»Ohne die sokratischen Gespräche würde ich elendig verrecken in dieser Verblödungsanstalt« (DG 29), sagt Hauke Burmeister. Burmeister ist seit fast einem Jahrzehnt Insasse der Justizvollzugsanstalt Berlin-Tegel, und die sokratischen Gespräche, von denen er hier spricht, sind Teil eines Pionier-Projektes, das die JVA Tegel in Kooperation mit der Freien Universität Berlin eingeführt hat. Seit der Jahrtausendwende haben die Häftlinge die Möglichkeit, an philosophischen Gesprächen teilzunehmen, die von Studierenden moderiert und begleitet werden. Diskutiert werden dabei Themen wie Werte, Freundschaft, Toleranz und Anerkennung.
Das Philosophie Magazin veröffentlichte 2012 ein Interview mit dem Initiator der sokratischen Dialoge unter Strafgefangenen, dem philosophischen Trainer Jens Peter Brune. Brune erklärt, die Grundidee des Gesprächsangebots sei »eine auf Vernunft vertrauende, auf Argumente aufbauende und stets auf persönliche Erfahrung bezogene Untersuchung philosophischer Fragen« (PL 31). Der philosophische Dialog eigne sich in besonderem Maße dazu, mit Gefangenen ins Gespräch zu kommen, da in dieser Gesprächsform jede Person ernstgenommen werde, was sich nicht zuletzt darin äußere, dass auch scheinbar abwegige Gedanken als bedenkenswert betrachtet würden. »Das spüren die Teilnehmer und zeigen alsbald eine Offenheit, um die uns mancher Therapeut beneidet« (PL 31). Auf der Grundlage einer solchen Offenheit könne zwischen den Gefangenen jenseits von Misstrauen und Ressentiments ein guter Austausch stattfinden. In der Tat, so Brune, sei es auch möglich, dass Gefangene durch die sokratischen Gespräche zu unerwarteten Erkenntnissen und Einsichten gelangten. So habe ein wegen Beihilfe zum Mord Verurteilter seine Einstellung zum Thema Menschenrechte nach einigen Monaten des Philosophierens grundlegend geändert.
Die Situation im Gefängnis, erklärt Brune, sei zwar in vielerlei Hinsicht einschränkend und belastend, aber mit Blick auf die sokratischen Dialoge könne doch zuweilen eine konstruktive Umdeutung stattfinden: »Hier kann man, wenn auch ohne Komfort, so doch entlastet von den vielen täglichen Orientierungs- und Entscheidungsproblemen, gut nachdenken. Auch Sokrates hat ja, als er im Gefängnis saß, nicht etwa an seiner Flucht gearbeitet, sondern mit seinen Getreuen über prägende Grundwerte der Menschen nachgedacht« (PL 31). Sokrates ist allerdings nicht der einzige philosophierende Gefängnisinsasse, der den Teilnehmern an den philosophischen Gesprächen in der JVA Tegel als Beispiel dienen kann. Ein (unfreiwilliger) Anlass zum Nachdenken war die Gefangenschaft auch für einen anderen berühmten Häftling, nämlich den spätantiken Politiker und Gelehrten Boethius. Im Unterschied zu Sokrates und Burmeister aber führte Boethius in der Haft keine Gespräche mit Freunden bzw. philosophischen Trainern, sondern rang in Selbstgesprächen um innere Fassung und um eine neue Perspektive auf sein Leben.
(Vermutlich) im Jahr 525 wird der hochrangige römische Staatsmann Anicius Manlius Severinus Boethius auf Geheiß Theoderichs, des Königs der Ostgoten, verhaftet. Die Anklage lautet: Hochverrat. Boethius steht im Verdacht, eine Verschwörung von Anhängern des oströmischen Kaisers gegen die Ostgotenherrschaft zu unterstützen. Tatsächlich ist ihm wohl die Verteidigung eines gewissen Albinus zum Verhängnis geworden, dem man Geheimverbindungen zu byzantinischen Kreisen vorwirft. Boethius hat den Beschuldigten in Schutz genommen, mit dem Resultat, dass die Anklage nun auf ihn selbst ausgedehnt und mit falschen Zeugen gestützt wird. Bei seiner Gefangennahme ist Boethius 45 Jahre alt. Er ist zu dieser Zeit nicht nur politisch aktiv, sondern auch als Philosoph und als Philosophiehistoriker tätig. Als solcher versucht er das Erbe der antiken Schriften durch Übersetzung ins Lateinische und Kommentierung zu bewahren – ein äußerst ambitioniertes Bildungsprojekt. Zudem hat er sich als Autor betätigt und einige kleinere Abhandlungen über die Musik, die Mathematik sowie zu theologischen Themen – Boethius war Christ – verfasst.
Die Inhaftierung wird für Boethius, der sich als magister officiorum eben noch auf dem Höhepunkt seiner Karriere befunden hat, unerwartet zur letzten Station seines Lebensweges. Es wird das Todesurteil verhängt. Im Gefängnis verfasst der vom Glück Verlassene die Consolatio philosophiae, den Trost der Philosophie, eines der letzten philosophischen Bücher der Antike und eines der beliebtesten des Mittelalters.
Der inhaftierte Gelehrte ist außer sich vor Wut und Verzweiflung. Aufgelöst beklagt er sein Schicksal, als er plötzlich bemerkt, dass er Gesellschaft bekommen hat: »Da zeigte sich, daß mir zu Häupten eine Frau getreten war von sehr ehrwürdigem Aussehen, mit feurigen und über die gemeine Kraft des Menschen hinaus durchdringenden Augen, von lebhafter Farbe und unerschöpflicher Frische, mochte sie auch so hoch in Jahren sein, daß man sie keineswegs für eine Zeitgenossin gehalten hätte –, von einer Größe, die man nicht klar erkennen konnte« (TdP 41 f.). Eine sonderbare, fast überirdisch wirkende Frau tritt zu dem gefangenen Boethius. Ihr Alter ebenso wie ihre Größe entzieht sich menschlichen Maßstäben. Sie trägt ein Gewand aus zartem und gleichzeitig unzerstörbarem Gewebe. In einer Hand hält sie ein Zepter, in der anderen Hand Bücher. Es handelt sich um keine Geringere als die Philosophie höchstpersönlich, die gekommen ist, um ihrem Freund und Schüler Boethius in seiner Verzweiflung beizustehen. Was nun folgt, ist ein langes und heilsames Gespräch der Philosophie mit dem Eingeschlossenen.
Der Trost der Philosophie hat die Form eines Dialogs zwischen Boethius und der personifizierten Philosophie. Genau genommen handelt es sich aber um einen dialogischen Monolog: Boethius, der verzweifelte, mutlose Gefangene, tritt in einen Dialog mit Boethius, dem Philosophen und Philosophiegelehrten.
