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Am liebsten beobachte ich Peter, wenn er es nicht merkt. Ich bewundere dann seine ebenmäßigen Züge, sein schön geschwungenes Profil. Sein Gesicht ist so offen, so unschuldig – es strahlt eine ganz besondere Freundlichkeit aus. Und es ist vor allem diese Freundlichkeit, die mein Herz berührt.

Am Freitagabend nach dem Lacrosse-Spiel hängen wir mal wieder bei Gabe Rivera ab. Unsere Schule hat gewonnen, und alle sind gut drauf. Peter hat besonders gute Laune, weil er das entscheidende Tor erzielt hat. Er spielt auf der anderen Seite des Zimmers mit ein paar Jungs aus der Mannschaft Poker und lehnt mit seinem gekippten Stuhl an der Wand. Seine Haare sind noch nass vom Duschen nach dem Spiel. Ich sitze mit meinen Freunden Lucas Krapf und Pammy Subkoff auf dem Sofa. Die beiden blättern in der neuesten Ausgabe der Teen Vogue und beratschlagen, ob Pammy sich einen Pony schneiden lassen soll.

»Was meinst du, Lara Jean?«, fragt sie und fährt sich mit den Fingern durch die karottenroten Haare. Pammy ist eine neue Freundin von mir – wir haben uns kennengelernt, weil sie mit Peters Freund Darrell zusammen ist. Sie hat ein rundes Puppengesicht, das, ebenso wie ihre Schultern, mit zarten Sommersprossen übersät ist.

»Also, ich finde, ein Pony sollte gut überlegt sein, weil du dich damit auf ziemlich lange Zeit festlegst. Je nachdem, wie schnell deine Haare wachsen, kann es ein Jahr oder länger dauern, bis sie wieder alle die gleiche Länge haben. Aber wenn du ernsthaft darüber nachdenkst, würde ich an deiner Stelle bis zum Herbst warten – bald ist Sommer, da kann ein Pony ziemlich nervig sein, man schwitzt darunter, und alles klebt …« Meine Augen wandern zurück zu Peter. Er sieht auf, merkt, dass ich ihn anschaue, und zieht fragend die Augenbrauen hoch. Ich lächele nur und schüttele den Kopf.

»Dann also keinen Pony?«

Mein Handy summt in meiner Tasche. Es ist Peter.

Willst du gehen?

Nein.

Warum siehst du mich
dann so an?

Weil mir danach ist.

Lucas liest über meine Schulter mit. Als ich ihn wegschiebe, schüttelt er den Kopf und sagt: »Ihr schreibt euch ernsthaft Nachrichten, obwohl ihr nur ein paar Meter voneinander entfernt sitzt?«

Pammy zieht ihre Nase kraus. »Das ist so süß.«

Bevor ich antworten kann, kommt Peter mit zielstrebigen Schritten auf mich zu. »Zeit, meinen Schatz nach Hause zu bringen«, verkündet er.

»Wie viel Uhr ist es denn?«, frage ich. »Ist es schon so spät?«

Peter zieht mich vom Sofa hoch und hilft mir in meine Jacke. Dann nimmt er meine Hand.

Ich drehe mich noch einmal um und winke. »Tschüss, Lucas! Tschüss, Pammy! Und übrigens: Ich finde, ein Pony würde dir total gut stehen!«

»Warum hast du es denn so eilig?«, frage ich, als Peter mich durch den Vorgarten zur Straße zieht, wo sein Auto parkt.

Er bleibt vor dem Wagen stehen, nimmt mich in den Arm und küsst mich. »Ich kann mich nicht auf meine Karten konzentrieren, wenn du mich so anschaust, Covey.«

»Tut mir leid …«

Bevor ich weitersprechen kann, küsst er mich schon wieder, seine Hände fest an meinem Rücken.

