„Epikur, der Lehrer des Müßiggangs, hat Gärten zuerst in Athen angelegt; bis hin zu ihm war es nicht Sitte, in den Städten Landgüter zu bewohnen.“ (Plinius d. Ä., Naturalis historia XIX)

4. VOR DEN RÖMERN: GÄRTEN IN GRIECHENLAND UND ANDERSWO

Obwohl der säulenumstellte Innenhof, das Peristyl, ein wesentlicher Bestandteil der römischen Architektur war, war er keine römische Erfindung. Vielmehr übernahmen die Römer die Idee aus der griechisch-hellenistischen Kultur. In Griechenland gehörte das Peristyl seit dem 5. Jahrhundert v. Chr. zur Palastarchitektur. Der Hof war dort jedoch in der Regel gepflastert oder mit Mosaiken ausgeschmückt. Wasserbecken waren noch nicht üblich und bepflanzt hat man die Höfe auch nicht.

Der griechische Peristylhof war also noch kein Garten. In den Quellen kommt nirgends zum Ausdruck, dass die Griechen Gärten oder Pflanzen zur Verbesserung der Wohnqualität ihrer Häuser eingesetzt haben. In diesem Punkt unterscheiden sich griechische und römische Vorstellungen von Wohn- und Gartenkultur grundlegend. Denn für die Römer waren Gärten direkt am Haus von Anfang an ein wesentlicher Bestandteil ihrer Lebensweise. Ziergärten, also Gärten, die allein nach gestalterischen und ästhetischen Aspekten angelegt wurden und die der Erholung oder Repräsentation und nicht zum Anbau von Nutzpflanzen dienten oder als Begleitgrün für Tempel und Sportstätten gedacht waren, sind folglich eine römische Erfindung.

Innerhalb der griechischen Stadtmauern gab es nur wenige Gärten. Ausgrabungen in allen Teilen des antiken Griechenlands zeigen, dass die Flächen hinter den Verteidigungsmauern dicht bebaut waren. Die Menschen wohnten eng beieinander in Häusern, die direkt an die Straßen grenzten. Selbst wenn Platz für einen Garten vorhanden war, dürfte der Zugang zu frischem Wasser eher die Ausnahme gewesen sein. Ohne Zisternen, Quellen, Bäche oder anderes, um den Garten mit Wasser zu versorgen, lag der einzige passende Platz für einen Garten außerhalb der Stadtmauern.

In Ägypten

Eine Ausnahme im griechisch geprägten Kulturraum bildete nur Alexandria. In der Stadt, die im späten vierten Jahrhundert v. Chr. von Alexan der dem Großen an der ägyptischen Küste gegründet wurde, scheint es in vorrömischer Zeit bereits Stadthäuser mit Gärten gegeben zu haben. Allerdings sind die Palastgärten, Haine und Parks, die der griechische Geschichtsschreiber Strabon (um 63 v. Chr.–23 n. Chr.) aufführt, ziemlich sicher als ägyptisches Erbe zu betrachten. Wandmalereien bestätigen, dass die Ägypter bereits lange Zeit vor Ankunft der Griechen Hofgärten pflegten. So ist etwa im Grab des Sennefer, der Bürgermeister von Theben war, eine um 1400 v. Chr. gemalte Darstellung des Amun-Tempels von Karnak zu bewundern. Dargestellt ist ein großer, von Mauern umgebener Garten mit Bäumen, Sträuchern, Blumen, Weinlauben und Wasserbecken, in denen Enten schwimmen und Wasserpflanzen wachsen.

