KAPITEL 23

Benjamin

Feine Abendessen, Auszeichnungs­zeremonien, Wohltätigkeits­veranstaltungen, Opern … in meinem Leben habe ich sie alle schon besucht. Es war mir ein Leichtes, einen Smoking oder Anzug anzuziehen und zu einem niveauvollen Abend aufzubrechen.

Für Elena ist das ein wenig anders. Sie stammt aus einer Arbeiterfamilie, ist eine alleinstehende Frau, die ihr eigenes Unternehmen leitet und ein bescheidenes Leben führt. Sie hat das Pech, eine beste Freundin zu haben, die durch ihre Heirat Reichtum und einen neuen Lebensstil bekommen hat und zu ihrem Entsetzen wollte, dass auch sie Teil dieses Lebens wird.

Ich hatte nach Henderson fahren und Elena abholen wollen, aber sie sagte, es wäre albern, weil wir geplant hatten, nach der Veranstaltung in meiner neuen Wohnung zu übernachten. Also ist sie zu mir gefahren. Es beleidigte meine Manieren als Gentleman, aber ich weiß nicht warum. Wir sind doch bloß Freunde mit Vorzügen. Es ist nichts verkehrt daran, dass Elena mit dem Auto zu mir kommt, um mich zu treffen, damit ich sie zu einer Abendveranstaltung begleiten kann, oder?

Ich beschließe, auf dem Parkplatz vor meiner Wohnung auf sie zu warten, anstatt sie hereinzubitten. Wenn sie reinkommt, besteht die Möglichkeit, dass ich sie nicht gehen lasse, und dann werden wir die Gala verpassen.

Sie enttäuscht mich nicht, als sie aus ihrem kleinen Wagen aussteigt, der beinahe schon einhunderttausend Kilometer auf dem Tacho hat. Ihr trägerloses, elfenbeinfarbenes Cocktailkleid ist unglaublich elegant, wobei ihr der weich fallende Stoff fast bis zu den Knöcheln geht. Der einzige Schmuck, den sie trägt, besteht aus einem Paar Perlenohrringen und ich wünschte, ich hätte eine Perlenkette, um sie ihr um den Hals zu legen. Sie würde das Kleid und ihre Hautfarbe wunderbar ergänzen und außerdem mein Bedürfnis unterstreichen, mich zusammenzureißen und zu akzeptieren, dass das mit uns mehr ist als eine Freundschaft mit Vorzügen.

Ich gehe auf sie zu und mein Gehstock klappert auf dem Gehsteig aus Beton. Zum ersten Mal, seit ich Elena getroffen habe, fühle ich mich ein wenig unsicher. Davor hat es mich nicht im Geringsten interessiert, was die Leute denken, weil ich nicht versucht habe, irgendjemanden zu beeindrucken.

Aber jetzt frage ich mich, ob Elena denkt, dass ich dadurch weniger männlich wirke. Sie hat nie irgendetwas gesagt. Sie sieht nicht einmal zu meinem Stock, wenn wir nebeneinander hergehen. Sie lässt sich von den Narben an meinem Bein nicht abschrecken, nimmt sich sogar die Zeit, liebevoll darüber zu streichen, wenn sie meinen Schwanz lutscht.

Sie spricht zuerst, als wir voreinander stehen. »Du bist ja attraktiv.«

»Ich musste mir doch Mühe geben, damit ich rechtmäßig und mit hocherhobenem Kopf neben dir stehen kann«, antworte ich charmant und betrachte mir ihr Kleid ein zweites Mal. »Du siehst umwerfend aus.«

Ich bin zufrieden, als Elena bei meinem Kompliment rot wird, weil es meine Unsicherheit zu verjagen scheint. Ich halte ihr den Arm hin und sie kommt an meine Seite, um sich einzuhaken. Sie drückt sogar zum Spaß ihre Hüfte zur Seite und stupst mich damit an. »Wir geben ein gut aussehendes Paar ab, so viel ist schon mal sicher.«

Ja, das tun wir.

Ich führe Elena zu meinem Audi, helfe ihr auf den Beifahrersitz und spüre ihren schweren Blick auf mir lasten, als ich vorn um den Wagen zur Fahrerseite gehe.

