„Cato rühmt die Kohlgärten.“ (Plinius d. Ä., Naturalis historia XIX)
Plinius’ Landgut war zu einem Teil ein Bauernhof, also eine villa rustica. Es war aber auch ein Gutshaus mit Merkmalen der villa urbana, dem Stadthaus, in dem viel Wert auf Bequemlichkeit und Repräsentation gelegt wurde. Das historische Vorbild der Villa Borg war vergleichbar strukturiert. Zum einen weisen Wirtschaftsgebäude und landwirtschaftliche Nutzflächen auf die Nutzung als villa rustica hin. Zum anderen waren die Besitzer der Villa wohlhabend, wie auch Plinius. Darauf lassen die Ausdehnung der Gebäude und die reiche Ausstattung mit Mosaikfußböden und Wandmalereien schließen, die nach dem Vorbild der römischen Villen Italiens gestaltet sind. Ein solches, mit vielen Annehmlichkeiten ausgestattetes, repräsentatives Haus auf dem Land bezeichnen Archäologen als villa suburbana, also als Haus vor der Stadt. Zu den bestimmenden Merkmalen der villa suburbana gehören Ziergärten mit den Hecken, Beeten, Wasserbecken und Spazierwegen, über die Plinius so ausführlich schreibt. Ein kleines Wandbild im Haus des M. Lucretius Fronto in Pompeji bildet eine villa suburbana mit nach repräsentativen Gesichtspunkten angelegten Gärten ab. Die dreiflügelige Anlage mit den Säulengängen rahmt Wege, umzäunte Beete und Rasenflächen in einem offenen Hof. Hinter den Gebäuden dehnen sich weitere Gärten mit größeren Sträuchern und Bäumen aus. Von einem Gemüsegarten, den Plinius für die Villa in Laurentum erwähnt, ist hingegen nichts zu sehen.
Ansicht einer villa suburbana mit Rasenflächen, Beeten und Bäumen, 1. Jahrhundert n. Chr., Wandbild im Haus des M. Lucretius Fronto in Pompeji
Plinius beschreibt den Küchengarten in seinem Brief ausdrücklich als ländlich, während er an anderen Stellen hervorhebt, dass die Ziergärten nach städtischen Vorbildern gestaltet sind. Er unterscheidet die Gärten also sehr genau nach ihren Funktionen – typisch für die Römer, die Nutz- und Ziergärten streng voneinander trennten, im Unterschied etwa zur Barockzeit, in der man Küchengärten als Zierpflanzungen herrichtete und in Ziergärten auch Nutzpflanzen ernten konnte. Plinius hebt darüber hinaus hervor, dass sein Küchengarten sehr fruchtbar ist, was wahrscheinlich meint, dass der Garten Überschüsse produziert und die Er zeugnisse nicht nur zur Selbstversorgung dienten, sondern auf dem Markt verkauft werden konnten. Cato und Columella bestätigen das: Ihrer Ansicht nach sollte der Nutzgarten Gewinn abwerfen. Columella beschreibt im 10. Buch über die Landwirtschaft das Vergnügen am Markttag, wenn „der Marktbeschicker mit schwan kendem Schritt nach kräftigem Weingenuss eine schwere Last von Münzen im Gewandbausch aus der Stadt nach Hause bringt“.
Obwohl die Römer zwischen Zier- und Nutzgärten sehr genau unterschieden, gab es bei der Pflanzenauswahl nicht selten Überschneidungen. Das lag nicht zuletzt daran, dass – verglichen mit heute – nur eine begrenzte Anzahl an geeigneten Pflanzen zu Verfügung stand. Gebraucht wurden Schattenbäume für den Sommer und immergrüne Arten, die auch im Winter einen schönen Anblick boten. Darüber hinaus waren farbenprächtige Blüten, Gewächse mit angenehmem Duft und für den Formschnitt geeignete Pflanzen gefragt. So zählt Plinius für seinen Garten Feigen und Maulbeerbäume auf, die zu den wichtigsten Obstbaumarten der Römerzeit gehörten. In Baumgärten wurden sie im großen Stil für kommerzielle Zwecke gezogen. Offenbar war Plinius sich bewusst, dass er in seinem Brief Bäume erwähnt, die für einen Ziergarten ungewöhnlich waren. Er begründet seine Entscheidung mit einem Hinweis auf die besonderen Bodenver hältnisse. Platane und Buchs hingegen, denen wir bereits im vorherigen Kapitel begegnet sind, wurden, trotz ihrer medizinischen Bedeutung, vor allem als Ziergewächse betrachtet. Bei anderen Arten wie Myrte und Lorbeer oder den meisten Blumen entschied der Ort, ob sie also in einem Beet der villa urbana oder in einem Nutzgarten wuchsen, darüber, ob die Pflanze als Zier- oder Nutzgewächs betrachtet wurde.