Doch auch kleinere Gärten wurden in Kunstwerken festgehalten. Das New Yorker Metropolitan Museum of Art besitzt das Modell eines ägyptischen Hauses mit einem ummauerten Hofgarten. Es wird auf etwa 1990 v. Chr. datiert und ist damit sogar noch älter als das Tempelgartenfresko aus Sennefers Grab. Gefunden wurde das Häuschen, das wohl als Behältnis für Trankopfer gedacht war, im Grab des königlichen Haushofmeisters Meketre in Theben. Der Teich in der Mitte des Modells konnte für die Opferzeremonie mit Wein oder anderen Flüssigkeiten gefüllt werden und war zu diesem Zweck mit Kupfer ausgeschlagen. Von der rituellen Funktion abgesehen, bietet das gerade einmal 84 cm lange Objekt einen einzigartigen Ein blick in die Gestaltung eines ägyptischen Gartens vor fast 4000 Jahren. Im Mittelpunkt der Anlage ist der Teich untergebracht, der von Laubbäumen und einer hohen Mauer umgeben ist. Die Mauer bildet an einer Seite auch den Hauseingang, der von zwei Säulenreihen gestützt wird. Die hintere Säulenreihe hat Kapitelle in Form von Papyrusstängeln, die vorderen imitieren Lotospflanzen. Obwohl Regen selten in Oberägypten ist, sind Regenrohre auf dem Dach montiert, die das Regenwasser in den Teich ableiten sollten. Die Rohre sind ein Hinweis darauf, wie naturgetreu das ganze Modell gestaltet ist.

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Modell eines ägyptischen Hauses mit Hofgarten, Theben, um 1990–1985 v. Chr., New York, Metropolitan Museum of Art

Die Bäume und roten Früchte zwischen den Blättern in Meketres Modell stellen wohl Maulbeerfeigen (Ficus sycomorus) dar. Sie sind mit dem bekannten schwarzen Maulbeerbaum (Morus nigra), der in Plinius’ Garten wuchs, nicht direkt verwandt. Und im Unterschied zu der weit verbreiteten Echten Feige (Ficus carica), wachsen die Früchte der Maulbeerfeige an kleinen Zweigen in Büscheln am Stamm.

Die Ägypter pflegten die Maulbeerfeige als Obst- und Schattenbaum. Aus dem Holz fertigten sie Möbel und andere Gebrauchsgegenstände. Selbst Meketres Hausmodell ist aus dem Holz dieses Baums gearbeitet. Bis heute sind Maulbeerfeigen in Afrika und der arabischen Halbinsel bis nach Madagaskar verbreitet. Den Sprung in den römischen Garten hat die wärmebedürftige Art jedoch nicht geschafft.

Ein Innenhof mit Säulen, Regenrinnen, ein Wasserbecken und fruchttragende Schattenbäume – eigentlich waren in der Pharaonenzeit schon alle Elemente des Innenhofgartens vorhanden, den die Römer später so sehr schätzen sollten. Doch fand die Idee in der griechisch-hellenistischen Gartenwelt zunächst keine direkte Fortsetzung.

Feige (Ficus carica)

Die Feige stammt aus der Türkei und Westasien, wo sie seit Jahrtausenden kultiviert wird. Die Römer kannten zahlreiche Kulturvarietäten und brachten den kleinen, sommergrünen Baum wohl nach Mitteleuropa. An einem geschützten Standort in der Nähe eines Hauses oder an einer Mauer übersteht der Feigenbaum auch hiesige Winter. Doch selbst vom Frost betroffene Exemplare treiben im Frühjahr meist neu aus. Die ungewöhnliche Form der Blätter, der angenehme Duft, den der ganze Baum verströmt, die bei gutem Wetter auch bei uns reifenden Früchte und nicht zuletzt die für ein Mittelmeergewächs seltene relative Frostunempfindlichkeit empfehlen den Feigenbaum für den Garten. Wie alle Obstbäume gedeihen auch Feigen in voller Sonne und in guter, angereicherter Gartenerde am besten.

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Gärten vor der Stadt

In Griechenland legte man, weil der Platz in den Städten begrenzt und kostbar war und weil Wasseranschlüsse fehlten, Gärten rund um die Stadtmauern in Vororten und ländlicheren Zonen an. Dort wurden auch Gemüse und Blumen für den Markt angebaut. Obst und Wein züchtete man auf den weiter außerhalb liegenden Bauernhöfen. Die Nutzgärten der Bauernhöfe lagen vom Haus etwas entfernt und waren vor Eindringlingen durch Mauern oder Zäune geschützt.