Im Auto schaue ich auf das Armaturenbrett – erst Mitternacht. »Wir haben noch eine Stunde, bevor ich zurückmuss. Was sollen wir solange machen?«

Ich bin die Einzige, die abends zu einer bestimmten Uhrzeit zu Hause sein muss. Punkt ein Uhr ist für mich Zapfenstreich. Mittlerweile haben sich alle daran gewöhnt: Peter Kavinskys brave Freundin muss um eins im Bett sein. Aber es hat noch keinen Abend gegeben, wo mich das gestört hätte. Weil, mal ehrlich, es ist nicht ja so, als würde ich was verpassen. Es sei denn, man schaut gern zu, wie die Leute stundenlang Flip-Cup spielen. Nein danke, da verkrieche ich mich lieber in meinem kuscheligen Schlafanzug ins Bett, mit einer Tasse Gutenachttee und einem Buch.

»Wir könnten zu euch fahren. Ich hätte Lust, deinem Vater kurz Hallo zu sagen. Und wir könnten Alien zu Ende schauen.« Peter und ich arbeiten nach und nach eine Filmliste ab, die aus meinen Vorschlägen besteht (Lieblingsfilme von mir, die er nicht kennt), aus seinen Vorschlägen (Lieblingsfilme von ihm, die ich nicht kenne) und aus Filmen, die keiner von uns gesehen hat. Alien wurde von Peter ausgesucht und hat sich als richtig guter Film entpuppt. Und obwohl Peter immer behauptet hat, er finde Liebeskomödien langweilig, hat ihm Schlaflos in Seattle total gefallen. Ich war ziemlich erleichtert, weil ich unmöglich mit einem Jungen zusammen sein könnte, der den Film nicht mag.

»Ich will nicht nach Hause«, sage ich. »Ich hätte Lust, noch irgendwo hinzugehen.«

Peter überlegt und klopft dabei mit dem Finger auf das Lenkrad. Dann sagt er: »Ich weiß was.«

»Und was?«

»Wart’s ab.« Er öffnet das Fenster, frische Nachtluft zieht ins Auto.

Ich lehne mich in meinem Sitz zurück. Die Straßen sind leer, die meisten Häuser dunkel. »Lass mich raten. Wir fahren zum Diner, weil du Lust auf Blaubeerpfannkuchen hast.«

»Nö.«

»Hmm. Für Starbucks ist es zu spät, und Biscuit Soul Food hat schon zu.«

»He, ich denke nicht immer nur ans Essen«, widerspricht er. »Sind eigentlich noch Kekse in der Dose?«

»Die sind alle, aber zu Hause hab ich vielleicht noch welche, wenn Kitty sie nicht aufgefuttert hat.« Ich lasse den Arm aus dem Fenster hängen. Bald sind die kalten Nächte vorbei, in denen man eine Jacke braucht. Aus dem Augenwinkel mustere ich Peters Profil. Manchmal kann ich es immer noch nicht fassen, dass er mir gehört. Der hübscheste aller hübschen Jungs gehört mir, mir ganz allein.

»Was ist?«, fragt er.

»Nichts«, sage ich.

Zehn Minuten später fahren wir auf den Campus der University of Virginia, nur dass ihn niemand so nennt – alle sagen »Grounds« dazu. Peter parkt am Straßenrand. Es ist wenig los für einen Freitagabend in einer Uni-Stadt, aber die meisten Studenten sind vermutlich wegen der Frühlingsferien nach Hause gefahren.

Hand in Hand spazieren wir über die große Rasenfläche in der Mitte, als mich plötzlich eine Panikwelle überkommt. Ich bleibe wie angewurzelt stehen und frage: »Glaubst du, es bringt Unglück, hier herumzulaufen, bevor ich einen Studienplatz habe?«

Peter lacht. »Das ist doch keine Hochzeit. Du willst die UVA doch nicht heiraten.«

»Du hast leicht reden. Du hast ja schon eine Zusage.«

Peter hat schon letztes Jahr der Lacrosse-Mannschaft der UVA eine mündliche Zusage gegeben und sich dann im Herbst im Frühzulassungsverfahren beworben. Wie die meisten Sportler hat er seinen Studienplatz sicher, solange seine Noten einigermaßen in Ordnung sind. Nachdem im Januar die offizielle Zusage kam, hat seine Mutter eine große Party für ihn geschmissen. Ich habe einen Kuchen gebacken, auf dem in gelber Zuckerguss-Schrift Meine Tore für die UVA stand.