Ein Gärtner trägt Körbe mit Blumen zum Markt. Mosaik aus der Villa del Casale in der Nähe von Piazza Amerina (Sizilien), spätes 3. bis frühes 4. Jahrhundert n. Chr.
Rosmarin ist ein gutes Beispiel dafür, dass die Römer manche Pflanzen anders einordneten, als wir es heute tun. Plinius d.J. beschreibt Rosmarin nicht etwa als Küchenkraut, sondern als Zier gewächs, nämlich als Ersatz für Buchsbaum. Er führt aus, dass Buchs empfindlich auf Trockenheit und salzhaltige Luft reagiert, Rosmarin hingegen diese Bedingungen verträgt. Ob wir uns die Rosmarin pflanzung als geschlossene niedrige Hecke vorstellen dürfen oder als eine lockere Reihe, geht aus dem Text nicht hervor. Ebenso wenig wird deutlich, ob die Lücken in der Buchsbaumhecke lediglich mit Ros ma rin aufgefüllt wurden oder ob Rosmarin flächendeckend überall dort gepflanzt wurde, wo Buchsbaum keine Chancen hatte. Dass Plinius den Rosmarin ausschließlich als Schmuckpflanze beschreibt, ist durchaus repräsentativ: Rosmarin spielte als Küchenkraut im Altertum keine Rolle. Erst in mittelalterlichen Rezeptsammlungen kommt er als Würzkraut zum Einsatz.
Rosmarinwein
Gegen Leibgrimmen und jegliche Art von Durchfall macht man Rosmarinwein, und zwar folgendermaßen: Man gießt Traubenmost in eine neue Amphore. Dann gibt man Zweige von getrocknetem Rosmarin, die mit einem Leinenfaden zusammengebunden sind, hinein und lässt beides sieben Tage lang gären. Nun nimmt man das Bündel der Zweige heraus, reinigt den Wein gründlich und verschließt das Gefäß. Diesen Wein kann man nach zwei Monaten als Heilmittel verwenden. (Columella, 12. Buch über die Landwirtschaft)
Vom gärtnerischen Standpunkt betrachtet, passen Rosmarin und Buchs gut zusammen. Feines, immergrünes Laub, kleine, hübsche Blüten und angenehmer Duft zeichnen beide Arten aus, ebenso vertragen beide Hitze und Trockenheit. Für den Formschnitt ist Rosmarin im Gegensatz zum Buchs aber nicht geeignet. Rosmarin stammt ursprünglich aus dem westlichen Mittelmeerraum aus Südfrankreich und Spanien. Heute ist er von Portugal bis Kleinasien verbreitet. Ob es die Römer waren, die ihn auch nach Mitteleuropa brachten, ist nicht gesichert. Die Römer nutzten ihn als Zierpflanze, als Weihrauchersatz, als Bienenweide und als Heilkraut, wie Plinius, Ovid und Vergil mitteilen. Columella hat im 12. Buch seiner Abhandlung über die Land wirtschaft ein Rezept für Rosmarinwein festgehalten, der bei Magen beschwerden helfen soll.
Küchengärten zur Selbstversorgung waren ein fester Bestandteil der römischen Lebensweise. Ausgrabungen in Cosa an der italienischen Westküste belegen, dass römische Häuser bereits im 4. und 3. vorchristlichen Jahrhundert kleine Gemüsegärten auf der Rückseite ihrer Anwesen besaßen. Sie wurden stets in unmittelbarer Nähe der Wohnhäuser angelegt und waren auf den Grundstücken der ländlichen Villen fest mit eingeplant. Zuweilen entstanden kleinere Gemüsegärten auch durch Umbau. In der Villa der Poppaea etwa hat man die nach dem Erdbeben 62 n. Chr. frei gewordenen Flächen als Küchengärten genutzt.
Auf dem Land wurde der Küchengarten immer dort angelegt, wo man leichten Zugang hatte, denn Repräsentation spielte für die villa rustica eine untergeordnete Rolle. Auf dem als Villa Regina bezeichneten Bauernhof in Boscoreale vor den Toren Pompejis brachten die Besitzer ihre Gemüsebeete sogar in unmittelbarer Nähe des Haupteingangs unter. Für Plinius’ Villa, die Villa in Borg oder Fishbourne Palace wäre ein derart exponierter Ort für den Gemüsegarten wohl nicht infrage gekommen. Allerdings war der Gemüsegarten der Villa Regina nur klein, denn der Schwerpunkt des Hofs lag auf dem Weinbau.
