Kapitel 49

Der nächste Tag war völlig ereignislos, wenn man davon absah, dass die Presse, Fernseh- und Radiosender langsam zur Jagd auf die Polizei bliesen.

Polizei überfordert? Wie sicher ist die Bevölkerung wirklich, wenn Mörder im Internet unantastbar sind?

 

Das waren dabei noch die nettesten Schlagzeilen, die Albert an diesem Montagmorgen wahrnahm. Er schaltete sein Radio auf der Anrichte seiner Küche aus und warf die Lingener Tagespost ohne Umwege in seinen Gelben Sack, obwohl sie ins Altpapier gehört hätte.

Ich werde mit Sicherheit nicht nachlesen, wie sich Journalisten bequem an ihren Schreibtischen darüber auskotzen, wie unfähig die Polizei doch sei!

Mit einem schlechten Gewissen räumte er die drei Flaschen Bier und die Weinflasche ins Altglas und zog die Jalousien an seinen Fenstern hoch. Er stockte kurz und konnte kaum glauben, was er dort sah.

Jemand hatte vor seinem Hauseingang mitten auf die Straße einen großen Jupiter gesprayt. Knallrot und blendend, sodass niemand ihn übersehen konnte. Die vorbeifahrenden Autos ließen sich jedoch nicht aus ihrer störrischen Ruhe bringen und fuhren über die Botschaft geflissentlich hinweg. Sogar der Große Rote Fleck war von den Künstlern nicht vergessen worden. Dies war ein Wirbelsturm auf dem Jupiter, der bis dato der größte und langlebigste Sturm im Sonnensystem war. Er hatte bei einer Weltraumdokumentation, die mal im Fernsehen lief, davon gehört. Mit einer Länge von mehr als vierundzwanzigtausend und einer Breite von dreizehntausend Kilometern war er größer als die gesamte Erde.

»Ihr Penner«, sagte Albert zu sich selbst und wandte sich vom Fenster ab. Als ob sie den Killer von Justus, Simon Fietz und Bettina Kemper nicht ebenso schnell fassen wollten, wie es diese Kids mit Laptop von ihnen verlangten. Wieso wussten sie überhaupt, wo er wohnte? Hatte er sich gestern vor Emine noch bewusst locker gezeigt, fand er die Vorstellung jetzt doch beunruhigend, dass heute Nacht irgendwelche Vollidioten vor seinem Wohnhaus gestanden hatten, um ihm eine weitere Botschaft zu hinterlassen. Er fotografierte vom Fenster aus die Schmiererei, stellte die Fotos digital in den gemeinsamen Ermittlungsordner der Soko Video und beauftragte die Stadt, umgehend Beseitigungsmaßnahmen zu ergreifen. Anschließend fuhr er zum Präsidium.

Wie sich herausstellte, hatte Laura Kunst Urlaub und würde erst am Dienstag zurück sein. Die Geschäftsbereichsleitung von Frau Kunst hatte sich bereit erklärt, die private Nummer ihrer Angestellten herauszugeben. Auf Nachfrage, worum es sich handelte, blockte Emine ab. Sie versuchte anschließend, Frau Kunst per Handy zu kontaktieren. Leider ohne Erfolg. Es sprang lediglich die Mailbox an.

Den restlichen Tag verbrachte Albert damit, Alex und den zwei Damen dabei zuzusehen, wie sie die Mordvideos von Simon Fietz und Bettina Kemper wieder und wieder durch Programme laufen ließen, deren Namen er nicht einmal auszusprechen vermochte. Es dauerte nicht allzu lang, da wurde er von Alex hinauskomplimentiert und gebeten, sie in Ruhe zu lassen. Widerwillig kam er diesem Wunsch nach. Später gesellte er sich zu Tarek und Emine, die dabei waren, den Hersteller des Lenovo Legion Slim 7i-Laptops zu kontaktieren, um zu erfragen, wer dieses Modell im letzten halben Jahr im Umkreis erworben hatte. Das Ergebnis war – wie Albert es erwartet hatte – niederschmetternd. Zigtausende Modelle waren bereits verkauft worden. Und das nur in dieser Region. Die meisten davon an Firmen, die ihre Angestellten damit ausstatteten. Aber auch unzählige Modelle waren über Großhändler wie MediaMarkt oder Saturn veräußert worden. Nur die wenigsten kauften dieses Modell direkt beim Hersteller. Dennoch wurden ihnen unkompliziert die Verkaufslisten überlassen, die Tarek und Emine den ganzen Tag mit Namen aus der Kriminaldatenbank abglichen. Auch hier musste Albert widerwillig hinnehmen, dass er überflüssig war. Wo waren die guten alten Zeiten hin? Fingerabdrücke am Tatort, klare Motive, analoge Ermittlungsarbeiten, Zeugenvernehmungen und Verhaftungen. Nicht dieser Scheiß im Internet, den ein altes auslaufendes Schiff nicht mehr richtig greifen konnte. Vielleicht war es für ihn einfach an der Zeit, seinen Hut zu nehmen und die Jüngeren machen zu lassen. Um nicht ganz nutzlos zu erscheinen, rief Albert die Eltern der bei dem Brand umgekommenen Jungen an.