Lange Zeit galten Gärten in Griechenland als ein Luxus, auf den man zur Not verzichten konnte. Der Geschichtsschreiber Thukydides (um 454–ca. 396 v. Chr.) notierte etwa, dass Perikles seine Athener Landsleute aufforderte, die im Krieg gegen Sparta verwüsteten Gärten als entbehrlichen Besitz zu betrachten und nicht weiter zu betrauern. Gleichwohl waren Gartengrundstücke rund um Athen teuer. Der Philosoph Platon (um 428–347 v. Chr.) bezahlte für seinen Garten in einem Vorort von Athen im Jahr 388 v. Chr. 2000 Minen. Sein Berufskollege Epikur (um 341–270 v. Chr.) kaufte seinen Garten später sogar für 8000 Minen. Weiter entfernt von der Stadt, im Inland der attischen Halbinsel waren Gärten hingegen schon für etwas über 200 Minen zu bekommen. Eine Möglichkeit auch für weniger wohlhabende Athener, einen Garten zu nutzen, war die Pacht. Für 30 bis 70 Minen im Jahr kam man in den Genuss eines eigenen Grundstücks auf Zeit.

Doch gab es in den Athener Vororten auch Gärten oder Parks, die keine echten Ziergärten in der Art der späteren römischen Anlagen waren, die aber auch nicht dem Anbau von Nahrungsmitteln dienten. In den Parkanlagen vor den Toren Athens befanden sich die Sportstätten für die männliche Jugend, die Gymnasien. Sie waren in wasserreichen Gebieten entlang der Flüsse und inmitten alter heiliger Haine und Kultorte gelegen. Platane, Ulme, Pappel und Olivenbäume sollen dort gewachsen sein, wie der Dichter Aristophanes (um 450–380 v. Chr.) vermerkte. In der Nähe der Gymnasien lagen auch die Schulen und Gärten der Philosophen.

Ein einzigartiges Mosaikbild aus dem Archäologischen Nationalmuseum in Neapel zeigt einen solchen Philosophengarten, der für Schüler und Lehrer ein Ort zum Diskutieren und Nachdenken war.

Philosophie im Garten

Sechs bärtige, in Mäntel gehüllte Männer sitzen auf einer halbrunden Bank oder stehen unter einem Baum. Ein Mann weist mit einem Stab auf die Himmelssphäre in der Mitte. Sie diskutieren und denken nach; das ist an ihren Gesten zu erkennen. Im Bildhintergrund sind eine Stadt mauer und eine Burg zu sehen. Ein Säulenportal mit vier Öllämpchen auf dem verbindenden Querbalken, eine weitere Säule mit einer Sonnenuhr und Kästen zu Füßen der Männer vervollständigen das Bild.

Als das Mosaikbild 1897 in der Villa des Titus Siminius Stephanus vor der Stadtmauer von Pompeji entdeckt wurde, erregte es unter den Fachleuten großes Aufsehen. Zu ungewöhnlich war das dargestellte Motiv, das sich nicht in die vertrauten mythologischen Bilder oder Szenen aus dem Alltag einordnen ließ. Zudem hat die sitzende männliche Figur, die auf die Himmelssphäre zeigt, Ähnlichkeit mit den bekannten Marmorporträts des Philosophen Platon. Auch Kleidung und Haartracht der abgebildeten Männer lässt auf eine Gruppe Philosophen schließen, die sich vor den Mauern einer befestigten Stadt treffen. Sehr wahrscheinlich zeigt das Mosaikbild einen Blick auf Platons Akademie, die Philosophenschule, die der Meister vor den Toren Athens gegründet hatte.