Die personifizierte Philosophie tritt also in der geschilderten Szenerie zu ihrem eingekerkerten Schützling, betrachtet sein Gesicht, »wie es von Trauer schwer und in Trübsal zu Boden gesenkt war« (TdP 43), und erkennt, dass Boethius ihres Beistands bedarf. »Hätte ich dich etwa, sagte sie, mein Kind, verlassen und nicht […] das Leid mit dir gemeinsam tragen sollen?« (TdP 45), fragt sie rhetorisch. Die Philosophie ist gekommen, um ihrem »Kind« in seiner dunkelsten Stunde mit den ihr eigentümlichen Mitteln zu helfen. Beherzt lenkt sie daher Boethius‹ Aufmerksamkeit weg vom Beklagen seines Schicksals, hin zu einer philosophischen Betrachtung seiner Situation. Etwas »philosophisch zu betrachten«, darunter verstehen wir im Alltag den meist nicht ganz ernstgemeinten Ratschlag, einem Missgeschick oder einem Ärgernis durch geistige Akrobatik etwas Positives abzugewinnen. Tröstlich ist in solchen Fällen nicht die (vermeintlich) philosophische Betrachtungsweise, sondern eher das gemeinsame Lachen über dieselbe. Im Falle von Boethius und der personifizierten Philosophie aber sieht die Sache anders aus, denn letztere ist ganz ernsthaft der Meinung, dass es philosophische Überlegungen sind, die Boethius in seiner Situation am dringendsten braucht. Und so kann sie aus voller Überzeugung über das Philosophieren mit dem Gefangenen sagen: »Jetzt ist eher Zeit für Arznei als für das Klagelied« (TdP 44).
Die Philosophie als Überbringerin der nötigen Arznei, als Therapeutin – das ist der Leitgedanke der Consolatio, den Boethius mit dem Auftauchen der Philosophie neben seinem Haupt verdeutlichen will. Und wie es sich für eine Ärztin gehört, stellt die Philosophie zunächst eine vorläufige Diagnose – »ich sehe, dich hat eine Lähmung befallen« –, beruhigt den Patienten – »es besteht keine Gefahr: er leidet an Lethargie, der gewöhnlichen Krankheit eines genarrten Geistes« –, und sagt ihm, was als nächstes zu tun ist, nämlich »seine Augen abwischen, die von einer Wolke sterblicher Dinge beschattet sind« (TdP 44). Aber anders als bei einer medizinischen Behandlung kann der Patient sich hier nicht nach dem Benennen seiner Beschwerden passiv den Heilkünsten seiner Ärztin überlassen – und z. B. brav die verschriebenen Medikamente schlucken –, vielmehr ist sein aktives Mitwirken am weiteren Verlauf der Behandlung gefordert. Und so muss Boethius sich zunächst einmal die Frage gefallen lassen: »Was weinst du, was schwimmst du in Tränen? […] Wenn du die Hilfe des Arztes erwartest, mußt du die Wunde aufdecken!« (TdP 47). Boethius ist verständlicherweise irritiert, denn es ist doch wohl mehr als offensichtlich, dass er allen Grund zum Weinen hat: »Liegt die Härte des Schicksals, wie es gegen mich wütet, nicht offen zutage?« (TdP 47). Da es nun aber nötig zu sein scheint, zählt er seiner Therapeutin, »in beständigem Schmerze herausgestöhnt« (TdP 54), die Gründe für seine Trauer auf. Insbesondere die ihm widerfahrene Ungerechtigkeit macht Boethius zu schaffen, denn »anstatt Belohnung wahrer Tugend treten wir Strafe an für ein erlogenes Verbrechen« (TdP 51), während »jeder Verbrecher unter den Augen Gottes gegen die Unschuld vermag, was er plant« (TdP 50). Wieso kommen böse Menschen, wenn es solche schon geben muss, mit ihren Schandtaten auch noch ungeschoren davon? Und wie konnte andererseits ein redlicher, um Gerechtigkeit bemühter Bürger wie er, Boethius, in eine solch ausweglose Situation geraten? Diese Fragen lassen ihn geradezu verzweifeln.
Die Philosophie nimmt die Klagen ihres Schützlings ungerührt zur Kenntnis. Sie tröstet Boethius an dieser Stelle nicht, sondern zieht aus seiner Gemütsverfassung ganz nüchtern Konsequenzen für den weiteren Verlauf der Therapie: »Da aber stärkster Aufruhr der Leidenschaften dich befallen hat und Schmerz, Zorn und Trauer dich nach verschiedenen Seiten ziehen, so berühren dich kräftigere Heilmittel noch nicht bei dem Geisteszustand, in dem du jetzt bist. Deshalb werde ich eine Weile lindere anwenden« (TdP 55). Dem aufgebrachten Boethius können und müssen demnach zunächst einmal leichte »Heilmittel« verabreicht werden, um ihn zu stabilisieren und gewissermaßen zur Vernunft zu bringen. Erst wenn er auf diese Weise etwas aufgebaut wurde, können die starken Arzneien zum Einsatz kommen. Zu den leichten »Heilmitteln« gehört eine weitere Befragung des Patienten durch die Philosophie. Ob die Welt nach Boethius‹ Meinung vernünftig geordnet oder eine Anhäufung von Zufällen sei, will die Therapeutin wissen. Des Weiteren fragt sie ihn, was wohl der Ursprung aller Dinge sei. Schließlich geht es der Philosophie darum, »was ein Mensch ist« (TdP 57). Mit dieser letzten Frage scheint sie nun einen wunden Punkt getroffen zu haben, denn ihr Patient gerät nach einer ziemlich allgemeinen Antwort – »ein vernunftbegabtes und sterbliches Lebewesen« (TdP 57) – ins Stocken. Die Philosophie erklärt daraufhin: »Ich weiß nun […] die wichtigste Ursache deiner Krankheit: du hast aufgehört zu wissen was du selbst bist« (TdP 58). Selbstvergessenheit, so lautet also die definitive Diagnose der Ärztin Philosophie.
Selbstvergessen zu sein, das bezeichnet im alltäglichen Sprachgebrauch keinen negativen Zustand. Es wird damit zum Ausdruck gebracht, dass jemand so konzentriert auf seine Gedanken oder seine Tätigkeit ist, dass derjenige nicht merkt, was um ihn herum vorgeht. Selbstvergessenheit nennen wir dieses Versunkensein in eine bestimmte Beschäftigung, weil der Mensch gedanklich ganz bei der Sache und damit gewissermaßen nicht bei sich selbst ist. Wenn aber die Philosophie bei Boethius ein Selbstvergessen diagnostiziert, geht es ihr um etwas anderes. »Du hast aufgehört zu wissen, was du selbst bist«, erklärt sie ihrem Schützling, und das kann zunächst einmal in dem Sinne verstanden werden, dass die Philosophie Boethius auffordert, sich auf sie zu besinnen. So gesehen würde die Diagnose besagen: »Du hast in deinem Kummer offenbar vergessen, dass du ein Philosoph bzw. philosophisch geschult bist. Also erinnere dich daran und setze an die Stelle des kopflosen Klagens und Weinens geistige Disziplin und vernünftige Überlegungen!«. Das so verstandene Selbstvergessen ist ja der Grund, warum die Philosophie dem Gefangenen zuallererst erschienen ist.
Als die Philosophie in ihren Erläuterungen zur Selbstvergessenheit fortfährt, wird allerdings klar, dass das Übel noch tiefer sitzt und weitreichende Konsequenzen hat. »Denn da du ja an Selbstvergessen leidest, mußtest du dich als verbannt und deiner eigensten Güter beraubt betrauern« (TdP 58). Das Selbstvergessen soll demnach die Ursache dafür sein, dass Boethius den Verlust seines Besitzes betrauert und sich verloren und ausgeschlossen fühlt. Die Gefühle von Verlust und Verbannung sind also scheinbar nicht objektiv gerechtfertigt, sondern hängen (zumindest teilweise) von Boethius‹ Gemütszustand ab. Das kann aber nur bedeuten, dass er nicht nur vergessen hat, was bzw. wer er ist, sondern auch, was wirkliche Güter sind und was wahres Aufgehoben-Sein bedeutet. Boethius hat (nachvollziehbarerweise) das Gefühl, ihm sei schlechterdings alles genommen worden und er sei vollkommen verloren. Die Philosophie deutet hingegen an, dass diese völlige Verzweiflung mit dem Selbstvergessen zusammenhängt. Folglich muss die benötigte Arznei eine Art von Selbst-Erinnerung oder Selbstfindung sein.
