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Chris ist die Erste, die geht. Sie kommt bei mir vorbei und erklärt: »Ich kann leider nicht zur Hochzeit kommen. Ich fliege morgen in die Dominikanische Republik.«

»Was?«

»Ich weiß. Tut mir echt leid.« Chris hat ein breites Grinsen im Gesicht und sieht kein bisschen so aus, als würde es ihr leidtun. »Es ist total verrückt. Ich habe eine Stelle in einem Öko-Hotel angeboten bekommen, und das kann ich mir einfach nicht entgehen lassen. In der Dominikanischen Republik sprechen sie schließlich auch Spanisch.«

»Stimmt. Aber ich dachte, du willst nach Costa Rica!«

Schulterzuckend meint sie: »Die Möglichkeit hat sich eben aufgetan, und da habe ich zugegriffen.«

»Aber … ich kann nicht fassen, dass du jetzt schon gehst! Du wolltest doch noch bis August hierbleiben. Wann kommst du zurück?«

»Keine Ahnung … Das ist ja das Schöne daran. Vielleicht bleibe ich ein halbes Jahr, oder vielleicht tut sich was anderes auf und ich ziehe weiter.«

Ich blinzele. »Dann gehst du also für immer?«

»Nicht für immer. Nur für jetzt.«

Etwas in mir weiß, dass es vermutlich doch für immer sein wird. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Chris in einem Jahr wieder hier wohnen und aufs Community College gehen wird. Chris ist wie eine streunende Katze, die nach Belieben kommt und geht. Sie wird immer weich auf ihren Katzenpfoten landen.

»Nun schau doch nicht so traurig. Du wirst auch ohne mich klarkommen. Du hast doch Kavinsky.«

Eine Sekunde lang bekomme ich keine Luft. Allein seinen Namen zu hören, fühlt sich wie ein Dolchstoß ins Herz an.

»Außerdem werden demnächst alle weg sein. Ich bin nur froh, dass ich nicht als Einzige hier versauern muss.«

Genau so würde es sich für Chris anfühlen – hierbleiben, aufs Community College gehen und bei Applebee’s jobben. Ich freue mich für sie, dass sie stattdessen auf Abenteuersuche durch die Welt ziehen wird.

»Ich kann nur nicht fassen, dass du schon so bald fliegst.« Dass Peter und ich uns getrennt haben, erzähle ich ihr nicht. Es geht jetzt nicht um Peter und mich, es geht um Chris und ihre aufregende, neue Zukunft. »Darf ich dir wenigstens beim Packen helfen?«

»Das habe ich schon erledigt. Ich nehme nur das Nötigste mit. Meine Lederjacke, meinen Bikini, ein bisschen Schmuck.«

»Solltest du nicht auch feste Schuhe, Arbeitshandschuhe und so was dabeihaben?«

»Auf dem Flug trage ich Turnschuhe, und was ich sonst brauche, kaufe ich, wenn ich dort bin. Das ist doch der Sinn von einem Abenteuer – mit leichtem Gepäck reisen und alles andere unterwegs organisieren.«

Ich dachte, wir hätten noch mehr Zeit zusammen, Chris und ich, hier, in meinem Zimmer. Ich dachte, wir könnten uns bis spät in die Nacht Geheimnisse erzählen und Chips im Bett essen. Ich wollte unsere Freundschaft festigen, bevor sie sich davonmacht: Lara Jean und Chrissy, so wie früher.

Alles geht zu Ende.