MIT VOLLDAMPF ÜBER DIE INSEL
Wer nach Rügen kommt, muss einmal mit dem Rasenden Roland fahren. Wo der Name herkommt, weiß keiner genau. Jedoch weiß man, wer den Namen mitbrachte. Mitte der 1950er-Jahre erholten sich sehr viele Bergleute aus dem erzgebirgischen Uranbergbau im Ostseebad Binz. Sie alle reisten mit dem Zug an und verliehen ihm den Namen: Roland, der Ruhmreiche. Leider kam der Zug nur auf eine Höchstgeschwindigkeit von 30 Kilometer in der Stunde, so konnte der Beiname der „Rasende“ nur spöttisch gemeint sein. Vielleicht konnten es die hart arbeitenden Bergleute nicht erwarten, endlich an die Küste zu kommen. Nichtsdestotrotz wurde und wird der Dampfzug geliebt, von Einheimischen wie Urlaubern gleichermaßen.
Die historische Schmalspurbahn fährt schon seit 1885 über die Insel und ist somit die älteste ihrer Art in Deutschland. Schnell wurde das Schienennetz bis auf fast 100 Kilometer ausgebaut und diente vor allem dem Güterverkehr. Auf verschlungenen Wegen ging es von Altefähr über Garz nach Putbus weiter nach Bergen und Binz. Haltestellen waren im ersten Abschnitt vor allem landwirtschaftliche Güter. Diese Strecke wurde 1967 eingestellt, erlebte zuletzt aber noch einen Filmauftritt im DEFA-Film „Heißer Sommer“. Heute ist die alte Bahntrasse ein beliebter Radweg. Die zweite Strecke führte von Bergen in den Norden über Patzig und die Wittower Fähre nach Altenkirchen bis nach Wiek, zeitweise auch zum Marinestützpunkt Bug bei Dranske. Auch diese Strecke wurde in den 1960er-Jahren eingestellt. Geblieben ist die älteste Strecke von Putbus über die Seebäder Binz, Sellin, Baabe und Göhren. Sie misst nur rund 24 Kilometer, ist aber ein fester Bestandteil des Nahverkehrsnetzes. Von Mai bis Oktober wird die Strecke noch bis zur Mole in Lauterbach erweitert. Betreiber ist seit Anfang 2008 die Eisenbahn-Bau- und Betriebsgesellschaft Pressnitztalbahn aus Jöhstadt in Sachsen.
Acht verschiedene Dampfloks aus den Jahren 1914 bis 1953 sind auf einer Spurweite von 750 Millimeter unterwegs. Die Bahnhöfe, meist Fachwerkbauten aus der Gründerzeit, sind heute schmuck saniert und in manchen gibt es sogar ein Restaurant. Besonders schön ist im Sommer die Fahrt mit einem offenen Waggon, mit Wind im Haar und dem Rauch der Dampflok in der Nase.
Die Reise startet in der ehemaligen Residenzstadt Putbus, hier stehen auch die Lokschuppen sowie die Wagenwerkstatt. Weiter geht es durch die herrliche Insellandschaft zwischen Alleen, kleinen Dörfern, Wiesen und Feldern hindurch bis ins mondäne Ostseebad Binz. Danach führt die Strecke an der Granitz vorbei, man sieht das Jagdschloss und kann hier auch für eine kleine Wanderung aussteigen. Auf der anderen Seite liegt der Bodden, dann folgen die Ostseebäder Sellin und Baabe. Doch bevor man endgültig in Göhren, direkt an der Strandpromenade, ankommt, geht es nochmals durch den dichten Küstenwald. Aber bitte nicht aussteigen zum Pilze sammeln!
Im Sommer fährt die Bahn stündlich von Binz nach Göhren und zweistündlich nach Putbus sowie Lauterbach/Mole. In den letzten Jahren hat man sich auf der Insel viele umweltfreundliche Konzepte überlegt, vor allem zur Drosselung des Autoverkehrs. Dazu zählt auch das Angebot der Pressnitztalbahn, das Besuchern von Abendveranstaltungen die Gelegenheit bietet, bis kurz vor Mitternacht mit dem Rasenden Roland heimzufahren.
Info
Lage: Der Rasende Roland fährt zwischen Lauterbach und Göhren.
Aktivitäten:
•Rügensche BäderBahn: Bahnhofstraße 14, 18581 Putbus, Tel. 038301 884014, ruegensche-baederbahn.de
Einkehr:
•Restaurant Kleinbahnhof Sellin: direkt auf dem Bahnsteig, nostalgische Bahnatmosphäre, frische norddeutsche Küche, Fisch, Fleisch, Vegetarisches, Süßes und Kindergerichte; An der B196 Nr. 3, 18586 Sellin, Tel. 038303 87971, kleinbahnhof-sellin.de
•Bavaria Island 1: Biergarten auf dem Bahnsteig Göhren, große und kleine regionale Gerichte, Events und Fußball schauen; Bahnhofstraße 2, 18586 Göhren, bi1-goehren.de