Snoop-ID: ANON101
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»Verdammte Scheiße.«
Topher ist in meinem Zimmer. Topher ist in meinem Zimmer. Er läuft auf und ab, auf und ab, immer zwischen mir und der Tür. Als ob er wahnsinnig geworden wäre. Ich weiß nicht, was ich tun soll. Mein Zimmer war immer meine Zuflucht – der einzige Ort, an dem ich die Tür hinter mir schließen und alles andere aussperren konnte: den Biergeruch, das Schluchzen meiner Mutter, das Gebrüll meines Vaters. Geh in dein Zimmer, Elizabeth. Es war als Strafe gedacht. Stattdessen war es ein Entkommen.
Jetzt ist jemand in mein Zimmer eingedrungen und hat mir meine Zuflucht genommen.
»Verdammte Scheiße, Liz, das ist ein Albtraum. Die schauen mich alle an. Die glauben, ich hätte es getan!«
»Topher –«
Ich überlege, was Tiger in dieser Situation machen würde. Ihm eine Hand auf den Arm legen? Ihn umarmen? Bei dem Gedanken wird mir ein bisschen übel, aber das mit dem Arm könnte ich versuchen.
Ich strecke unbeholfen die Hand aus, doch Topher läuft weiter auf und ab. Er geht so achtlos an mir vorbei, als wäre ich eine winkende Passantin und er ein Taxifahrer, dessen Wagen schon besetzt ist. Ich bin mir nicht mal sicher, ob er es wirklich wahrgenommen hat. Ich ertappe mich dabei, dass ich auf der Nagelhaut kaue, und stecke die Hand in die Tasche, um mich daran zu hindern.
»Mein Gott, ich glaube, ich werde verrückt. O Himmel, Eva. Eva!«
Topher bleibt stehen und lässt sich auf mein Bett fallen. Er vergräbt das Gesicht in den Händen und beginnt zu meinem Entsetzen zu schluchzen.
Immerhin läuft er jetzt nicht mehr durch die Gegend. Ich strecke die Hand aus, versuche mich zu erinnern, wie Tiger Carl beruhigt hat. Ich lasse die Hand auf seine Schulter fallen.
Doch dann stößt er einen gewaltigen, herzzerreißenden Schluchzer aus, fast als müsste er sich übergeben, und ich ziehe die Hand weg.
»Topher«, flüstere ich. »Lass mich –« Ich schaue mich suchend um und bemerke das leere Glas neben meinem Bett. »Ich hole dir ein Glas Wasser.«
Ich bin mir nicht sicher, ob er mitbekommt, wie ich auf Zehenspitzen in den Flur schleiche. Ich mache die Tür zu und lehne mich schwer atmend dagegen.
O Gott, in so was bin ich gar nicht gut.
Ich bin gut darin, Unterlagen abzuheften und Notizen zu machen und dafür zu sorgen, dass alles seine Richtigkeit hat. Ich bin gut darin, Probleme zu lösen und Ordnung zu halten. Ich bin sachorientiert und pünktlich und akribisch. Und ich bin sehr, sehr gut darin, mich unsichtbar zu machen.
Kurzum, ich war eine perfekte persönliche Assistentin. Aber für das hier bin ich nicht geschaffen.