FRIEDRICH NIETZSCHE
und die philosophische Radikalkur

»Eine Generation brennt aus«, das war im September 2011 im Nachrichtenmagazin Focus zu lesen. Und weiter: »Burnout ist zur Volkskrankheit geworden. Zunehmend vielen Menschen droht der Seeleninfarkt, weil sie die Anforderungen des Alltags nicht mehr bewältigen« (GB). Von der »Volkskrankheit Burnout« ist allenthalben die Rede. Doch über die Ursachen des grassierenden Erschöpfungszustandes herrscht nach wie vor Uneinigkeit bzw. Unklarheit. An dem Arbeitspensum alleine kann es kaum liegen. Schließlich gibt es durchaus Menschen, die sich trotz massiven Zeit- und Leistungsdrucks ausgeglichen und gesund fühlen. Es stimmt auch nicht, dass das Burnout-Syndrom eine »Manager-Krankheit« ist. Die Erschöpfung zieht sich nämlich durch alle Berufs- und Tätigkeitsfelder. Andererseits ist es wenig plausibel, einen Burnout ausschließlich auf subjektive Faktoren, also auf die Persönlichkeitsstrukturen der Betroffenen zurückführen zu wollen. Vielmehr scheint durchaus ein Zusammenhang zwischen den Bedingungen unserer Gesellschaft und dem seelischen Ausbrennen zu bestehen. Die drängende und verstörende Frage lautet: Was geschieht hier mit uns?

Psychosomatische Erkrankungen, Depressionen und das Burnout-Syndrom erscheinen als Epidemien der modernen, pluralistischen Gesellschaften, die vor allem durch eines charakterisiert sind: das Bröckeln traditioneller Schablonen des sozialen Lebens. Die Menschen hatten niemals so viele Möglichkeiten wie wir sie hier und heute haben – aber gleichzeitig auch niemals so wenig Boden unter den Füßen. Althergebrachte Orientierungen, die unser Dasein stabilisieren, die ihm Sinn und Richtung verleihen, sind heute mehr denn je in Auflösung begriffen. Mit Friedrich Nietzsche gesprochen: Gott ist tot – und dem postmodernen Menschen wird seine totale Ungeborgenheit bewusst. Man kann vor diesem Hintergrund Folgendes vermuten: Die alten Werte, Sinnstifter und Orientierungen büßen nach und nach ihre fraglose Gültigkeit ein, und wir leiden unter der daraus resultierenden Unsicherheit, Orientierungslosigkeit, Unbestimmtheit und Selbstverantwortung. Wir leiden individuell, und wir leiden kollektiv. Mit der Emanzipation der Frau (und der des Mannes) drohen nun auch noch die letzten Bastionen des »sicheren Lebens«, nämlich die klar definierten Geschlechterrollen, einzustürzen. Die geschlechtsspezifische Standardbiographie gibt es nicht mehr. An ihre Stelle tritt der Druck, sich für einen von vielen Lebensentwürfen entscheiden zu müssen. Kein Wunder also, dass viele Menschen so vehement, um nicht zu sagen verzweifelt, an den »kleinen« Unterschieden festhalten wollen. In ihrem Buch Warum Burnout nicht vom Job kommt. Die wahren Ursachen der Volkskrankheit Nr. 1 ist die Stress-Expertin Helen Heinemann diesem Zusammenhang zwischen der Auflösung der traditionellen Geschlechterrollen und der um sich greifenden psychischen Erschöpfung auf der Spur. Aber zu groß ist auch bei ihr noch die Angst vor dem Verlust der alten Orientierungen und Wertvorstellungen, und zu groß ist mithin ihr Wunsch, zumindest an dem »natürlichen« Unterschied zwischen Mann und Frau als letztem sicheren Anker festzuhalten.

Nietzsche wird gewohnheitsmäßig als der Vorzeige-Sexist der Philosophiegeschichte betrachtet. Wenn allerdings das Insistieren auf den traditionellen Rollenbildern aus Ängstlichkeit und dem Wunsch nach Sicherheit resultiert, hätte er dafür nichts als Geringschätzung übrig. Für ihn hieße es angesichts des Bröckelns der letzten scheinbar allgemeingültigen Sinnkonzeptionen viel eher: Aushalten, Durchhalten, Über-sich-hinaus-Wachsen!

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»When life gives you lemons, make lemonade«, so lautet ein englisches Sprichwort. Nietzsche verfährt zeitlebens nach einer völlig anderen Maxime: Er nimmt die Zitronen, die das Leben ihm beschert, beißt hinein und saugt sie aus. Kein Überzuckern, kein Verdünnen und Verwässern, stattdessen intellektuelle Redlichkeit, Wahrhaftigkeit und Härte gegen sich, selbst wenn es noch so bitter ist. »Was mich nicht umbringt, macht mich stärker!«, zu dieser Einsicht gelangt Nietzsche in der »Kriegsschule des Lebens« (KGW VI/3, 54). Und der Pfarrerssohn aus Sachsen hat in seinem Leben reichlich Anlass zum Stärkerwerden. Persönliche Schicksalsschläge, Zerwürfnisse und Einsamkeit, berufliche Rückschläge und vor allem seine immer wiederkehrenden gesundheitlichen Krisen setzen dem Philosophen ein Leben lang zu.

Als Fünfjähriger muss Nietzsche die schwere Erkrankung und den Tod seines Vaters miterleben. Ein Jahr später stirbt auch der jüngere Bruder. Trauer und Verlust bestimmen somit bereits die Kindheit des späteren »Philosophen mit dem Hammer«. Was Nietzsches akademische Karriere betrifft, so beginnt diese außerordentlich vielversprechend, als der erst Vierundzwanzigjährige zum Professor für griechische Sprache und Literatur an die Universität in Basel berufen wird. Aber bereits drei Jahre später löst seine Abhandlung über Die Geburt der Tragödie aus dem Geiste der Musik verständnislose bis empörte Reaktionen bei den Fachkollegen aus. Er erntet Verrisse, die wissenschaftliche Reputation leidet, die Philologiestudenten bleiben Nietzsches Lehrveranstaltungen fern, und dem jungen Professor wird sogar der Rücktritt nahegelegt. Als er 1879, mit 35 Jahren, seine Professur tatsächlich niederlegt, geschieht dies allerdings aus gesundheitlichen Gründen. Zu diesem Zeitpunkt leidet Nietzsche bereits seit mehreren Jahren zunehmend an migräneartigen Anfällen, Augenschmerzen und Erbrechen, die ihm das Leben bisweilen als furchtbare Last erscheinen lassen. Die folgenden Jahre bis zu seinem geistigen Verfall verbringt Nietzsche reisend und schreibend, als Heimatloser und gesellschaftlicher Außenseiter, als herumirrender Flüchtling. Sein Wanderleben ist geprägt von tiefer Einsamkeit, die noch verstärkt wird durch die klägliche Resonanz auf seine in rascher Folge erscheinenden Werke. »Leiden und Einsamkeit, – das sind also die beiden grossen Schicksalszüge in Nietzsches Entwicklungsgeschichte, immer stärker ausgeprägt, je näher man dem Ende kommt« (NW 16), so liest man bei Lou Salomé, die Nietzsche seinerzeit heftig, aber aussichtslos als seine Seelengefährtin begehrt. 1889 schließlich, elf Jahre vor seinem Tod, beginnt mit einem Zusammenbruch in Turin Nietzsches Abdriften in die geistige Umnachtung.