Peter zieht mich an der Hand und sagt: »Komm schon, Covey. Ob du hier studierst, hat doch mit Schicksal nichts zu tun. Außerdem waren wir vor zwei Monaten schon mal hier, bei dieser Veranstaltung im Miller Center.«

Ich beruhige mich wieder. »Oh, stimmt.«

Wir gehen weiter. Mittlerweile kenne ich unser Ziel: die Stufen vor der Rotunde. Der Rundbau wurde von Thomas Jefferson entworfen, dem Gründervater der Universität, und nach dem Vorbild des Pantheons gestaltet, mit weißen Säulen und einer großen Kuppel. Peter rennt die Steinstufen hoch wie Rocky und lässt sich fallen. Ich setze mich vor ihn und lehne mich zurück.

»Wusstest du eigentlich, dass die UVA sich unter anderem dadurch auszeichnet, dass das Zentrum der Uni hier in der Rotunde eine Bibliothek ist und keine Kirche? Jefferson war nämlich der Überzeugung, Schule und Kirche sollten strikt getrennt sein.«

»Hast du das in der Uni-Broschüre nachgelesen?«, neckt Peter mich und drückt mir einen Kuss auf den Nacken.

Verträumt sage ich: »Das haben sie erklärt, als ich letztes Jahr den Campus besichtigt habe.«

»Davon hast du mir gar nichts erzählt. Warum machst du eine Besichtigung mit, wenn du hier in der Stadt wohnst? Du warst doch schon tausend Mal auf dem Campus!«

Es stimmt, ich war schon viele Male hier. Seit meiner Kindheit bin ich mit meiner Familie regelmäßig hergekommen. Als meine Mutter noch am Leben war, haben wir immer die Konzerte der Hullabahoos besucht, eine studentische A-cappella-Gruppe, die meine Mutter ganz toll fand. Auf der Wiese vor der Rotunde haben wir für Familienfotos posiert, im Sommer haben wir nach der Kirche hier gepicknickt.

Ich drehe mich zu Peter um. »Ich habe die Besichtigung gemacht, weil ich alles über die UVA wissen wollte. Sachen, die man nicht unbedingt mitbekommt, nur weil man hier lebt. Kannst du mir sagen, wann Frauen hier zum Studium zugelassen wurden?«

Er kratzt sich am Hals. »Äh … keine Ahnung. Wann wurde die Uni denn gegründet? Vielleicht Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts? So um 1920?«

»Nein. Frauen dürfen erst seit 1970 hier studieren.« Ich drehe mich wieder um und betrachte das Gelände. »Erst hundertfünfzig Jahre nach der Gründung.«

Fasziniert sagt Peter: »Was? Krass. Weißt du noch mehr Fakten?«

»Die UVA ist die einzige Universität, die in die Weltkulturerbeliste der UNESCO aufgenommen wurde.«

»Schon gut, das reicht«, wehrt er ab und bekommt dafür von mir einen Klaps aufs Knie. »Reden wir lieber über was anderes. Worauf freust du dich am meisten, wenn du hier studierst?«

»Du zuerst. Worauf freust du dich?«

Er antwortet sofort. »Ganz einfach. Darauf, mit dir zusammen als Flitzer den Campus aufzumischen.«

»Ernsthaft? Du freust dich darauf, nackt über den Campus zu rennen?« Hastig füge ich hinzu: »Außerdem würde ich so was niemals tun.«

Er lacht. »Das ist Tradition hier. Ich dachte, du stehst auf UVA-
Traditionen.«

»Peter!«

»War nur ein Witz.« Er beugt sich vor, legt die Arme um mich und reibt seine Nase an meinem Nacken, wie er es gerne tut. »Du bist dran.«

Ich träume kurz vor mich hin. Worauf freue ich mich am meisten, wenn ich hier studieren darf? Da gibt es so vieles, dass ich gar nicht alles aufzählen kann. Ich freue mich darauf, jeden Tag mit Peter Waffeln in der Cafeteria zu essen. Mit ihm den Hang vor der Cafeteria runterzurutschen, wenn es schneit. Auf die Picknicks, wenn es warm ist. Darauf, die ganze Nacht wach zu bleiben und zu reden und dann aufzuwachen und noch mehr zu reden. Auf spätabendliche Besuche im Waschsalon und spontane Wochenendausflüge. Einfach … auf alles.