Platon hatte das Grundstück 388 v. Chr. erworben. Es lag in der Nähe eines Hains, der nach dem attischen Heros Akademos „Akademia“ hieß. Bald wurde der Name des Hains auf Platons Schule übertragen und die Schulmitglieder begannen, sich Akademiker zu nennen. Wie der Garten aussah, in dem Platon seine Schüler das Philosophieren lehrte, ist nur in wenigen Einzelheiten überliefert. Wir wissen immerhin, dass Platon ein eigenes Haus, ein Musenheiligtum und eine Exedra – einen Sitzplatz am Ende eines Säulengangs – errichtete. Vermutlich war der Garten zumindest teilweise wie ein kleiner Park gestaltet, mit Spazierwegen, Rasenflächen, Schattenbäumen und mit Lauben, die sich die Schüler bauten, um in der Nähe ihres Lehrers wohnen zu können. Die Gartenexpertin Maureen Carroll vermutet, dass es auch Nutzgärten gab, die die Bewohner versorgten.

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Platons Akademie, Mosaik aus der Villa des T. Siminius Stephanus bei Pompeji, Neapel, Museo Archeologico Nazionale di Napoli

Auf dem pompejanischen Philosophenmosaik ist einiges davon wieder zu erkennen. Die Gesprächsrunde findet unter dem Schatten eines großen Baums statt. Die Männer sitzen auf einer Marmorbank vor Säulen, die vielleicht eine Exedra andeutet. Die Sonnenuhr an der Säule mag für die berühmte Uhr stehen, die in der platonischen Akademie die Schüler zusammenrief. Die Säule und die beiden mit einem Querbalken versehenen Pfeiler lassen vermuten, dass man sich in römischer Zeit Platons Garten aufwendig hergerichtet vorstellte. Die beiden Pfeiler könnten Teil eines Säulengangs sein, der ja ein wesentliches Merkmal der griechischen Philosophenschulen war. Oder aber sie rahmen einen Altar. Vergleichbare Darstellungen von Öllampen auf einer Portalarchitektur in der Nähe großer Bäume und Heiligtümer kennen wir aus der pompejanischen Wandmalerei. Ob nun mit der Architektur ein Säulengang oder Heiligtum angedeutet werden sollte – zu dem Garten eines griechischen Philosophen würde beides passen.

Als Platon gestorben war, übernahmen seine Schüler die Leitung der Akademie und diskutierten weiter im Garten über die Philosophie ihres Meisters. 86 v. Chr. eroberten dann die Römer Athen und verwüsteten die Schule. Zwar zerstörten die Römer den Garten, in dem Platon lehrte; das Interesse an griechischer Philosophie, Kultur und Kunst nahmen sie jedoch mit nach Italien. Auf dem Mosaik können wir sehen, welche Vorstellungen der griechischen Lebensart und Philoso phie die Römer entwickelten – und was davon in ihre eigene Kultur überging. Der prächtige Rahmen des Philosophenmosaiks mit den Fruchtgirlanden und Theatermasken lässt vermuten, dass die Darstel lung sich auf ein Theaterstück bezieht und dass das Bild einmal zur Ausstattung eines Speisezimmers gehörte. Obwohl Gebrauchsspuren die einstige Verwendung als Fußbodenmosaik nahelegen, haben die Archäologen es im losen Schutt der Villa des Titus Siminius Stephanus entdeckt, eingebettet in einen Rahmen aus Travertingestein. In der Villa waren verschiedene Handwerksstätten untergebracht, darunter war wohl auch ein Atelier für Marmorarbeiten. Möglicherweise stammte das Mosaik aus einem Haus, das beim schweren Erdbeben 62 n. Chr beschädigt wurde. Vielleicht hatte man es aber auch von auswärts nach Pompeji gebracht, um es in der Werkstatt wiederherzurichten und zu verkaufen.

Doch zurück nach Griechenland: In Athen schätzte man den Philosophieunterricht im Garten sehr. Andere Philosophen folgten Platon in der Gründung eigener Schulen mit angeschlossenen Gärten. Im Verlauf des vierten Jahrhunderts unterrichteten etwa Aristoteles (384–322 v. Chr.) und dessen Nachfolger Theophrastos von Eresos ihre Anhänger im sogenannten Lykeion. Wie Platons Akademie soll es ein Wohngebäude, einen Säulengang und Heiligtümer enthalten haben.