Ein Denker der Krise

Betrachtet man die kurz skizzierte Biographie Nietzsches, so wird man sich vielleicht fragen, was eine Beschäftigung mit diesem Denker, dessen Dasein durch Leiden und Einsamkeit geprägt war, zum Thema dieses Buches beitragen kann. Ist Nietzsches Lebensgeschichte nicht der eindrucksvolle Beweis dafür, dass dieser Philosoph über kein »Heilmittel« zur Linderung seiner Leiden verfügte? Ja, mehr noch: Wir haben es hier mit einem Menschen zu tun, der als Wahnsinniger geendet ist, und es gibt Interpreten, die es für wahrscheinlich halten, dass Nietzsches geistiger Verfall nicht, wie häufig vermutet wird, die Spätfolge einer Syphilisinfektion war, sondern dass er an seiner eigenen Philosophie mental zerbrochen ist. Was für diese Hypothese spricht, ist die Tatsache, dass bei kaum einem anderen Denker Leben und Philosophieren, Gedanken- und Seelenleben so innig miteinander verwoben sind wie bei Nietzsche. Er verfasst seine Schriften nicht mit einer intellektuellen Distanz, sondern stets mit ganzem Leib und Leben. Wie dem auch sei, eines kann man zweifellos feststellen: Nietzsche ist jemand, der weiß, wovon er spricht, wenn er über das Leiden redet. Und er ist zudem jemand, der, wenn man so will, zu leiden versteht. Weit davon entfernt, sich »besorgen, bedienen, beärzteln zu lassen« nimmt Nietzsche seine physischen und psychischen Qualen »selbst in die Hand« (KGW VI/3, 264). Er ist überzeugt davon, dass für eine starke Persönlichkeit wie ihn, das »Kranksein sogar ein energisches Stimulans zum Leben, zum Mehrleben sein« kann (KGW VI/3, 264). Und er kann daher seinem Leiden etwas Positives abgewinnen. Dass das, was ihn nicht umbringt, ihn stärker macht, bedeutet für ihn nämlich auch: Zum Stärkerwerden braucht es Grenzerfahrungen und größte Herausforderungen, ja Über forderungen. Das Leiden, die Verzweiflung und vor allem die Einsamkeit werden für Nietzsche daher zu Kennzeichen des »höheren Menschen«. Das »erbärmliche Behagen, das ›Glück der meisten‹« ist den »höheren Menschen«, die »heute nicht zu leben wi[ssen]«, verwehrt (KGW VI/1, 354). Das ist der Preis, den sie für ihre Wahrhaftigkeit und ihre intellektuelle Redlichkeit bezahlen, und darin bestärkt Nietzsche, diejenigen, die ihm folgen wollen: »Lieber verzweifelt, als daß ihr euch ergebt«(KGW VI/1, 354). Leiden, Einsamkeit und Verzweiflung sind für Nietzsche also nicht oder nicht ausschließlich als etwas Negatives zu verstehen. Es zieht sich vielmehr, wie Salomé findet, etwas Schmerzheischendes durch Nietzsches Leben und Werk.

Eines zeichnet sich bereits deutlich ab: Eine »philosophische Therapie« mit Nietzsche ist nichts für schwache Nerven oder zarte Gemüter. Seine Philosophie, so schreibt er selbst, ist wie »das freiwillige Leben in Eis und Hochgebirge«: »Das Eis ist nahe, die Einsamkeit ist ungeheuer – aber wie ruhig alle Dinge im Lichte liegen! wie frei man athmet! wie Viel man unter sich fühlt« (KGW VI/3, 256) – wenn man denn für die eisige Höhenluft geschaffen ist. Um Nietzsches Hochgebirgsphilosophie zu ertragen, bedarf es, wie er glaubt, »Muth, […] Härte gegen sich, […] Sauberkeit gegen sich« (KGW VI/3, 257). Worauf der Philosoph hier vor allem anspielt ist der Verlust von tröstenden, Sicherheit und Sinn garantierenden Illusionen – Nietzsche spricht von »Idealen« –, deren Dekonstruktion ein Grundzug seines Denkens ist. Diesem Verlust wahrhaftig zu begegnen, ihn auszuhalten oder ihn gar in etwas Positives umzudeuten, dazu ist Nietzsche zufolge nicht jeder in der Lage. Wer es dennoch versuchen will, der muss sich darauf gefasst machen, es mit ganzem Leib und Leben zu tun. Vor diesem Hintergrund stellt Nietzsche fest: »Wieviel Wahrheit erträgt, wieviel Wahrheit wagt ein Geist? das wurde für mich immer mehr der eigentliche Werthmesser« (KGW VI/3, 257).

Nietzsche ist ein Denker der Krise. Er diagnostiziert die Krise, er verschärft die Krise, und in gewisser Weise personifiziert er die Krise – so sieht er es zumindest selbst: »Es wird einmal an meinen Namen die Erinnerung an etwas Ungeheures anknüpfen, – an eine Krisis, wie es keine auf Erden gab, an die tiefste Gewissens-Collision, an eine Entscheidung heraufbeschworen gegen Alles, was bis dahin geglaubt, gefordert, geheiligt worden war. Ich bin kein Mensch, ich bin Dynamit!« (KGW VI/3, 363). Mit exaltiertem Gestus und nicht ohne Stolz inszeniert sich Nietzsche als gefährlicher Denker, als Zerstörer alles Traditionellen und fraglos für wahr Gehaltenen und als Vorbote einer radikalen Umorientierung. Mehr Sprengstoff als Mensch. Um seine ominösen Andeutungen mit Inhalt zu füllen und um zu verstehen, was das (potenziell) Therapeutische an Nietzsches Philosophie ist, werden wir uns im Folgenden mit einer seiner berühmtesten Textpassagen beschäftigen, nämlich mit dem 125. Aphorismus aus Die Fröhliche Wissenschaft, überschrieben mit »Der tolle Mensch«. Dabei wird zugleich deutlich werden, worin ein Gutteil der Faszination liegt, die von Nietzsches Werken ausgeht: Seine Schriften sind keine trockenen, blutleeren Erörterungen, sondern wortgewaltige, emotionsgeladene Texte, berstend vor Pathos und angereichert mit eindringlichen Metaphern.

Der Tod Gottes

»Habt ihr nicht von jenem tollen Menschen gehört, der am hellen Vormittage eine Laterne anzündete, auf den Markt lief und unaufhörlich schrie: ›ich suche Gott! Ich suche Gott!‹ – Da dort gerade Viele von Denen zusammen standen, welche nicht an Gott glaubten, so erregte er ein grosses Gelächter. Ist er denn verloren gegangen? sagte der Eine. Hat er sich verlaufen wie ein Kind? sagte der Andere. Oder hält er sich versteckt? Fürchtet er sich vor uns? Ist er zu Schiff gegangen? ausgewandert? – so schrieen und lachten sie durcheinander« (KGW V/2, 158).

