Rocco sah Gracie nach, wie sie in ihr Zimmer ging. Hinter sich drehte sie deutlich hörbar den Schlüssel um. Er fluchte und warf die Zeitung auf den Boden, dann ging er zum Barschrank und goss sich einen Whisky ein. Seine Hände zitterten. Das taten sie, seitdem er den Ausdruck von Gracies E-Mail erhalten hatte.
Wie musste sie sich über ihn amüsiert haben, als er ihr von seiner Vergangenheit erzählt hatte! Er konnte nicht fassen, dass er ihr blindlings vertraut hatte. Wie dumm er gewesen war.
Aber er konnte nicht leugnen, dass sie ihm tief unter die Haut gegangen war. Nur darum war er so verletzt, und nur darum konnte er jetzt so hart und rücksichtslos handeln.
Und wenn ich sie doch zu Unrecht verdächtige? fragte eine leise Stimme in seinem Kopf. Er konnte nur hoffen, dass sich seine Anschuldigungen als richtig erweisen würden. Sonst hätte er den furchtbarsten Fehler seines Lebens begangen.
Am nächsten Nachmittag ging Rocco mit großen Schritten in seinem Büro auf und ab. An Arbeit konnte er nicht einmal denken.
Gracie hatte ihr Zimmer seit gestern nicht verlassen. Er hatte erfolglos an ihre Tür geklopft. Als er ansetzte, die Tür aufzubrechen, rief sie: „Geh weg!“ Ihre Stimme klang heiser, als hätte sie geweint.
Vor fünf Minuten hatte er Mrs Jones angerufen und erfahren, dass Gracie immer noch in ihrem Zimmer war.
Plötzlich stockte sein Atem. Durch die Glaswände sah er, wie eine vertraute Gestalt auf sein Büro zukam. Alle Angestellten hatten mit der Arbeit aufgehört. Sie wussten, was dieser Besuch zu bedeuten hatte. Rocco wusste allerdings, dass er noch mehr bedeutete als eine Million Euro.
Er sah zu, wie Steven Murray sich näherte. Doch er wirkte nicht im Geringsten schuldbewusst, nur unendlich wütend. Roccos Herz sank, und er begriff, dass er den größten Fehler seines Lebens gemacht hatte.
Gracie lag reglos auf ihrem Bett. Sie spürte keinen Hunger und keinen Durst. Sie spürte gar nichts mehr. Nur eines konnte sie aus ihrer Erstarrung reißen.
„Gracie, mach auf!“, rief eine vertraute Stimme. „Ich bin’s.“
Sie setzte sich auf. Unmöglich! Sie musste träumen. Als würde sie schlafwandeln, stand sie auf, ging zur Tür und öffnete. Vor ihr stand Steven.
Einen langen Moment sah sie ihn nur an, dann warf sie sich in seine Arme.
Er hielt sie ganz fest, streichelte ihren Rücken und flüsterte tröstende Worte. Ohne sie loszulassen, führte er sie zu einem Sofa. Erst jetzt begriff sie, dass wirklich ihr Bruder vor ihr saß.
Panisch griff sie nach seiner Hand. „Was machst du hier? Du musst sofort gehen. Rocco ist eine Etage tiefer in seinem Büro, wenn er dich findet …“
Sie brach ab, als Steven etwas – oder jemanden – über ihren Kopf hinweg anschaute. Sie folgte seinem Blick und wandte sich um. Hinter ihr stand Rocco. Er hatte die Hände in die Hosentaschen gesteckt und sah sehr blass aus.
„Ich weiß, dass er hier ist“, sagte Rocco heiser. „Er ist zuerst zu mir gekommen.“ Er lächelte schwach.
Gracie schüttelte verständnislos den Kopf. Wieso war Rocco nicht wütend. Und warum war Steven so gelassen? Sie riss den Blick von Rocco los. „Steven, was …?“
Er lächelte müde. „Das ist eine lange Geschichte. Ich habe Mr de Marco schon alles erklärt. Ich bin erpresst worden, Gracie. Von Männern, die ich im Gefängnis kennengelernt habe. Als sie gehört haben, dass ich hier arbeite, haben sie gedroht, Mr de Marco alles über mich zu verraten. Ich hatte Angst … Der Job hier war das Beste, was mir in meinem ganzen Leben passiert ist … Irgendwann wollten sie zu viel Geld. Ich habe Panik bekommen und bin weggelaufen.“ Steven warf einen Seitenblick zu Rocco. „Wenn ich ihm helfe, diese Leute zu erwischen, hat Mr de Marco versprochen, mich nicht anzuzeigen. Er wird bestimmt nicht sein ganzes Geld zurückbekommen, aber er hat mir angeboten, für ihn zu arbeiten, damit ich meine Schulden bei ihm abbezahlen kann. Gracie, ich weiß, dass ich diese Chance nicht verdient habe, aber ich werde es nicht noch einmal vermasseln, das verspreche ich dir.“
Gracie traute ihren Ohren nicht.
