„So viele Arten, so viele Zeiten des Auspflanzens gibt es.“ (Columella, 10. Buch über die Landwirtschaft)
Auch die Zitrone war in der Antike eine echte Zierpflanze. Immergrün, mit duftenden, weißen Blüten und goldenen Früchten wuchs sie in vielen Gärten des Römischen Reichs. Als Obstbaum und Nahrungsmittel jedoch war sie unter römischen Gärtnern damals kaum bekannt.
In Pompeji, im Garten des Hauses des Polybius wurden Zitronen in Blumentöpfen vorgezogen und in Beete an der Mauer ausgepflanzt. Die dort gepflegten Zitronen gehörten zur Art Citrus medica, der Zitronatzitrone. Sie enthält nur wenig Saft, hat dafür aber eine dicke, aromatisch duftende Schale. Wie alle Zitronenarten stammt Citrus medica aus Asien, in Italien war sie ursprünglich nicht heimisch. Erst mit den Eroberungszügen Alexanders des Großen kamen Zitronen nach Griechenland und von dort aus auch nach Rom. Bei Cato und Columella wird die Zitrone nicht erwähnt. Plinius nennt sie in der „Naturalis historia“ „citrus“, „malum citrum“ oder „citrea“. Dioskurides bezeichnet die Zitrone nach ihrer vermuteten Herkunft als „medischen“ oder „persischen Apfel“ und bespricht sie als Heilpflanze. Zitronen wurden im Wein als Gegenmittel gegen Vergiftungen verwendet, die Kerne halfen bei Schwangerschaftsübelkeit. Um Ungeziefer vorzubeugen, legte man Zitronen auch zwischen die Kleidung oder in den Schrank. In der Küche verarbeitet wurde sie nur selten. Im Kochbuch des Apicius ist jedoch ein Rezept vermerkt, in dem die aromatischen Blätter der Zitrone verwendet werden.
Zitronen waren im römischen Altertum vor allem Zierbäume, die man eventuell sogar im englischen Fishbourne pflegte. In den Gärten der Villa der Poppaea sind sie sicher gewachsen, das belegen verkohlte Zweige des Baums, die man dort gefunden hat. Aber auch in anderen pompejanischen Gärten weisen Topfscherben auf Zitronenbäumchen hin. An der Westmauer im Garten des Hauses des Polybius wurden über den Wurzelabdrücken Nagellöcher gefunden. Sie legen nahe, dass die Zitronenbäume dort als Spalierobst gezogen wurden.
Neben Zitronen kamen seit der Mitte des ersten Jahrhunderts vor Christus weitere Obstarten aus den neu eroberten Territorien nach Rom. Der berühmte Lucullus (117–56 v. Chr.) soll als hochrangiger Offizier beim Militär Aprikosen, Pfirsiche und Kirschen von seinen Auslandseinsätzen in Kleinasien mitgebracht haben. Hundert Jahre später machte Kaiser Vitellius, der 68 bis 69 n. Chr. regierte, die aus Syrien stammende Pistazie in Italien heimisch. Kannte Cato im zweiten Jahrhundert vor Christus gerade einmal 5 verschiedene Birnensorten, 4 Äpfel- und 6 Feigensorten, so nennt Plinius in der „Naturalis historia“ bereits 39 verschiedene Birnen, 23 Äpfel, 29 Feigen und dazu die Cato noch unbekannten Pflaumen und Quitten. Darstellungen von Obstbäumen im Haus des Obstgartens, in der Villa der Livia und anderswo lassen darauf schließen, dass die neu eingeführten Arten im Garten nicht allein aus wirtschaftlichen, sondern auch aus ästhetischen Gründen gepflegt wurden.
Rezept für mit Zitronenblättern aromatisierten Wein
Gib Blätter vom Zitronenbaum in einem Körbchen aus Palmbast in ein Fass Most,
bevor er vergärt, und nimm sie nach vierzig Tagen heraus. Wenn nötig, gib Honig
hinzu.