Auf Landgütern, die als villa suburbana genutzt wurden, dürfte der Küchengarten wohl in der Regel auf der Rückseite der Wohngebäude untergebracht worden sein, so wie es Plinius in seinem Brief schildert. In Städten mit ihrem eingeschränkten Platzangebot nutzten die Bewohner jede verfügbare freie Fläche für ihre Gärten. In Pompeji wurden viele kleine Gärten ge funden, in denen die Besitzer Gemüse und Obst für den Eigenbedarf angebaut haben. In welchem Maß die Selbstversorgung mit Obst und Gemüse innerhalb der Stadtmauern Pompejis betrieben wurde, ist jedoch nur schwer abzuschätzen. Sicher ist lediglich, dass viele Häuser neben vereinzelten größeren Anbauflächen über kleine Nutzgärten verfügten, die den Haushalten zwar keine unabhängige Eigenversorgung ermöglichten, aber zumindest den Speiseplan ergänzten. Selbst angebautes Essen aus dem eigenen Garten galt seit den Zeiten der Römischen Republik als erstrebenswert und entsprach dem weit verbreiteten Autarkiebedürfnis der Römer. Plinius d. Ä. schreibt dazu im ersten Buch seiner „Naturalis historia“: „Zu Rom wenigstens war der Garten selbst der Acker des Armen. Aus dem Garten bezog das Volk seinen Unterhalt.“
Für Archäologen ist es nicht einfach, Küchengärten auf dem Ausgrabungsgelände zu identifizieren, da die intensive Bewirtschaftung der Flächen nur wenige Spuren hinterlassen hat. Wurzelreste stammen zumeist von größeren Sträuchern oder Bäumen. Wurzeln von ein- oder zweijährigem Gemüse und Blumen hingegen wurden entweder mit abgeerntet oder für das nächste Jahr wieder umgegraben. Pollen, Samen und Früchte lassen sich ebenfalls nicht immer nachweisen. So sind also Flächen, die in der Antike einmal als Küchengärten gedient haben, heute meist nur an wenigen Zeichen erkennbar. Gelegentlich gibt es Mauerreste, die Hinweise geben, und manchmal ist die Aufteilung der Fläche in Beete und Wege zu erkennen. Meist müssen die Archäologen jedoch allein von der fehlenden architektonischen Binnengliederung auf einen Garten schließen oder sie führen die Existenz des Küchengartens auf die besondere Zusammensetzung der Erde zurück. In Fishbourne wies allein die Erde auf die Existenz eines Gartens hin. Wilhelmina Jashemski ist es gelungen, die Spuren eines Küchengartens in der Villa Regina in Boscoreale zu finden. Sie entdeckte Wege zwischen den Beeten, die zugleich als Bewässerungskanäle dienten und die Beetflächen unterteilten und sie fand eine Zisterne im hinteren Teil der genutzten Fläche.
Die Frage, welche Pflanzen im Garten der Villa Regina wuchsen, konnte Jashemski in ihren Untersuchungen jedoch nicht beantworten. Was in den Beeten römischer Küchengärten einmal gepflanzt wurde, lässt sich nur in sehr wenigen Fällen rekonstruieren, weil der Boden regelmäßig umgegraben und alte Pflanzen ständig durch neue ersetzt wurden. In Fishbourne, in Borg und in der Getty-Villa hat man, trotz dieser Schwierigkeiten, versucht, römische Nutzgärten nachzubilden. In Borg gedeihen Blumen, Heil-, Duft- und Würzpflanzen in einem speziellen Kräutergarten, während die Gemüsepflanzen in einem separaten Garten untergebracht sind. Diese Trennung zwischen Gemüse und Kräutern finden wir in den römischen Gartenhandbüchern jedoch nicht, sie ist erst für mittelalterliche Anlagen belegt und in Borg wohl aus praktischen Gründen vorgenommen worden.
