Gute Ernte für Oma Krumpfling

Oma Krumpfling hatte schon seit ein paar Jahren Probleme mit den Knien und konnte nicht mehr so gut hopsen. Deswegen brauchte sie ziemlich lange, um aus dem Keller zu kommen. Schon auf der ersten Stufe der Kellertreppe holte der schleimige Schorschi sie ein, was er gleich bereute. Denn nun musste er Oma Stufe für Stufe mühevoll hinaufhieven.

Im Garten schnüffelte Oma Krumpfling an jedem umgeknickten Grashalm, um herauszufinden, welchen Weg Egon genau gelaufen war. Schorschi schlich ihr hinterher und nickte eifrig. So bewegten sich die beiden ganz genau auf Egon zu.

Der wollte, nach dem erfolgreichen Anschlag auf den Bären, im schnellsten Krumpflingsgalopp zurück in Albis Zimmer laufen und dort auf seinen Freund warten. Doch dann hörte er dieses schnorchelnde Grunzen. Egon stoppte. Eine Pusteblume wackelte plötzlich heftig und verstreute ihre Samen in der Luft. Dabei wehte doch gar kein Wind? Es raschelte in den Blättern. Und dann sah Egon mehrere klappernde Schrauben durch die Löwenzahnblätter auf sich zu wackeln. Oma Krumpflings Lockenwickler! Egon hätte vor Schreck fast Pipi gemacht. Was sollte er jetzt tun?

Nicht weit von ihm entfernt stand die Gartenlaube der Vogelsangs. Auf Pfotenspitzen schlich er seitwärts wie ein Krebs zum Eingang. Dort versteckte er sich im Regenrohr und linste mit dem linken Glupschauge hervor. Omas Lockenwickler wanderten weiter, hinüber zu den Vogelsangs. Allmächtiger Krumpfling, das war wieder knapp gewesen! Erst dieser unverschämte Dackel und jetzt auch noch die stinkstiefelsaure Oma. Dass die keinen entspannten Verdauungsspaziergang durch die Blumenbeete unternahm, war Egon sofort klar. Oma Krumpfling machte nichts nur zum Spaß. Außer Handyspielen und Handtaschensammeln vielleicht. Und Schimpfen natürlich. Doch zum Glück hatte sie Egon tatsächlich nicht bemerkt. Sie ließ sich von Schorschi durch eine für ihren Bauchumfang etwas zu enge Lücke im Zaun zwischen den Gärten schieben und folgte Egons alter Spur weiter bis zum Haus der Vogelsangs. Dort roch sie an einem umgekippten Blumentopf. Danach packte sie ein Efeublatt und drückte es sich an die Schnauze. Dann streckte sie sich nach dem darüber und schnupperte auch daran.

„Oho, aha. Hier ist er also raufgeklettert“, stellte sie fest.

„Ich frage mich, was er dort treibt?“, überlegte Schorschi.

„Bestimmt etwas sehr Unanständiges.“ Missmutig schaute Oma Krumpfling an der Wand nach oben. „Womöglich SPIELT er mit diesen Kindern.“

„Igittibäh! Mir wird übel.“ Schorschi schüttelte sich angewidert, aber strich dann sofort seinen Seitenscheitel wieder schön glatt.

„Seit der Sache mit den Artichs1 habe ich sowieso den Verdacht, dass unser Egon in seinem Hirnkästchen nicht ganz richtig tickt“, erklärte Oma Krumpfling und tippte sich mit dem rechten Zeigefinger so heftig an die Stirn, dass ihre Lockenwickler schepperten.

„Und jetzt haben wir den Beweis dafür, gell Oma? Weil der brave Schorschi so gut aufgepasst hat!“, lobte sich Schorschi.

„Genau. Wenn wir die ungezogene Mistlaus nun auf frischer Tat ertappen, bekommst du einen Monat lang Egons Krumpftee-Ration.“

„Au ja, du bist die beste aller Krumpflingomas!“

Schorschi klatschte begeistert in die Pfoten. Dann fiel ihm allerdings ein, dass Egon meistens nur einen kleinen Eierbecher voll Tee bekam. Und das noch nicht einmal regelmäßig.

„Logo. Allerdings bin ich auch die einzige“, sagte Oma Krumpfling unwirsch. „So. Und jetzt hilf mir da rauf, du Schleimschnecke.“

Sie packte mit den Pfoten einen Efeuzweig, stellte ihren Pantoffel in eine kleine Verästelung und schaute Schorschi über die Schulter erwartungsvoll an. „Na los! Hau ruck!“

Schorschi kroch auf allen vieren unter ihren Popo und versuchte Oma Krumpfling mit dem Rücken nach oben zu drücken. Doch plötzlich rutschten seine Pfoten unter ihm weg und er klatschte keuchend auf den Bauch. Er hatte Oma Krumpfling 22 Kellertreppenstufen hinauf- und 8 Terrassenstufen hinuntergezerrt, ihr über vier Beetumrandungen aus Beton, dann durch den Zaun und danach über zwei gusseiserne Beetumrandungen geholfen. Und jetzt sollte er sie ungefähr sechs Meter an einer senkrechten Wand nach oben transportieren?

„Pause“, keuchte Schorschi kläglich. „Ich kann nicht mehr.“

„Okidoki. Ich gebe dir genau 15 Sekunden zum Jammern, du Waschlappen.“

Oma Krumpfling machte es sich auf seinem Rücken gemütlich und popelte sich genüsslich im Ohr.

„Oioioi“, jammerte Schorschi los, doch da zischte Oma Krumpfling: „Pssssst! Sei doch mal still. Ich hör was.“

Schorschi hielt die Luft an. Dann hörte er es auch.

„Du giftgemeiner Lügner! Hasenfeiger Stofftiermörder! Heimtückischer Bärenhasser!“

Lulu hatte nach einer kurzen Verschnaufpause erneut mit ihrem Beschimpfungsgebrüll begonnen.

„Wie köstlich! Das ist ja leckerer als alles, was wir von diesem Albert Artich bekommen“, jubelte Oma Krumpfling und klappte schnell ihre Handtasche auf, um all die wunderbaren Worte hineinzustopfen.

„Dummhummel! Blödzwerg!“

Oma Krumpfling vergaß auf einen Schlag ihre Knieprobleme, sprang nun wie ein junges Krumpflingsmädchen herum und scharrte mit beiden Pfoten die frischen Schleckereien zusammen.

„Daraus kann ich viele Dosen voller Krumpftee stampfen!“, rief sie begeistert.

„Hmmm. Das ist ja ein Glück, gell?“ Schorschi begann, ihr beim Einsammeln zu helfen.

„Was heißt hier Glück?“ Oma Krumpfling stemmte empört die Arme in die Seiten. „Unser schlauer Egon hat die kleine Göre natürlich absichtlich dazu gebracht, sich so aufzuregen. Und du wolltest mir weismachen, dass er etwas Böses anstellt. Pfui, Hans-Georg! Dafür bekommt Egon einen Monat lang DEINEN Krumpftee!“

Dann pflückte sie zufrieden ein fettes „AASGEBEIN“ direkt aus der Luft.

1 Was da genau passiert ist, kannst du im ersten Band lesen: Die Krumpflinge – Egon zieht ein!