Als ich einsteige, dreht sie sich auf ihrem Sitz zu mir und legt mir die Hand aufs Knie. »Danke noch mal, dass du mich begleitest.«

Ich lächele sie an und starte den Motor. »Der Abend hat gerade erst begonnen, aber ich kann schon jetzt mit Überzeugung sagen, dass es mir ein Vergnügen ist.«

»Warum bereitet mir die Elite von Las Vegas bloß Angstzustände?«, fragt Elena durch zusammengepresste Zähne, als wir nebeneinanderstehen und an unseren Getränken nippen. Sie trinkt Wein und ich Bourbon, auch wenn ich nicht mehr als zwei trinken kann, weil ich fahre. Normalerweise würde es mich nicht interessieren, wenn ich meinen Alkoholpegel überschreite und mir einfach ein Taxi nach Hause nehme, aber aus irgendeinem Grund sagt mir das nicht zu.

Ich habe das Gefühl, dass es irgendwie erfüllend sein wird, wenn ich Elena am Ende dieses Abends in meinem Wagen zu meinem neuen Zuhause fahre und einfach zugebe, dass es sich hierbei um eine ernsthafte Verabredung handelt. Ich kann nicht ständig alles überanalysieren und beschließe, mich einfach treiben zu lassen.

»Als ein ehemaliges Mitglied des Clubs der Angstzustände«, sage ich trocken, als ich mich umblicke, »glaube ich, dass der Grund dafür in ihrer Unnahbarkeit liegt. Diese Leute sind so sehr mit sich selbst beschäftigt.«

Elenas Lachen ist hell und fröhlich. »Ich bin froh, dass du deine Mitgliedschaft gekündigt hast.«

Es stimmt, ich bin kein Mitglied des Führungskreises mehr. Ich habe die Mitgliedschaft für den Country Club auslaufen lassen, ich spiele mit den »Jungs« nicht mehr Golf und meine gesellschaftlichen Verbindungen sind verschwunden, weil ich kein Interesse mehr daran hatte. Dinnerpartys zu veranstalten war mehr Aprils Ding gewesen, deswegen vermisse ich es auch kein bisschen.

Vielleicht das Golfspielen. Das habe ich wirklich gern gemacht.

»Ich kann mir vorstellen, dass es schwierig war zuzusehen, wie Jorie in diese Welt eingetreten ist«, sage ich.

Sie reckt ihr Kinn in die Höhe, blickt mir in die Augen und zuckt mit den Schultern. »Sie ist immer noch die alte Jorie. Und Walsh ist super, aber wenn du ein Mitglied dieser Gesellschaftsebene bist, musst du dich an die Spielregeln dieser Leute halten. Ich verstehe das. Walsh macht mit den meisten von ihnen Geschäfte und eine Hand wäscht nun mal die andere.«

Das stimmt. Die meisten dieser gesellschaftlichen Veranstaltungen sind bloß ein Deckmantel für die echten Geschäfte, die die Elite von Las Vegas untereinander abschließt.

»Wie stellst du dir ein nettes soziales Zusammensein vor?«, frage ich Elena, weil ich bisher nur über sie weiß, dass Jorie ihre beste Freundin ist. Über ihre anderen Freunde weiß ich so gut wie nichts.

»Grillen im Garten«, antwortet sie, ohne zu zögern und mit einem Grinsen im Gesicht, als erinnerte sie sich gerade in diesem Moment an solch eine Party. Ihre Stimme ist ein wenig verträumt. »Rippchen, Burger, Hotdogs auf dem Grill. Kaltes Bier. Laute Musik. Kinder, die durch den Gartensprinkler laufen, um sich an einem heißen Tag abzukühlen.«

Ich kann es vor mir sehen. Elena trägt abgeschnittene Shorts und vielleicht ein Bikinioberteil, denn ich stelle sie mir immerzu sexy vor. Sie unterhält sich und lacht mit ihrer Familie und ihren Freunden. Sie läuft mit den Kindern durch den Sprinkler, denn warum sollte sie auch nicht? Sie ist lustig, temperamentvoll und hat keine Angst, albern zu sein.

April hätte so etwas nie gemacht und ich bekomme sofort Schuldgefühle, weil ich die beiden miteinander vergleiche. Ich denke nicht sehr oft daran, hauptsächlich deswegen, weil ich April immer weggeschlossen und in die hinterste Ecke meines Kopfes verbannt hatte.

Aber es stimmt. April hätte sich ein hübsches Sommerkleid angezogen, Haare und Make-up perfekt zurechtgemacht und es hätte ihr gereicht, den Kindern dabei zuzusehen, wie sie nass werden und lachen. Aber mitgemacht hätte sie nie.