„Würden Sie uns bitte einen Moment allein lassen“, sagte Rocco leise. „Mrs Jones bringt Sie zu Ihrem Büro.“
Steven nickte und drückte noch einmal Gracies Hände. „Geht es dir wieder gut?“
Sie unterdrückte ein hysterisches Kichern. Es war ihr nie schlechter gegangen. Aber sie nickte und sah Steven nach, wie er den Raum verließ.
Jetzt kam Rocco näher und blieb vor ihr stehen.
Sie sah zu ihm auf. „Wieso tust du das? Wieso gibst du ihm noch eine Chance? Nach allem …“
„Nach allem, was ich gesagt habe?“, beendete er ihren Satz. „Mein Gott, Gracie, es tut mir so leid!“ Er sah sie nicht an. „Ich war ein Idiot, ein dummer, blinder Trottel. Als ich deine E-Mail gelesen habe, war ich so verletzt, dass ich nicht mehr klar denken konnte. Ich habe sofort das Schlimmste angenommen. In der Nacht in New York … du bist mir zu nah gekommen. Ich habe mich noch nie jemandem anvertraut und bei dir … es ist alles einfach aus mir rausgekommen. Und du hast dich nicht von mir abgewendet, du hast mich mit offenen Armen angenommen, wie ich bin.“ Er zog sich einen Stuhl heran und setzte sich vor sie. „Mit dem Titelbild hatte ich nichts zu tun. Das musst du mir glauben. Erst als ich es gesehen habe, dachte ich an Steven und daran, dass ihn das Bild vielleicht aus seinem Versteck treibt. Vorher ist mir nicht einmal der Gedanke gekommen. Aber ich wollte dich so verzweifelt von mir stoßen.“ Er verzog das Gesicht. „Im tiefsten Inneren wusste ich die ganze Zeit, dass du unschuldig bist. Ich habe dich verführt, weil ich nicht anders konnte.“ Er schüttelte den Kopf. „Ich habe dir all diese schrecklichen Dinge nur an den Kopf geworfen, weil ich so verletzt war. Ich habe nie jemandem vertraut. Nur dir. Und als dann Steven heute in meinem Büro aufgetaucht ist und wissen wollte, was ich von dir will, habe ich plötzlich begriffen.“
In Gracies Herz flackerte eine zaghafte Hoffnung auf.
„Ich hätte dich nie hier festhalten dürfen, aber von Anfang an hatte es mehr mit dir als mit deinem Bruder zu tun.“
Die zarte Hoffnung verwandelte sich in eine lodernde Flamme. „Was sagst du da?“, flüsterte Gracie.
Rocco nahm ihre Hand. „Ich kann dich nicht aufhalten. Aber ich möchte nicht, dass du gehst. Bitte bleib bei mir … so lange du willst.“
„So lange ich will?“, wiederholte Gracie schwach.
Rocco nickte. „Zwischen uns ist etwas, Gracie. Etwas … Machtvolles.“
Gracie zog ihre Hand zurück. Er meinte Leidenschaft. Körperliche Anziehung. Und er wollte, dass sie blieb, bis diese Leidenschaft ausgelebt und die Anziehung vorbei war.
Bevor sie antworten konnte, sah er auf die Uhr und verzog bedauernd sein Gesicht. „Es tut mir leid, aber ich muss jetzt gehen. Ich habe ein Meeting, das ich nicht verschieben kann. Bitte denk darüber nach, was ich gesagt habe. Wir reden dann, wenn ich zurückkommen, in Ordnung?“
Gracie fühlte sich wie betäubt.
„Bitte“, sagte er.
Sie begriff, dass er erst gehen würde, wenn sie geantwortet hatte. Dumpf nickte sie. Sie sah, wie er sich entspannte. Ohne ein weiteres Wort stand er auf und ging.
Gracie hatte zwar genickt, aber sie wusste, was sie zu tun hatte. Sie musste gehen … fliehen. Rocco wollte eine Affäre.
