Erik beobachtete seinen Gast nun schon eine ganze Weile. Nachdem Aaron aus seiner Bewusstlosigkeit aufgewacht war, lag er zunächst verwirrt und wie erstarrt auf einer alten Matte. Seine Hände und Füße waren gefesselt. Irgendwann wurde Erik langweilig, und er fing an, fast pedantisch Vorbereitungen zu treffen, die seinem Gast offensichtlich Angst einjagten. Erik stellte ein Kamerastativ auf, richtete dieses immer wieder millimetergenau aus, klappte seinen Laptop auf einem Schreibtisch auf, der sich hinter der Kamera befand, und achtete darauf, dass dieser gerade und im rechten Winkel zur Tischkante platziert war, weil es Erik wichtig war, aufgeräumt und geordnet ans Werk zu gehen. Als wäre das Kommende von einer exakten euklidischen Geometrie abhängig. Dann dimmte er das Licht zweier Baustrahler, die neben der Kamera standen, erhellte es und dimmte es wieder. Es erinnerte Erik selbst ein bisschen an die Vorbereitung einer Theateraufführung, was ihn schmunzeln ließ. Schließlich sollte dies hier ja tatsächlich auch eine Aufführung werden.
Natürlich musste auch Aaron mitbekommen haben, dass im Netz zwei Menschen brutal hingerichtet worden waren. Erik glaubte sogar fest daran, dass sich sein Gast diese Videos angesehen hatte.
»Was willst du von mir?«, brüllte Aaron, nun zum wiederholten Male. Während der Vorbereitungen hatte Erik ihn einfach ignoriert.
Nun ließ sich Erik Zeit, seinem Gast zu erklären, warum er hier war. Der Schock bei Aaron saß anscheinend tief. Als er sich wieder gefangen hatte, flehte, brüllte und heulte er um sein Leben. Doch es nützte nichts. Erik hatte nie vorgehabt, ihn wieder laufen zu lassen.
»Trink das!«, befahl Erik und hielt Aaron eine große Cola-Flasche hin.
»W-was … ist das?«, stotterte Aaron.
»Nur Cola«, log Erik. »Trink das, oder du wirst es bereuen!«
Zitternd richtete sich sein Gast auf und tat, was Erik von ihm verlangte. Nach ein paar Schlucken – von denen einiges an Flüssigkeit an seinen Wangen hinablief – fiel er zur Seite und verlor erneut das Bewusstsein.
Erik hatte nun Zeit, die letzten Details für seine nächste Liveshow herzurichten. Er hievte den bewusstlosen Leib Aarons auf einen Stuhl, band ihn fest, setzte eine Betäubungsspritze an Aarons Zunge, damit dieser später während der Videoaufnahme nicht mehr sprechen konnte, und nickte zufrieden. Sein Gast war so weit. Ein Gefühl der Macht breitete sich in Erik aus. Kurz betrachtete er noch den gefesselten Mann vor sich, um die gesamte Energie dieser Ereignisse aufzusaugen, bevor er die Strahler ausschaltete und sich hinter seinen Laptop setzte. Als Aaron kurz darauf wieder zu sich kam, fing er erneut an zu schreien. Jedenfalls versuchte er es. Besonders viel kam jedoch nicht über seine betäubte Zunge.
Anscheinend hatte die neue Situation seinem Gast verraten, dass er diesen Raum nicht mehr eigenständig verlassen würde. Erik ließ ihn schreien, bis er heiser wurde und nur noch krächzen konnte. Dann schaltete er per Fernbedienung die beiden Strahler an – die Show konnte beginnen. Aaron kniff seine Lider zusammen und blinzelte, bis sich seine Augen an das Licht gewöhnt hatten. Erik sah die Verzweiflung in dem Gesicht seines Gefangenen, was seine Erregung nur noch mehr anfachte.
O ja. Du hast ganz richtig erkannt, was mit dir passiert, mein Lieber.