Der Garten des Epikur

Mehr als Aristoteles, Theophrastos oder Platon ist jedoch ein anderer griechischer Philosoph mit dem Garten verbunden. Nach dem griechischen Wort für Garten (képos), wird die Schule des Epikur bis heute Kepos genannt – durchaus passend für einen Ort, an dem Epikur über das Leben im Verborgenen, über das Wesen des Glücks, die Überwindung der Furcht und die Freude am gegenwärtigen Leben nachgedacht hat. Er erwarb sein Grundstück um 306 v. Chr. Die For schung ist geteilter Meinung, ob der Garten wie die anderen Philosophengärten vor der Stadt lag oder innerhalb der Stadtmauern. Plinius d. Ä. schreibt Epikur in der „Naturalis historia“ jedenfalls die Erfindung des Stadtgartens zu. Die Archäologin Maureen Carroll geht jedoch davon aus, dass Plinius sich in seiner Einschätzung geirrt hat und dass auch Epikurs Garten vor der Stadt lag. Er unterschied sich vermutlich kaum von den anderen Philosophengärten mit ihren Säu len gängen, Sitzgelegenheiten und Wegen. Auch Heiligtümer und ein Altar werden in Epikurs Garten nicht gefehlt haben, ebenso Hütten oder Lauben, Sträucher und Hecken sowie eine Quelle oder ein Bach, um den Garten mit ausreichend Wasser zu versorgen, und zahlreiche Pflanzen. Historische Quellen, die dies belegen, sind jedoch nicht überliefert. Aber vielleicht wuchs in seinem Garten auch eine Platane.

Philosophie unter Platanen

Im antiken Griechenland wurden vielerorts Platanen als Schattenbäume kultiviert. Sie wuchsen in den Heiligtümern vor den Städten, in den Gymnasien und Wettkampfstätten der Sportler – und auch in den Gärten der Philosophenschulen. Aristoteles etwa soll seine Schüler unter einer mächtigen Platane unterrichtet haben. Platon beschreibt in dem Dialog „Phaidros“ eine Platane, die in der Nähe eines Heiligtums für Pan an einem kleinen Fluss vor der Stadtmauer von Athen stand. Er erzählt, wie Phaidros und Sokrates im Schatten des Baums eine Diskussion über das Wesen der Liebe fortsetzen, die sie während ihres Spaziergangs begonnen hatten:

Phaidros: Nun, siehst du dort jene höchste Platane?
Sokrates: Wie sollte ich nicht?
Phaidros: Dort ist sowohl Schatten als auch ein mäßiger Luftzug,
auch Rasen, um uns niederzusetzen oder, wenn wir lieber wollen,
uns niederzulegen.

In den Gärten der Philosophen wuchs die morgenländische Platane Platanus orientalis. Sie stammt, wie ihr Name schon vermuten lässt, ursprünglich aus dem östlichen Mittelmeerraum. Plinius’ „Naturalis historia“ zufolge kam die über 30 m hohe Art über das Ionische Meer nach Sizilien. Von dort aus gelangte sie über Italien ins westliche Südeuropa und später auch nach Mitteleuropa. Platanen vertragen starken Rückschnitt, Überpflasterung und lassen sich sogar im Alter noch umpflanzen, Eigenschaften, die sie bereits im Altertum zu beliebten Gartenbäumen werden ließen. Platanen wurden damals auch als Heilpflanzen verwendet. Dioskurides empfiehlt Blätter, Rinde und Früchte gegen Augenleiden, Zahnschmerzen und Schlangenbisse.