»Was ist mit dir?«, fragt sie und reißt mich damit aus meinen Gedanken. Ich blinzele und nippe kurz an meinem Bourbon, damit ich den Geschmack genießen kann und nicht die Wirkung.

Ich erinnere mich an noch etwas und muss unfreiwillig lächeln. »Als ich ein Kind war, haben meine Eltern ständig im Garten gegrillt. Aber sie haben immer nur Hähnchenflügel gemacht. Mein Vater war verrückt danach und meine Mutter war ausgesprochen gut darin, sie zuzubereiten. Diese Grillpartys waren nie etwas Besonderes – es kamen nur ein paar Freunde vorbei –, aber ich kann immer noch diese Flügel riechen, wie sie auf dem Grill schmoren.«

»Sind Kinder durch Gartensprinkler gelaufen?«, fragt sie mit glänzenden Augen.

»Wir hatten ein Schwimmbecken«, sage ich lachend. »Wir sind alle geschwommen.«

»Wie elitär du warst«, sagt sie scherzhaft. »Aber es klingt, als hätte es großen Spaß gemacht.«

»Das hat es.« Ich erinnere mich gern daran zurück und mir wird klar … ich habe es mir nicht gestattet, mich auf jegliche Erinnerungen zu konzentrieren, meine Kindheit eingeschlossen. Ich habe alles aus der Vergangenheit von mir weggeschoben, nicht nur die Menschen, die April und Cassidy nahestanden.

Plötzlich überkommt mich Sehnsucht nach meiner Mutter. Sie ist so intensiv, dass mein verletztes Bein anfängt, vor Schwäche ein wenig zu zittern. Ich packe den Griff meines Gehstocks und stütze mich ein wenig mehr darauf ab.

Vor dem Unfall verstand ich mich mit meiner Mutter ausgesprochen gut. Ich war ein vollkommenes Muttersöhnchen. Und mein älterer Bruder übrigens auch. Wir liebten beide unseren Vater ebenfalls, aber es war immer unsere Mutter, an die wir uns wandten, wenn es uns schlecht ging.

Sie war diejenige, die im Krankenhaus nicht von meiner Seite gewichen ist.

Sie war diejenige, die mir von April und Cassidy erzählt hat.

Sie sprach mit meinen Ärzten, bezahlte meine privaten Rechnungen für mich und organisierte dann die Beerdigungen. Sie tat all das, während ich systematisch meine Gefühle herunterfuhr, was ebenfalls bedeutete, dass ich sie von mir wegstieß.

Sie kümmerte sich um mich, während ich ihr im Gegenzug nichts anbot, und die Reue darüber ist unheimlich schmerzhaft.

Nachdem ich mich genügend erholt hatte, um mich wieder selbst um meine Angelegenheiten kümmern zu können, kehrte sie nach Michigan zurück, weil ich darauf bestand. Sie respektierte, dass ich meinen eigenen Raum brauchte, auch wenn ihr die Art nicht gefiel, wie ich sie weggestoßen habe.

Dennoch hat sie mich nie aufgegeben. Sie hat immer angerufen und SMS geschrieben, und wenn ich nicht geantwortet oder reagiert habe, hat sie mich einfach in Ruhe gelassen und es am nächsten Tag wieder versucht. Ihre Hartnäckigkeit ist mir nie auf die Nerven gegangen, weil ich verstand, dass es außerhalb ihrer Kontrolle lag. Es war nicht fair, als ich ihr sagte, sie solle aufhören, sich wie meine Mutter zu verhalten. Und wenn sie verärgert oder verletzt darüber war, dass ich mich weigerte, mich wie ein liebender Sohn zu benehmen, dann hat sie es mich nie merken lassen.

Ich sollte sie anrufen. Aus heiterem Himmel und aus keinem anderen Grund, als ihre Stimme zu hören. Ich kann mich nicht daran erinnern, wann ich es zum letzten Mal getan habe, weil ich mich während des vergangenen Jahres wie ein egoistisches Arschloch benommen habe, das sich nur um sich selbst sorgt.

Ich mache mir eine geistige Notiz, dass meine Mom morgen früh als Nächstes auf meiner Prioritätenliste steht, gleich nachdem Elena gegangen ist. Es wird ein Schritt sein, den ich gehen kann, um auch diese Beziehung zu reparieren.