Er hatte kein Wort von Liebe gesagt. Damit konnte sie nicht leben, nicht seitdem sie ihre Gefühle erkannt hatte. Jetzt wusste sie, dass sie Rocco liebte. Würde sie ihn nicht so sehr lieben, hätte er sie gestern niemals so tief verletzen können.
Aber für ihn bedeutete sie nicht mehr als eine vorübergehende Zerstreuung. Eines Tages würde er eine von seinen Eisprinzessinnen zur Partnerin wählen. Gracie wollte ihn dafür hassen, aber wie konnte sie das, nachdem er ihr seine Gründe erklärt hatte? Sein Leben lang hatte er für diesen Platz im Leben gekämpft. Sie war die Letzte, die ihm das vorwerfen konnte.
Während sie ihre Tränen zurückdrängte, packte sie ihre Sachen und schrieb zwei kurze Nachrichten, eine für Steven, eine für Rocco, dann nahm sie Koffer und Rucksack und ging.
Zwei Wochen später.
Gracie balancierte das Tablett voller leerer Gläser über dem Kopf und schob sich durch das Gedränge. Als ihr vor Anstrengung der Schweiß über den Rücken lief, fluchte sie leise, um nicht in Selbstmitleid auszubrechen. Dieser Job brachte genug ein, um aus dem billigen Zimmer auszuziehen und sich eine kleine Wohnung zu suchen. Dann könnte sie jeden Tag für einige Stunden in Ruhe an ihrem Kinderbuch arbeiten.
Sie seufzte, als sie vor sich die Küchentüren sah. Sie ging hinein, stellte das Tablett ab und bekam sofort ein neues in die Hand gedrückt.
„Ein durstiger Haufen da draußen“, stellte ihr Boss zufrieden fest.
Gracie unterdrückte einen weiteren Seufzer und schob sich wieder durch die Menge. Es schien noch voller geworden zu sein. Sie kam sich vor, als bewegte sie sich in einem Meer von Männern in Anzügen und Frauen in glitzernden Roben. Wie in aller Welt sollte sie jemals da durchkommen?
„Entschuldigung!“, rief sie entschlossen. „Bitte entschuldigen Sie.“
Plötzlich bewegte sich die Menge aufgeregt, und die Leute tuschelten, als wäre ein ganz besonders wichtiger Gast eingetroffen. Gracie verdrehte die Augen und hielt ihr Tablett fest. Bestimmt irgendein Prominenter.
„Oh mein Gott!“, hörte sie neben sich. „Er steigt auf einen Tisch.“
„Ist er das wirklich?“, fragte ein anderer ehrfurchtsvoll.
Plötzlich wurde es ganz still im Raum.
„Gracie O’Brian, ich weiß, dass du irgendwo hier bist. Wo bist du?“, rief eine vertraute Stimme.
Ihr Herz setzte einen Schlag aus. Das konnte nicht sein! Sie hatte Wahnvorstellungen!
Dann hörte sie die Stimme wieder, diesmal deutlich ungeduldiger: „Verdammt, Gracie, wo bist du?“
Nein, sie träumte nicht.
Zögernd blickte sie auf. Ihr Atem stockte, als sie Rocco sah. Er stand auf dem vollbeladenen Buffet, hatte die Hände in die Hüften gestemmt und starrte suchend in die Menge. Als er in ihre Richtung schaute, duckte sie sich schnell, aber zu spät. Sie hörte einen triumphierenden Ausruf, dann sprang er vom Tisch. Sie versuchte zu flüchten, aber sie war von allen Seiten eingeklemmt.
Wie in Zeitlupe teilte sich vor ihr die Menge, und sie sah Rocco. Groß, dunkel und atemberaubend. Er trug ein blassblaues Hemd und dunkle Hosen. Seine dunklen Augen schienen zu glühen. Er war unrasiert und sah aus, als hätte er seit Nächten nicht mehr geschlafen.
Gracies Hände zitterten so sehr, dass die Gläser auf ihrem Tablett gefährlich klirrten. Rocco sprang vorwärts, nahm ihr das Tablett ab und drückte es einem verblüfften Mann neben ihr in die Hände.