Ein toller Mensch – ein Ver-Rückter, könnte man sagen, einer also, der sich abseits des Gewöhnlichen, Normalen, Zeitgemäßen bewegt – betritt den Marktplatz, um (am helllichten Tag mit einer Laterne) Gott zu suchen. Er sucht Gott nicht etwa in der Abgeschiedenheit eines Klosters, in stiller Kontemplation oder Meditation, sondern lauthals schreiend und inmitten des geschäftigen Treibens auf einem Marktplatz. Dies ist ein deutlicher Hinweis darauf, dass es dem tollen Menschen nicht um seine persönliche Spiritualität oder um sein privates Seelenheil zu tun ist, wenn er sich als Gottsuchender zu erkennen gibt, sondern dass es ihm um etwas geht, das öffentlich verhandelt werden muss, weil es alle Menschen betrifft. Bloß dass die anderen das offenbar nicht so sehen. Sie reagieren mit Unverständnis, ja mit Spott und Gelächter auf den Gottsuchenden. Sie verhöhnen ihn, denn wie irre muss eigentlich einer sein, der auf dem Marktplatz herumläuft und verkündet, dass er Gott suche? Man kann sich leicht vorstellen, dass der tolle Mensch genau die beschriebenen Reaktionen provozieren würde, wenn er uns heute in der Fußgängerzone begegnen würde: Belustigung, Kopfschütteln und das allzu schnell gefällte Urteil, dass man es hier mit einem Geistesgestörten zu tun hat, noch dazu mit einem ziemlich nervtötenden. Der tolle Mensch aber lässt sich vom Spott der Umstehenden nicht aus dem Konzept bringen. Er weiß sich und seiner Sache Aufmerksamkeit zu verschaffen: Er »sprang mitten unter sie und durchbohrte sie mit seinen Blicken. ›Wohin ist Gott?‹, rief er, ›ich will es euch sagen! Wir haben ihn getödtet, – ihr und ich! Wir Alle sind seine Mörder! Aber wie haben wir dies gemacht? Wie vermochten wir das Meer auszutrinken? Wer gab uns den Schwamm, um den ganzen Horizont wegzuwischen? Was thaten wir, als wir diese Erde von ihrer Sonne losketteten? Wohin bewegt sie sich nun? Wohin bewegen wir uns? Fort von allen Sonnen? Stürzen wir nicht fortwährend? Und rückwärts, seitwärts, vorwärts, nach allen Seiten? Giebt es noch ein Oben und ein Unten? Irren wir nicht wie durch ein unendliches Nichts? Haucht uns nicht der leere Raum an? Ist es nicht kälter geworden? Kommt nicht immerfort die Nacht und mehr Nacht? Müssen nicht Laternen am Vormittage angezündet werden?‹« (KGW V/2, 158 f.).

Gott ist tot, und wir haben ihn getötet, das ist also die Nachricht, die der tolle Mensch meint überbringen zu müssen. Er sagt nicht etwa: »Es gibt keinen Gott«, vielmehr können wir aus seiner Rede schließen, dass es Gott einmal gegeben hat, bevor die Menschen sich seiner entledigten, ja ihn kaltblütig ermordeten. Wie ist das zu verstehen? Ganz offenbar muss der Begriff »Gott« hier in einem anderen, viel weiteren Sinne verstanden werden, als wir es für gewöhnlich tun. Es geht dem tollen Menschen nicht (nur) um die Existenz bzw. Nicht-mehr-Existenz eines übernatürlichen Wesens, eines Weltschöpfers- und -lenkers. »Gott« steht hier viel eher für die Gesamtheit der traditionellen Sinnkonzepte, für den beruhigenden Glauben an »Hinterwelten« – sei es das Jenseits im christlichen Sinne, Platons Ideenhimmel oder Kants Sphäre des Intelligiblen – sowie für jede Sinn und Orientierung stiftende Metaphysik. »Gott« ist der Platzhalter für jede Art von kollektiver »Weltkorrektion«, d.h. für Deutungen, die uns die Welt menschengerecht und das Leben lebenswert erscheinen lassen. »Gott« steht für das anthropozentrische Weltbild, in dem wir Menschen Mittelpunkt und letzter Zweck der Schöpfung sind und mithin Zugang zur Wahrheit der Welt haben. »Gott« meint zudem eine gesicherte Moral, objektive Werte, unhinterfragbare Gebote, das Wissen um Gut und Böse. »Gott« ist schließlich der Garant für die Sinnhaftigkeit unseres Leidens; »Gott« hilft uns Schmerzen, Ungerechtigkeiten und Schicksalsschläge zu ertragen. Wenn daher »Gott« »tot« ist, dann bedeutet das nicht weniger, als dass die Welt, wie die Menschen sie einst kannten, komplett aus den Fugen geraten ist. Mit »Gott« haben wir zugleich den Halt und die Orientierung verloren. Wir taumeln, wir stürzen, wir finden uns nicht mehr zurecht und irren wie durch ein unendliches Nichts. Nichts weist uns den Weg; nichts stattet unsere Existenz mit Sinn, Zweck und Wert aus; nichts sagt uns, was wir tun sollen, was richtig oder falsch ist; nichts rechtfertigt unseren Aufenthalt auf der Erde; nichts sichert unsere Erkenntnisse und garantiert uns einen Zugang zur Wahrheit. An die Stelle des scheinbar sicher Bestehenden ist das große Nichts, das nihil getreten. Der »Tod Gottes« führt uns auf diese Weise in den Nihilismus.

»Nihilismus«, so schreibt Heidegger, »ist jener geschichtliche Vorgang, durch den das ›Übersinnliche‹ in seiner Herrschaft hinfällig und nichtig wird, so daß das Seiende selbst seinen Wert und Sinn verliert« (N 25). Es geht hier also um einen Zerfall dessen, was im menschlichen Leben bisher Sinn stiftete und ihm Wert verlieh. Dieser Zerfall ist ein historisch rekonstruierbarer Vorgang, zu dessen wichtigsten Eckdaten die Ablösung des geozentrischen Weltbildes durch das heliozentrische im 16. Jahrhundert, die europäische Aufklärung des 17./18. Jahrhunderts und die Religionskritik des 19. Jahrhunderts gehören. Mit dem Vormarsch von Wissenschaft und Aufklärung verloren die mythischen und religiösen Sinnkonzeptionen an Bedeutung und Glaubhaftigkeit. Nietzsche spricht daher vom Nihilismus als von einer »Entwerthung der bisherigen Werthe« (KGW VIII/1, 129), die für die Menschen eine der größten Krisen bedeutet. Der Nihilismus der Moderne ist für ihn die notwendige Folge des Zusammenbruchs traditioneller metaphysischer Weltdeutungen – eben des »Todes Gottes«. Wo sich ein solcher Zusammenbruch ereignet, greift eine bedrohliche Sinn- und Orientierungslosigkeit um sich. Es entsteht der Eindruck von Beliebigkeit und Bedeutungslosigkeit. Der Nihilismus als eine Reaktion auf den Verlust bisheriger Sinnkonzepte behauptet die Sinnlosigkeit allen Seins, das Fehlen eines Zwecks oder eines Ziels und das Fehlen objektiver Werte. Oder mit den Worten der Nihilisten im Coen-Klassiker The Big Lebowski: »Wir glauben an nichts! – Wir glauben an gar nichts, Lebowski … An gar nichts!«.

Die Vollendung des Nihilismus

»,Gott ist todt! Gott bleibt todt! Und wir haben ihn getödtet! Wie trösten wir uns, die Mörder aller Mörder? Das Heiligste und Mächtigste, was die Welt bisher besass, es ist unter unseren Messern verblutet, – wer wischt diess Blut von uns ab? […] Ist nicht die Grösse dieser That zu gross für uns? Müssen wir nicht selber zu Göttern werden, um nur ihrer würdig zu erscheinen? Es gab nie eine grössere That, – und wer nur immer nach uns geboren wird, gehört um dieser That willen in eine höhere Geschichte, als alle Geschichte bisher war!‹ – Hier schwieg der tolle Mensch und sah wieder seine Zuhörer an: auch sie schwiegen und blickten befremdet auf ihn. Endlich warf er seine Laterne auf den Boden, dass sie in Stücke sprang und erlosch« (KGW V/2, 159).