»Elena«, reißt mich eine aufgeregte Frauenstimme aus meinen Gedanken. Ich drehe mich um und sehe Jorie und Walsh auf uns zukommen.

Die Frauen nehmen sich fest in den Arm und schaukeln dabei leicht vor und zurück. An ihren Gesichtern ist deutlich zu erkennen, dass sie sich unheimlich nahestehen. In der vergangenen Woche hat Elena mir ein wenig mehr über ihre Freundschaft erzählt, die bis in ihre Kindheit zurückreicht. Elena hatte Jorie damals bei sich aufgenommen, als ihre erste Ehe in die Brüche ging, und ist ebenfalls diejenige, die sie in das Wicked Horse eingeführt hat.

Wenn ich mir Walsh und Jorie jetzt anschaue, fällt es mir schwer zu glauben, dass sie dort Mitglieder sind. Oder Mitglieder waren. Elena hat mir erzählt, dass sie den Club nicht mehr besuchen.

Was ich irgendwie verstehen kann. Ich bin ebenfalls nur ins Wicked Horse gegangen, um eine bestimmte Absicht zu verfolgen.

Ein Gefühl zu haben.

Das habe ich jetzt mit Elena. Ich brauche das Drumherum eines Sex-Clubs nicht, um es zu erleben, auch wenn ich zugeben muss, dass es mir immer noch großen Spaß macht, mit ihr dorthin zu gehen.

»Benjamin«, begrüßt Walsh mich mit einem breiten Lächeln und streckt mir die Hand entgegen. Geschickt verlagere ich das Gewicht auf mein schwächeres linkes Bein, schiebe mir den Stock unter den Arm und wechsele mein Getränk von der rechten in die linke Hand. Mit der rechten ergreife ich seine und drücke beherzt zu.

»Schön, dich zu sehen«, antworte ich und hebe leicht mein Glas. »Gratulation zu der Auszeichnung.«

Walsh schnaubt. »Du weißt ganz genau, dass ich mir aus dem Zeug nichts mache, Mann.«

Ich muss unfreiwillig lachen, denn ja … auch wenn Walsh das Spielchen mitspielt, weiß ich dennoch, dass es ihm keinen großen Spaß macht, mit der Vegas-Elite Zeit zu verbringen. Es geht ihm nur ums Geschäft.

Jorie und Elena fangen an, sich zu unterhalten, entfernen sich dafür sogar einige Schritte von uns. Mir gefällt der Abstand zwischen uns nicht und ich frage mich, warum das so ist. Weil es bedeutet, dass ich jetzt gezwungen bin, mich mit Walsh zu unterhalten, oder weil ich sie gern in meiner Nähe habe?

Ganz egal, Walsh gibt mir keine Möglichkeit, noch weiter darüber nachzudenken. »Hast du Lust auf eine Runde Golf nächstes Wochenende?«

Ich blinzele überrascht. Seit dem Unfall habe ich kein Golf mehr gespielt, geschweige denn, es in Betracht gezogen. Mir fällt schnell eine Entschuldigung ein. »Ich bin vollkommen aus der Übung. Ich würde dich nur aufhalten.«

»Früher oder später wirst du sowieso wieder damit anfangen müssen«, antwortet er und sieht mir fest in die Augen, bevor er den Blick kurz zu meinem linken Bein wandern lässt. »Es sei denn, dieses Ding behindert dich.«

Einige wären beleidigt, aber mir gefällt, dass er das Thema offen anspricht. Ich betrachte mir mein Bein, während der Stock sich immer noch unter meinem Arm befindet, bevor ich wieder zu ihm schaue. »Wahrscheinlich nicht. Ich meine … ich benutze ihn hauptsächlich, um das Bein zu entlasten und die Schmerzen zu lindern, damit ich keine Medikamente nehmen muss. Ich habe mich mittlerweile daran gewöhnt.«

»Dann wirf dir ein paar Paracetamol ein und los geht’s«, entgegnet er und seine Stimme lässt erkennen, dass er kein Nein als Antwort akzeptieren wird.