„Was machst du hier, Rocco?“, fragte Gracie. „Ich dachte, ich hätte dir geschrieben, dass ich nicht an einer Affäre interessiert bin.“
Seine Lippen wurden schmal, und seine Augen blitzten. „Oh ja, das könnte man so sagen: ‚Lieber Rocco, es tut mir leid, aber ich bin an einer Affäre nicht interessiert, auf Wiedersehen, Gracie.‘ Dio, als ich das gelesen habe, hätte ich dir am liebsten den Hals umgedreht.“
Die Menge um sie herum war ganz still geworden. Man hätte eine Nadel zu Boden fallen hören können, aber Gracie sah nur einen Menschen. Sie versuchte, stark zu bleiben, aber ihr Körper verriet sie. Mit jeder Faser sehnte sie sich danach, Rocco zu berühren.
„Ich habe es ernst gemeint. Ich will keine Affäre.“
Rocco trat einen Schritt näher, und sie wich einen Schritt zurück.
„Ich auch nicht“, erwiderte er.
Gracie schüttelte den Kopf. „Aber du hast gesagt, uns würde etwas verbinden.“
„Stimmt das etwa nicht?“
„Was willst du hier, Rocco? Lass mich in Ruhe! Ich will keine …“
Er trat einen Schritt näher. „Sag mir, was du willst.“
Gracie wurde vor Schreck eiskalt. „Ich will überhaupt nichts von dir“, log sie verzweifelt.
Rocco lächelte. „Lügnerin.“
Sofort explodierte sie. „Ich bin keine Lügnerin. Ich lüge nie …“
„Das weiß ich doch, cara“, sagte er besänftigend. „Aber ich fürchte, diesmal hast du ausnahmsweise doch gelogen.“
Zu ihrem Entsetzen spürte Gracie, wie ihr Tränen in die Augen schossen. Rocco streckte die Arme aus und zog sie an sich. Gracie war im Himmel und in der Hölle zugleich.
„Hol dich der Teufel, Rocco“, murmelte sie an seiner Brust.
Er legte seine Hände an ihre Wangen und versuchte verzweifelt, ihre Tränen abzuwischen. „Nicht weinen, piccolina … bitte. Ich wollte dich nicht zum Weinen bringen. Sag mir einfach nur, was du von mir willst.“
Gracie öffnete den Mund. Sie wollte ihn genauso verletzen wie er sie, aber sie konnte es nicht. Sie schaute in sein dunkles, schönes Gesicht und sah nur den Mann, den sie liebte.
„Ich will dich, Rocco, ich will alles über dich wissen, was dich bewegt, was du willst, was dich glücklich macht. Ich will dich glücklich machen. Ich liebe dich, und ich will den Rest meines Lebens mit dir verbringen. Ich will keine kurze Affäre. Ich will mehr. Viel mehr.“
Nachdem sie ihm endlich die Wahrheit gesagt hatte, konnte sie wieder frei atmen. Stolz hob sie ihr Kinn und sah ihn an. Wieso rannte er nicht entsetzt weg? „Na? Ist es das, was du hören wolltest?“, fragte sie herausfordernd. „War das ehrlich genug für dich?“
Rocco lächelte – ein Lächeln, das sie noch nie bei ihm gesehen hatte. Für einen winzigen Augenblick konnte sie sich vorstellen, wie er als Jugendlicher ausgesehen hatte.
„Oh ja, cara. Das war genau das, was ich hören wollte. Weil … ich dich auch liebe. Ich habe nur nicht gewagt, es dir zu sagen. Ich hatte Angst, ich würde dich damit in die Flucht schlagen. Ich wusste ja, wie sehr ich dich verletzt hatte, und ich wollte dich langsam und vorsichtig umwerben – bis du dich so sehr in mich verliebt hättest, dass du mich nie wieder verlassen würdest. Aber als ich dann nach Hause gekommen bin, warst du weg, und ich habe nur deine Nachricht gefunden.“ Er stieß einige Sätze auf Italienisch aus.
Zaghaft berührte Gracie seine Wange. „Du sprichst Italienisch“, bemerkte sie verwundert.
Rocco verzog sein Gesicht. „Seitdem du weg bist, konnte ich nicht schlafen, nicht essen, nicht reden. Ich habe Vorhänge in meinem Büro anbringen lassen und alle Mitarbeiter auf eine andere Etage verbannt, damit keiner sehen konnte, wie verzweifelt ich war.“ Er sah sie ernst an. „Du hast mich wieder zum Leben erweckt, Gracie. Der Gedanke an ein Leben ohne dich ist entsetzlicher als alles, was ich je erlebt habe.“
Sie konnte ihn nur anschauen. Auch sie hatte sich immer allein gefühlt. Bis sie Rocco begegnet war. Ganz tief in ihrem Inneren hatte sie ihm vom ersten Augenblick an vertraut.