(Kochbuch des Apicius 1,4)
Wie die Baum- und Nutzgärten bewirtschaftet werden sollten, haben die antiken Gartenbuchautoren detailliert aufgeschrieben. Manches ist heute jedoch schwer nachvollziehbar. So etwa Columellas Vorschläge zur Ungezieferbekämpfung: Tierblut und Eingeweide sollen bei Unwettern die Götter besänftigen. Und falls Raupen oder Würmer die Pflanzen schädigen, hilft dem Autor zufolge eine junge Frau, die mit aufgelöstem Haar und nackten Füßen um Beete und Gartenzaun geführt wird. Inwieweit diese Ratschläge auch außerhalb Roms oder in den Provinzen und in Germanien befolgt wurden, können wir nur vermuten. Von solchen Details einmal abgesehen, nennt Columella gute Erde und Wasser in erreichbarer Nähe als Grundvoraussetzungen für erfolgreiche Gartenarbeit. Theophrastos weiß, dass das Wasser frisch und kalt sein sollte. Außerdem sei Wasser aus Entwässerungsgräben zu vermeiden, weil es Unkrautsamen enthalten kann. Und gewässert werden sollte früh morgens oder am Abend. In Pompeji legte man zur Bewässerung kleine Gräben um die jungen Pflänzchen an, damit das Wasser die Wurzeln leichter erreichen konnte.
Columella äußert sich ausführlich zu den weiteren Arbeiten des Gärtners im Jahresverlauf. Ungewöhnlich für moderne Gartenbücher, beginnt er mit dem Herbst: Dann kann, wenn der Boden weich vom Regen ist, die Erde mit einem Spaten umgegraben werden, andernfalls empfiehlt der Autor den Pflug. Den Winter über soll die Erde offen liegen. Gegen Ende des Winters wird der verdichtete Boden gelockert und die Erde mit Mergel und Mist aufbereitet. Theophrastos empfiehlt dafür Dünger aus Holzasche und mit Stroh vermischten Dung von Vögeln, Menschen, Schweinen, Ziegen, Schafen und Rindern. Auch Lupinen wurden als Gründünger gepflanzt und untergepflügt.
Der Frühling beginnt für Columella mit der Aussaat von Blumen und Gemüse. Das Saatgut dafür sollte möglichst früh gesammelt werden. Theophrastos empfiehlt, keine Saaten zu verwenden, die älter als zwei Jahre sind. Sobald die Saat keimt und die ersten Blätter und Triebe aus der Erde wachsen, muss der Gärtner regelmäßig gießen und die Erde hacken, schreibt Columella. Einige Pflanzen, wie Rettich oder Basilikum können sukzessive ausgesät werden, um mehrere Ernten zu gewährleisten. Theophrastos empfiehlt zudem, Jungpflanzen umzupflanzen, um stärkere und größere Exemplare zu erhalten. Über das Umpflanzen von Bäumen macht sich auch Plinius d.Ä. in der „Naturalis historia“ Gedanken. Er rät dazu, junge Bäume in mindestens 60 cm weite und tiefe Pflanzlöcher zu setzen, die mit Steinen, zerbrochenen Scherben oder Kies begrenzt sind. Für kleinere Bäume oder Büsche sollte, je nach Größe der ausgewachsenen Pflanze, mindestens ein Meter Abstand eingeplant werden.
Neue Pflanzen gewannen die römischen Gärtner auch durch Absenker und Stecklinge. Cato empfiehlt diese Methoden für Brombeeren, Efeu, Weinreben, Feigen, Granatäpfel, Äpfel und Lorbeer, Myrten oder Maulbeeren. Die jungen Pflanzen zog man in geflochtenen Körben heran. Lediglich besonders wertvolle Pflanzen – wie etwa Zitronen – setzte man in Töpfe, in denen sie auch leicht transportiert werden konnten.
Ob die Römer ihre Pflanzen bereits in Gewächs- oder Treibhäusern kultivierten, wie in der Literatur gelegentlich diskutiert wird, ist nicht gesichert. Archäologische Belege für diese Auffassung gibt es bisher nicht. Vermutlich gab es aber Beetkästen auf Rollen. So heißt es, dass Kaiser Tiberius, der 14 bis 37 n. Chr. regierte, auf seine geliebten Gurken auch außerhalb der Erntezeit nicht verzichten wollte. Deswegen sollen seine Gärtner das Gemüse in beweglichen Kästen kultiviert haben. Die Beete konnten so in der kalten Jahreszeit tagsüber in die Sonne geschoben werden und kamen nachts in eine geschützte Unterkunft.