Eine junge Frau ging ans Telefon und stellte sich als die Schwester des verbrannten Jungen vor. »Nein, unsere Familie konnte nie damit abschließen. … Meine Mutter leidet unter Demenz, und mein Vater ist gerade bei seiner wöchentlichen Chemotherapie. Nierenkrebs. Ansonsten lebt er in einer Palliativeinrichtung. Meine Mutter lebt bei ihrer Schwester. … Nein, Die Eltern des anderen Jungen werden Sie nicht erreichen. Die sind 2012 zurück in die Mongolei gezogen. Ich selbst lebe in Frankfurt und bin vor zwei Tagen erst aus Kanada zurückgekehrt. Wenn Sie wünschen, bestätigt mein Arbeitgeber Ihnen das. Ich bin Unternehmensberaterin.«

Sackgasse. Wie Albert es vorausgeahnt hatte. Dennoch ließ er sich das schriftliche Alibi der Schwester, die Diagnoseunterlagen der Eltern und die Einwohnermeldeamtsabmeldung der Eltern des anderen toten Jungen zukommen, um diese Informationen in der Ermittlungsakte zu speichern.

Am Abend – Albert saß im Koschinski und zögerte noch, ein alkoholfreies Bier zu bestellen – informierte Emine ihn per Kurznachricht, dass ihre Suche auch ergebnislos und dieser Ermittlungsansatz ebenso eine Sackgasse war.

»Ach nee.« Albert steckte das Handy weg und bestellte sich das alkoholfreie Bier mit einem Glas Rotwein dazu.

Er suchte die Nummer von Marie in seinem Telefonbuch und zögerte, auf die grüne Symboltaste zu drücken. So blieb er lange Zeit sitzen.

Zwei Stunden später verließ er das Lokal, holte sich einen großen Döner aus einer Pizzeria, die er ebenso widerlich wie unwiderstehlich fand, und ging nach Hause, auch wenn er sich konzentrieren musste, möglichst gerade zu gehen. Im Treppenflur begegnete er Gretchen, die ebenfalls ein wenig angeschickert wirkte.

»Albert, mein Lieber, du siehst scheiße aus«, sagte sie zur Begrüßung.

»Ich danke dir. Du siehst wie immer toll aus.« Das war nicht gelogen. »Wo kommst du denn her?«

Gretchen wirkte verlegen, fast ertappt. »Ich war erst bei Jakob, später beim See.«

Beim See war der Kosename für eine Gartenlaube, die in der Nähe der Ems stand. Sie gehörte Gretchens Bruder, der die meiste Zeit im Jahr auf einer Ölbohrinsel in der Nordsee verbrachte. Gretchen und ihre Freunde, die Zugang zur Gartenlaube hatten, hatten hier schon unzählige Male gefeiert. Geburtstage, Silvesterabende, Einfach-so-Partys. Vieles war hier schon passiert, und an das meiste erinnerte sie sich laut ihren Aussagen nicht mehr. Wie Gretchen immer sagte, waren diese goldenen Zeiten leider vorbei, und die meisten Feierlichkeiten fanden nur noch auf einem Sofa statt.

»Alles in Ordnung?«, fragte er.