Da weder die archäologischen Ausgrabungen noch die Malerei uns sichere Erkenntnisse darüber liefern, was in den römischen Küchengärten wuchs, sind wir mehr noch als bei den Ziergärten auf die Beschreibungen der antiken Autoren angewiesen. Rezeptsammlungen wie das Kochbuch des Apicius erklären, wie Kräuter, Gemüse und Obst in der Küche eingesetzt wurden. Auch Cato, Varro und vor allem Columella vermitteln ein recht genaues Bild von den damals verwendeten Arten. Columellas lange Liste mit Gemüsepflanzen macht deutlich, welch wichtigen Platz die Ernährung aus dem eigenen Garten für die Römer hatte. Blättert man durch seine Aufzeichnungen, fällt auf, dass erstaunlich viele der aufgelisteten Arten das Aussehen unserer Nutzgärten bis heute bestimmen. Nicht wenige von ihnen fanden erst mit den Römern ihren Weg nach Mitteleuropa.
Neben vertrauten Gewächsen wie Rettich, Lauch, Gartenka rotte, Artischocken, Spargel, Mangold, Gurken, Gartenkresse, Senf, Flaschenkürbis oder Rauke empfiehlt Columella auch Arten, die wir heute im Gemüsegarten eher selten antreffen. Dazu gehört der anspruchslose Kapernstrauch (Capparis spinosa), der fast ohne Wasser auskommt. Seine Blütenknospen, die Kapern, wurden bereits damals in Salzlake eingelegt und als würzende Zutat für Speisen verwendet. Im Kochbuch des Apicius ist ein Rezept für Brotsalat mit Kapern verzeichnet (siehe unten).
Ebenfalls in unseren Gärten selten vertreten, im Römischen Reich aber ein beliebtes Gemüse war der Pferdeeppich (Smyrnium olusatrum). Wild ist der Eppich heute vom Kaukasus über Südwesteuropa bis auf die Kanaren verbreitet. Er wird aber seit dem 19. Jahrhundert, als er vom Sellerie verdrängt wurde, nicht mehr kommerziell angebaut. Tatsächlich schmecken die Blattstiele des Pferdeeppichs ganz ähnlich wie Staudensellerie. Stiele und Blätter wurden von den Römern gerne als Gemüse gegessen, die aromatischen Früchte verwendete man als Gewürz. Plinius und Columella bezeichnen den Eppich als „schwarzes Gemüse“ oder „schwarzen Kohl“. Unter dieser Bezeichnung ist er auch in Apicius’ Kochbuch zu finden.
Brotsalat mit Kapern nach Apicius
Zutaten: Pfeffer, Minze, Sellerie, getrocknete Polei-Minze, Käse, Pinienkerne, Honig, Essig, Liquamen (Fischsoße), Eidotter, frisches Wasser. Presse in Posca (eine Mischung aus Wasser und Weinessig) eingeweichtes Brot aus und lege Kuhkäse und Gurken mit dazu gemischten Pinienkernen in einem kleinen Topf zurecht. Gib kleingeschnittene Kapern zusammen mit der Hühnerleber dazu. Gieße die Sauce darüber, stelle es in Eiswasser und serviere es so. (Kochbuch des Apicius, 4, 1)
Von allen Gemüsepflanzen, die in der römischen Welt gegessen wurden, hatte jedoch der Kohl (Brassica) die größte Bedeutung. Cato widmet ihm in seinem Buch ein ganzes Kapitel. Er führt neben dem wilden Kohl bereits verschiedene Gartensorten an, die er auch als bekömmliche Speise und darüber hinaus als das allerbeste Gemüse empfiehlt. Er weiß Rezepte für Blätter, Sprossen und Stiele, für eingemachten, in Essig eingelegten, rohen oder gekochten Kohl. Columella berichtet, dass Kohl bevorzugt auf den Äckern am Vesuv angebaut wurde und dass die Stängel und jungen Sprossen verzehrt wurden. Die Kohlblätter und der Pflanzensaft, manchmal mit anderen Zutaten vermischt, galten außerdem als Heilmittel gegen alle möglichen Krankheiten, von Geschwüren bis hin zu schlechter Verdauung. Mit den Blättern des Kohls wurden Wunden gereinigt und desinfiziert. Und Dioskurides erwähnt in seiner „De materia medica“ den Kohl als wirksames Mittel gegen Trunkenheit.
Aus den wilden Kohlarten wurden bereits in der Antike vielfältige Formen herausgezüchtet. So entwickelten sich aus dem gemeinen Kohl (Brassica oleracea) Rot- und Weißkohl, Spitzkohl oder Wirsing, aber auch Grün- und Rosenkohl, Blumenkohl und Broccoli. Allen Kohlpflanzen gemeinsam sind die unscheinbaren Blüten und die großen Blätter. Columella zählt vierzehn verschiedene Kohlsorten auf, deren Unterschiede und Kultivierung Plinius in der „Naturalis historia“ beschreibt.
