reptilienschmale Lippen verzogen sich zu einem eisigen Lächeln.

Dann blinzelte Bardo ihm frech zu.

Burke wäre aufgesprungen, um sich auf den Kerl zu stürzen, wenn Patout, der diese unverschämte Geste beobachtet hatte, ihn nicht am Arm gepackt und zurückgehalten hätte.

»Mach keinen Unsinn, verdammt noch mal!« Gereizt fügte er mit gedämpfter Stimme hinzu: »Drehst du jetzt durch, spielst du diesem Dreckskerl doch nur in die Hände. Das wäre der Beweis für alle negativen Behauptungen, die sie während dieses Prozesses über dich aufgestellt haben. Wenn du das willst, dann nur zu!«

Ohne diese Zurechtweisung auch nur mit einer Antwort zu würdigen, riß Burke sich von seinem Vorgesetzten los. Bardo, der weiter selbstgefällig grinste, sah wieder nach vorn. Im nächsten Augenblick rief die Gerichtsdienerin den Saal zur Ordnung, und der Richter nahm seinen Platz wieder ein. Mit einer Stimme, die so honigsüß war wie Geißblattnektar im Sommer, ermahnte er die Zuhörer, sich anständig zu betragen, wenn der Spruch der Geschworenen verkündet werde, und wies dann die Gerichtsdienerin an, die Geschworenen hereinzuholen.

Sieben Männer und fünf Frauen nahmen auf der Geschworenenbank Platz. Sieben Männer und fünf Frauen hatten einstimmig entschieden, Wayne Bardo treffe keine Schuld daran, daß Detective Sergeant Kevin Stuart erschossen worden sei.

Das hatte Burke Basile erwartet, aber es war schwerer zu verkraften, als er es sich vorgestellt hatte, und er hatte sich schon vorgestellt, es würde unmöglich zu verkraften sein.

Trotz der Ermahnungen des Richters beherrschten oder verbargen die Zuhörer ihre Reaktionen nicht. Nanci Stuart stieß eine spitzen Schrei aus, dann sackte sie zusammen. Ihre Eltern schützten sie vor den Kamerascheinwerfern und der gierig herandrängenden Reportermeute.

Der Richter dankte den Geschworenen und entließ sie. Sobald der Richter die Verhandlung mit lauter Stimme offiziell geschlossen hatte, stopfte der unfähige Staatsanwalt seinen unbenützten Schreibblock hastig in seinen neu aussehenden Aktenkoffer und trabte den Mittelgang entlang, als hätte jemand »Feuer!« gerufen. Er wich Burkes und Patouts Blicken aus.

Burke glaubte auf seiner Stirn lesen zu können, was der andere dachte: Es ist nicht meine Schuld. Manchmal gewinnt man, manchmal verliert man. Wie es auch ausgeht, am Freitag gibt’s den nächsten Gehaltsscheck, also was soll’s.

»Arschloch«, murmelte Burke.

Am Verteidigertisch herrschte wie erwartet Jubel, und der Richter hatte es aufgegeben, ihn unterbinden zu wollen. Pinkie Duvall sprach wortgewandt in die hingehaltenen Mikrofone. Wayne Bardo trat von einem Bally-Slipper auf den andern und wirkte selbstzufrieden und gelangweilt, während er seine Manschetten etwas weiter aus den Jackenärmeln zog. Seine mit Brillanten besetzten Manschettenknöpfe glitzerten im Licht der Fernsehscheinwerfer. Burke sah, daß die Stirn des Mannes mit dem dunklen Teint nicht einmal feucht war. Der Dreckskerl hatte genau gewußt, daß er auch diesmal wieder straffrei davonkommen würde.

Patout, der als Polizeisprecher fungierte, weil der Vorfall sein Dezernat betraf, war damit beschäftigt, Reporter und ihre Fragen abzuwehren. Burke behielt Bardo und Duvall im Visier, während sie sich triumphierend durch die Reportermeute zum Ausgang vorarbeiteten. Sie wichen keiner Kamera und keinem Mikrofon aus. In der Tat pflegte und genoß Duvall jegliche Publicity, deshalb sonnte er sich auch jetzt im Scheinwerferlicht. Im Gegensatz zum Staatsanwalt hatten sie es nicht eilig, den Saal zu verlassen, sondern ließen sich absichtlich Zeit, um den Beifall ihrer Anhänger einzuheimsen.

Sie wichen Burke Basiles Blick auch nicht aus.

Sie gingen im Gegenteil langsamer, als sie an der Reihe vorbeikamen, an deren Ende Burke stand und seine rechte Hand zur Faust ballte und die Finger wieder streckte. Beide starrten Burke ganz bewußt ins Gesicht.

Wayne Bardo beugte sich sogar leicht vor und stellte flüsternd eine Burke verhaßte, aber unwiderlegbare Tatsache fest. »Ich hab’ diesen Cop nicht erschossen, Basile. Sie waren es.«