»Ich wollte am See Beete anlegen, weil ich schon immer gern frisches Gemüse mag. Ernte aus der eigenen Saat und so. Jakob wollte mir dafür eine Gartenpumpe leihen, aber … mir kam etwas dazwischen.«

Gretchen hatte eine Affinität für Dinge, die wuchsen und die man als Lebensmittel verwenden konnte. Und weil sie keinen eigenen Garten hatte, sondern nur einen schmalen Balkon, lebte sie ihre Gartenträume eben woanders aus. Albert fragte nicht nach, warum es nicht auch Salat aus dem Supermarkt täte. Ihm wäre das viel zu aufwendig gewesen. Es lag etwas anderes in ihrer Stimme, was seine Aufmerksamkeit erregte.

»Was ist denn wirklich los, hm?«

Sie zögerte kurz, wollte etwas sagen, dann doch nicht, überlegte es sich wieder anders und sprudelte los. »Erinnerst du dich an den Techniker? Der wegen des Internets hier war?«

Albert erinnerte sich. Dieser unhöfliche Typ im Blaumann war ihm im Treppenhaus entgegengekommen.

»Was ist mit dem?«

»Ich glaube, der verfolgt mich. Vielleicht bin ich auch paranoid, doch irgendwie … Der ist unheimlich.«

»Was hat er denn genau gemacht?«

»Er war ein paarmal hier in der Straße zu sehen. Kann ja auch normal sein, schließlich braucht jeder Mensch Internet. Später bin ich ihm im Einkaufsladen begegnet, ein anderes Mal auf dem Parkplatz vom Fitnessstudio und … Ach, vergiss es.«

»Nein, wenn du dich bedroht fühlst …«

»Ich fühle mich nicht bedroht! Albert, ich bin müde. Ich hätte nicht davon anfangen sollen. Mach dir keine Sorgen. Sollte ich weiterhin das Gefühl haben, da stimmt etwas nicht, sage ich es dir, okay? Und kannst du mir Geld leihen? Ich bestelle mir nachher etwas zu essen.«

Albert öffnete sein Portemonnaie und gab ihr einen Zwanziger.

»Danke.«

Sie ging nach oben, ohne auf Albert zu warten. So hatte er seine Nachbarin selten erlebt.

»Okay, ich bin immer da, das weißt du ja«, rief er ihr noch nach. Er hörte, wie die Tür ihrer Wohnung zufiel, und blieb verwirrt zurück.

 

Am Dienstag erwachte Albert mit einem gewissen Stolz, weil er es geschafft hatte, nach dem Besuch im Koschinski nichts mehr zu trinken. Dennoch hatte er einen trockenen Mund und fühlte sich elend. Dies war aber nichts, was eine Ibuprofen und zwei Glas Wasser nicht wieder in den Griff bekamen. Mit Genugtuung stellte er fest, als er mit einer Tasse Kaffee an seinem Fenster stand, dass der Reinigungsdienst der Stadt bereits ganze Arbeit geleistet und den gesprayten Jupiter entfernt hatte. Er ging zum Bad, duschte, zog sich neue Kleidung an und verließ seine Wohnung. Kurz dachte er darüber nach, bei Gretchen zu klopfen, entschied sich letztlich doch dagegen. Sie würde schon zu ihm kommen, wenn sie wirklich seine Hilfe brauchte. Sie war tough und stolz. Er würde sie sicher nur nerven oder kränken, wenn er sie bedrängte.

Unten angekommen, schien ihm die Sonne ins Gesicht. Die grauen Wolken hatten sich zum größten Teil verzogen. Mit schnellen Schritten ging er in die Innenstadt und besorgte sich unterwegs zwei belegte Brötchen, außerdem wählte er einen Cappuccino ohne Zucker und setzte sich in Bewegung, um zur Dienststelle zu laufen. Sein Wagen war immer noch in der Werkstatt. Albert vermutete jedoch, dass er ihn heute im Laufe des Tages würde abholen können.

Sein Handy vibrierte in der Innentasche seiner Jacke, und ohne nachzusehen, wer ihn anrief, wusste er, dass es Emine sein musste.

Sie war es.