»Okay«, sage ich aus der Laune heraus. Ich meine, warum zum Teufel eigentlich nicht? Ich mag Walsh und würde gern wieder anfangen, Golf zu spielen. Hinterher werden mir vermutlich alle Knochen wehtun, doch was soll’s. »Aber wie wäre es, wenn wir erst einmal mit neun Löchern anfangen?«

»Meinetwegen«, antwortet Walsh lachend und sieht kurz zu Jorie und Elena hinüber. »Ich weiß, du hast eine Menge durchgemacht. Elena ist ein starkes Mädchen, aber du musst vorsichtig mit ihr sein.«

Ich zucke überrascht zusammen und stelle meinen Gehstock wieder auf den Boden, um mich darauf abzustützen. Für mich fühlt es sich so einfach natürlicher an.

Ich studiere Walshs Gesichtsausdruck, während er immer noch zu den Frauen blickt. Ein höfliches Lächeln begleitet die Worte, die in ihrer Aussage eindeutig sind.

»Du brauchst dir keine Sorgen zu machen, dass ich ihr das Herz brechen werde, wenn es das ist, was du meinst.« Ich trinke einen Schluck von meinem Bourbon. »Elena und ich sind uns einig. Wir wollen beide keine tiefgehende Beziehung. Wir haben uns sogar ausführlich darüber unterhalten.«

Walsh wendet sich wieder zu mir und lächelt mich listig an. »Und genau deshalb musst du vorsichtig sein. Allein die Tatsache, dass ihr darüber sprechen müsst, sagt mir, dass es zu einem Problem werden könnte. Und ich weiß, was für eine tolle Frau Elena ist. Es könnte zu einem sehr großen Problem für dich werden.«

»Das brauchst du mir nicht zu sagen«, murmele ich und betrachte mir ihre Schönheit, während sie sich mit Jorie unterhält. Ich kann scheinbar nie genug davon bekommen, sie anzusehen. »Das habe ich schon ganz alleine herausgefunden.«

»Mach dir einfach nur nichts vor, Benjamin«, sagt Walsh und geht dann auf Jorie zu. Ein letztes Mal sieht er mich ein wenig länger als notwendig an, damit seine Worte Wirkung zeigen. Dann lächelt er. »Wir sehen uns auf dem Platz – Samstag, okay?«

Nachdem ich genickt habe, entfernen Walsh und Jorie sich, um sich mit den anderen Gästen zu unterhalten.

Elena kommt an meine Seite und lächelt mir aufmunternd zu. »Das wirkte nicht allzu schlimm.«

»Ach ja?«, antworte ich mit leicht sarkastischem Unterton. »Er hat sich nämlich ungefragt in meine Angelegenheiten eingemischt.«

»Mein armes Baby«, sagt sie übertrieben albern und ich lache.

»Er will mit mir Golf spielen gehen und ich denke, ich werde es mal probieren«, sage ich ausdruckslos.

»Oh, das ist wunderbar!«, antwortet sie mit einem strahlenden Lächeln.

»Er ist ebenfalls der Meinung, dass wir beide uns etwas vormachen«, sage ich.

Ihr Lächeln verschwindet und sie legt verwirrt den Kopf schief.

»Damit, dass es uns beiden nur um Sex geht«, erkläre ich. »Dass zwischen uns nicht mehr ist.«

Elena macht eine abweisende Geste. »Also, das stimmt ja einfach nicht. Wir haben beschlossen, Freunde mit Vorzügen zu sein.«

»Zwischen uns ist mehr als das, und das weißt du auch«, entgegne ich und bin selbst schockiert über mein plötzliches Zugeständnis.

Elena bekommt große Augen. »Ist das so?«

Ich seufze und werde wieder unsicher. »Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass es mehr als Sex ist und mehr als nur eine Freundschaft. Aber ich habe keine Ahnung, was genau das bedeutet. Hast du irgendwelche geistreichen Gedanken?«

Grinsend schüttelt Elena den Kopf. »Das klingt in etwa richtig, aber ich weiß auch nicht, was es zu bedeuten hat.«

»Großartig«, murmele ich dramatisch, trinke noch einen kleinen Schluck von meinem Bourbon und wieder nur, um den Geschmack zu genießen. »Wir sind beide vollkommen ahnungslos.«

»Wir sind durcheinander, aber wenigstens scharf.« Sie lacht, hakt sich bei mir ein und lehnt sich ein wenig an mich.

Ich gleiche den zusätzlichen Druck nicht dadurch aus, dass ich mich mehr auf meinen Sock stütze. Stattdessen nehme ich ihr gesamtes Gewicht und halte es, ohne darüber nachzudenken, ob ich dazu überhaupt fähig bin.