Wie der Kohl waren auch Zwiebeln (Allium cepa) für die Römer ein Grundnahrungsmittel. Man fand verkohlte Zwiebeln in der Asche von Pompeji und Herculaneum und weiß, dass die Römer die Zwiebeln über die Alpen brachten. Es wurden für Zwiebeln sogar spezielle Gärten, die cepinae, angelegt, die von Fachleuten, den ceparii, gepflegt wurden. In Apicius’ Rezeptesammlung werden Zwiebeln häufig erwähnt. Dioskurides unterscheidet mehrere Sorten, darunter lange, runde, gelbe und weiße Zwiebeln.
Knoblauch (Allium sativum), der ebenfalls in den cepinae gezogen wurde, spielte in der feinen Küche des Apicius kaum eine Rolle. Der intensive Geruch wurde schon in der Antike als unangenehm empfunden. Dies ging so weit, dass der Verzehr von Knoblauch in griechischen Tempeln verboten war. Es waren die römischen Soldaten, die Knoblauch als Proviant in die germanischen Provinzen brachten. Im römischen Militärlager in Neuss im Rheinland wurden verbrannte Knoblauchzehen gefunden, ebenso in römischen Landgütern dieser Region. Ein deutlicher Hinweis, dass Knoblauch auch in den Gärten der nördlichen Provinzen als Gartenpflanze gezogen wurde.
Eine weitere Pflanze, die in römischen Gemüsegärten nicht fehlen durfte, ist der Salat oder Lattich. Die Stammform des Gartensalats Lactuca serriola ist heute als Steppenpflanze in Ägypten verbreitet. Möglicherweise begann man dort mit der Kultur des Gartenlattichs Lactuca sativa. Von Ägypten breitete der Lattich sich über die griechische und römische antike Welt aus. Die Römer aßen ihn frisch als Salat und gekocht als Gemüse. Kam er zunächst vor allem als Vorspeise auf den Tisch, setzte man ihn später wegen der bei Dioskurides vermerkten einschläfernden Wirkung an das Ende des Mahls. Um ihn das ganze Jahr essen zu können, wurden die Stiele in eine Lake aus Salz und Essig eingelegt. Obwohl archäologische Nachweise fehlen, ist anzunehmen, dass die Römer den Lattich auch nach Deutschland brachten. In Apicius’ Kochbuch wird Salat gemeinsam mit der auch bei Columella aufgeführten Endivie genannt, für die Apicius die gleiche Salatsoße vorschlägt.
In seiner Aufzählung der Pflanzen, die er für den Garten empfiehlt, unterscheidet Columella nicht zwischen Gemüse und Kräutern. Eben so wenig trennt er zwischen Küchen- und Arzneikräutern oder solchen, de ren Blüten gegebenenfalls zu dekorativen Zwecken weiterverarbeitet wurden. Stattdessen orientiert sich seine Liste an den Jahres zeiten und den Zeitpunkten für die Aussaat, an den Pflegearbeiten und an der Ernte. Eine heute nur wenig bekannte Pflanze, die in den römischen Gar ten handbüchern häufiger erwähnt wird, ist der Alant (Inula helenium), eine mächtige Staude mit hohen Blütenstängeln und kräftigem, bitter schmeckendem Wurzelstock, der einen feinen Veilchenduft entwickelt. Unter der Bezeichnung helenion ist der Alant in der Dioskurides-Abschrift aus Neapel dargestellt. Dort werden die typischen, breiten Blätter, die goldenen Blüten und die kräftigen Wurzeln hervorgehoben, die in der römischen Welt ein wichtiges Mittel gegen Magenbeschwerden waren. Columella hielt Rezepte für in Wein, Ge würze, Honig oder Lake eingelegte Wurzeln fest. Die prächtigen gelben Blüten verarbeitete man vermutlich zu Kränzen und Girlanden.
Alant (Inula helenium)
Die großblättrige unempfindliche Solitärstaude stammt ursprünglich aus Zentralasien und ist heute in Mittel- und Südeuropa verbreitet. Inula helenium lässt sich leicht aus Samenkörnern ziehen und ist mit Sonne oder Halbschatten gleichermaßen zufrieden. Da sie dazu neigt, sich im Garten auszubreiten. sollte man sie aber mit Bedacht anpflanzen. Die goldgelben Blüten, die wie kleine Sonnenblumen aussehen, erscheinen erst im zweiten Jahr nach der Aussaat. Der umfangreiche Wurzelstock, der bis zu vier Kilogramm wiegen kann, spielt in der Medizin heute keine Rolle mehr, ist aber eine ausgezeichnete Zutat für Potpourris.