Miniaturgartenwerkzeuge aus Bronze aus Kölner Grabfunden des 3. und 4. Jahrhunderts n. Chr., Köln, Römisch-Germanisches Museum
Über viele Hilfsmittel für die Gartenarbeit wissen wir recht gut Bescheid. Bei Ausgrabungen wurden immer wieder Gartenwerkzeuge gefunden. Sie geben gemeinsam mit den Beschreibungen der antiken Autoren wertvolle Hinweise dafür, wie wir uns die Arbeit im Garten in römischer Zeit tatsächlich vorzustellen haben. Wir kennen zum Beispiel Leitern zum Obstpflücken aus den pompejanischen Gärten. Und Colu mella empfiehlt hölzerne Spaten mit scharf geschliffenen eisernen Rändern zum Umgraben. In der Villa der Poppaea wurde ein Garten messer mit gekrümmter Klinge ausgegraben, eine Hippe, die zum Schneiden und Trimmen der Gewächse diente. Columella kennt auch schwere Walzen, die nach der Aussaat feiner Samen die Erde festigen und das Ungeziefer fernhalten sollten. Sensen zur Grasernte brachte die römische Armee nach Germanien und Britannien. Zum Wenden des Heus dienten wohl bereits Rechen mit hölzernem Balken und eisernen Zinken. Zum Unkraut jäten wurden Hacken mit kurzer Klinge genutzt. Mit der Jäthacke zog Columella auch die schmalen Pfade durch seine Beete. Zum Lockern der verdichteten Erde und zum Zer kleinern der Erdschollen schließlich empfahl Columella eine zweizinkige Hacke.
Eine ganz ungewöhnliche Kollektion von römischen Gartenwerkzeugen im Miniaturformat hütet das Römisch Germanische Museum in Köln. Die Modelle landwirtschaftlicher Geräte aus Bronze wurden in römischen Frauen- und Mädchengräbern in Köln entdeckt. Die kleine Leiter, der Spaten, die Sense, Sichel, Harke und anderen Geräte werden in das 3. und 4. Jahrhundert n.Chr. datiert. Warum man sie den Verstorbenen mit ins Grab gab, ist nicht bekannt. Lange Zeit hat man sie als Symbole des Gottes Mithras gedeutet, wofür es aber keine Anhaltspunkte gibt. Die Objekte vermitteln jedoch einen Eindruck von der Vielfalt der damals verwendeten Gerätschaften.
Es ist unklar, wer genau in den Gärten gearbeitet hat, ob zum Beispiel auch die Hausherrinnen die Pflanzen gepflegt haben. Sicher ist es allerdings, dass Cato, die beiden Plinius oder Columella, die äußerst fachkundig über die gärtnerische Arbeit schreiben, die Gartenarbeit nicht selbst verrichtet haben. Sie hatten tatkräftige Unterstützung von Sklaven oder angestellten Gärtnern. Die Zahl der Arbeitskräfte, die den Garten versorgten, hing von der Größe des Grundstücks ab. Auf kleinen Flächen kam man wohl mit ein bis zwei Arbeitskräften aus. In den großen Villengärten war hingegen eine Vielzahl verschiedener Bediensteter mit der Pflege der Gärten beschäftigt. Neben dem Ver walter und seinem Vertreter, dem villicus und subvillicus, gab es den olitor, der sich um das Gemüse kümmerte. Der arborator war für die Bäume zuständig und besorgte das Schneiden und Pfropfen. Ein vinitor hütete die Weinstöcke und der aquarius schließlich war für die Bewässerung der Pflanzen verantwortlich. Einen übergeordneten Begriff für den Gärtner als jemanden, der sich um alles kümmerte, was mit dem Garten zu hatte, hatten die Römer offenbar nicht. Der Begriff hortulanus setzt sich erst im zweiten Jahrhundert n. Chr. durch und bezog sich auf die Arbeiter in kommerziellen Gärten.