Nachdem sich die Philosophie ein Bild über die Verfassung ihres Schützlings gemacht hat, beginnt sie damit, die diagnostizierte Verwirrung seines Geistes zu behandeln. Die philosophische Kur besteht an dieser Stelle in Reflexionen über Boethius‹ Gefühl des Verlustes, die als »ein Linderungsmittel für den Schmerz« (TdP 64) wirken sollen. Der Gefangene vergeht, wie die Philosophie feststellt, »vor Verlangen und Sehnsucht nach dem früheren Glück« (TdP 60). Das Glück, von dem hier die Rede ist, ist das äußere Glück, der günstige Zufall. Da wir im Deutschen nur einen Begriff für zwei sehr unterschiedliche Glücksarten verwenden – nämlich für das Glück, das man hat, und für das Glück, das man empfindet –, kann es beim Reden über das Thema Glück zu Missverständnissen kommen. Im Englischen unterscheidet man demgegenüber zwischen luck und happiness, im Französischen zwischen chance und bonheur und in der Sprache des Boethius, dem Lateinischen, zwischen fortuna und beatitudo. Das Wort fortuna bezeichnet nun wiederum nicht nur das günstige Geschick bzw. den glücklichen Zufall, sondern auch das Schicksal im Allgemeinen – sowie die dafür zuständige Göttin –, und mit eben diesem hadert Boethius.
Viele Jahre lang hatte Boethius das Gefühl, ein Günstling Fortunas zu sein. Umso härter trifft ihn jetzt die Wende des Schicksals. Die Philosophie aber macht ihrem Schützling klar, dass hier ein Missverständnis vorliegt: »Du glaubst, das Schicksal habe sich dir gegenüber gewandelt? Du irrst! Das ist immer seine Gepflogenheit, dies ist seine Art. Bewahrt hat es vielmehr bei dir seine ihm eigene Beständigkeit gerade in der Veränderlichkeit« (TdP 60). Das Schicksal ist seinem Wesen nach kapriziös. Man kann ihm nicht sinnvollerweise vorwerfen, dass es sich wandelt, denn genau das Zufällige, Veränderliche und Flüchtige definiert es ja – »wenn es zu stehen beginnt, hört es auf, Geschick zu sein!« (TdP 62). Könnte Fortuna sich selbst gegenüber Boethius verteidigen, so würde sie vielleicht sagen: »Dies beständige Spiel spiele ich: ich drehe das Rad mit schnellrollender Felge; das Unterste gegen das Höchste, das Höchste gegen das Unterste zu tauschen, ist meine Freude. Steige empor, wenn du willst, aber unter der Bedingung, daß du es nicht für Unrecht hältst, herabzusteigen, wie es der Gang meines Spieles fordert« (TdP 63). Wer sich also dem Glück des Zufälligen unterstellt, der darf nicht die entsprechenden Spielregeln und das Gesetz des Glücksrades aus den Augen verlieren: What goes up, must come down – um es mit Blood, Sweat & Tears zu sagen.
Die Philosophie weist Boethius darauf hin, dass die entscheidende Frage vor diesem Hintergrund doch lauten muss: »Hältst du etwa ein Glück, das davongehen wird, für wertvoll? Ist dir ein günstiges Geschick, wenn es bei dir ist, teuer, obwohl es keine Stete im Bleiben hat und, wenn es weicht, Betrübnis bringen wird?« (TdP 61). Die Frage ist offensichtlich rhetorisch gemeint. Man sollte, das will die Philosophie dem Leidenden klarmachen, ein Glück, von dem man weiß, dass es vergänglich ist, nicht allzu hoch schätzen. Überhaupt kann ein solch unstetes, nicht festzuhaltendes Glück, das von einem blinden Schicksal abhängt, nicht das Wahre sein. Wer sein Glück im Besitz von äußeren Gütern, von Geld, Macht oder Ruhm sucht, der setzt aber genau auf ein unbeständiges, unsicheres Glück, das mit dem, was wirklich gut ist, also mit der wahren Glückseligkeit (beatitudo) nichts zu tun haben kann. Denn: »Wenn das Glück das höchste Gut eines Wesen ist, das mit Vernunft lebt, und nicht höchstes Gut ist, was irgendwie entrissen werden kann, da ja das, was sich nicht rauben läßt, es übertrifft, so liegt auf der Hand, daß die Unbeständigkeit des Zufalls nicht den Anspruch machen kann, das Glück zu erfassen« (TdP 69). Das, was wirklich und unübertreffbar gut ist, – die Philosophie spricht auch vom »höchsten Gut« – kann nicht unbeständig sein, sonst wäre es ja durch etwas Beständiges zu übertreffen.
Aber nicht nur die Unsicherheit und Flüchtigkeit des Zufallsglücks, dem Boethius nachtrauert, lässt dieses als Kandidaten für das wahre Glück ausscheiden. Auch die Tatsache, dass es dabei um äußere Güter geht, wird von der Philosophie scharf kritisiert. Sie findet, dass es für vernunftbegabte Wesen wie uns Menschen geradezu unwürdig ist, das Glück an Äußerlichkeiten wie Reichtum und materiellen Schätzen festzumachen und dabei die spezifisch menschlichen Talente aus dem Blick zu verlieren. »Anderes ist mit dem Seinen zufrieden, ihr aber, Gott an Geist ähnlich, erhascht von den niedrigsten Dingen den Schmuck für euer überragendes Wesen und merkt nicht, wie sehr ihr damit eurem Schöpfer Unrecht tut« (TdP 73). Es geht der Philosophie nun wieder um die bereits diagnostizierte Selbstvergessenheit: Wer wie Boethius sein Glück ausschließlich an äußeren Gütern wie Geld oder Ruhm festmacht, der hat in gewisser Weise vergessen, wer er ist. Und das ist, wie die Philosophie ausführt, fatal, denn das Eigentümliche an der »Menschennatur« ist, dass sie »nur dann unter den übrigen hervorragt, wenn sie sich selbst erkennt, zugleich jedoch tiefer als die Tiere hinabsinkt, wenn sie aufhört, sich zu kennen; denn bei den übrigen Tieren ist, sich nicht zu kennen, Natur, beim Menschen wird es zum Vergehen« (TdP 73).
Die Philosophie hat Boethius‹ Klagen über die Härte des Schicksals zum Anlass genommen, um die herkömmlichen Glücksvorstellungen einer harschen Kritik zu unterziehen. Sie geht sogar so weit zu behaupten, »den Menschen nütze ein widriges Geschick mehr als ein günstiges: dies trügt immer unter dem Anschein des Glückes dadurch, daß es hold scheint, das erste ist immer wahr dadurch, daß es sich unbeständig im Wechsel zeigt. Jenes täuscht, dies belehrt« (TdP 81).