Das Gelächter und der Spott auf dem Marktplatz sind nach den pathetischen Worten über den Gottesmord verstummt, stattdessen machen sich nun Sprachlosigkeit und Befremden unter den Anwesenden breit, und dem tollen Menschen wird klar: »Ich komme zu früh […] ich bin noch nicht an der Zeit. Dies ungeheure Ereignis ist noch unterwegs und wandert, – es ist noch nicht bis zu den Ohren der Menschen gedrungen. Blitz und Donner brauchen Zeit, das Licht der Gestirne braucht Zeit, Thaten brauchen Zeit, auch nachdem sie gethan sind, um gesehen und gehört zu werden« (KGW V/2, 159). Eine bemerkenswerte Wendung der Geschichte ist damit eingetreten: Während die Leute auf dem Marktplatz den gottsuchenden tollen Menschen zunächst als einen Ewiggestrigen ausgelacht haben und als einen verhöhnt haben, der mit seinen Einsichten rettungslos hinterherhinkt, gibt nun der tolle Mensch zu verstehen, dass er zu früh dran ist, was ja nur bedeuten kann, dass er den anderen in irgendeiner Hinsicht vorweg ist. Die Menschen auf dem Marktplatz fühlen sich überlegen in ihrer modernen Abgeklärtheit, tatsächlich aber, das will Nietzsche deutlich machen, ist der tolle Mensch seinen Zeitgenossen einen Schritt voraus, denn nur er hat das ganze Ausmaß des »Todes Gottes« begriffen. Ihm ist das Ungeheuerliche dieses Ereignisses bewusst, und er hat verstanden, dass die Menschen nun vor die gnadenlos überfordernde Aufgabe einer radikalen Neuorientierung gestellt sind. Wohin bewegen wir uns? Wie kann, um in der Metapher Nietzsches zu bleiben, die von der Sonne losgekettete Erde wieder in eine sichere Bahn gebracht werden – wenn dergleichen überhaupt noch möglich ist? Der »Tod Gottes« bedeutet für uns Überlebende eine schier übermenschliche Herausforderung, nämlich »selber zu Göttern werden« (KGW V/2, 159), d.h. zu Schöpfern von Sinn, Werten und Orientierungen. Der Mensch ist vor die Aufgabe gestellt, sich zurechtzufinden in einer »Welt-Unordnung ohne Gott« (KGW VIII/2, 132).

All das ist denen nicht klar, die sich allzu leichtfertig als Atheisten bezeichnen und darunter nicht mehr verstehen als das Nicht-Glauben an einen allwissenden, gütigen Gottvater oder als eine Abgrenzung von ihrer religiösen Erziehung und von althergebrachten Traditionen. Wer auf so oberflächliche Weise »gottlos« ist, hat noch nicht verstanden, welche weitreichenden Konsequenzen seine Absage an Gott tatsächlich nach sich zieht bzw. welchen Sinn das Wort »Gott« eigentlich hat. Dafür kann es verschiedene Gründe geben. So kann es sein, dass der »Tod Gottes« nicht konsequent zu Ende gedacht bzw. nicht umfassend begriffen worden ist. In diesem Fall wird zwar die Existenz eines gütigen Weltschöpfers, einer jenseitigen Welt, einer unsterblichen Seele usw. wie selbstverständlich geleugnet, aber es wird nichtsdestoweniger an der Geltung objektiver Werte, an der absoluten Verbindlichkeit bestimmter Normen und an dem unzweifelhaften Vorhandensein einer Einheit stiftenden Ordnung festgehalten. In einem solch inkonsequenten Atheismus werden beispielsweise die anthropozentrische Weltordnung, der absolute Wert menschlichen Lebens und die Geltung bestimmter grundlegender Ge- bzw. Verbote nicht in Frage gestellt, obwohl mit dem »Tod Gottes« deren Gültigkeit durchaus fragwürdig geworden ist und nach einer Neubegründung verlangen.

Es kann aber auch sein, dass »Gott« sozusagen nicht gründlich genug »getötet« wurde und daher in vorgeblich atheistischen Weltbildern als eine Art Wiedergänger herumgeistert. Ein zeitgenössisches Beispiel hierfür bietet Richard Dawkins mit seinem neodarwinistischen Welt- und Menschenverständnis und seinem merkwürdig missionarisch daherkommenden Atheismus. Dawkins versteht sich selbst als radikalen Aufklärer, der den (vermeintlich) harten Tatsachen der naturwissenschaftlichen Forschung verpflichtet ist und es sich zur Aufgabe gemacht hat, den »Gotteswahn«, d.h. den Irrationalismus der Religionen zu bekämpfen. Als Mitglied der atheistischen Brights-Bewegung erhebt Dawkins den Anspruch, ein strikt naturalistisches Weltbild zu vertreten, das frei ist von mythischen Elementen und dem Glauben an Übersinnliches. Dawkins interpretiert die Welt und vor allem das menschliche Dasein aus einer evolutionsbiologischen Perspektive. Ein zentraler Gedanke ist dabei der des »Gen-Egoismus«, womit die Durchsetzungstendenz bestimmter überlebensförderlicher Erbinformationen gemeint ist. Dawkins geht so weit, die Ausbreitung von Genkopien zum letzten Zweck des Daseins zu stilisieren, was zur Folge hat, dass das Individuum als bloßes Instrument seiner durchsetzungswilligen Gene erscheint. So schreibt er beispielsweise: »Ich betrachte eine Mutter als eine Maschine, die so programmiert ist, daß sie alles in ihrer Macht stehende tut, um Kopien der in ihr enthaltenen Gene zu verbreiten« (EG 206). Es gibt also in Dawkins Weltbild eine (neodarwinistische) Wahrheit, die unserer Erkenntnis zugänglich ist, es gibt des Weiteren einen letzten Zweck (die Verbreitung von Genkopien), es gibt ein Einheit und Orientierung stiftendes Ordnungsprinzip in der Natur (das »Gesetz des universellen, rücksichtslosen Gen-Egoismus«), und es gibt eine Erklärung für menschliches Verhalten, die uns zugleich von Freiheit und Verantwortlichkeit entlastet. Es gibt sogar so etwas wie richtig und falsch bzw. gut und schlecht, im Hinblick auf den Zweck der Genverbreitung. Und ganz nebenbei lassen sich auf diese Weise auch noch die althergebrachten Geschlechterrollen konservieren und (scheinbar) begründen.