Die Kunst des dekorativen Gärtnerns wurde als topiara opera bezeichnet, der Gärtner entsprechend als topiarius. Plinius d. Ä. datiert die Entstehung dieses Berufszweigs in die Regierungszeit des Augustus (30 v. Chr.–14 n. Chr). Ursprünglich bezog sich der Begriff nur auf die Person, die die Hecken schneidet, im Verlauf der Zeit wurde er auch als allgemeine Bezeichnung für den Gärtner, der die Ziergärten pflegt und für den Landschaftsgärtner verwendet. Topiarii scheinen damals hoch angesehen gewesen zu sein. Cicero etwa äußert sich in seinen Briefen bewundernd über den topiarius seines Bruders, der Säulengang und Statuen mit Efeu überwachsen ließ. Plinius d. J. bezeichnet seinen Gärtner sogar als Künstler und erlaubte ihm, den eigenen Namen in die Hecken seines Villengartens zu schneiden. Tat sächlich haben sich eine ganze Anzahl von Grabsteinen erhalten, auf denen die Berufsbezeichnung topiarius erscheint – ein deutlicher Hin weis darauf, dass diese Männer als Handwerker in Rom und dem übrigen Italien in einigem Ansehen standen. Über die Gärtner, die die großen Gartenanlagen in den weit entfernten Provinzen in Fishbourne oder in Borg betreuten, wissen wir leider nichts. Doch dürften die Einheimi schen diesen vollkommen neuen Beruf wohl mit einigem Erstaunen zur Kenntnis genommen haben.
Die Ziergärten waren sehr wichtige Bestandteile des Hauses oder der Villa. Aus Plinius’ Villenbeschreibungen geht hervor, dass ein schön gestalteter Ziergarten ein Statussymbol war, das mit Stolz vorgezeigt wurde. Aus Griechenland importierte Kunst und aufwendige Wasserspiele unterstrichen diesen Anspruch ebenso wie die Pflanzung neuer Arten oder ungewöhnlich geschnittene Sträucher und Hecken. Weniger wohlhabende Gartenbesitzer ließen sich unerreichbare Ausstattungselemente auf Gartenmauern malen. Ebenso bedeutsam für das römische Gartenkonzept war der Blick auf den Garten. Sogar in bescheidenen Häusern wie dem Haus mit dem gemalten Labrum wurde der Blick vom Eingang bis zum Garten und den illusionistischen Malereien auf der Mauer geführt.
In den größeren Häusern wurde dem Blick vom Speisezimmer, dem Triklinium, auf den Garten besonders viel Bedeutung beigemessen. Seinen Namen hat das Triklinium von dem Speisesofa, der Kline, auf der mehrere Personen Platz nehmen konnten. Der Begriff Triklinium bezeichnet sowohl die typisch römische Zusammenstellung von drei Klinen um einen Tisch, als auch den Raum, in dem die Klinen standen. Doch nahmen die Römer ihre Mahlzeiten nicht ausschließlich im Speisezimmer mit Blick auf den Garten ein, sondern versammelten sich, wenn das Wetter es erlaubte, zum gemeinsamen Essen auch im Garten. Überall im Römischen Reich lassen sich Hinweise auf Gartentriklinien finden: in den Vesuvstädten, aber auch im römischen Gallien, in Spanien und sogar in Britannien. Waren die Klinen im Haus aus Holz, wurden die Klinen im Garten häufig aus Steinen gemauert. In den meisten Fällen handelt es sich bei den Garten- oder Sommertriklinien um die übliche Zusammenstellung von drei Klinen. Gelegentlich aber gab es auch sogenannte Biklinien, in denen sich lediglich zwei Klinen gegenüberstanden. In den späten Jahren des Römischen Reichs wurden gekurvte Triklinien populär, die zumeist auf byzantinischen Malereien dargestellt sind.