Die Meerzwiebel (Urginea maritima) bildet, im Unterschied zu vielen anderen Gewächsen im römischen Garten, erst im Herbst ihren hohen Blütenschaft mit dicht an dicht liegenden weißen Blüten heraus. Heute wird das giftige Liliengewächs nicht mehr im Gemüsegarten gepflegt. Dioskurides empfiehlt die Meerzwiebel jedoch gegen Gelbsucht, Krämpfe, Asthma und als magenreinigendes Mittel. Columella beschreibt Meerzwiebelwein als Mittel für gute Verdauung, zur Kräftigung der Gesundheit, gegen chronischen Husten und für den Magen. Die Meerzwiebel wurde, wie Dioskurides schreibt, auch als Amulett gegen böse Geister über der Haustür aufgehängt.
Neben diesen, für die Küche nicht geeigneten Pflanzen, führt Columella all die vielen Kräuter auf, die wir heute noch im Garten pflegen. Schnittlauch und Sauerampfer gehören dazu, der „duftreich blühende Dill“, Kerbel, Basilikum, Majoran und Thymian, Minze und das unverzichtbare Bohnenkraut (Satureja hortensis), mit dem die Römer ihre Bohnengerichte verfeinerten. Geschätzt wurde neben dem Geschmack die verdauungsfördernde Wirkung bei fetten und blähenden Speisen. Die in Italien heimische, nach Kokos duftende, bläulichgrün gefärbte Weinraute (Ruta graveolens) gehörte zu den beliebtesten Würzpflanzen der Römer. Columella empfiehlt sie als Begleitung für Oliven. Apicius erwähnt sie über hundert Mal; er verfeinert mit den Blättern der Raute Soßen, Geflügel, Bohnen, Erbsen, Linsen, Fisch, Kräuterkäse und Wein. Die Raute war im Altertum zudem eine der wichtigsten Heilpflanzen überhaupt, ein wichtiges Gegenmittel bei Vergiftungen und eine Arznei gegen Augenkrankheiten, wie wir von Dioskurides wissen. Vermutlich brachten die Römer die Pflanze über die Alpen. Ihre Samen wurden im römischen Köln gefunden. Heute wird sie in der Volksmedizin nicht mehr verwendet. Auch als Gewürz sollte man sie nur sparsam einsetzen, denn Weinraute kann phototoxisch wirken und Hautausschlag verursachen. Ein wenig Vorsicht ist bei Berührungen also angebracht.
Ebenso beliebt wie die Raute war der Koriander (Coriandrum sativum) in den römischen Gärten. Die Römer verbreiteten die Pflanze auch in den Provinzen. Allein im Römischen Rheinland wurde er an 24 Fundstellen entdeckt. In Militärlagern, in Städten, auf dem Land, überall wusste man Koriander zu schätzen. Er war Heilmittel, wie die in einem römischen Lazarett gefundenen verkohlten Samenkörner belegen und kam bei schlecht heilenden Wunden und Parasiten zum Einsatz. Er wurde aber auch als Würzpflanze gezogen. Im Kochbuch des Apicius wird er für siebzig verschiedene Speisen empfohlen. Verwendet wurden die Körner und häufiger noch die frischen Blätter.
Weinraute (Ruta graveolens)
Die Pflanze stammt aus dem östlichen Südeuropa, wo sie auf mageren, felsigen Böden und auf Kalksteinböden wächst. Im Garten ist sie an einem einigermaßen sonnigen Standort mit fast jedem Boden zufrieden, nur sauer sollte er nicht sein. Weinraute ist winterhart, wird über einen Meter hoch und kann problemlos zurückgeschnitten werden. Sie ist prinzipiell auch für die Topfkultur geeignet, vorausgesetzt, der Behälter ist groß genug. Im Garten sät sie sich leicht von selbst aus. Die kleinen gelben Blüten ziehen im Sommer viele Insekten an.
