Notiz 1

I ch war dabei, als wir den Polizisten zerstört haben. Normalerweise habe ich für diese Quälereien nichts übrig, sie sind abstoßend und entwürdigend. Vor allem für den Gequälten, aber auch für den, der die Zange, den Schneidbrenner, den Elektroschocker hält. Beide verlieren alles Menschliche.

Doch im Fall des Polizisten war es leider unausweichlich, wir mussten wissen, was er wusste, und natürlich hat er es uns gesagt. Jeder hätte das. Die Information war wertvoll, wenn auch nicht für alle von uns auf die gleiche Weise. Er erzählte uns, dass seine Abteilung ihre Konzentration in letzter Zeit stärker auf die libanesischen Clans richte als auf die russischen. Zu seinem Bedauern. Dass sie aber immer noch nichts Konkretes gegen uns in der Hand hätten, außer dieser einen Zeugin, die sie sofort aus dem Hut zaubern könnten, wenn Andrei wiederauftauchen würde.

Dass die Frau sich nach Wien abgesetzt hatte, ahnten wir bereits, nun kannten wir die Details. Das hieß, sie würde nicht mehr lange zu leben haben. Einer unserer Leute telefonierte sofort mit Andrei im Exil. Es wurde gefeiert. Danach wurden Pläne geschmiedet.

Ich feierte nicht mit, doch die Pläne überprüfte ich genau. Studierte sie geradezu. Schließlich hatte ich meine eigenen.

Wir töteten den Polizisten nicht; nicht körperlich jedenfalls. Aber er wird niemandem mehr von Nutzen sein. Abgelegt wurde er nahe dem Territorium der Libanesen – sollen die sich mit den Ermittlern herumschlagen, nachdem sie praktischerweise schon im Fokus stehen.

In dieser Nacht hielt ich meine Liebste im Arm, hielt sie fester als sonst. Sie war melancholisch und schweigsam, ganz anders als normalerweise.

»Keine Sorge«, flüsterte ich ihr ins Ohr. »Es liegen goldene Zeiten vor uns.«