Und der so belehrte Boethius? Der spürt, wie die philosophischen Schmerzmittel allmählich zu wirken beginnen: »Wie hast du mich durch das Gewicht der Gedanken oder auch durch den angenehmen Gesang wieder erwärmt! So daß ich nicht zweifle, hiernach den Schlägen des Schicksals gewachsen zu sein! So schaudere ich nicht nur nicht vor der Arznei, von der du sagtest, sie sei etwas schärfer, sondern, voll Begier zu hören, fordere ich sie heftig« (TdP 83). Die Philosophie erwidert erfreut: »Wie würdest du erst vor Begier erglühn, wenn du erkenntest, wohin ich dich zu führen beginne! […] Zum wahren Glück, das auch dein Geist erträumt« (TdP 83). Jetzt soll es also um das echte Glück gehen, das Boethius in seiner Selbstvergessenheit offenbar aus den Augen verloren hat. Die Philosophie kann ihren Schützling zunächst beruhigen, denn er ist nicht der einzige, der bei der Beschäftigung mit äußeren Gütern vom Pfad zum wahren Glück abgekommen ist. Vielmehr suchen die meisten Menschen das Glück an der falschen Stelle, nämlich im Erlangen von Macht, Ruhm, Reichtum, Schönheit, von Dingen also, die weder jemals vollkommen noch von Dauer sind. Was die Menschen demgegenüber anstreben sollten, ist ein Gut, das nichts zu wünschen übrig lässt, das also vollständig und vollkommen ist. Das wahre Glück, das diesem höchsten Gut entspricht, macht »selbstgenügsam, mächtig, ehrwürdig, berühmt und froh« (TdP 100). Langsam dämmert es Boethius, an welcher Stelle das vollkommene Gute und mithin das von der Philosophie beschriebene wahre Glück zu suchen sein muss: »Wir müssen den Vater aller Dinge anrufen« (TdP 100). Das Streben nach Glück, bestätigt die Philosophie, ist ein Streben nach dem höchsten, vollkommenen Guten, und dieses ist identisch mit Gott. Also kann das wahre Glück nur von Gott her bestimmt werden. Das Streben der Menschen nach dem wahren Glück muss anders gesagt in der Pflege der Tugenden, der Bekämpfung der Laster und dem Streben nach Gott bestehen.
Boethius hat keine Einwände gegen den erläuterten Zusammenhang von Glück, vollkommenem Gut und Gott. Auch lässt er sich von der Philosophie gerne daran erinnern, dass Gott als das höchste Gut die Welt »stark lenkt und sanft ordnet« (TdP 114). Aber das Reden über Gott, die wahre Glückseligkeit und die gute Lenkung der Welt erinnert den Gefangenen an ein Thema, das ihn seit seiner Inhaftierung intensiv beschäftigt und betrübt hat: »Das ist ja gerade der tiefste Grund meiner Trauer, daß Schlechtes, obwohl es einen guten Lenker der Welt gibt, erstens überhaupt existieren kann und zweitens ungestraft ausgeht. […] Dazu kommt aber noch etwas anderes, Schwereres: während nämlich die Schlechtigkeit herrscht und in Ansehen steht, entbehrt die Tugend nicht nur ihres Lohnes, sondern unter den Füßen der Schurken wird sie sogar zertreten und büßt an Stelle der Verbrechen Strafe. Daß dies geschehen kann im Reich eines allwissenden, alles vermögenden, aber nur Gutes wollenden Gottes, darüber kann sich niemand genug wundern, niemand genug klagen« (TdP 118). Wie kann es sein, dass in einer von Gott geordneten und gelenkten Welt böse Menschen mit ihren Schandtaten ungestraft davon kommen oder sogar von ihrer Bosheit profitieren, während die Guten das Nachsehen haben? Das wäre in der Tat schlimm, gibt die Philosophie zu, »aber es ist nicht so« (TdP 118). Die menschliche Wertung von Glück und Unglück ist voreilig und unzureichend, erklärt sie ihrem Schützling. In Wahrheit ist der Böse der Unglückliche, weil er an dem wahren Gut, also an Gott, keinen Anteil hat. »Da eben das Gute das Glück ist, so ist klar, daß alle Guten gerade dadurch, daß sie gut sind, glücklich werden« (TdP 126). Und so wie »den Rechtschaffenen gerade ihre Rechtschaffenheit zum Lohn wird, so ist den Ruchlosen ihre Frevelhaftigkeit selbst höchste Strafe« (TdP 126). Während die Tugendhaften durch ihre Teilhabe am vollkommenen Guten, also an Gott, in gewisser Weise göttlich werden, »geschieht es, daß wer die Rechtschaffenheit verläßt und damit aufhört, Mensch zu sein, sich in ein Tier verwandelt, da er in göttliche Stellung nicht übergehen kann« (TdP 127). Außerdem ist die Bosheit ein Zeichen von Schwäche, erklärt die Philosophie Boethius: »Warum lassen [die Bösen] denn die Tugend im Stich und folgen den Lastern? Aus Unkenntnis der Güter? Aber was gibt es Kraftloseres als die Blindheit der Unkenntnis? Oder kennen sie das, dem man folgen muß, die Begierde aber wirft sie aus der Bahn? Auch dann sind sie in ihrer Unbeherrschtheit schwach, weil sie gegen die Laster nicht ankämpfen können« (TdP 123).
Es scheint also nur so als hätten die guten Menschen das Nachsehen und seien den bösen unterlegen. Wir müssen nämlich bedenken, dass die Bösen sich selbst bestrafen, und zwar umso mehr, je erfolgreicher sie bei ihren boshaften Unternehmungen sind. Somit ist klar, dass, entgegen allem äußeren Anschein, »die unglücklicher sind, die Unrecht tun, als die, die es leiden« (TdP 133). Man sollte eigentlich Mitleid mit ihnen haben und ihnen wie Kranken begegnen. »Daher rührt es, daß bei den Weisen überhaupt kein Platz für Haß bleibt. Denn wer – außer ganz großen Dummköpfen – haßt wohl die Guten? Die Schlechten aber zu hassen ist sinnlos. Denn wenn, wie Mattigkeit eine Krankheit des Körpers, so Lasterhaftigkeit eine des Geistes ist, und da wir die körperlich Kranken keineswegs für hassenswürdig, sondern vielmehr für bemitleidenswert halten, sind auch die […] zu bemitleiden, auf deren Sinn gräßlicher als jedes Siechtum die Ruchlosigkeit lastet« (TdP 134).
An dieser Stelle wird es Boethius nun doch ein wenig zu viel mit der weisen und großmütigen Erhabenheit über augenscheinliche Ungerechtigkeiten. Er wirft ein, dass an dem »volkstümlichen Glück etwas Gutes oder Schlechtes sein müsse; denn auch keiner der Weisen will verbannt, arm, in Schande sein, anstatt reich an Schätzen, ob seiner Stellung ehrwürdig, stark durch Macht in seiner Heimat zu bleiben und dort zu gedeihen« (TdP 135). Die herkömmlichen Glücksgüter mögen von der Philosophie als unwichtig und trügerisch enttarnt worden sein, sie sind für die Menschen dennoch von Bedeutung. Und wenn man dazu bedenkt, dass die Philosophie von einem göttlichen Ordnungsprinzip gesprochen hat, dann stellt sich doch nach wie vor die Frage, wie Gott »häufig den Guten Angenehmes, den Schlimmen Widriges und dann wieder den Guten Hartes zuteilt, den Schlimmen Erwünschtes gewährt« (TdP 135). Worin, so fragt sich Boethius, unterscheidet sich unter diesen Umständen die gute göttliche Ordnung eigentlich von blindem Zufall?