Schließlich sage ich: »Ich habe Angst, dass es Unglück bringt, wenn ich darüber rede.«

»Komm schon!«

»Okay, okay … Ich glaube, ich freue mich am meisten darauf … zum Lernen in den McGregor-Saal zu gehen.« Der Lesesaal der Uni-Bibliothek trägt auch den Spitznamen »Harry-Potter-Saal«, wegen der prunkvollen Teppiche, der Kronleuchter und Ledersessel und der Porträts an den Wänden. Die Regale reichen vom Boden bis zur Decke, und die Bücher werden durch Metallgitter geschützt, weil sie so wertvoll sind. Der Raum wirkt wie aus einer anderen Zeit, und es ist sehr still dort – eine fast ehrfürchtige Ruhe. Als ich etwa fünf oder sechs Jahre alt war, noch vor Kittys Geburt, besuchte meine Mutter ein Seminar an der UVA und setzte sich immer mit uns zum Lernen in den McGregor-Saal. Margot und ich haben dann gemalt oder gelesen. Weil wir uns dort nie gestritten haben, sagte meine Mutter immer, es sei eine magische Bibliothek. Wir waren beide jedes Mal mucksmäuschenstill, weil wir die vielen Bücher und die jungen Leute, die an den Tischen saßen und lernten, so bewundert haben.

Peter zieht ein enttäuschtes Gesicht. Bestimmt hat er etwas erwartet, das mit ihm zu tun hat. Mit uns. Aber diese Träume möchte ich vorerst lieber für mich behalten.

»Du kannst ja mit in den Lesesaal kommen«, sage ich. »Aber nur, wenn du versprichst, leise zu sein.«

Zärtlich entgegnet er: »Lara Jean, du bist echt der einzige Mensch, der sich für eine Bibliothek begeistern kann.«

Den vielen Fotos auf Pinterest nach zu urteilen, gibt es viele Leute, die sich darüber freuen würden, in einer so wunderschönen Bi­bliothek zu lernen. Aber eben nicht die Leute, die Peter kennt. Deshalb findet er mich ein wenig sonderbar. Ich habe nicht vor, ihm zu verraten, dass ich gar nicht so sonderbar bin und dass es in Wirklichkeit viele Menschen gibt, die gern zu Hause bleiben, Kekse backen und Scrapbooks basteln oder die in Bibliotheken gehen. Auch wenn die meisten schon mindestens fünfzig Jahre alt sein dürften. Ich finde es schön, wenn er mich anschaut, als wäre ich eine Elfe, die er eines Tages zufällig entdeckt und einfach mit nach Hause genommen hat.

Peter zieht sein Handy aus der Tasche seines Kapuzenpullis. »Halb eins. Wir müssen los.«

»Schon?«, seufze ich. Ich bin gern spätabends hier. Es kommt mir dann so vor, als würde das ganze Gelände nur uns gehören.

Tief in meinem Herzen war es schon immer mein Wunsch, später mal an die UVA zu gehen. Eine andere Uni ist für mich nie infrage gekommen. Darum wollte ich mich eigentlich auch schon im Frühzulassungsverfahren bewerben, wie Peter, aber Mrs. Duvall, meine Collegeberaterin, hat mir davon abgeraten. Sie sagte, es sei besser, noch zu warten, damit meine Halbjahresnoten in die Bewerbung einfließen können. Meine Erfolgschancen seien höher, wenn ich mich mit einem möglichst guten Notenschnitt bewerben würde.