Es offenbart sich hier die Unvollständigkeit und mithin die Harmlosigkeit des Dawkins‹schen Atheismus: In der dogmatischen Annahme, über die einzige Wahrheit zu verfügen, sicher aufgehoben in der Einheit einer evolutionären Naturordnung, als Marionette unserer egoistischen Gene entlastet von Freiheit und Verantwortung (dasselbe gilt übrigens für den Menschen als Gehirnmarionette) und in der beruhigenden Überzeugung, dass wir unser Leben zu einem guten, naturgegebenen Zweck leben – so lässt sich der Atheismus zweifellos aushalten! Aber das funktioniert eben nur, weil hier das naturwissenschaftliche, vorgeblich illusionslose und aufklärerische Weltbild zum Religionsersatz wird. Atheisten vom Schlage Dawkins‹ können sich nur deshalb so abgeklärt und selbstsicher geben, weil sie die Beruhigung und Sicherheit, die einst mythische und religiöse Weltbilder garantierten, nun von einem naturwissenschaftlichen Weltverständnis her beziehen. Diese inkonsequenten Atheisten und unvollständigen Nihilisten verspüren keine Angst, weil sie, wie Nietzsche glaubt, den »Tod Gottes«, von dem sie so vollmundig reden, überhaupt noch nicht begriffen haben. »Diese Verneinenden und Abseitigen von Heute, […], diese harten, strengen, enthaltsamen, heroischen Geister, welche die Ehre unsrer Zeit ausmachen, alle diese blassen Atheisten, Antichristen, Immoralisten, Nihilisten« haben eine fatale Inkonsequenz gemeinsam: »sie glauben noch an die Wahrheit« (KGW VI/2, 416 f.). Das bedeutet: Sie lehnen die bisherigen Werte, Zwecke und Weltdeutungen als überkommen und irrational ab, glauben aber nach wie vor, dass es ein objektiv wahres Weltverständnis sowie sich daraus ergebende allgemeingültige Zwecke und Werte gibt. Aber Nietzsche wäre nicht das Dynamit, das er ist, wenn er den blassen Atheisten und unvollständigen Nihilisten ihren trügerischen Frieden ließe. Durch die Rede des tollen Menschen gibt er den modernen »Gottlosen« zu verstehen, dass die Vollendung des Nihilismus etwas ist, das noch bevorsteht und zugleich etwas, das nottut. Denn für einen wirklichen, schöpferischen Neuanfang müssen erst die Altlasten, aber auch die alten Stützen restlos beseitigt werden. Den Atheismus konsequent zu Ende zu führen bedeutet, jedes Einheit stiftende Sinnkonstrukt und jede Illusion von letzten Wahrheiten hinter sich zu lassen. Dieser radikale Nihilismus ist eine Krise, und »der Werth einer solchen Crisis ist, daß sie reinigt« (KGW VIII/1, 221). Erst nach dieser reinigenden Wirkung wird sich zeigen, wer der ultimativen Herausforderung des »Todes Gottes« gewachsen ist.

Nietzsche hält dem blassen, harmlosen einen vollkommenen, extremen Nihilismus entgegen, der zum Prüfstein für die Unerschrockenheit und die Stärke derer wird, die mit dem »Tod Gottes« leben müssen. Als philosophische Mutprobe für uns Waisenkinder formuliert er den Gedanken einer ewigen Wiederkehr des Gleichen: Wenn das mannigfaltig Seiende zwar unüberschaubar, aber nicht unendlich ist, wenn die Zeit demgegenüber unendlich ist, dann muss es jede mögliche Kombination der Dinge schon gegeben haben und wieder geben. Diesen Gedanken, dass alles wiederkehrt, zu denken und zu bejahen, das ist die existenzielle Herausforderung, vor die Nietzsche uns stellt. Kein vorgegebener Zweck, kein unbezweifelbares Ziel, kein metaphysisch verankerter Sinn, keine Aussicht auf ein glückliches Ende, keine zukünftige Erlösung von den Schattenseiten des Daseins, kein »große[s] Gegenmittel gegen den praktischen und theoretischen Nihilismus« (KGW VIII/1, 215), sondern die Welt und das Leben, so wie sie sind, bis in alle Ewigkeit. »Denken wir diesen Gedanken in seiner furchtbarsten Form: das Dasein, so wie es ist, ohne Sinn und Ziel, aber unvermeidlich wiederkehrend, ohne ein Finale ins Nichts: ›die ewige Wiederkehr‹. Das ist die extremste Form des Nihilismus: das Nichts (das ›Sinnlose‹) ewig!« (KGW VIII/1, 217).

Von freien Geistern

Ich hatte es oben bereits angekündigt: Nietzsche ist kein Trostspender und kein Beruhiger. So kann denn auch nach dem bisher Dargestellten von Trost oder Beruhigung keine Rede sein. Ganz im Gegenteil: Hier wird das Leiden noch verstärkt bzw. allererst hervorgerufen. Wo moderne Abgeklärtheit, ruhige Betriebsamkeit und friedliche Selbstzufriedenheit unter den Menschen herrschen, legt Nietzsche seine philosophischen Sprengsätze. Vorbei ist es mit Ruhe und Frieden, wenn der tolle Mensch in grellen Farben das ganze Ausmaß des »Todes Gottes« ausmalt. Wer noch nicht verstanden hat, was der »Tod Gottes« eigentlich bedeutet, der wird aufgefordert, sich hier und jetzt damit auseinanderzusetzen. Wer bisher noch nicht unter der Sinn- und Ziellosigkeit des Daseins gelitten hat, der hat dies gefälligst nachzuholen. »Ihr leidet mir noch nicht genug!«, lässt Nietzsche seinen Zarathustra sagen, denn »ihr leidet Alle nicht, woran ich litt«(KGW VI/1, 355). Und damit auch bloß keine Missverständnisse aufkommen: »Oder [meint ihr] ich wollte fürderhin euch Leidende bequemer betten? […] Nein! Nein! Dreimal nein!« (KGW VI/1, 355).

Schön und gut. Nehmen wir einmal an, wir seien willens und imstande, Nietzsche in die eisigen, einsamen Höhen seiner Hochgebirgs-Philosophie zu folgen und dem »Tod Gottes« in seinem ganzen erschreckenden Ausmaß zu begegnen. Wir erklären uns bereit, um der Wahrhaftigkeit willen zu leiden und eher zu verzweifeln, als uns in Hinterwelten zu flüchten oder uns mit faustgroben Antworten auf unsere existenziellen Fragen abspeisen zu lassen. Doch was nun? Müssen wir beim vollkommenen Nihilismus stehenbleiben? Und können wir das überhaupt? Ist ein Nihilismus, wie ihn die Lebowski-Nihilisten vorgeblich vertreten, überhaupt lebbar? Mit einem Wort: Nein. Der Nihilismus muss überwunden werden, denn die Frage nach Sinn und Werten stellt sich für uns Menschen notwendigerweise und auch nach dem »Tod Gottes« mit unverminderter, unabweisbarer Dringlichkeit. Wir können schlicht nicht ohne Sinn, Werte und Orientierungen leben. Das An-nichts-Glauben, das Leugnen von Sinn und Zweck lähmt uns und macht uns handlungsunfähig. Die Vorstellung, alles sei beliebig und umsonst, ist zutiefst lebenshemmend. Wie sollte man beispielsweise jemals eine Wahl treffen, wenn einem alles gleichgültig wäre? Man könnte sich unter diesen Umständen ja nicht einmal zwischen Schokoladen- und Vanilleeis entscheiden, ganz zu schweigen von schwerwiegenden, moralischen Entscheidungen. Wie sollen wir leben, wenn nicht, indem wir eine Perspektive einnehmen, selbst wenn wir wissen, dass es sich dabei nicht um die eine wahre Sicht auf die Dinge handelt? Wie sollen wir handeln, wenn wir nicht einiges für gut und wichtig erachten, anderes hingegen für bedeutungslos oder schlecht, auch wenn diese Urteile einer letzten Begründung entbehren sollten? Wie sollen wir unser Dasein gestalten, wenn nicht, indem wir versuchen, Sinn in der Sinnlosigkeit, Ordnung in der Unordnung zu entdecken und unserem Handeln eine Bedeutung zu geben? Wir Menschen müssen Werte setzen und Stellung beziehen. Zugleich muss uns jedoch klar sein, so Nietzsche, dass unsere Stellungnahmen und Wertsetzungen keine ewige, objektive Gültigkeit beanspruchen können.