Der Fenchel (Foeniculum vulgare) der Römer war der Ge würz fenchel. Im Unterschied zu unserem Gemüsefenchel, der vor allem wegen der Knolle gezogen wird, verwendeten die Römer Samen und Laub der Pflanzen. Der Fenchel stammt aus dem östlichen Mittel meerraum und ist in mehreren Arten und Varietäten von Südeuropa bis Westasien heimisch. Bereits die Griechen schätzten den besonderen Duft der Blätter und trugen zu festlichen Anlässen Kränze aus Fenchel laub. Sie verwendeten seine Blätter und Samen für fast alle Speisen. Essig, Brot, eingelegte Oliven, Fleischbrühen und Wildbret wurden damit gewürzt. Die Römer übernahmen den Fenchel und verbreiteten ihn in ihrem Reich. Samen wurden in Deutschland, Frankreich und England gefunden, und natürlich kommt er auch in Apicius’ Kochbuch vor. Dioskurides empfiehlt Fenchel als Heilpflanze bei Magenproblemen und Augenleiden und als harntreibendes Mittel.
Dass die Römer in ihren Gärten tatsächlich alle von den Autoren genannten Pflanzen zogen, darf bezweifelt werden. Vielmehr ist anzunehmen, dass je nach Standort und Größe des Gartens und dem persönlichen Ehrgeiz der Besitzer oder Gärtner die Gemüse und Kräuter nach Bedarf und Ansprüchen ausgewählt wurden. Kultiviert wurden die Gewächse in separaten Beeten. Gelegentlich pflanzte man bestimmte Arten gemeinsam, um Schädlinge und Krankheiten zu vermindern. Empfohlen wurde etwa die gemeinsame Kultur von Bohnenkraut und Zwiebeln, von Kohl und Minze oder von Kohl und Mohn. Da in den meisten Fällen nicht nur für den Eigenbedarf, sondern auch für den Verkauf angebaut wurde, dürfen wir uns die Beete mit den einzelnen Gewächsen durchaus größer vorstellen, allerdings nicht zu breit, damit das Jäten nicht zu mühsam wurde. Kleine Kräuterecken, wie sie in vielen unserer heutigen Gärten zu finden sind, waren wohl nicht üblich in den römischen Gärten.
Im Kräutergarten der Villa Borg hat man neben den Arten, die die römischen Autoren erwähnen, auch solche zusammengetragen, die in den nördlichen Provinzen wild wuchsen, so etwa Borretsch, Dost, Knoblauchrauke, Beinwell oder Frauenmantel. Im Herb Garden der Getty-Villa wachsen hingegen, anders als der Name vermuten lässt, nicht nur Kräuter. Zwar ist für die Villa der Papyri, das historische Vorbild der Getty-Villa, kein Gemüsegarten nachgewiesen, doch ist es wahrscheinlich, dass Flächen in der Nähe der Villa für den Anbau von Wein, Oliven und Getreide genutzt wurden. Der Herb Garden der Getty-Villa liegt neben dem als Ziergarten hergerichteten großen Peristyl von einer hohen Mauer getrennt am westlichen Rand der Anlage. Im Garten versammelt sind um die fünfzig verschiedene Gemüse, Kräu ter, Blumen und Bäume, die in axial angeordneten, rechteckigen Beeten wachsen. Im Zentrum der Anlage steht eine Brunneneinfassung der Art, die auch in der Villa Regina den Garten mit Wasser versorgte. Dort begegnet uns der Kapernstrauch aus Columellas Garten wieder. Ebenso wächst im Herb Garden Kohl, jedoch eine Ziervarietät, die auf die Bedeutung der Kohlgemüse für die römische Speisekarte verweist, aber auch verdeutlicht, dass der Garten der Getty-Villa bei allen Bemühungen um Detailgenauigkeit in erster Linie eine Schauanlage ist. Zum Garten der Getty-Villa zählen darüber hinaus verschiedene Obstbäume, die entweder in die Beetpflanzungen einbezogen wurden oder an den Rändern des Gartens wachsen.
Die Römer zählten die größeren Obstgärten ebenso wie die Weinberge und Olivenhaine nicht zu den Hausgärten. Dennoch wuchsen in vielen kleineren Nutz- und Küchengärten einzelne Obstbäume, wie wir von den Ausgrabungen in Pompeji wissen. Im Haus des Fauns und im Haus des Pansa etwa gab es in den Hinterhöfen Gärten mit Obstbäumen und Gemüsebeeten. Im Haus des Polybius wuchsen Feigen, Kirschen, Oliven, Apfel- und Birnbäume im Peristyl. Wilhelmina Jashemski hat dort Wurzelreste von insgesamt fünf großen und mehreren kleineren Bäumen und Hinweise auf Pfosten, die schwere Äste stützten, gefunden. Im Nutzgarten der Getty-Villa gedeihen neben den in Italien heimischen Apfel-, Birn-, Feigen-, Mispel- und Oliven bäumen auch Zitronen, Quitten, Pflaumen und Pfirsiche, die erst im Verlauf der römischen Eroberungszüge zum Repertoire der römischen Gärten hinzukamen.