Die Philosophie zeigt sich verständnisvoll. Ihr ist klar, dass man den Lauf der Dinge zuweilen für völlig planlos halten kann. Das kann aber ihrer Überzeugung nach nur daran liegen, dass »man den Sinn der Ordnung nicht versteht; aber magst du auch den Grund einer so gewaltigen Ordnung nicht kennen, so zweifle doch nicht, daß alles richtig geschieht, da ein guter Lenker die Welt beherrscht« (TdP 135). Alles ist in bester Ordnung, auch wenn es nicht immer so scheint – das versichert die Philosophie ihrem Schützling. Da aber Boethius, wie seine Lehrmeisterin es von ihm verlangt hat, den Philosophen in sich reaktiviert hat, gibt er sich mit dem bloßen Vertrauen in eine gute Weltordnung nicht zufrieden, sondern verlangt nach weitergehenden Erklärungen: »So lege bitte dar, was du hier für Entscheidungen triffst, da mich ja dieses Wunder am meisten verwirrt« (TdP 136). Der Eifer ihres Patienten entlockt der Philosophie ein Lächeln. Sie erklärt zwar, dass genauere Ausführungen äußerst komplex seien, beginnt dann aber – da sie Boethius jetzt offenbar die stärksten Medikamente zumuten kann – mit einer Erläuterung des Verhältnisses von Schicksal und göttlicher Vorsehung.
Um zu verstehen, wie der augenscheinlichen Unordnung des Schicksals doch eine höhere Ordnung innewohnen kann, muss man den Unterschied zwischen zeitlicher (menschlicher) und überzeitlicher (göttlicher) Perspektive berücksichtigen. Die Philosophie versucht das durch einen Vergleich zu verdeutlichen: Die göttliche Vorsehung ist wie die Idee des Künstlers zu einem Gemälde, und das Schicksal entspricht dem diffizilen und zeitraubenden Auftragen der Farben auf die Leinwand. Wir als Normalsterbliche sehen gewissermaßen nur einzelne Pinselstriche, können aber nicht das Gesamtkunstwerk erkennen. Das Klagen über die Launenhaftigkeit und Blindheit des Schicksals entspricht dann der schlimmsten Form des Banausentums, nämlich dem Niedermachen eines Kunstwerks, das man gar nicht verstehen kann, weil es noch nicht fertiggestellt ist. Jedenfalls, so versichert die Philosophie erneut, können wir davon ausgehen, dass Gott alles gut ordnet. Für den Einzelnen und sein Schicksal bedeutet das: »Indem [Gott] von der hohen Warte der Vorsehung blickt, erkennt er, was einem jeden zuträglich ist, und läßt ihm zukommen, was er für passend erkannt hat« (TdP 140). Wenn daher guten Menschen Schlimmes passiert, dann vielleicht deswegen, weil sie als gutes Beispiel dienen sollen oder damit sie »die Tugenden des Geistes durch Pflege und Übung der Geduld stärken« (TdP 141). Andere Menschen werden möglicherweise auf weniger harte Proben gestellt, weil ihre Tugendhaftigkeit dafür zu instabil ist. Bei den Bösen verhält es sich ebenso. Manchmal bekommen sie ihre gerechte Strafe, manchmal aber auch nicht. So oder so wird es gute Gründe dafür geben. Vielleicht würde ein ungünstiges Schicksal sie in ihrer Bosheit nur noch mehr aufstacheln. Vielleicht muss mancher auch zunächst ungestraft Böses tun, um dann durch sein eigenes schlechtes Gewissen auf den rechten Weg zu kommen. Für die Philosophie steht jedenfalls fest: »Weil jedes Geschick, sei es angenehm oder hart, verhängt wird, um die Guten zu belohnen oder zu üben und um die Ruchlosen zu strafen und zu bessern, ist jedes gut, da feststeht, daß es gerecht oder nützlich ist« (TdP 144). Boethius, der an der unverdienten Härte seines Schicksals leidet, sollte daher Folgendes bedenken: »Ihr, die ihr im Fortschritt zur Tugend seid, seid nicht gekommen, vor Wonne zu zerfließen und im Genuß zu erschlaffen. Kampf führt ihr heftig im Geiste mit jedem Geschick, auf das euch ein trübes nicht überwältige oder ein angenehmes nicht verderbe. […] In eurer Hand ist es nämlich gelegen, wie ihr euch euer Geschick zu gestalten wünscht; denn ein jedes, das hart scheint, straft, wenn es nicht übt oder bessert« (TdP 146).
Die Ausführungen der Philosophie zur Ordnung des Weltlaufes haben in Boethius zwar keinen grundsätzlichen Widerspruch geweckt, ihn aber auf eine neue wichtige Frage gebracht. Wenn nämlich alles so gut geordnet ist und die göttliche Vorsehung sämtliche Ereignisse umfasst, gibt es dann überhaupt so etwas wie Zufälle? Die Philosophie erklärt ihrem Schüler, dass es zwar Ereignisse gibt, die wir als Zufälle bezeichnen – »z. B. wenn jemand den Boden umgräbt, um einen Acker zu bestellen, und dabei eine Last verborgenen Goldes findet« (TdP 149) –, dass es aber keine ursachenlose Ereignisse gibt. Wenn also jemand »in einer Definition behauptet, ein Ereignis, das durch planlose Bewegung und ohne Verknüpfung von Ursachen entstehe, sei Zufall« (TdP 148), dann muss man ihm entgegnen, dass es in diesem Sinne keine Zufälle gibt. »Denn welcher Raum kann irgend übrig sein für Planlosigkeit, da Gott doch alles in Ordnung zwingt? Denn daß nichts aus nichts entstehe, ist ein wahrer Satz« (TdP 148). Diese Erklärungen der Philosophie bringen Boethius zum eigentlichen Kern seiner Frage: »Aber gibt es in dieser Kette in sich zusammenhängender Ursachen eine Freiheit unserer Entscheidung oder fesselt die Kette des Verhängnisses auch die Bewegungen der menschlichen Seele?« (TdP 150). Ja, es gibt Freiheit, antwortet die Philosophie, »denn es dürfte kein vernunftbegabtes Wesen geben, ohne daß es Willensfreiheit besäße« (TdP 150). Weil Menschen Vernunft haben, müssen sie auch frei sein, argumentiert die Philosophie. Denn mithilfe der Vernunft können wir unterscheiden zwischen Dingen, die zu erstreben sind, und solchen, die zu meiden sind. Diese Fähigkeit wäre aber überflüssig, nutz- und sinnlos, wenn wir nicht auch die Freiheit hätten, um zwischen diesen Dingen zu wählen. »Deshalb wohnt in den Dingen, in denen Vernunft ist, auch die Freiheit des Wollens und Nichtwollens« (TdP 151).
