»Es tut mir so leid.«
Das waren die ersten Worte, nachdem sich Amira in dem altbekannten Verlies wiedergefunden hatte. Wie viel Zeit vergangen war, nachdem sie ihrer Apathie entfliehen konnte, war für sie beim besten Willen nicht zu erfassen. Nasrin saß gegenüber auf ihrer schmutzigen Matratze und hatte die ganze Zeit noch nicht mit ihr gesprochen, was Amira mehr als merkwürdig vorkam.
Die schwere Tür öffnete sich, und Erik schlüpfte durch den Vorhang herein.
»Guten Morgen«, sagte er. Amira und Nasrin erwiderten nichts. »Dann eben nicht.«
Er stellte ihnen ein Tablett mit Frühstück auf das Waschbecken und legte Plastikbesteck dazu. Die Toilette, die Amira zerstört hatte, um an die Scherbe zu gelangen, war verschwunden. Stattdessen standen dort nun zwei Holzeimer.
»War eine gute Idee, Amira. In Zukunft muss ich wohl noch mehr darauf achten, was ich hier unten einbaue.«
In dem Moment fing Nasrin an, aus ihrem Innersten heraus zu schreien. Es klang nicht normal. Es war ein erstickendes Dröhnen, als hätte sie einen Lappen in ihrem Hals stecken. Sie beruhigte sich nach wenigen Momenten und legte sich zur Seite.
»Was hast du ihr angetan, du mieser Scheißkerl?«, brüllte Amira Erik an.
»Ich habe ihr eine Lektion erteilt. Und dir damit gleichzeitig auch.« Er grinste sie diabolisch an und nickte. »Ihr Zunge wurde von mir chirurgisch entfernt. Ich habe das in meiner Kindheit schon oft bei Tieren durchgeführt. Wusstest du, wie stark die Zunge eines Menschen durchblutet wird? Es ist nicht einfach, sie zu entfernen«, erzählte er, als wäre dies das Normalste der Welt. »Deshalb gebe ich ihr noch ein paar Tage Antibiotika, um das Risiko einer Entzündung zu minimieren. Und jedes Mal, wenn eine von euch etwas macht, was nicht den Regeln entspricht, verliert die andere ein Körperteil.«
Mit diesen Worten verließ er das Gefängnis und ließ Amira geschockt auf ihrer Matratze sitzend zurück.