Der vollkommene Nihilismus kann also nur ein Übergang, eine Durchgangsphase sein. Allerdings ist der Weg zurück, also eine »Reanimation Gottes« keine Option. Vielmehr müssen wir selbst den leergewordenen Platz »Gottes« einnehmen und »einen Sinn hineinlegen« in die Welt und das Dasein, denn »diese Aufgabe bleibt unbedingt immer noch übrig« (KGW VIII/2, 23). Wie überwindet man den Nihilismus? Nietzsche meint: indem man ihn bejaht. Man muss Ja zum großen Nein sagen und entdeckt auf diese Weise »die Lust am Neinsagen und Neinthun aus einer ungeheuren Kraft und Spannung des Jasagens« (KGW VIII/2, 332). Nein zu den »Idealen« und zu den »Hinterwelten« – Ja zum Leben und »zur Welt, wie sie ist, ohne Abzug, Ausnahme, Auswahl« (KGW VIII/3, 288). (Oder etwas komplizierter: Ja zum Nein zu »Gott« – Nein zum Nein zum Diesseits, zur Welt und zum Dasein, so wie sie sind.) Im Jasagen zum Nihilismus offenbart sich eine »Sympathie für das Schreckliche und Fragwürdige« (KGW VIII/2, 332). Diejenigen, die zu dieser Sympathie fähig sind, die also über ausreichend Mut, Stärke und Schöpfungskraft verfügen, können den »Tod Gottes« aus einer ganz anderen, optimistischen Perspektive betrachten. Nietzsche eröffnet diese Perspektive im Aphorismus 343 der Fröhlichen Wissenschaft unter dem Titel »Was es mit unserer Heiterkeit auf sich hat«. (Der Aphorismus leitet das letzte Buch der Fröhlichen Wissenschaft ein, das überschrieben ist mit »Wir Furchtlosen«.) Es geht darin um die »nächstenF o l g e ndieses Ereignisses [gemeint ist der »Tod Gottes«] — und diese nächsten Folgen, seine Folgen für uns sind, umgekehrt als man vielleicht erwarten könnte, durchaus nicht traurig und verdüsternd, vielmehr wie eine neue schwer zu beschreibende Art von Licht, Glück, Erleichterung, Erheiterung, Ermuthigung, Morgenröte … In der Tat, wir Philosophen und ›freien Geister‹ fühlen uns bei der Nachricht, dass der ›alte Gott todt‹ ist, wie von einer neuen Morgenröthe angestrahlt; unser Herz strömt dabei über von Dankbarkeit, Erstaunen, Ahnung, Erwartung, – endlich erscheint uns der Horizont wieder frei, gesetzt selbst, dass er nicht hell ist, endlich dürfen unsre Schiffe wieder auslaufen, auf jede Gefahr hin auslaufen, jedes Wagnis des Erkennenden ist wieder erlaubt, das Meer, unser Meer liegt wieder offen da, vielleicht gab es noch niemals ein so ›offnes Meer‹« (KGW V/2, 256).

Der tolle Mensch sprach von Sinnverlust, Orientierungslosigkeit, Angst, Kälte und Dunkelheit, die der »Tod Gottes« nach sich zieht. Der freie Geist kann demselben Ereignis ganz andere Seiten abgewinnen: freudige Erwartung, Erleichterung, Befreiung, Abenteuerlust, ja sogar Glück. Ganz klar: Für den freien Geist ist die Krise des Nihilismus eine Chance.

Der Mensch als Versuchstier

»Krise ist ein produktiver Zustand. Man muss ihr nur den Beigeschmack der Katastrophe nehmen«, so lautet ein Zitat von Max Frisch. Dieser Satz beschreibt sehr treffend den Unterschied zwischen der Perspektive des tollen Menschen und derjenigen des freien Geistes: Was der tolle Mensch als Katastrophe erlebt, ist für den freien Geist ein produktiver Zustand. Mit Nietzsche muss man allerdings betonen, dass das Erkennen und Erleben der Krise als Katastrophe unausweichlich ist, wenn es einen produktiven, kreativen Neuanfang geben soll. Das Tollsein und das Freisein, so könnte man sagen, sind zwei aufeinander folgende Entwicklungsphasen in der Auseinandersetzung mit dem Verlust bisheriger Werte und Orientierungen.

Was charakterisiert nun den freien Geist? Seine vornehmliche Tugend ist die Wahrhaftigkeit und mithin eine gewisse Härte gegen sich, wie Nietzsche es nennt. Der freie Geist hat es gewagt, den »Tod Gottes« bis in seine letzte schreckliche Konsequenz zu denken und vom vollkommenen Nihilismus zu kosten. Er hat dem großen Nichts ins Angesicht geblickt und ist nicht davor geflohen. Mut ist also eine weitere, bereits angesprochene Eigenschaft des freien Geistes. Aber der freie Geist hält das große Nichts, das große Nein des Nihilismus nicht nur aus, sondern vermag auch, ihm ein großes Ja entgegenzubringen. Ja zur Krise, Ja zum Umbruch, Ja zu der übermenschlichen Herausforderung, selbst eine Art »Gott« zu werden. Aufgrund dieses Jasagens ist der freie Geist hoffnungsvoll gestimmt. Er kann dem großen Ungewissen mit Heiterkeit und froher Erwartung begegnen. Weil er sich wahrhaftig und in aller Konsequenz mit dem Verlust der »Ideale« auseinandergesetzt hat, konnte dieser Verlust, der zunächst Verzweiflung und Orientierungslosigkeit auslöste, für den »freien Geist« seinen Schrecken verlieren. Der freie Geist ist also ein Optimist, ein großer Jasager. Aber, und das ist entscheidend, er ist dieser Jasager erst geworden, nachdem er das Neinsagen bis zum Äußersten getrieben hat. Der freie Geist hat sich vom Traditionellen, Konventionellen und Üblichen distanziert. Das hat ihn nicht nur befreit, sondern auch von der Masse seiner Mitmenschen entfernt. Die (durchaus positiv verstandene) Einsamkeit ist daher ein weiteres Charakteristikum des freien Geistes. Einsam ist er aber nicht nur, weil die meisten Menschen (noch) nicht den Schritt zum Freigeistertum gewagt haben, sondern auch, weil die Verlassenheit bzw. die Rückgeworfenheit des Einzelnen auf sich eine unausweichliche Folge des »Todes Gottes« ist. Denn dieses Ereignis, diese Krise aller Krisen fordert eigentlich nicht eine abstrakte »Menschheit«, sondern sie fordert den Einzelnen aufs Extremste heraus.