Boethius ist verwirrt, denn die Philosophie spricht wie selbstverständlich von menschlicher Freiheit, obwohl sie doch vorher betont hat, dass die göttliche Weltordnung und Vorsehung allumfassend seien und es keine Ausbrüche aus den Ketten der Kausalität gebe. Menschliche Freiheit und göttliche Vorsehung scheinen ihm nicht vereinbar zu sein, und wenn es keine Freiheit gibt, dann hat das fatale Konsequenzen: »Umsonst nämlich setzt man für Gute und Böse Belohnungen oder Strafen aus, die kein freier und willentlicher Entschluß der Seelen verdient hat« (TdP 154). Wenn es keine Freiheit gibt, kann man letztlich niemandem etwas vorwerfen oder allgemeiner: zurechnen. Lob und Strafe verlieren bei unfreien Wesen jeglichen Sinn. Wie lässt sich also das von Boethius formulierte Problem lösen? Die Philosophie erinnert daran, dass der Mensch nicht den Fehler begehen darf, die eigenen beschränkten Geistesfähigkeiten auf Gott zu projizieren. Das wurde ja schon beim Klagen über die (vermeintliche) Unordnung des Weltlaufes als ein zentrales Missverständnis identifiziert. Boethius argumentiert so: Wenn ein Ereignis keinen notwendigen, festgelegten Ausgang hat – so wie es bei einer freien Handlung der Fall sein muss –, dann kann der Ausgang des Ereignisses auch nicht im Voraus gewusst werden. Ausgehend von der menschlichen Erkenntnisfähigkeit, die an Raum und Zeit gebunden ist, ist das durchaus zutreffend. Aber weil Gott sozusagen außerhalb der Zeit steht und daher »immer in einem zeitlosen und gegenwärtigen Zustand ist, […], erwägt er alles in seiner einfachen Erkenntnis, als wenn es nun geschehe« (TdP 165). Dem Blick Gottes ist also alles gegenwärtig gegeben, so dass es für ihn, wenn man so will, keine Überraschungen gibt. Gleichzeitig »ändert die göttliche Vorkenntnis nicht die Natur der Dinge« (TdP 166), wie Boethius befürchtet hatte. Das bedeutet, dass Gottes Allwissenheit die Freiheit unserer Entscheidungen und Handlungen nicht bedroht. Ereignisse, die aus der allumfassenden göttlichen Perspektive betrachtet notwendig sind, sind es nicht zwangsläufig auch an sich.
Mit den Überlegungen zur menschlichen Freiheit nähert sich der Dialog zwischen Boethius und der Philosophie seinem Ende. Zuletzt nimmt die Philosophie noch die Verteidigung der Willensfreiheit zum Anlass, um ihren Schützling an die »gewaltige Notwendigkeit zur Rechtschaffenheit« (TdP 169) zu erinnern, also an die Verantwortung, die mit der Freiheit verbunden ist. Dann ist das Trostgespräch und mithin die philosophische Behandlung beendet. Die Therapie ist vorbei – und wie geht es dem Patienten?
Der Trost der Philosophie war jahrhundertelang eine der populärsten philosophischen Schriften und wird bis heute zu den Klassikern der Philosophiegeschichte gezählt. Aber kann dieses Buch tatsächlich halten, was sein Titel verspricht? Kann die Trostschrift des Boethius wirklich Trost spenden, hat sie also das Potenzial, einem Menschen, der sich in einer krisenhaften Phase seines Lebens befindet, Halt oder Hilfe zu bieten? Man kann daran seine begründeten Zweifel haben. So könnte man zunächst einmal monieren, dass der philosophische Trost mit rationalen Argumenten arbeitet und dem Schmerz keine Berechtigung zugesteht, sondern ihn als unbegründet abtut. Als die personifizierte Philosophie die Szene betritt, erklärt sie die Zeit des Weinens und Jammerns kurzerhand für beendet. Der verzweifelte Boethius wird im Grunde dazu aufgefordert, sich zusammenzureißen und zur Vernunft zu kommen. Von der Wärme eines empathischen Verstehens ist hier wenig zu spüren. Das wirkt einigermaßen unsensibel, und es ist nicht sehr wahrscheinlich, dass solche Aufforderungen – gelesen oder von einem Philosophen vorgetragen – einem verzweifelten Menschen wirklich Trost spenden würden. Zudem dürften die Passagen der Trostschrift, die sich mit der kosmologischen Ordnung und mit dem Verhältnis von göttlicher Vorsehung und Willensfreiheit beschäftigen, zu abstrakt und abgehoben sein, um in schwierigen, belastenden Situationen tatsächlich eine unmittelbar tröstende Wirkung zu entfalten.
Man darf aber bei diesen Zweifeln an der Wirksamkeit der Trostschrift einen entscheidenden Aspekt nicht aus den Augen verlieren: Es ist in der Consolatio Boethius selbst, der sich philosophischen Trost zuspricht. Der Gefangene wird nicht von einer Außenstehenden belehrt und mit klugen Ratschlägen versorgt, sondern hier tritt sich ein Mensch in der Stunde größter Trauer selbst gegenüber, in dem Versuch, die Situation des Verlustes ertragen zu können und in dem Bemühen, sich im Leiden und in der Verzweiflung nicht selbst zu verlieren. Es ist deswegen sinnvoll, den Blick eher auf den methodischen als auf den inhaltlichen Trost der Trostschrift zu richten. Man sollte sich anders gesagt vor allem fragen, was Boethius tut, und sich nicht nur darauf konzentrieren, was er (bzw. die personifizierte Philosophie) sagt.
Boethius stellt in der Consolatio Überlegungen zum wahren Glück an, das nichts mit trügerischen Glücksgütern zu tun hat. Auch beschäftigt ihn die Vorstellung, dass die seelische Verfassung eines Menschen wesentlich mit seiner Einstellung bzw. Perspektive zusammenhängt. Des Weiteren geht es ihm um die Fragen nach Gerechtigkeit, nach der Ordnung des Kosmos, nach dem wahren Guten und nach der Freiheit des Menschen. Was zu diesen Themen in der Trostschrift ausgeführt wird, hat Boethius nicht als Erster gedacht. Man erkennt hier vielmehr deutlich die Einflüsse der antiken Philosophen, mit denen er sich so eingehend beschäftigt hat. Bemerkenswert ist aber Folgendes: In der größten Verzweiflung tritt Boethius in einen Dialog mit der Philosophie, die ihm in seiner existenziellen Notlage Trost und Hilfe verspricht. Tatsächlich tritt er in einen Dialog mit sich selbst, und das tut er, indem er sich auf seine philosophische Bildung besinnt. Dabei scheinen aber die ihm vertrauten Lehren und Thesen der antiken Philosophen plötzlich in einem ganz neuen Sinne relevant für Boethius zu werden. All das, was er sich früher in seinem Schreibzimmer in mußevollen Stunden angeeignet hat, erscheint ihm nun, in der Gefangenschaft, in einem gänzlich anderen Licht. Es geht jetzt nicht mehr um wissenschaftliche Ambitionen, um Gelehrsamkeit, um hehre Bildungsideale, um standesgemäße Beschäftigung, um Ruhm oder sonstige Eitelkeiten. Derartige Luxussorgen sind für Boethius Vergangenheit. Es geht jetzt um das nackte (Über-)Leben. Und erst jetzt, so scheint es, versteht Boethius wirklich, was die alten Philosophen ihm zu sagen haben, denn jetzt erlebt und erleidet er es. Dieses erlebende Verstehen findet in den Gedichten einen Ausdruck, die sich durch das ganze Buch hindurch zwischen den theoretischen Abhandlungen finden. Diese Gedichte sind aber vielleicht nicht nur ein Zeichen für den veränderten und sich verändernden Zugang, den Boethius zu den ihm bekannten Theorien findet. Gut möglich ist, dass sie für den Verzweifelten auch ein Mittel sind, um das schulmäßig erworbene philosophische Wissen auf neue Art zu verinnerlichen. Die nüchtern angeeigneten Kenntnisse bekommen für Boethius mit einem Mal eine existenzielle Bedeutsamkeit, und diese Bedeutsamkeit ist von ihm erwünscht und wird daher durch den inneren Dialog und die Gedichte aktiv befördert. Die philosophische Bildung wird für Boethius zum »Heilmittel« gegen die Selbstvergessenheit, d.h. gegen den Verlust von Sinn und Orientierung.