Am Ende habe ich meine Unterlagen an fünf Unis geschickt. Zuerst sollte es nur die UVA sein, wo es am schwersten ist, einen Studienplatz zu bekommen und die nur eine Viertelstunde von zu Hause entfernt liegt. Das College of William and Mary, die Schule mit den zweitschwersten Aufnahmebedingungen und meine zweite Wahl, liegt zwei Stunden entfernt. Dann die University of Richmond und die James Madison University, beide nur eine Stunde von hier, beide gleichermaßen dritte Wahl. Alle vier liegen in unserem Bundesstaat. Aber dann hat mich Mrs. Duvall gedrängt, mich auch an einem College außerhalb von Virginia zu bewerben, nur um mir diese Möglichkeit offenzuhalten. Deshalb habe ich auch eine Bewerbung an die University of North Carolina in Chapel Hill geschickt. Es ist sehr schwer, an einer auswärtigen Uni einen Platz zu bekommen, aber ich habe sie gewählt, weil sie mich an die UVA erinnert. Sie hat ein gutes geisteswissenschaftliches Profil und liegt nicht zu weit entfernt, gerade noch nah genug, um im Notfall schnell zu Hause zu sein.

Aber wenn ich die Wahl hätte, würde ich mich immer für die UVA entscheiden. Ich hatte nie das Bedürfnis, irgendwo weit weg zu studieren. Ich bin nicht so wie meine große Schwester. Margot hat immer davon geträumt, hier rauszukommen. Sie will unbedingt die Welt sehen. Mir ist es wichtig, mich zu Hause zu fühlen, und die UVA ist nun mal wie eine Heimat für mich. Deshalb vergleiche ich auch alle anderen Universitäten mit ihr. Sie hat einfach einen Bilderbuch-Campus – rundum perfekt. Und dann ist da natürlich noch Peter.

Wir bleiben noch ein bisschen sitzen, ich erzähle Peter ein paar weitere Fakten über die UVA, und er spottet darüber, wie gut ich mich auskenne. Dann fährt er mich nach Hause. Es ist schon fast eins, als er vor unserem Haus hält. Im Erdgeschoss ist alles dunkel, aber im Schlafzimmer meines Vaters brennt noch Licht. Er geht immer erst ins Bett, wenn ich zu Hause bin.

Ich will aussteigen, aber Peter hält mich davon ab, die Tür zu öffnen. »Erst will ich meinen Gutenachtkuss«, verlangt er.

Ich lache. »Peter! Ich muss los.«

Er schließt stur die Augen und wartet.

Ich beuge mich vor und drücke ihm einen schnellen Kuss auf die Lippen. »Hier. Zufrieden?«

»Nein.« Er küsst mich ausgiebig, als hätten wir alle Zeit der Welt, und fragt dann: »Was würde passieren, wenn ich zurückkomme, sobald alle eingeschlafen sind, die Nacht bei dir verbringe und morgen ganz früh verschwinde? Also noch vor Sonnenaufgang?«

Lächelnd sage ich: »Das geht nicht, deshalb werden wir es wohl nie erfahren.«

»Und wenn doch?«

»Mein Vater würde mich umbringen.«

»Nein, würde er nicht.«

»Er würde dich umbringen.«

»Nein, würde er nicht.«

»Vermutlich nicht«, stimme ich zu. »Aber er wäre sehr enttäuscht von mir. Und furchtbar wütend auf dich.«

»Nur, wenn wir erwischt werden«, widerspricht Peter, aber nur halbherzig. Er will es auch nicht riskieren. Er ist zu sehr darauf bedacht, es sich mit meinem Vater nicht zu verscherzen. »Weißt du, auf was ich mich in Wirklichkeit am meisten freue?« Er zieht mich am Zopf, bevor er weiterspricht. »Nicht Gute Nacht sagen zu müssen. Ich hasse es, Gute Nacht zu sagen.«

»Ich auch«, sage ich.

»Ich kann es kaum erwarten, bis wir auf dem College sind.«

»Ich auch.« Ich küsse ihn ein letztes Mal, dann springe ich aus dem Auto und laufe zu unserem Haus. Unterwegs schaue ich zum Mond hinauf und zu den vielen Sternen, die wie eine Decke über dem Nachthimmel liegen, und schicke einen Wunsch zu ihnen empor. Bitte, lieber Gott, lass mich einen Platz an der UVA bekommen.