SCHIFFE SCHAUEN UND WANDERN
„Wie friedlich liegt, von Höh'n umgeben, das Dörfchen an der Meeresbucht, wo sich die Ufer steil erheben, umtoset von der Wogen Wucht! Du glücklich Völkchen der Gefilde, gebettet an dem hellen Strand, umgeben von dem schönsten Bilde im reichgeschmückten Inselland!“ Ludwig Kübler schrieb diese Zeilen 1868 auf dem Sassnitzer Fahrenberg. Damals war Sassnitz bereits ein überaus beliebter Badeort, besonders für die feinen Leute. Bekannt wurde das kleine Fischerdörfchen aber weit vorher, als die Romantiker Anfang des 19. Jahrhunderts in Scharen zu den nahe liegenden Kreidefelsen pilgerten. 1876 komponierte Johannes Brahms den letzten Satz seiner Sinfonie Nr. 1 in c-Moll im Hotel am Fahrenberg. Ebenda schrieb Theodor Fontane 1884 am Roman „Effi Briest“, wo die junge Frau ausrief: „Nach Rügen reisen heißt nach Sassnitz reisen!“ Fontane benannte sogar ihren Liebhaber Major Crampas nach dem gleichnamigen Dorf, welches ab 1906 zu Sassnitz gehörte. 1909 eröffneten Kaiser Wilhelm II. und König Gustav V. die „Königslinie“, eine Eisenbahnfähre bis ins schwedische Trelleborg. Man war ein „Badeort von Welt“, allerdings ohne Sandstrand. Am Ufer lagen vor allem Feuersteine. Massenweise wurde Sand aufgeschüttet, der jedoch beim nächsten Sturm wieder verschwand. Als dann das „Draußen baden“ in Mode kam, wurde Binz der angesagtere Badeort. In Sassnitz rangierten nun die Fischerei und der Güterverkehr vor dem Tourismus.
Doch das verändert sich gerade wieder. Die alten Villen erstrahlen in neuem Glanz, das maritime Flair am Hafen und die nahen Kreidefelsen ziehen jedes Jahr zehntausende Besucher an. Heute ist Sassnitz mit knapp 10.000 Einwohnern die zweitgrößte Stadt der Insel. Kommt man von Süden, sieht man zunächst das riesige Industriegelände. Bereits 1982 hatte die DDR den Güter- und Transporthafen Neu Mukran ausgebaut. Bis heute der einzige westliche Hafen, der über Umschlaganlagen mit der russisch-finnischen Breitspur verfügt. Neu ist ein hochmoderner Offshore-Wind-Hafen. Seit 1998 legen auch die Schwedenfähren von Mukran ab, bis 2020 nach Trelleborg, derzeit nach Ystad, 2023 soll es wieder nach Trelleborg gehen..
Drei Kilometer weiter nördlich beginnt die Neustadt, mit zahlreichen Wohnblocks und einem Hochhaus, dem Rügen-Hotel, 1969 von den Schweden gebaut. Zunächst nur ein Mitropa-Transit-Hotel für Devisenbringer, was aber später geändert werden musste, weil die Bevölkerung verständlicherweise empört war. Heute kann jeder im neunten Stock das Panoramacafé besuchen, tolle Torten aus der hauseigenen Konditorei genießen und in der hauseigenen Therme relaxen, sie ist nicht nur für Hotelgäste geöffnet.
In den 1950er-Jahren wurde Sassnitz das Zentrum der DDR-Hochseefischerei. Bis zu 200 Fischkutter lagen im Hafen, ihren Fang gaben sie auf hoher See an moderne Fischverarbeitungsschiffe ab, parallel entstand der VEB Fischwerk. Mehr als 2000 Menschen waren in Sassnitz rund um die Hochseefischerei beschäftigt. Fischkonserven werden auch noch produziert, nun bei der Rügenfisch AG, sogar mit Werksverkauf (Westhafen II).
Hinter dem Rügen-Hotel beginnt die 250 Meter lange Hängebrücke, auch „Balkon mit Meerblick“ genannt. Sie verbindet das Ortszentrum mit dem Stadthafen. Unten sieht man schon das U-Boot-Museum und etwas weiter das liebevoll gemachte Fischerei- und Hafenmuseum. Gleich danach beginnt die Flaniermeile am Stadthafen, das touristische Zentrum von Sassnitz. In den alten Kühlhäusern gibt es eine Shoppingmeile mit vielen regionalen Souvenirs. Wunderbar ist ein Spaziergang entlang der 1450 Meter langen Außenmole. Sie wurde 1889 bis 1912 erbaut und ist die längste Europas. Hier starten die Ausflugsboote zur Kreideküste. Im Hafen sieht man etliche Fischkutter, es wird frisch geräuchert und natürlich gibt es Fischbrötchen.
Die Strandpromenade führt weiter Richtung Norden, nun wird es romantisch. Der Bummel geht an schönen Restaurants vorbei bis zum Seesteg (105,5 Meter), dahinter ist die Kurmuschel von Ulrich Müther aus dem Jahr 1988. Die historische Altstadt liegt oben auf dem Berg mit einem kleinen Marktplatz, hübschen Cafés und Kunstgalerien. Kleine Gassen schrauben sich empor und erinnern tatsächlich an die italienischen Cinque Terre. Die historischen Villen stehen dicht übereinander an den Hang geschmiegt. In Sassnitz sind sie schneeweiß und die Balkone reich verziert, steht man dann auf einem solchem, will man nur noch verweilen, kann sich nicht sattsehen am blauen Meer.
Lage: Sassnitz liegt etwa 15 Kilometer nördlich von Binz.
Aktivitäten:
•Schmetterlingspark Sassnitz: Straße der Jugend 6B, 18546 Sassnitz, Tel. 038392 66442, schmetterlingspark-sassnitz.eu
•Fischerei- und Hafenmuseum: maritime Themen und Ortsgeschichte, Museumskutter; Hafenstraße 12 G, 18546 Sassnitz, Tel. 038392 57846, sassnitz-ruegen.de/fischerei-und-hafenmuseum-sassnitz
•Schnellfähre „Skane-Jet“ von Sassnitz nach Südschweden, frs-baltic.com
•Schiffstouren entlang der Kreideküste: mit der „MS Alexander“; Seetouristik Brauns, Strandpromenade 12, 18546 Sassnitz, Tel. 038392 35225, ms-alexander.de. „MS Insel Rügen“ und „MS Nordwind“: Abfahrt ab Stadthafen Sassnitz; Tel. 038392 35136, reederei-lojewski.de
•Tourist Service Sassnitz: Strandpromenade 12, 18546 Sassnitz, Tel. 038392 6490, insassnitz.de
Einkehr:
•Panoramacafé: In der neunte Etage des Rügenhotels, Kuchen und Torten aus hauseigener Konditorei, wunderbarer Ausblick auf die Ostsee; Seestraße 1, 18546 Sassnitz, Tel. 038392 5621, ruegen-hotel.de
•Kutterfisch: Die größten Fischtheke Rügens, täglich
frischer Fisch, Fischbrötchen, Salate; Hafenstraße 12 D, 18546 Sassnitz, Tel. 038392 51330, sassnitz.kutterfisch.de
Unterkunft:
•Fürstenhof Rügen: historische, sehr imposante Bädervilla von 1901, direkt an der Seebrücke; Rosenstraße 11, 18546 Sassnitz, Tel. 01523 3590977, fuerstenhof-ruegen.de