In ihrem Buch Wie man den Verstand behält (How to stay sane) erklärt die britische Psychotherapeutin Philippa Perry, was ihres Erachtens die wichtigste Bedingung für psychische Gesundheit ist: Man muss zwischen den beiden Extremen des Chaos und der starren Routine einen »Trampelpfad« finden und lernen, »wie man stabil und doch flexibel bleibt, kohärent und doch bereit, Komplexität zuzulassen« (VB 13). Das leuchtet unmittelbar ein, denn innere Stabilität ist zweifellos notwendig, um mit den kleinen und größeren Katastrophen des Lebens fertigwerden zu können. Ebenso wichtig ist es aber, zu den eigenen Gewohnheiten, Meinungen und Überzeugungen in Distanz treten zu können und sie gegebenenfalls zu modifizieren. Äußere Veränderungen erfordern innere Flexibilität und Offenheit für Neues. Wo die Flexibilität fehlt, kommt es sehr leicht zu Konflikten und Anpassungsproblemen, bis hin zur völligen Unfähigkeit, mit einer Situation klarzukommen. Perry ist nun der Meinung, dass wir einiges dafür tun können, um ein gesundes Gleichgewicht zwischen Stabilität und Veränderlichkeit zu entwickeln. In ihrem Lebenshilfebuch bietet sie dazu einige Überlegungen und praktische Ratschläge an, wobei sie die Arbeit an der psychischen Gesundheit in vier Schlüsselbereiche und daher ihr Buch in vier Kapitel unterteilt: 1. Selbstbeobachtung, 2. Beziehungspflege, 3. Stress und 4. Geschichten, nach denen wir leben. Während die ersten drei Kapitelthemen auf den ersten Blick einsichtig erscheinen, wirkt das vierte doch einigermaßen merkwürdig. Was meint Perry, wenn sie davon spricht, dass wir nach Geschichten leben?
»Unsere üblichen emotionalen, kognitiven und körperlichen Reaktionen auf die Welt – also unser typisches Muster für den Umgang mit sich wiederholenden Situationen – ergeben sich aus unserer eigenen Geschichte« (VB 121), führt Perry aus. Die eigene Geschichte ist eine Art Filter, durch den wir die Welt betrachten, und sie beeinflusst daher maßgeblich die Art, wie wir uns in der Welt verhalten. Persönliche Geschichten entstehen in der Auseinandersetzung mit den Erzählungen, die wir hören, lesen, in Filmen und in den Nachrichten sehen. Auch Familienlegenden haben wichtigen Einfluss auf die eigene Geschichte ebenso wie Märchen, Mythen oder religiöse Schriften. Geschichten sind schon in der frühen Kindheit unverzichtbar für uns, »um unsere Erfahrungen in kohärente Deutungen zu integrieren« (VB 122). Geschichten schaffen Zusammenhänge zwischen den flüchtigen, beziehungslosen Eindrücken des Alltags und stiften damit Sinn und Orientierung. Durch Geschichten werden außerdem Werte vermittelt und wird Zusammengehörigkeit erzeugt. Es gibt allerdings auch eine Schattenseite: Die persönliche Geschichte kann den Blick auf die Welt mitunter zu sehr einschränken und das Verhalten unbewusst in destruktiver Weise bestimmen. Gehören zur eigenen Geschichte z. B. die Meinungen, man sei ein Pechvogel und Erfolg hätten zudem nur Menschen, die einer anderen Bevölkerungsgruppe angehören, dann kann diese Sichtweise zu einer selbsterfüllenden Prophezeiung werden. Perry ist allerdings überzeugt: »Das großartige an einer Geschichte ist, dass sie flexibel bleibt. […] Wenn das Drehbuch, nach dem wir in der Vergangenheit gelebt haben, für uns nicht mehr funktioniert, müssen wir es nicht als Drehbuch für die Zukunft akzeptieren« (VB 126). Die Geschichten, die Menschen sich selbst erzählen, können verändert werden, und manchmal müssen sie das auch, wenn man nicht den Verstand verlieren will. Aber »eine konsistente Selbsterzählung zu schaffen, die sinnvoll ist und sich wahr anfühlt, ist in jeder Lebensphase eine echte Herausforderung« (VB 126).
Zu sagen, Boethius befände sich an der Schwelle zu einer neuen Lebensphase, wäre maßlos untertrieben. Er wurde aus seinen bisherigen Lebensumständen und aus seiner persönlichen Geschichte brutal herauskatapultiert. Er erlebt einen totalen Absturz und steht unversehens vor der Herausforderung, sich in dieser Situation selbst vor dem mentalen und psychischen Zusammenbruch zu bewahren. In der radikalen Unordnung muss er eine neue Ordnung finden und in der Erfahrung der Ungerechtigkeit einen neuen Sinn. Abgetrennt von den Beziehungen, Rollen und Dingen, die bisher seine Identität definierten, muss Boethius zudem versuchen, sich nicht selbst zu verlieren. Mit Perry könnte man sagen: Im Dienste der Selbstsorge muss hier dringend eine neue Geschichte her! Und tatsächlich erarbeitet sich Boethius im Laufe der Trostschrift eine veränderte Lebensgeschichte, d.h. einen neuen Filter, durch den er sein Schicksal betrachten kann. So erscheint beispielsweise das vermeintliche Glück der Bösen nach dem (inneren) Dialog mit der personifizierten Philosophie in einem ganz anderen Licht. Die Philosophie dient Boethius dabei als eine Quelle für alternative Deutungen und Sichtweisen. Seine philosophische Bildung ist für den Verzweifelten eine innere Ressource von unschätzbarem Wert. Denn, wie Wilhelm Schmid feststellt: »Sehr viel hängt davon ab, in schwierigen Lebenssituationen aus einem rechtzeitig erworbenen Potenzial an Deutungsmöglichkeiten schöpfen zu können, um sich nicht in vermeintlich endgültigen Wahrheiten einzuschließen, sondern Dinge noch anders zu sehen, andere Wege zu gehen und so aus Engpässen des Lebens und Denkens wieder herauszufinden« (US 82).
Ganz so einfach ist das Verändern der Geschichte freilich nicht – auch dann nicht, wenn man wie Boethius auf einen reichen Schatz an philosophischen Erzählungen zurückgreifen kann. Schließlich ist es nicht damit getan, sich bei Bedarf eine alternative, passende Deutung auszusuchen und sie zu der eigenen zu erklären. Eine persönliche Geschichte muss man sich erarbeiten und aneignen, und dabei kommt es vor allem darauf an, dass sie einen überzeugt. Für den Philosophen Boethius heißt das, dass die veränderte Erzählung einer eingehenden argumentativen Prüfung standhalten muss. Das erklärt die zahlreichen kritischen Nachfragen und Einwände, mit denen er die Philosophie konfrontiert. Das Ringen um eine neue Geschichte vollzieht sich hier also im philosophischen Nachdenken und Argumentieren. In der chaotischen, beängstigenden Situation, in die sich Boethius geworfen findet, bleibt ihm das Besinnen auf und das Vertrauen in die eigene Vernunft als rettenden Anker. Mit ihrer Hilfe sucht und findet er eine Orientierung in der Erfahrung größter Sinnlosigkeit. Die vernunftgeleitete Reflexion ist für ihn somit das ultimative Mittel der Selbstsorge.