Platane

In den Städten Mitteleuropas wächst heute die gewöhnliche Platane oder ahornblättrige Platane Platanus x acerifolia, eine Hybride aus dem 18. Jahrhundert, die mit den griechischen Platanen eng verwandt ist. Diese Art ist unempfindlicher gegenüber Kälte und Pilzbefall als ihre griechische Verwandte. Obwohl Platanen zu den beliebtesten Bäumen in den römischen Gärten zählten, sind sie in den rekonstruierten Anlagen selten anzutreffen. So wachsen etwa in der Getty-Villa in Malibu anstelle der morgenländischen Platane die Gewöhnliche Platane und die in Nordamerika heimische Platanus racemosa, die das kalifornische Klima besser vertragen. Platanen sind Bäume für Parks und Alleen, denn für die allermeisten Gärten dürften die Bäume mit ihren ausladenden Kronen zu groß werden. Tiefer, nährstoffreicher Boden und sonnige Lage sind neben viel Platz Voraussetzungen für ihre erfolgreiche Pflege.

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Eine Platane aus dem „Gartenzimmer“ im Haus des goldenen Armreifs in Pompeji, um 40–60 n. Chr.

Die Römer wussten von der engen Beziehung zwischen den Platanen und den griechischen Philosophenschulen. So nimmt Cicero in seiner Schrift „De oratore“ den Anblick einer Platane zum Ausgangspunkt für ein Gespräch über Platon und wiederholt zu diesem Zweck die im „Phaidros“ geschilderte Szene mit Spaziergang und Gespräch im Schatten der Platane: „Warum, Crassus, ahmen wir nicht Sokrates im Phaidros nach? Deine Platane hier gibt mir diesen Gedanken ein; sie breitet zur Beschattung dieses Ortes ihre Äste nicht weniger aus als jene, deren Schatten Sokrates nachging, die mir nicht so sehr durch das Bächlein selbst, das dort beschrieben wird, als durch die Rede des Platon gewachsen zu sein scheint.“ Für Cicero und seine Zeitgenossen war die Platane also eng mit der griechischen Philosophie verknüpft. Mit einiger Wahrscheinlichkeit können wir auch in dem Baum auf dem pompejanischen Mosaik eine Platane vermuten.

Neben den Anspielungen auf die griechische Philosophie und Lebensart war die Platane für die Römer vor allem ein Symbol für den Gartenluxus der herrschaftlichen Villen. Die Erwähnung von Platanen und Säulen reichte aus, um eine Villa zu umschreiben. Als Horaz beklagte, dass private Villen Ackerland und öffentliche Bauten verdrängten, fasste er den Umstand in dem Bild der einheimischen Ulme, die der Platane weichen muss, zusammen.

Assoziationen zur verehrten griechischen Kultur, ihre Bedeutung als Statussymbol, die Qualitäten als Schattenbaum, ihre Anspruchslosigkeit und Formbarkeit sowie die schöne Farbe von Blättern und Rinde machten die Platane in der römischen Kaiserzeit zu einem beliebten Gartenbaum. So zeigt auch das Gartenbild im Haus des goldenen Armreifs in Pompeji eine kleine Platane in der Mitte des Bildes direkt hinter dem Brunnen. Plinius d. J. pflanzte Platanen in die Peristyle seiner Landgüter. 16 Platanen wuchsen zu beiden Seiten eines Kanals in der Villa von San Marco im antiken Stabiae und Platanen rahmten auch das große Wasserbecken der Villa der Poppaea. In der Getty-Villa sind Platanen in einem der Ziergärten im östlichen Teil des Geländes gepflanzt. Im historischen Vorbild der Getty-Villa wiederum, der Villa der Papyri in Herculaneum, fanden die Ausgräber im 18. Jahrhundert eine ganze Bibliothek mit den Schriften Epikurs. Vielleicht haben sich ja die Leser in der Villa der Papyri mit Epikurs Texten in den Garten zurückgezogen und unter einer Platane philosophiert. Epikur hätte diese Vorstellung bestimmt gefallen.