Im Garten des Herkules in Pompeji beispielsweise stand ein Triklinium unter einer Pergola, wie Spuren von Pfostenlöchern belegen. Eine Pergola sorgte in den südlicheren Gefilden für den dringend benötigten Schatten im Garten. Sie war mit Kletterpflanzen wie Wein oder Efeu, vielleicht auch mit Geißblatt bewachsen. Die Pergola selbst bestand wohl meist aus Holz. In den aufwendigeren Versionen kamen aber auch Säulen zum Einsatz, über die Querstreben aus Stäben, Rohr, Schnur oder Weinranken gezogen wurden. Plinius d. J. schildert den von einer säulengestützten Pergola beschatteten Essplatz in den Villenbriefen. Und im Haus des Epheben in Pompeji ist ein von vier Säulen umstandenes Triklinium erhalten geblieben. Die Säulen stützen heute wieder ein mit Wein bewachsenes hölzernes Gitter. Alma-Tadema malte eine ganz ähnlich aussehende Säulen pergola in sein Bild von einem römischen Innenhof (vgl. Abb. S. 10). Pergolen dienten als Schat tenspender für Triklinien ebenso wie für die Wasserbecken im Zentrum des Gartens. Wie beliebt die Pergola in der damaligen Gartenkultur tatsächlich war, belegt die Wandma lerei aus Herculaneum, die gleich zwei mit Wein bewachsene Pergolen an den Gartenrändern abbildet (vgl. Abb. S. 50).
Wo immer es möglich war, pflanzten die Römer Weinreben. Sie waren das beliebteste Gewächs, um Pergolen zu beranken und Schatten in den Garten zu bringen. So empfiehlt auch Columella Wein ausdrücklich nicht nur wegen der Früchte, sondern als dekorative Pflanze und als Schattenspender. Plinius ließ sogar sein Ruhezimmer auf dem Anwesen in Tusculum von Weinreben überwuchern. Er schwärmt von dem ganz mit Wein überwachsenen, in gedämpftes grünes Licht ge tauchten Raum, der ihm das Gefühl gibt, im Wald zu sein. Der Wunsch, sich im Grünen, im Wald aufzuhalten, drückt sich in den Gartenmalereien der römischen Wohnhäuser besonders deutlich aus. So finden wir das von Plinius beschriebene Dämmerlicht in den Grün- und Blautönen der Gartenbilder im Haus der Livia oder auf den Fresken im Haus des goldenen Armreifs wieder. Im Haus des Obst gartens werden die Wandmalereien sogar bis unter die Decke weitergeführt, was den Eindruck von einem Baumgewirr und dem besonderen Licht, in dem sich die Baumstämme verlieren, noch weiter steigert.
Neben dem fest installierten Gartentriklinium unter der weinberankten Pergola oder Besonderheiten wie Plinius’ Ruhezimmer, waren römische Gärten häufig mit weiteren Möbeln ausgestattet. Feste Sessel oder Hocker haben sich zwar kaum erhalten, obwohl Plinius d. J. oder Cicero sie in Briefen erwähnen. An einigen Orten fand man aber gemauerte Bänke mit und ohne Rückenlehnen. Auch fest installierte Tische sind in den Gärten der Vesuvstädte häufiger zu sehen. Vor allem Tische für das Gartentriklinium hatten in der Regel eine gemauerte Basis. Gelegentlich fehlt die Tischplatte, die dann vermutlich aus Holz bestand. Der ältere Plinius erwähnt runde Tischplatten aus dem Holz von Zitronenbäumen. Es gab auch fest installierte, dekorative und mit Tier- und Fabelwesen geschmückte Tische aus Marmor. Ein solcher Tisch hat sich etwa im Garten des Hauses der Dioskuren erhalten. In den meisten Gärten jedoch behalf man sich wohl mit tragbaren Möbeln, die bei schlechtem Wetter zurück ins Haus geräumt wurden.
Im Garten des Herkules stand in der Nähe des Trikliniums ein Kultschrein, in dem die Laren, die Schutzgötter der Familie und des Hauses, verehrt wurden. Solche Lararien für den privaten Gebrauch im Haus konnten ganz unterschiedlich aussehen. Manchmal genügte den Bewohnern eine bemalte Nische in der Wand. An anderen Orten, etwa im Garten des Herkules und im Säulengang des Hauses der goldenen Amoretten, waren große und aufwendig ausgestattete Schreine untergebracht, wie auch auf Alma-Tademas Bild dargestellt. Neben den Laren wurden in den Schreinen Ahnenbilder und Bildnisse anderer Götter und Heroen aufgestellt, so wie die Statuette des Herkules, die im Schrein im Garten des Herkules verehrt wurde. Ursprünglich platzierten die Römer das Lararium im Eingangsbereich des Hauses oder in der Nähe des Herdfeuers. In den Vesuvstädten fand es jedoch nicht selten einen Platz im Garten. Dieser Umstand lässt vermuten, dass der Hausherr und die übrigen Mitglieder des Haushalts sich in manchen Gärten regelmäßig vor dem Schrein versammelten, um in kleineren, privaten religiösen Zeremonien und Kulthandlungen Götter und Ahnen zu verehren.