Der freie Geist ist nicht mehr eingebettet und sicher aufgehoben in Konventionen, Traditionen und Üblichkeiten, in religiösen und kulturellen Bindungen. In seinen Entscheidungen kann er sich weder auf ein göttliches Gesetz noch auf das große unpersönliche »Man« berufen. Er kann sein Handeln nicht damit begründen, dass alle anderen ja dasselbe tun. Der freie Geist kann nicht mehr einfach so leben wie alle anderen. Er ist, wenn man so will, aus der Gemeinschaft der unfreien Geister herausgefallen. Und nun muss er sein Leben führen, er muss werten, entscheiden und handeln und ist dabei auf sich allein gestellt. Der freie Geist muss, wie Nietzsche es umschreibt, der »Dichter« seines eigenen Lebens sein. Man unterschätze diese Aufgabe nicht, indem man einseitig den Aspekt der Lösung von den bisherigen Werten und Normen in den Blick nimmt. Zwar schreibt Nietzsche über die neue Unabhängigkeit: »Nichts ist wahr! Alles ist erlaubt!«(KGW VII/3, 119). Aber das kann für ihn doch nur eine vorläufige Ausgangsposition sein. Tatsächlich stellt die Loslösung von den bisherigen Bindungen den freien Geist vor neue Aufgaben, zu der in Nietzsches Augen nur wenige Menschen in der Lage sind. Die Existenz als freier Geist erfordert nicht nur Furchtlosigkeit und Wahrhaftigkeit, sondern auch eine ausgeprägte Eigenständigkeit und die Fähigkeit, jenseits des Gewohnten und Gewöhnlichen zu werten, zu entscheiden und zu agieren. »Wollt ihr hoch hinaus, so braucht die eignen Beine!«, sagt daher Nietzsches Zarathustra (KGW VI/1, 357). Der freie Geist braucht weiterhin »Urtheilskraft«, um »gerecht sein zu können. Es genügt durchaus nicht, den Willen allein dazu zu haben: und die schrecklichsten Leiden sind gerade aus dem Gerechtigkeitstriebe ohne Urtheilskraft über die Menschen gekommen; […]. Aber wo fände sich ein Mittel, Urtheilskraft zu pflanzen!« (KGW III/1, 283). Die Fähigkeit, gerecht zu urteilen, traut Nietzsche nur den wenigsten zu.

Freie Geister gestalten ihr Dasein nicht, indem sie sich am Traditionellen oder Durchschnittlichen orientieren, sondern sie leben gewissermaßen experimentell: »Wir selber wollen unsere Experimente und Versuchs-Thiere sein« (KGW V/2, 231). Sein eigenes Experiment zu sein, das bedeutet unter anderem, in seinen Stellungnahmen und Wertsetzungen für Korrekturen und Umwertungen offen zu bleiben. Als geeignete »Versuchsthiere« erweisen sich daher diejenigen, »welche keine extremen Glaubenssätze nöthig haben, die, welche einen guten Theil Zufall, Unsinn nicht nur zugestehen, sondern lieben« (KGW VIII/1, 221). Sein eigenes Experiment zu sein bedeutet außerdem, sich als kreativen Autor, als Dichter seiner einmaligen, individuellen Existenz zu begreifen, ohne jedoch im Voraus zu wissen, welche unerwarteten Wendungen das Schicksal für einen bereit hält. »Es giebt in der Welt einen einzigen Weg, auf welchem niemand gehen kann, ausser dir: wohin er führt? Frage nicht, gehe ihn!« (KGW III/1, 336).

Nietzsche betrachtet und untersucht den Nihilismus in erster Linie als ein historisches Ereignis und als eine kollektive Erfahrung der Menschen nach dem »Tode Gottes«. Sich selbst betrachtet er als einen Vorboten dieser unausweichlichen Krise: »Ich beschreibe, was kommt: Die Heraufkunft des Nihilismus. […] Ich lobe, ich tadle hier nicht, daß er kommt: ich glaube, es giebt eine der größten Krisen, einen Augenblick der allertiefsten Selbstbesinnung des Menschen: ob der Mensch sich davon erholt, ob er Herr wird über diese Krise, das ist eine Frage seiner Kraft: es ist möglich …« (KGW VIII/2, 289). Der Verlust von Sinnkonzeptionen und das Bröckeln von bisher unhinterfragten Orientierungen und Werten kann aber auch als eine ganz persönliche Erfahrung und als eine Phase in der individuellen Lebensgeschichte des Einzelnen betrachtet werden. Manchmal sind es schicksalshafte Erfahrungen, wie der Verlust eines geliebten Menschen, die jemanden aus dem Leben im Gewohnten und Gewöhnlichen heraus katapultieren, manchmal geschieht dies in dafür »typischen« Lebensphasen, wie nach dem Auszug der erwachsen gewordenen Kinder aus dem Elternhaus, und manchmal gerät das gewohnte Leben (scheinbar) einfach so aus den Fugen und wird mit einem Mal fragwürdig und bekommt den Geschmack der Sinnlosigkeit. Was auch immer der Auslöser für das Gefühl des Sinnverlustes sein mag, in jedem Fall bedeutet es für den Betroffenen eine ernste Lebenskrise. Plötzlich wird die Frage nach dem letzten »Wozu?« so virulent, dass sie nicht mehr hinter der alltäglichen Routine verschwinden will. Dasjenige, was man bisher ganz fraglos für wertvoll, handlungsleitend und sinnvoll hielt – Arbeit, Geld oder das Familienleben – wird zweifelhaft. Das eigene Dasein gerät auf den Prüfstein. Eine solche Krise, die mit Recht als Sinnkrise bezeichnet wird, ist charakterisiert durch Gefühle der Orientierungslosigkeit und der Verlorenheit, durch die Unfähigkeit, mit dem Leben so weiterzumachen wie bisher, und durch die tiefe Einsamkeit inmitten von Menschen, die in Gewohnheiten und Üblichkeiten eingebunden und aufgehoben sind. Auch für die vom so genannten Burnout-Syndrom betroffenen Menschen spielt das Thema Sinnverlust eine herausragende Rolle. Denn, um es mit Wilhelm Schmid zu sagen: »Sinn verleiht Kräfte, Sinnlosigkeit entzieht sie« (US 63). Das Fehlen von Sinn führt somit in die seelische (und körperliche) Erschöpfung, weil wir aus sinnlosem Tun keine Energie schöpfen können. Auch Nietzsche hatte den Zusammenhang zwischen Sinnhaftigkeit und Lebensenergie deutlich vor Augen, als er schrieb: »Hat man sein warum? des Lebens, so verträgt man sich mit fast jedem wie?« (KGW VI/3, 54 f.).