Bei der Feige (Ficus carica), einer der ältesten Kulturpflanzen überhaupt, unterscheidet Columella zwischen verschiedenen Sorten. Er kennt „chalkidische“ und „kallistruthische Feigen“, „Cauneen aus Chios“, „rote Chelidonier“ und „fette Marisker“. Die Sorten sind heute verloren, die Vielfalt deutet aber an, wie wichtig Feigen für die Ernährung der Römer gewesen sind. Sie waren Brot und Beilage in einem. Cato kürzte seinen Sklaven sogar die Brotration, wenn die Feigen reif waren. In der Küche des Apicius wurde neben frischen und getrockneten Früchten ein aus den Früchten hergestellter eingedickter Sirup, defrutum genannt, verwendet. Als Trockenfrucht gelangten Feigen auch in die römischen Provinzen. Ob sie in römischer Zeit bereits nördlich der Alpen angepflanzt wurden, ist nicht sicher. In Pompeji schmückt ein prächtiger Feigenbaum vor schwarzem Grund die Wände eines kleinen Zimmers im Haus des Obstgartens, das einmal ganz mit großen fruchttragenden Bäumen in einem Garten ausgemalt war.
Auch die Früchte des schwarzen Maulbeerbaums gehörten zu den römischen Grundnahrungsmitteln. Im Unterschied zu den Feigen, die getrocknet über große Strecken transportiert werden können, verderben Maulbeeren leicht. Sie wurden frisch verzehrt oder zu Saft verarbeitet. Doch wurde der Maulbeerbaum auch als Zier baum geschätzt. Plinius etwa pflanzte ihn zusammen mit Feigen, und im Haus der Venus in der Muschel in Pompeji ziert ein Bild von einem Maulbeerbaum in einem Topf die Gartenmauer. Die Bäume mit ihren prächtigen großen Blättern können, ohne Schaden zu nehmen, beschnitten und zu schattenspendenden Spalieren und Lauben geformt werden. Ursprünglich wohl aus Zentralasien stammend, übernahmen die Römer die Kultur der schwarzen Maulbeere von den Griechen und verbreiteten sie später auch in den Provinzen. In Köln, Aachen und am Oberrhein wurden Reste der Früchte gefunden. Pollenfunde lassen den Anbau auch in der hessischen Wetterau vermuten.
Auch die Pflaume war nicht ursprünglich in Italien heimisch. Sicher ist, dass Pflaumen im Altertum bereits im östlichen Mittelmeerraum angebaut wurden und dass die Römer verschiedene Pflaumensorten kannten. Tatsächlich ist die Pflaume eine reine Kulturpflanze, die aus Kreuzungen verschiedener Wildarten hervorgegangen ist und heute in mehrere Unterarten und zahlreiche Formen unterteilt wird. Auf den Wänden pompejanischer Häuser finden wir Darstellungen von dunkelblauen und gelben Früchten und Bilder von Pflaumen in Glas schalen. Offenbar hat man Pflaumen gerne frisch und direkt vom Baum gegessen. Apicius erwähnt sie als Zutat für seine Gerichte, Dioskurides notierte die abführende Wirkung der Früchte und empfiehlt das Baumharz als Klebstoff. Die Römer brachten verschiedene Pflaumensorten schließlich über die Alpen bis nach England.
Den Granatapfel (Punica granatum) erwähnt Columella mehrfach wegen seiner Blüten; die Früchte scheinen ihm weniger wichtig gewesen zu sein. Dennoch haben die Römer die Kerne des Granatapfels gerne gegessen, das belegen Stillleben an den Wänden der pompejanischen Häuser und Darstellungen auf den Mosaiken. Ursprünglich stammt der Granatapfel aus Persien. Der kleine Baum oder Strauch verbreitete sich bereits im frühen Altertum im ganzen Mittelmeerraum. Dioskurides unterscheidet zwischen dem wilden Granatapfel und der Kulturform. Samen, Blüten und Rinde beider Sorten empfiehlt er bei Magenproblemen und Geschwüren. Die Blüten des wilden Granatapfels, die keine Früchte mehr bringen, listet Columella bei den Blumen auf, die für den Markt geschnitten werden.