Zunächst ist es nicht weiter erstaunlich, dass auch Schreine für die Götter, Helden und Ahnen, die über den Haushalt wachten, im Garten untergebracht waren, waren doch gleich mehrere verschiedene Götter für den Garten zuständig. Diana war als Göttin des Hains in den Bäumen anwesend, Venus wachte über den Garten, Mars war der Gott aller wachsenden Dinge, Priapus der Gott der Fruchtbarkeit – und auch Bacchus als Gott des Weines war mit dem Garten verbunden. Ebenfalls waren viele der von den Römern gepflegten Gartenpflanzen eng mit der römischen Götterwelt verknüpft, etwa Wein, Myrte, Efeu oder Lorbeer.
Nicht alle Götterbilder aber verweisen auf die Verehrung der Gottheiten im jeweiligen Haushalt, denn zuweilen wurden sie aus ganz praktischen Gründen genutzt: Besitzer von Nutzgärten stellten zum Beispiel Bilder des Fruchtbarkeitgottes Priapus als Vogelscheuche auf. Und Columella notierte: „Verehre vielmehr einfach den roh behauenen Stamm eines alten Baumes als die Gottheit Priapus mit dem schreckenerregenden Glied, der stets inmitten eines Gartens den Knaben mit seinem Geschlecht, den Dieb mit seiner Sichel bedroht.“ Andere Gartenbesitzer wiederum inszenierten im Garten einen heiligen Hain nach Art der ländlichen Heiligtümer, so etwa Horaz. Cicero widmete einen Teil seiner Gartenanlagen der Göttin Athena, deren Standbild er aus Griechenland bezogen hatte. Für ihn war der Garten die geeignete Kulisse für ein teures Kunstwerk.
Die vielen Götterbilder im Garten der Vettier erzählen ebenfalls von der Sammelleidenschaft und dem Statusdenken ihrer Besitzer. Die Figuren ordnen den Garten aber auch, ähnlich wie bei Cicero oder Horaz, in eine große Erzählung, die Garten und Götter miteinander verbindet. Der Garten der Vettier erzählt von den Freuden des ländlichen Lebens und von den Gaben der Götter, von Wein, Liebe und Rausch. Die Kunstwerke, die in dekorativer Form auf Venus oder Bacchus Bezug nehmen, betonen die sinnlichen Aspekte der Religion, den Genuss und die Erotik. Aufgabe der Götterbilder im Garten der Vettier war es, eine heitere Stimmung und Sinnlichkeit zu verbreiten und eine freundliche, religiös gefärbte Oberfläche zu schaffen, wie sie viele Bewohner des Römischen Reichs schätzten. Im Garten der Vettier wurden Formen des Götterkults säkularisiert und auf eine allgemeine Ebene der Kommunikation und Repräsentation gehoben. Ein sakraler oder spirituell überhöhter Ort oder gar das irdische Abbild eines verklärten Jenseits, wie es der Garten in der christlichen Literatur des Mittelalters war, das alles war der römische Ziergarten, trotz der Schreine und Götterbilder, wohl nicht.
Neben den Kunstwerken und vielen Pflanzen sind auf den Bildern im Haus des goldenen Armreifs (vgl. Abb. S. 100) auch Tiere abgebildet: Pirol, Steinhuhn, Purpurhuhn, Nachtigall, Krickente, Silberreiher, Eichelhäher, Haustaube, Amsel, Drossel und viele andere bekannte und weniger bekannte Arten lassen sich identifizieren. Auf der Gartenmauer des Hauses der Venus in der Muschel (vgl. Abb. S. 122) sind ebenfalls Reiher und Drosseln dargestellt. Während der Reiher oder der Pirol farbenfroher Blickfang, Rarität oder Stellvertreter für den Wunsch nach Natur und Wildnis waren, wurden Tauben und Enten auf den Bauernhöfen für den Verkauf und zum Verzehr gezüchtet. Ebenso hat man verschiedene Wildvogelarten, allen voran Drosseln oder Rebhühner, zu diesem Zweck gehalten. Columella schreibt über die gewerbsmäßige Pflege und Zucht von Haushühnern, Tauben, Enten, von Drosseln und Amseln. Die entsprechenden Rezepte im Kochbuch des Apicius machen deutlich, welche Bedeutung Geflügelgerichte in der römischen Küche hatten. Darüber hinaus hielten die Römer Vögel auch als Haustiere. Der leere Vogelkäfig auf den Wandmalereien im Gartensaal der Villa der Livia verweist auf diese Praxis ebenso wie die mit einem Netz abgesicherten Nischen oder Winkel im Peristyl bei Varro. Varro beschreibt zudem eine sehr große und aufwendig gestaltete Voliere mit Teichen und Säulenaufbauten, in der Amseln und Nachtigallen gehalten wurden.