Wieder kamen ihr die Tränen. Hilflos wischte sie ihre Wangen mit dem Handrücken ab. „Bevor ich dich getroffen habe, habe ich nie geweint“, sagte sie ärgerlich.
„Weil du jetzt endlich nicht mehr nur stark sein musst. Ich beschütze dich. Für immer.“ Sanft küsste er ihre Tränen fort.
Sie legte ihre Arme um Roccos Hals. Er hob sie hoch, sie schlang ihre Beine um seine Taille und schluchzte an seinem Hals, als wollte sie nie wieder aufhören. Rocco streichelte ihren Rücken und flüsterte zärtlich italienische Trostworte.
Gracie hob den Kopf und sah ihn an. „Mein Gott, wie sehr ich dich liebe, Rocco.“
Seine Augen verdunkelten sich. „Ich liebe dich auch, Gracie.“
„Was ist, wenn du mich irgendwann leid bist und doch eine von deinen hochwohlgeborenen Eisprinzessinnen willst?“, fragte sie leise.
Rocco sah sich in der staunend lauschenden Menge um. Plötzlich fühlte er tiefen Stolz, weil er die Liebe seines Lebens in den Armen hielt. Und sie liebte ihn auch.
Dies war der Platz, nach dem er sich schon immer gesehnt hatte.
„Was glaubst du?“, fragte er rau.
Jetzt schaute auch Gracie sich um. Sie begriff, was er getan hatte. In aller Öffentlichkeit. Für sie. Zwischen all den Reichen und Mächtigen, deren Meinung ihm so lange das Wichtigste gewesen war.
Sie errötete. „Okay, ich glaube dir.“
„Dann lass uns nach Hause gehen.“
Ihre Arme lagen fest um seinen Hals. „Ja, bitte.“
Viele Stunden später lagen sie eng umschlungen nebeneinander im Bett. Gracie seufzte glücklich.
Rocco stützte sich auf einen Ellenbogen und strich ihr eine feuchte Haarsträhne aus dem Gesicht. „Ich wollte dich so umwerben, wie du es verdienst.“
Gracie grinste. „Ich würde sagen, das hast du getan“, erwiderte sie trocken.
Geheimnisvoll lächelnd griff er hinter sich zum Nachttisch. Gracie beugte sich vor, um zu sehen, was er tat.
Er verbarg etwas in seiner großen Hand. „Nachdem wir das Umwerben so schnell hinter uns gebracht haben, können wir jetzt wohl zum nächsten Schritt übergehen.“
„Zum nächsten Schritt?“, wiederholte Gracie.
Er öffnete eine kleine Samtschachtel und enthüllte einen atemberaubenden Smaragdring. Der große leuchtend grüne Stein war umgeben von Diamanten. Roccos Augen funkelten. „Diesen Ring kannst du nicht wieder umtauschen. Er ist eine Leihgabe fürs Leben.“
Gracie setzte sich auf und zog das Laken um sich. Meinte er damit wirklich …?
Rocco nahm ihre Hand und sah in ihre Augen. „Gracie O’Brian. Ich liebe dich mehr als das Leben. Willst du mich nächste Woche nach Rio de Janeiro begleiten und meine Frau werden, mit George und Steven als Trauzeugen?“
Gracie nickte heftig. Sie versuchte, die Tränen zurückzuhalten. „Ja“, brachte sie erstickt heraus. „Ich würde liebend gern mit dir nach Rio de Janeiro kommen und deine Frau werden.“
Rocco schob den Smaragd auf ihren Ringfinger und zog sie mit einem Freudenschrei an sich. Erst nach einer Weile lösten sie sich voneinander. „Gut, denn dann können wir zum nächsten Schritt übergehen“, flüsterte er an ihrem Ohr.
„Zum nächsten Schritt?“
„Den Rest unseres Lebens zusammen zu verbringen, mit einer Familie, die wir lieben und der wir alles geben können, was uns verwehrt war“, erwiderte er ernst. Atemlos wartete er auf ihre Antwort.
Gracie berührte seine Wange. „Das würde mir gefallen, mehr als alles auf der Welt.“
Vier Jahre später sah Gracie auf ihr neugeborenes Baby hinunter. Ihre kleine Tochter hatte einen Bruder bekommen. Lächelnd hob Gracie den Blick zu ihrem Ehemann. „Und? Bereuen Sie irgendetwas, Mr de Marco?“, scherzte sie.
Er beugte sich vor, um sie zärtlich zu küssen. „Nicht eine Sekunde.“
– ENDE –