»Guten Morgen, Emine.«

»Hi, Albert, du musst …«

Er wusste sofort, weswegen sie ihn anrief. Sein Becher mit Cappuccino klatschte in dem Moment auf den Boden, als er das iPad zweier Jugendlicher sah, die auf einer Parkbank lungerten und vermutlich die erste Schulstunde schwänzten. Er drückte Emine weg und rannte auf die beiden Kids zu. Diese wollten gerade abhauen, nachdem sie Albert erspäht hatten, doch er konnte den mit dem iPad im letzten Moment an der Kapuze festhalten.

»Polizei. Keine Sorge, ich will nichts von euch. Schalt das Ding wieder an.«

Der Junge gehorchte protestierend und gab seine PIN ein, um den Bildschirm zu entsperren.

»Hey, Mann. Ich hab damit nichts zu tun«, meinte der Kleine, aber Albert ignorierte ihn, griff das iPad und setzte sich auf die nun freie Bank, während der Junge nicht wusste, ob er nun weglaufen und schmollend stehen bleiben sollte. Er entschied sich für Letzteres und blickte Albert über die Schulter.

»Wie bei den anderen Videos«, meinte der Schulschwänzer und deutete auf den unteren Bildschirmrand.

Albert drehte sich zur Seite, sodass der Junge nichts mehr sehen konnte. »Das ist nicht für deine Augen bestimmt. Geh ein paar Schritte zurück oder ich bring dich persönlich in die Schule.«

Er sah die üblichen Botschaften. Ein Auge mit der Überschrift Viewer (28.109 und weiter steigend), eine E-Mail-Adresse (Pay2@Kill.tv) und ein Eurozeichen (26.288,25 Euro und weiter steigend). Neben der Geldsumme stand in roter Schrift 100.000 Euro . Ein Schriftzug erschien und kündigte den Text an, den Albert auch schon kannte.

Erreichen wir die 100.000 Euro, wird dieser böse Mann sterben. Er ist ein böser Mann, der den Tod verdient hat.

 

Mit zwei Fingern zoomte er näher an den Mann heran, der offensichtlich in einer Art Glasgefängnis innerhalb des bereits bekannten Mordraumes saß. Albert erkannte die Umgebung wieder. Auch Fietz und Kemper waren dort ermordet worden. Die Hände und Füße des Mannes waren gefesselt, der Mund war jedoch frei. Der Kerl wirkte ganz leicht südländisch, hatte schwarze Haare und buschige Augenbrauen. Außerdem besaß er unnatürlich lange Extremitäten. Das war zu erkennen, obwohl er gefesselt war. Albert erhöhte die Lautstärke des iPads, aber wieder war nur dieses verzerrte und schreckliche Audiosignal zu hören, das die Schreie des gefesselten Mannes in schlumpfartige Töne umwandelte.

»Das ist eine Art Becken. Ein Aquarium oder so«, meinte der Junge hinter ihm, der sich unbemerkt wieder angeschlichen hatte. Doch dieses Mal tadelte ihn Albert nicht, weil er ganz andere Sorgen hatte.

Albert drückte die Wahlwiederholungstaste seines Handys und hörte Emines Stimme. »Siehst du es dir an?«, fragte Emine umgehend.

»Ja, ich habe das iPad eines Schülers. Seit wann ist es online?«

»Seit etwa fünfundvierzig Minuten.«

Eine Dreiviertelstunde, und bereits jetzt war fast ein Drittel des Geldbetrages zusammengekommen. Eigenartigerweise verfiel Albert nicht mehr in diesen hellen Aufruhr, den er noch bei den ersten beiden Opfern an den Tag gelegt hatte.

»Ein Hinweis, wer der Mann ist?«, wollte er wissen. Im Hintergrund hörte er Tareks und Dirks Stimme. Sie waren also schon im Präsidium.

»Keinen. Viele Notrufe gehen landesweit ein. Alle wollen uns mitteilen, dass wieder so ein Video die Runde macht.«

»Dieses Mal werden wir keinen Aufruf starten, dass sich die Leute das Video nicht ansehen sollen.« Albert blickte auf die Euroanzeige (35.036,50 Euro). »Auch wenn es nichts bringen mag. Es scheint ein Becken zu sein. Glas- oder Plexiglaswände«, stellte Albert fest.

»Richtig. Meinen wir auch. Siehst du den breiten Zulauf an der rechten Seite?«, fragte Emine.