Im Topf

Letztlich aber kann man über das Aussehen von Epikurs Garten und dem jeder anderen griechischen Gartenanlage nur spekulieren. Sicher ist nur, dass reine Ziergärten bis in die hellenistische Zeit nicht üblich waren. Immerhin wissen wir aus Schriftquellen und dank archäologischer Funde, dass Schattenbäume, Rasenflächen, Sitzgelegenheiten und Säulengänge zur Ausstattung gehört haben müssen. Über die Gliederung der Gärten, über Wege, Hecken und Beete oder gar über Pflanz schemata ist hingegen nichts bekannt. Ebenfalls nur wenig wissen wir über die Pflanzen in Töpfen und Kübeln in griechischen Häusern, Höfen und Gärten. Zumindest sind Blumenkübel in einigen Fällen belegt. Bei Ausgrabungen in der antiken griechischen Stadt Olynth beispielsweise wurden Pflanzentöpfe unterschiedlicher Größe geborgen. Als Pflanzenbehälter sind sie an einem Loch am Boden oder an den Seiten oder an einem Untersetzer zu erkennen. Sehr wahrscheinlich wurden die Töpfe in den Innenhöfen der Häuser aufgestellt. Was darin wuchs und zu welchem Zweck die Töpfe bepflanzt wurden, ist nicht bekannt. Vielleicht pflegte man darin Küchenkräuter. Dass Pflanzen damals bereits zu Zierzwecken gehalten wurden, etwa um Innenhöfe, Dächer oder Fenster zu schmücken, ist wenig wahrscheinlich; Zierpflanzen in Töpfen sind nicht belegt.

Auch Schnittblumen gab es im antiken Griechenland nur zu ganz besonderen Anlässen. Vasenbilder zeigen geschnittene Myrtenzweige in großen Gefäßen für Hochzeiten. Meist wurden Blumen im antiken Griechenland aber in Form von Girlanden verarbeitet. Girlanden schmückten Wände und Türrahmen, Festteil nehmer trugen Blumenkränze; auch das zeigen uns die Bilder auf den griechischen Vasen. Für Tempel und Altäre sowie als Opfergaben für die Götter wurden Blumen ebenfalls genutzt. Sie wurden in kommerziellen Gärten vor der Stadt gezüchtet, in hellenistischer Zeit auch aus Ägypten importiert, und dann von Blu menbinderinnen auf dem Markt aufgebunden und verkauft.

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Zur Adonisfeier trägt die Göttin Aphrodite eine Schale mit blühenden Pflanzen auf das Dach eines Hauses. Lekythos aus Ruvo, 4. Jahrhundert v. Chr., Karlsruhe, Badisches Landesmuseum

Geheimnisvolle Adonisgärten

Auf manchen griechischen Vasen sind dennoch Blumen in Töpfen oder Schalen abgebildet, die von kleinen geflügelten Göttern gegossen werden. Sie waren Teil eines Festes, das die griechischen Frauen zu Ehren des Adonis veranstalteten. Die Mythen erzählen von dem wunderschönen jungen Adonis, den Persephone, die Herrin der Unterwelt, und die Liebesgöttin Aphrodite gleichermaßen begehren. Als Adonis auf der Jagd von einem Eber getötet wird, verwandelt die untröstliche Aphrodite den Geliebten – um ihn Persephone nicht ganz zu überlassen – in eine Blume.

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Pflanzen in Schalen und Kübeln auf einem Wandbild aus der Villa Fannius Synistor in Boscoreale, 40–30 v. Chr., New York, Metropolitan Museum of Art