Man könnte also sagen, dass die Selbsttherapie des Boethius darin besteht, nach einer neuen Perspektive zu suchen und sich diese anzueignen. Der bisherige Blick auf die Welt erweist sich als nicht mehr tragfähig. So ist Boethius in seinem alten Leben z. B. der Meinung gewesen, Glück lasse sich an Äußerlichkeiten festmachen, an Ämtern, Ansehen, Wohlstand und Beliebtheit. Sich selbst betrachtete er unter diesem Blickwinkel als einen ausgesprochenen Glückspilz. Zudem war er der Ansicht, Redlichkeit und Aufrichtigkeit würden sich letzten Endes auszahlen (oder zumindest nicht bestraft werden). Die Anklage wegen Hochverrats und die Inhaftierung haben ihn unsanft aus dieser Geschichte herausgeworfen. Plötzlich erscheinen ihm seine früheren Überzeugungen als naive Illusionen. Die Tugend wird sehr wohl bestraft, die Bösen tun, was sie wollen, und das Glück erweist sich als kapriziös und flüchtig. Die Erfahrung der Nichtigkeit und Zufälligkeit des menschlichen Lebens und Handelns ist niederschmetternd, und Boethius fühlt sich am Boden zerstört. Aber er besinnt sich: Es gibt doch auch andere als die üblichen Vorstellungen von Glück und Gerechtigkeit. Diese könnten sein Schicksal in einem neuen Licht erscheinen lassen. Also prüft er diese alternativen Sichtweisen. Er probiert, ob sie für ihn passend sind, ob sie ihn überzeugen können. Ist es möglich, dass das wahre Glück ganz anders beschaffen ist als bisher gedacht? Boethius aktiviert seine philosophischen Kenntnisse zu diesem Thema und unterzieht sie einer kritischen Prüfung. Wie steht es mit der Strafe für böses Handeln und dem Lohn für gute Taten? Was sagte Platon noch dazu? Boethius spielt nach und nach die alternativen Deutungen durch, und wenn er überzeugt ist, beginnt er – fast könnte man sagen systematisch – mit der verinnerlichenden Aneignung der philosophischen Argumente. Auf diese Weise erarbeitet er sich sukzessive eine veränderte persönliche Geschichte, die es ihm erlaubt, unter extremen Bedingungen den Verstand zu behalten.
Ein so dramatisches Ende des gewohnten Lebens, wie es Boethius mit seiner Inhaftierung erfährt, ist glücklicherweise der Ausnahmefall. Aber es genügen schon viel geringere Veränderungen, um unser Selbstverständnis und unsere bisherige Sicht auf die Welt zu erschüttern. So wird z. B. eine misslungene Prüfung denjenigen aus der Bahn werfen, der sich selbst ausschließlich über Leistungen definiert und das Leben in erster Linie als einen Konkurrenzkampf begreift. Solche Erschütterungen der persönlichen Geschichte können sehr schmerzhaft sein, in jedem Fall sind sie irritierend. Sie bedrohen den Sinn und die Orientierung in unserem Dasein und stellen die psychische Stabilität auf eine harte Probe. Tatsächlich stürzt das Bröckeln der eigenen Lebensgeschichte viele Menschen in tiefste Verzweiflung. In solchen Situationen der Orientierungslosigkeit ist es hilfreich, sich neue Perspektiven, neue Lebenserzählungen zu erarbeiten. Wir sollten (und können) dann unsere Geschichten überarbeiten, »um uns wieder neu auszurichten, wenn wir vom Kurs abkommen und entweder in die Starre oder ins Chaos steuern« (VB 164). Die Philosophie kann dabei, wie man am Beispiel des Boethius sieht, eine wichtige Hilfe darstellen – und eine ganz spezielle Art des Trostes bieten: »Der Trost der Philosophie ist nicht in vorgegebenen Lösungen zu finden, sondern in der Rückbesinnung auf die eigene Vernunft, den Trost unseres eigenen, wachen Geistes« (DV 21).
um 480 |
Anicius Manlius Severinus Boethius wird (vermutlich) in Rom geboren. Er entstammt einer angesehenen römischen Familie. |
487 |
Boethius’ Vater Manlius wird Konsul. Er stirbt vermutlich bald darauf, denn Boethius wird als Kind von seinem zukünftigen Schwiegervater Quintus Aurelius Symmachus aufgenommen. |
493–526 |
Theoderich der Große regiert das Ostgotenreich in Italien. |
510 |
Boethius wird zum römischen Konsul ernannt. Er ist verheiratet mit Symmachus’ Tochter Rusticiana und Vater von zwei Söhnen. |
522 |
Theoderich ernennt Boethius zum magister officiorum. Damit erreicht dieser den Höhepunkt seiner politischen Macht. |
um 524 |
Boethius wird wegen Hochverrats angeklagt und verhaftet. Er wird zum Tode verurteilt. Die Hinrichtung wird (wahrscheinlich) in Pavia mit dem Schwert vollzogen. Sein Grab befindet sich in der Kirche San Pietro in Ciel d’Oro in Pavia. |
»Unter Reaktionen auf schwere Belastungen versteht man die Reaktionen eines Individuums auf belastende Lebensereignisse, die nach Art und Ausmaß deutlich über das nach allgemeiner Lebenserfahrung zu Erwartende hinausgehen. Hierbei werden in der Regel das Gefühls- und Gemütsleben (Affektivität), die Leistungsfähigkeit und die sozialen Beziehungen beeinträchtigt. Anpassungsstörungen umfassen diverse körperliche und seelische Symptome, wie z. B. Angst, Depression, Verzweiflung, Erregung, Schlafstörungen etc. 5–20% der Patienten in psychiatrischen Kliniken leiden an Anpassungsstörungen.«
Quelle: www.aok.de
Boethius, Trost der Philosophie, übersetzt und herausgegeben von Karl Büchner, mit einer Einführung von Friedrich Klingner, Stuttgart 2002 (TdP).
Jens Peter Brune, Eine neue Perspektive auf das eigene Leben, Gespräch mit Svenja Flaßpöhler, in: Philosophie Magazin, 03/2012, S. 31 (PL).
Svenja Flaßpöhler, Denken hinter Gittern, in: Philosophie Magazin, 03/2012, S. 29–30 (DG).
Philippa Perry, Wie man den Verstand behält. Kleine Philosophie der Lebenskunst, herausgegeben von Alain de Botton und der School of Life, München 2012 (VB).
Wilhelm Schmid, Unglücklich sein: Eine Ermutigung, Berlin 2012 (US).
Eduard Zwierlein, Dank und Verwandlung. Vom Trost der Philosophie, in: Leidfaden. Fachmagazin für Krisen, Leid, Trauer, 0/2011, S. 18–23 (DV).
Joachim Gruber, Boethius. Eine Einführung, Stuttgart 2011.
Maria Moog-Grünewald (Hrsg.), Autobiographisches Schreiben und philosophische Selbstsorge, Heidelberg 2004.