Der Mensch in der Krise mag sich zuweilen fühlen wie Nietzsches toller Mensch, wenn er versucht, seinen Mitmenschen klarzumachen, was er durchleidet. »Aber das Leben ist doch schön«, werden die Leute ihm entgegenhalten. »Du musst positiv denken! Sieh doch, was du alles erreicht hast, sieh deine Kinder an, sieh, wie gut es dir geht und wie viele Dinge es gibt, die dein Leben lebenswert macht. Es könnte dir so viel schlechter gehen.« Häufig werden unglückliche Menschen regelrecht dazu gedrängt, ihre »schlechte Laune« schnellstmöglich zu überwinden. Beschwichtigungen bis hin zur Verabreichung von beruhigenden Psychopharmaka sollen die Gefühle der Sinnlosigkeit beseitigen. Doch der Mensch in der Krise ahnt, dass er einer schmerzhaften Wahrheit auf der Spur ist, die sich nicht ohne Weiteres ignorieren lässt. Die üblichen Ablenkungen und Beruhigungen haben ihre Wirkung verloren, die alten Bindungen erscheinen nicht mehr als unzweifelhaft. An diesem Punkt setzt das an, was ich Nietzsches »philosophische Radikalkur« genannt habe. Jetzt gilt es im Sinne Nietzsches, der Krise nicht auszuweichen, sondern ihr ins Gesicht zu sehen, sie anzunehmen, sie auszuhalten und ihre reinigende Wirkung zuzulassen. Das Gefühl der Sinnlosigkeit soll nicht geleugnet oder überdeckt, sondern durchlebt, ja fast könnte man schon sagen ausgekostet werden. Kein Zweifel, dass es hier nicht nur um eine Heraus-, sondern um eine Überforderung geht, aber Nietzsche ist dennoch der Meinung, dass auf dem Weg zum Freigeistertum Flucht und Beruhigung keine Optionen sind. Die große Kunst besteht allerdings darin, sich nicht im vollkommenen Nihilismus zu verlieren, denn dies würde unweigerlich in die Lähmung der Depression führen. Nietzsche schreibt daher über das Ideal des freien (also von den bisherigen Bindungen losgelösten) Geistes: »Schlimmes und Schmerzliches gehört zur Geschichte der großen Loslösung. Sie ist eine Krankheit zugleich, die den Menschen zerstören kann, dieser erste Ausbruch von Kraft und Willen zur Selbstbestimmung, Selbst-Wertsetzung, dieser Wille zum freien Willen« (KGW IV/2, 10f.). Um aus diesem labilen Stadium zu einer reifen, selbstbewussten und gefestigten Freiheit des Geistes zu gelangen, bedarf es laut Nietzsche eines »Willen[s] zur Gesundheit« (KGW IV/2, 12). Wenn dieser vorhanden ist, kann die Genesung voranschreiten, und es findet eine wunderbare Veränderung des losgelösten Geistes statt: »Es wird wieder wärmer um ihn, gelber gleichsam; Gefühl und Mitgefühl bekommen Tiefe, Thauwinde aller Art gehen über ihn weg. Fast ist ihm zu Mute, als ob ihm jetzt erst die Augen für das Nahe aufgingen. Er ist verwundert und sitzt stille: wo war er doch? Diese nahen und nächsten Dinge: wie scheinen sie ihm verwandelt! welchen Flaum und Zauber haben sie inzwischen bekommen!« (KGW IV/2 13). Wenn die Sinnlosigkeit, wenn der Nihilismus in aller Radikalität zu Ende gedacht und erlitten worden ist, dann, so können wir Nietzsche deuten, gewinnt das Leben für den befreiten, genesenden Geist an Intensität und Wärme. Auf die Schmerzen der Loslösung folgt die Lust an einem Leben, das wie neu ist.

Was hat Nietzsche den sinnsuchenden, von der seelischen Erschöpfung bedrohten Menschen des 21. Jahrhunderts zu sagen? Seht der Krise des Nihilismus ins Gesicht und leugnet sie nicht! Akzeptiert die Daseinsbedingungen, so wie sie sind! Lasst euch nicht »beärzteln«, sondern nehmt euer Leiden in die eigene Hand! Werdet härter und mutiger, damit die Genesung einsetzen kann! Tretet in Distanz zu den alten Bindungen, die doch nur scheinbar notwendig und unbezweifelbar sind! Wenn ihr Bindungen, Verpflichtungen und Beziehungen beibehaltet oder neue aufnehmt, dann weil ihr sie gewählt habt und ihnen zustimmt, nicht, weil man das eben so macht. Auf diese Weise eignet ihr euch eure Existenz an und gestaltet – als Dichter eures eigenen Lebens – euer Dasein. Richtet euer Leben nicht nach den Maßgaben der Normalität ein, und geht nicht die ausgetretenen Wege, sondern gebraucht eure eigenen Beine! Experimentiert und lasst euch versuchen! Lernt, euer Schicksal nicht bloß zu ertragen, sondern zu lieben! Bleibt offen für das Unerwartete! Und übt euch im Jasagen zur Welt!

Das Bröckeln von vermeintlichen Sicherheiten und die Loslösung von bisherigen Orientierungen und Sinnstiftern geht nicht ohne Schmerzen vonstatten, wie Nietzsche weiß. Aber »ernstlich geredet: es ist eine gründliche Kur gegen allen Pessimismus […] auf die Art der freien Geister krank zu werden, eine gute Weile krank zu bleiben und dann, noch länger, noch länger, gesund, ich meine ›gesünder‹ zu werden« (KGW IV/2 13).

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1844

Friedrich Wilhelm Nietzsche wird im Dorf Röcken bei Leipzig als Sohn eines evangelischen Pfarrers und einer Pfarrerstochter geboren.

1848

Märzrevolution in Deutschland.

1864–68

Nietzsche studiert Theologie und klassische Philologie in Bonn und Leipzig.

1869

Der 24-jährige Nietzsche wird zum Professor für griechische Sprache und Literatur an die Universität Basel berufen.

1871

Gründung des Deutschen Kaiserreiches. Wilhelm I. wird deutscher Kaiser.

1879

Nietzsche legt aus gesundheitlichen Gründen die Professur nieder und beginnt ein Wanderleben. In den folgenden zehn Jahren entstehen seine einflussreichsten Schriften, u.a. Die Fröhliche Wissenschaft und Also sprach Zarathustra. Ein Buch für Alle und Keinen.

1889

Mit einem Zusammenbruch in Turin beginnt der geistige Verfall Nietzsches.

1900

Nietzsche stirbt. Er wird in Röcken beigesetzt.

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Sinnfragen

image 48% der Deutschen sind der Meinung man sollte das Leben einfach genießen.

image 31% der Deutschen meinen, man sollte das Leben als Aufgabe betrachten.

image 26% der Deutschen unterhalten sich öfter über Sinnfragen des Lebens.

image 68% der Deutschen unterhalten sich öfter über Preise und Preisentwicklungen.

image Die Anzahl der Krankschreibungen aufgrund eines Burnout ist seit 2004 um 700% gestiegen.

image 80% der Deutschen empfinden große Lebensfreude bei Freizeitbeschäftigungen.

image 30% der Deutschen empfinden große Lebensfreude im Beruf.

image 1,9% der Deutschen finden es sehr wichtig, an Althergebrachtem festzuhalten.

image 71% der Deutschen finden es sehr wichtig, gute Freunde zu haben.

Quellen: Statista, Statistisches Bundesamt; BundesPsychotherapeutenKammer

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Zum Nachlesen

Lou Andreas-Salomé, Friedrich Nietzsche in seinen Werken, Wien 1894.

Ulrike Bartholomäus, Eine Generation brennt aus, in: Focus Magazin 37/2011, abrufbar unter: http://m.focus.de/gesundheit/gesundleben/stress/symptome/tid-
23806/medizin-eine-generation-brennt-aus_aid_664784.html
(letzter Abruf 18.07.2013; GB).

Richard Dawkins, Das egoistische Gen, Heidelberg/Berlin/Oxford 1996 (EG).

Helen Heinemann, Warum Burnout nicht vom Job kommt. Die wahren Ursachen der Volkskrankheit Nr. 1, München 2012.

Martin Heidegger, Nietzsche II, in: Ders.: Gesamtausgabe. I. Abteilung: Veröffentlichte Schriften 1910–1976, herausgegeben von Brigitte Schillbach, Bd. 6.2, Frankfurt am Main 1997 (N).

Friedrich Nietzsche, Werke. Kritische Gesamtausgabe, herausgegeben von Giorgio Colli und Mazzino Montinari, Berlin/New York 1967ff. (KGW).

Wilhelm Schmid, Unglücklich sein: Eine Ermutigung, Berlin 2012 (US).

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Zum Weiterlesen

Raimund Allebrand, Die Burnout-Lüge: Ganz normaler Wahnsinn. Wie man mit Coolness sein Leben ruiniert, Bergisch Gladbach 2012.

Beatrix Himmelmann, Nietzsche, Leipzig 2006.

Fridolin Schley, Die Diktatur der Möglichkeiten, in: Hohe Luft 4/2013, S. 38–45.

Wilhelm Schmid, Schönes Leben? Einführung in die Lebenskunst, Frankfurt am Main 2005.

Irvin D. Yalom, Und Nietzsche weinte, München 2004.