Neben den vielen kleineren Haus- und Wildvögeln wurden Pfauen auf den römischen Wandmalereien besonders häufig dargestellt (vgl. Abb. S. 45). Als Ziergeflügel pflegte man sie sogar in den städtischen Gärten: Columella unterstreicht, dass Pflege und Zucht der schönen Tiere für Stadtbewohner besonders interessant sein dürfte und widmet den Pfauen in seinem Buch ein eigenes Kapitel. Als Voraus setzungen für die erfolgreiche Haltung von fünf Hennen und einem Hahn nennt er ein mit Bäumen und Sträuchern bewachsenes ebenes Grundstück mit einer hohen Mauer, einen Auslauf, Ställe für die Tiere, eine Unterkunft für den Pfleger und Gerste als Futter.
Auch die Bienen betrachten die römischen Autoren in ihren Büchern besonders genau. Die Imkerei war aber ebenso wie die Haltung größerer Tiere den ländlichen Regionen vorbehalten, für die römischen Städte ist die Bienenzucht nicht nachgewiesen. Varro, Plinius und Columella geben Anweisungen zur Pflege der Insekten und der Herstellung des wertvollen Honigs und Wachses. Sie beschreiben das Einfangen wilder Bienenschwärme, die Auswahl geeigneter Arten, ihre Pflege, außerdem Zucht, Krankheitsbekämpfung, Verhalten, die Konstruktion der Bienenstöcke und vieles mehr. Columella nennt Pflanzen, die Bienen anziehen, sie versorgen und den Geschmack des Honigs verbessern. Zitronenmelisse und Thymian waren bereits damals als Bienenweide bekannt, ebenso die Blüten der Obstbäume, die Blumenbeete in den Nutzgärten und Rosen, Veilchen und Akanthus. Honig aus Thymian, Majoran oder Rosmarin galt als besonders wohlschmeckend. Honig von Efeu, von gedüngten Pflanzen und von Kohlblüten hingegen bezeichnet der Autor als minderwertig, Eibenhonig galt sogar als schädlich.
Waren Bienen im Römischen Reich vor allem auf den Bauernhöfen zu finden, pflegten die Römer Fische auch auf den Grundstücken der villae suburbanae. Zu fast allen Villen am Meer gehörten während der Kaiserzeit Fischteiche. Die Becken waren vor dem Haus untergebracht. Um den Wasserwechsel zu erleichtern, richtete man sie meist in Strandnähe ein. Columella rät, die Becken so anzulegen, dass frisches Wasser in die Becken hinein und verbrauchtes Wasser abfließen kann. Der Beckengrund sollte mit Sand und Verstecken für die Fische ausgestattet sein. Ob in den Teichen eher Muscheln und andere Schalentiere, Plattfische oder Hochseefische gehalten wurden, hing von der Beschaffenheit des Ufers und der Lage der Becken ab. In der Regel wurden die Fische im Meer eingefangen, in den Teichen bis zum Verkauf oder Verzehr gemästet und wenn möglich auch nachgezüchtet. In den kaiserlichen Palästen sollen die besonders begehrten Meerbarben und Muränen auch als Haustiere gehalten worden sein – wie die Versorgung der Becken mit frischem Wasser im vom Meer weit entfernten Rom jedoch vonstattenging, ist nicht bekannt.
