Snoop-ID: LITTLEMY
Hört: offline
Snoopscriber: 10
Ich weiß sofort, dass Liz es auch gehört hat und auf der Hut ist. Ihr ganzer Körper ist angespannt, sie stützt sich auf den Ellbogen und horcht angestrengt.
Scheiße.
»Was war das?«
Mein Herz schlägt mir bis zum Hals. Ich weiß nur zu gut, was das war. Danny hat auf Elliots SMS geantwortet. Was sollte es sonst sein? Elliots Handy ist als einziges aufgeladen. Es muss ein kleines Zeitfenster gegeben haben, in dem das Handy Empfang hatte – so muss auch die Benachrichtigung von Snoop durchgekommen sein.
Ich bemühe mich um einen unbeteiligten Gesichtsausdruck.
»Keine Ahnung – es klang wie ein Handy, oder? Aber das kann nicht sein.«
Liz starrt mich an, als wollte sie herausfinden, was in mir vorgeht. O Gott, sie weiß Bescheid. Eindeutig. Nur traut sie sich noch nicht, entsprechend zu handeln. Ich muss sehr, sehr vorsichtig sein.
»Hörte sich an, als käme es von oben«, sagt Liz. Sie greift nach ihrer Brille und macht Anstalten aufzustehen.
»Ja …«, sage ich langsam, während meine Gedanken rotieren. Sie darf auf keinen Fall in Elliots Zimmer gehen. Wenn sie die Nachricht entdeckt, habe ich ein Riesenproblem. Sie hat mich ohnehin im Verdacht. Und es wäre nicht ganz ohne, eine harmlose Erklärung für meine SMS zu finden. »Ja, das hörte sich so an.«
Wäre sie imstande, mich zu töten? Ich weiß es nicht. Mit ihrem Knie ist sie ähnlich gehandicapt wie ich mit meinem Knöchel. Könnte sie schneller humpeln als ich, wenn ich zu fliehen versuchte? Ich muss mir einen Plan zurechtlegen. Wenn ich sie nun nach draußen locke und die Tür abschließe? Aber dann fällt mir ein, was Danny gesagt hat: Wenn Inigo auftauchte und bettelte, dass ich ihn hereinlasse, würde ich es tun. Ich könnte niemals zusehen, wie ein Mensch, der nur durch eine Glasscheibe von mir getrennt ist, erfriert. Undenkbar. Das könnte ich nicht mal bei Liz.
Aber sie darf die SMS nicht entdecken.
Ich überlege fieberhaft, was auf Elliots Sperrbildschirm zu sehen war. Bei manchen Handys wird die SMS vollständig angezeigt, bei anderen nur der Name des Absenders oder Sie haben eine SMS erhalten. Wie war das bei Elliot? Warum habe ich es nicht überprüft, bevor ich das Handy entsperrt und die Benachrichtigungen gelöscht habe? Sollte Liz auf die Idee kommen, Elliots Leiche zum Entsperren zu benutzen, so wie ich es gemacht habe, wäre das allerdings auch schon egal.
»Es klang, als käme es aus Mirandas Zimmer«, sage ich, um sie auf eine falsche Fährte zu locken.
»Meinst du?« Liz ist skeptisch. »Ich finde, es klang eher nach Elliots Zimmer. Es würde absolut zu ihm passen, dass er irgendeinen Super-Akku hat.«
Mir dreht sich der Magen um. Natürlich. Sie hat recht. Schließlich kennt sie diese Leute. Ich sitze in der Falle. Nun kann ich nicht mehr vorschlagen, dass wir uns aufteilen und ich Elliots Zimmer überprüfe.
»Sollen wir … nachsehen?«, sage ich zweifelnd. »Es kommt mir ein bisschen pietätlos vor. Vielleicht sollten wir erst in den anderen Zimmern nachsehen.«
Liz setzt sich entschlossen auf die Bettkante. »Wir sollten uns lieber das Handy schnappen, solange es noch Empfang hat«, schlägt sie vor, was nur vernünftig ist, und mir fällt kein Gegenargument ein. Genau das hätte ich auch gesagt, wenn ich nicht diese verfluchte SMS geschickt hätte. »Ich kann verstehen, wenn du nicht mitkommen möchtest«, fügt sie hinzu.
Ich zögere. Bin versucht. Aber ich kann Liz nicht allein nach oben gehen lassen. Vielleicht kann ich ihr irgendwie zuvorkommen und Dannys Antwort löschen.
»Doch, ich komme mit«, sage ich, als wappnete ich mich für etwas Unangenehmes, das sich nicht vermeiden lässt. »Du hast natürlich recht. Mir ist nur ein bisschen unwohl bei dem Gedanken. Allerdings dürfte die Tür abgeschlossen sein. Du bräuchtest dafür den Generalschlüssel.«
»Stimmt«, sagt sie, und ihre Hand zuckt in Richtung Hosentasche, eine unwillkürliche Geste, die mir entgangen wäre, würde ich sie nicht so genau beobachten. Liz hat sich sofort wieder in der Gewalt und lässt es aussehen, als rückte sie den Overall zurecht. Aber ich weiß, welchem Impuls sie folgen wollte.
Als wir die Treppe hinaufgehen, überkommt mich ein grelles Déjà-vu. Wie oft schon sind wir nach oben gegangen und haben eine grauenhafte Entdeckung gemacht. Nur weiß ich diesmal, was uns dort oben erwartet, und bin diejenige, die fürchtet, ertappt zu werden.
Mein Herz rast, als wir uns Elliots Zimmer nähern. Mit zitternder Hand ziehe ich den Generalschlüssel aus der Hosentasche.
»Alles in Ordnung?« Liz hat die Brille wieder aufgesetzt, die in der Dunkelheit eulenmäßig schimmert. »Du musst nicht mit reinkommen, wenn du nicht willst.«
»Alles gut«, sage ich mit zusammengebissenen Zähnen. »Mir ist nur kalt.«
Dann drehe ich den Schlüssel, und wir stehen in Elliots Zimmer. Irgendwie ist der Todesgestank stärker als beim letzten Mal, obwohl es völlig unlogisch ist. Schließlich ist es noch nicht so lange her, dass ich hier drinnen war.
Liz schlägt würgend die Hand vor den Mund, und ich nutze die Gelegenheit. Die Powerbank liegt neben dem Schreibtisch, man sieht sie von der Tür aus nicht. Wenn ich es schaffe, ihre Aufmerksamkeit auf die andere Seite des Zimmers zu lenken …
»Der Geruch ist ziemlich schlimm«, sage ich. »Wenn du dich auf die Seite mit dem Bett konzentrierst, übernehme ich den Schreibtisch.«
Sie nickt. Ich öffne Schubladen, als suchte ich das Handy.
Ein Geräusch. Und dann –
»Erin.«
Ich schaue zum Bett, aber da ist sie nicht. Sie steht genau hinter mir. Und hat das Handy entdeckt.
Mein Herz hämmert so laut, dass Liz es sicher hören kann. Lauf, lauf, lauf, schreit eine Stimme in meinem Kopf. Aber das tue ich nicht. Stattdessen stehe ich reglos da. Vielleicht kann ich mich irgendwie herausreden. Was steht da? Was steht da denn nun?
Liz hält das Handy so, dass ich nur den Schein des Displays sehe, der sich in ihrer Brille spiegelt.
»Was da gepiept hat …«, sagt sie sehr langsam. Sie schaut mich an, eine steile Falte zwischen den Augenbrauen. »… war tatsächlich eine SMS. Und zwar für dich.«