Im Mythos von Adonis geht es um Liebe und Tod, um Verwandlung und Auferstehung, Themen, die während des Festes symbolisch nachvollzogen wurden, wie wir aus Textstellen bei griechischen und lateinischen Autoren sowie von einigen Bildern wissen. Die griechischen Frauen feierten Tod und Auferstehung ihres Helden, indem sie rasch wachsende Pflanzen wie Gerste, Fenchel, Lattich, Weizen oder verschiedene einjährige Blumen in Töpfe oder Körbe säten und auf den Dächern ihrer Häuser aufstellten. Die Pflanzen wuchsen schnell in die Höhe, um ebenso rasch wieder zu verwelken. Nach acht Tagen wurden sie in Quellen oder ins Meer geworfen. Die erst keimenden, dann blühenden und schließlich sterbenden Gärten stehen stellvertretend für das Schicksal des Adonis. Ein Vasenbild auf einem Salbgefäß aus dem Badischen Landesmuseum in Karlsruhe zeigt die Göttin Aphrodite selbst auf einer Leiter, wie sie vom geflügelten Amor eine Schale mit jungen Pflanzen entgegennimmt, um die Pflanzen auf das Dach des Hauses zu tragen (vgl. Abb. S. 69). Auf dem Boden stehen zwei weitere bepflanzte Gefäße, für die offenbar der obere Teil einer Amphore verwendet wurde.

Im Laufe der Zeit entwickelte der Kult um Adonis lokale Ausprägungen. In einigen Gegenden wurde das Fest im Frühjahr, in anderen im Sommer begangen. Obwohl es nie in den offiziellen Festkalender aufgenommen wurde, feierten auch die römischen Frauen das Adonisfest. Auf einem Wandbild der Villa des Fannius Synistor in Boscoreale aus der Zeit um 40 v. Chr. ist beispielsweise eine bepflanzte Schale auf dem Dach eines Erkers zu sehen. Möglicherweise ist die Schale als Anspielung auf den Kult zu verstehen und verweist darauf, dass Adonis auch in den Vesuvstädten verehrt wurde.

Auf einem Fragment des monumentalen Marmorplans, einem Plan der Stadt Rom aus der Regierungszeit des Kaisers Septimius Severus, der 193 bis 211 n. Chr. regierte, ist schließlich eine T-förmige Fläche vermerkt, die mit dem Namen „Adonea“ beschriftet ist. Auch wenn die Wissenschaftler nicht ganz sicher sind, spricht doch vieles dafür, dass diese Beschriftung auf eine Stätte hinweist, an der Adonis im kaiserzeitlichen Rom verehrt wurde. Das Gelände ist mit zahlreichen, dicht nebeneinanderliegenden Punkten versehen, die, wenn diese Stelle tatsächlich Adonis geweiht war, als Darstellung von Pflanzen in Ton töpfen gedeutet werden kann. Eine Bestätigung findet diese Interpre tation in den halbierten, im Boden versenkten Amphoren, die auf dem Palatin gefunden wurden. Die Töpfe waren in Reihen angeordnet und enthielten Wurzelreste. Ist die Einschätzung korrekt, dürfte das alte Ritual der kurz blühenden Adonisgärten in Rom aber eine Umfor mung erhalten haben: Die nur zeitweilig gehegten Blumentöpfe auf den Dächern in Griechenland oder in den Vesuvstädten wurden auf dem Gelände der Adonea eine dauerhafte Einrichtung, in der die Gewächse vermutlich längere Zeit gepflegt wurden. Darauf verweisen zumindest die gefundenen Wurzelreste, die nicht von kurzlebigen Gräsern oder Blumen stammen.

Blumen in Schalen und Körben auf dem Dach – dabei an unsere neuzeitlichen Topfgärten auf Balkonen, Terrassen oder sogar Fensterbänken zu denken, liegt eigentlich nahe. Doch Topfpflanzen zur Zierde sind – so selbstverständlich sie uns heute auch erscheinen mögen – in der griechisch-römischen Welt nicht üblich gewesen. Wann aber haben die Menschen angefangen, Gewächse nicht nur als Nutz pflan zen zu kultivieren, sondern stattdessen das Bedürf nis nach Farbe und Schön heit in den Vordergrund zu stellen; und seit wann richteten sie Gärten zur Erholung und zum Vergnügen ein? Dafür schauen wir noch einmal auf die Anfänge der römischen Gartenkunst und betrachten den Nutzgarten auf dem Landgut von Plinius d. J. in Laurentum.