Das Impluvium im Atrium der römischen Häuser oder die Wasserbecken im Garten waren hingegen für die Haltung von Meeresfischen nicht geeignet. Und Süßwasserfische, die für die Pflege infrage kamen, waren in Rom nicht sehr beliebt. Ob sie vielleicht zum Verzehr im großen Wasserbecken in Borg gehalten wurden, ist nicht überliefert. Goldfische jedenfalls, die dort heute leben, kannten die Römer noch nicht. Ohnehin ist ungewiss, ob überhaupt Fische in den Gartenbecken gepflegt wurden. Die Wasserbecken kamen ja, wie wir gesehen haben, zumeist ohne Bepflanzung aus, und die Besitzer erfreuten sich wohl vor allem am klaren Wasser und am farbigen Putz. Stattdessen brachte man Bilder von Meereslebewesen in Form von Mosaiken und Malereien in der Nähe der Wasserbecken unter oder schmückte das Becken selbst damit. So etwa ist das Wasserbecken im Garten des Hauses des Meleager mit Darstellungen von Wasserlebewesen verziert, ohne dass sich vermuten ließe, man habe in diesem Becken echte Pflanzen oder Fische gepflegt.
Dennoch gab es bepflanzte Teiche, auch wenn sie wohl kein Bestandteil der Ziergärten waren. Columella erwähnt in dem Kapitel über die Geflügelhaltung spezielle Teiche für die Pflege von Wassergeflügel, in denen vielleicht auch das prächtige Purpurhuhn aus dem Gartenbild im Haus des goldenen Armreifs gehalten wurde. Columella beschreibt den Teich mit Zu- und Ablauf für das Wasser, einer flachen Böschung, geformt aus Scherbenzementpflaster, und einem Grund aus eingestampften Steinen und Putzmörtel. Die Wasser pflanzen sollten in der Mitte des Teichs Platz finden, zu diesem Zweck sollte der Boden an dieser Stelle mit Erde bedeckt werden. Am Ufer geben Gras, Myrten und Buchsbaumbüsche den Tieren Deckung. Binsen, Tamarisken und Lotos nennt er als geeignete Wasserpflanzen.
Wollten sie Lotos anpflanzen, hatten die römischen Teichbesitzer gleich mehrere Arten zur Auswahl. Die indische Lotosblume Nelumbo nucifera mit ihren großen wohlriechenden rosafarbenen oder weißen Blüten bezeichnet Plinius d. Ä. in seiner „Naturalis historia“ wegen der Samenform als ägyptische Bohne. Frisch oder getrocknet wurden ihre Samen damals gerne gegessen. Apicius erwähnt in seinem Kochbuch auch Rezepte für die Wurzeln der Nelumbo nucifera, die als colocasia bezeichnet wurden. Dioskurides empfiehlt die Pflanze gegen Magenprobleme und Ohrenleiden. Der indische Lotos kam mit den Eroberungszügen Alexanders nach Ägypten, ist dort heute aber ausgestorben. Die in Ägypten heimischen Nymphea lotus und Nym phea coeruela, die weiße und blaue ägyptische Lotosblume, wachsen hingegen noch heute auf dem Nil. Ihre Blüten wurden ebenso wie der indische Lotos als Kranzblumen verwendet. Im Frankfurter Senckenbergmuseum und im Botanischen Museum in Berlin Dahlem werden Kränze und Girlanden mit getrockneten Lotosblüten aufbewahrt.
Auf den römischen Wandmalereien und auf Mosaiken werden Lotosblumen und Enten gemeinsam dargestellt, was darauf schließen lässt, dass diese Pflanzen in den Ententeichen des Römischen Reichs verbreitet waren. Wie so viele von den Römern geschätzte Gewächse, sind aber auch die Lotosblumen nicht winterhart. In den botanischen Gärten verbringen sie deshalb die kalte Jahreszeit in beheizten Becken. Einen Winter in Borg würden sie ohne Winterschutz nicht überstehen. Dort wachsen ebenso wie in den Teichen der Getty-Villa robustere europäische und nordamerikanische Nymphaea-Hybriden.
Dennoch bereichern erstaunlich viele Pflanzen, die bereits in den Gärten der Römer wuchsen, auch unsere heutigen Gärten. Mit einfachen Mitteln können wir ein Stück römische Gartenkultur in unsere Gärten oder auf den Balkon holen – davon handelt das letzte Kapitel.