Albert zoomte die Konstruktion mit seinen Fingern näher heran. Das Bild wurde dadurch zwar etwas unschärfer, aber er konnte einen dunkelblauen Schlauch erkennen, der über den Rand des Aquariums hing.

»Da wird Wasser in das Becken gepumpt«, sagte Emine.

Das stimmte. Ein leichtes Rinnsal, das, so vermutete es Albert, zu einem immer stärkeren Strahl hin anwuchs, je mehr Geld über das Darknet an die Mailadresse geschickt wurde.

»Albert?«

»Ja?« Er wusste, was Emine sagen wollte.

»Wir haben keine Chance, um einzugreifen. Der Mann, wer auch immer er sein mag, wird ertrinken.«

Ja, damit hatte sie recht. Natürlich würde Alex wieder alle Register ziehen, um die Signalquelle des Urhebers dieser Perversion ausfindig zu machen, aber wie bei Simon Fietz und Bettina Kemper würde dies ins Leere laufen.

Albert saß einfach nur da und starrte auf das Display. Er ignorierte den Schüler neben sich, der feststellte, dass sich das Aquarium schnell füllte, und beobachtete wütend, wie der Geldbetrag anstieg. Der Darknetkiller würde, sollten sie ihn denn jemals fassen, für die Morde ins Gefängnis wandern. Letztlich waren es die Zuschauer vor den Bildschirmen, die Menschen, die das Video in den sozialen Netzwerken teilten, die Ratten, die tatsächlich Geld überwiesen, diejenigen, die den Mord verübten. Wie krank konnte eine Gesellschaft sein? Emine berichtete ihm, dass zwar Zigtausende Menschen unter dem Hashtag #stopwatchingthisshit dazu aufriefen, dem Video keine Beachtung zu schenken. Aber was nützt das, wenn fünf, zehn, oder zwanzig Prozent der Menschheit verdorben waren? Konnte eine Gesellschaft das aushalten? Und wie viele teilten wohl diesen Hashtag für das Gewissen und für die Außendarstellung, um doch heimlich zuzusehen, wie dieser arme Kerl dort live und in Farbe ertrank?

Albert legte auf und steckte sein Handy wieder in die Tasche. Das Wasser, das durch den Schlauch ins Becken lief, war mittlerweile von einem Rinnsal zu einem breiten, gewaltigen Strahl herangewachsen. Das Wasser stand dem Opfer erst bis zu den Knien, dann bis zur Hüfte und schließlich bis zum Hals. Stuhl samt Unterkörper befanden sich jetzt unterhalb der Wasserlinie. Die hunderttausend Euro wurden in den nächsten zwanzig Minuten erreicht, und ein digitales Feuerwerk wurde in das Livevideo projiziert. Kurz nachdem das Wasser Mund und Nase umspülte und das schlumpfartige Kreischen des Mannes verstummte, klingelte Alberts Handy erneut. Es war Dr. Schnittker, der sich meldete.

»Ja?«

»Hallo, Herr Zeiler. Ich habe beunruhigende Neuigkeiten.«

Während der Gerichtsmediziner sprach, lief in farbigen Lettern der Banner

Erik bedankt sich

 

über das Video und das Bild wurde schwarz.

 

Erik stand hinter der Kamera und trennte die sichere Verbindung über das Darknet. Seine Firewall zeigte ihm, das international versucht wurde, diesen Aufenthaltsort zu ermitteln, doch alles verlief sich über Dutzende Server auf dem gesamten Globus. Zufrieden klappte er den Laptop zu, löste das Netzwerkkabel und beobachtete noch, wie der Körper von Aaron dreimal zuckte, bevor auch das letzte bisschen Leben seinem Körper entwichen war.

Erik war dennoch beunruhigt. Irgendwann würde ein zweiter Justus oder eine ganze Armada von Hackern auf diese Morde aufmerksam werden. Es war nicht auszuschließen, dass man ihn doch aufspüren könnte. Das hatte Justus alias Jupiter eindrucksvoll unter Beweis gestellt, auch wenn er ihn abgewehrt hatte, noch bevor Justus ihm hatte Schaden zufügen können.

Jetzt waren seine drei Ziele ausgeschaltet, und Erik musste nur noch ein letztes Mal töten.