39 Der Königsstuhl

DIE KRONE RÜGENS

Der Königsstuhl ist das Wahrzeichen der Insel Rügen und seit Beginn des Fremdenverkehrs Ziel Nummer eins vieler Touristen. Seit Ende September 2022 ist der Felsen nicht mehr direkt zu betreten. Mit einem Besuch des Nationalparkzentrums Königsstuhl kann man den neuen Königsweg beschreiten.

An der Küste leuchten die weißen Kreidefelsen in der Sonne, umrahmt vom wunderbaren Grün der Wälder. Ein Felsen sticht hervor, er ist mächtiger als alle anderen. Es ist der 118 Meter hohe Königsstuhl. Die Gegend rundherum nennt man die Stubbenkammer. Der Name leitet sich aus dem Slawischen ab, „stolpin“ für Stufe und „kamen“ für den Fels. Bis zu einer Million Besucher jährlich betraten die Aussichtsplattform direkt auf dem Felsen. Das blieb natürlich nicht ohne Folgen. Der Untergrund besteht aus sehr feinkörnigem Kalkgestein, welches jederzeit abrutschen kann. Vor dem Königsstuhl liegt landeinwärts das Königsgrab, über das Jahrzehnte eine Treppe zur Aussichtsplattform führte. Das bronzezeitliche Hügelgrab ist schon fast verschwunden, immer neue Abbrüche zogen es in die Tiefe. Schaut man sich alte Fotos an, wird schnell klar, wie vergänglich alles ist.

Über den Namen des Königsstuhls herrscht noch heute Unklarheit. Eine Geschichte erzählt vom schwedischen König Karl XII., der hier 1715 einer Seeschlacht zwischen Dänen und Schweden beiwohnte, dann ermüdete und sich einen Stuhl erbat. Jedoch berichtete bereits 1584 der Pfarrherr Rhenan über den „Konig-stuel“, als er im Auftrag des Pommernherzogs auf Mineraliensuche war. Es geht auch die Sage, dass derjenige zum König gewählt werden sollte, der den Felsen seeseitig erklomm. Das haben auch später noch einige versucht. Zum Beispiel 1815 der Reisebegleiter von Caspar David Friedrich, der Königliche Münzbuchhalter Dr. Friedrich Gotthelf Kummer. Während Caspar auf den Steinen saß und malte, kletterte der Doktor am Felsen entlang und blieb dort stecken. Der Maler musste zum Baumhaus Schwierenz eilen und den Baumwärter Hans-Jacob Ruge um Hilfe bitten. Ihm gelang es den Münzbuchhalter zu befreien, und die beiden Gäste stifteten dem Baumwärter später ein Grab auf dem Friedhof von Bobbin, wo man noch heute sehr viele interessante alte Grabwangen findet.

Gut 200 Jahre schon gibt es Tourismus am Königsstuhl. 1801 wurden die ersten Unterkünfte, sogenannte Köhlerhütten, am Hochufer errichtet, die ein einfaches Nachtlager boten, später waren es Gasthäuser und ein Hotel. Unterhalb des Felsens standen noch bis Anfang des 20. Jahrhunderts kleine Fischerhütten, und es gab sogar eine Seebrücke, wo Dampfer anlegten. Dies alles verschwand spätestens mit dem Eiswinter des Jahres 1942. Wer jemals einen Sturm an der Steilküste erlebt hat, weiß, dass es dann keinen Strand mehr gibt. Kreide- und Sandmassen werden wie von Geisterhand einfach weggefegt, Bäume fliegen wie Streichhölzer herab und die riesigen Steine schaukeln wie Tennisbälle hin und her. Deshalb wurde auch der Treppenaufgang direkt am Königsstuhl für immer gesperrt.

Um den Königsstuhl in seiner ganzen Pracht zu sehen, ist sehr gut eine Schiffstour von Sassnitz aus geeignet. Seitlich sieht man ihn am besten von der südlichen Victoriasicht. Nördlich neben dem Königsstuhl liegt der Feuerfelsen, sein Name entstand Ende des 19. Jahrhunderts, als der Wirt des „Gasthofs zur Stubbenkammer“, Friedrich Behrendt, seine Gäste spektakulär unterhielt. Er ließ Reisighaufen an der Kliffkante entzünden, die dann langsam hinunterrollten, fast wie Lavaströme.

Blick zur Victoriasicht

Der Königsstuhl wurde auch militärisch genutzt, bereits die Franzosen ließen 1812 die Plattform abholzen, wollten ihre Feinde von oben besser im Blick haben. Nach dem Zweiten Weltkrieg belagerte die Sowjetarmee das heutige Gasthaus, danach die Grenzbrigade Küste. Ab 1965 gab es dann ein Kassenhäuschen, wo man für das Betreten des Königsstuhls 20 Pfennige verlangte.

Nun, diese Zeiten sind vorbei. Auch wenn einige über die heutigen Eintrittspreise schimpfen – es wird doch sehr viel geboten. Die neue Aussichtsplattform „Königsweg“ ist barrierefrei und schwebt ab Frühjahr 2023 ellipsenförmig zwei Meter über dem Königsstuhl. Sehr empfohlen wird die Erlebnisausstellung des Nationalpark-Zentrums: ganz toll gemacht, auf vier Etagen, zum Teil unter der Erde. Man begibt sich in eine Zeitschleuse, fährt dann in die Kreidezeit und taucht ins warme Kreidemeer ein. Weitere Erlebniswelten sind die Eiszeit mit einem echten Eisberg, Fische in der Ostsee, ein Blockstrand, das Leben der Buchen, Tiere nachts im Wald und vieles mehr. Zusätzlich gibt es alle 20 Minuten eine Multimediaschau, Spielplätze, eine Gaststätte und 25- minütige Kurzführungen mit Rangern an den Königsstuhl.

Erlebnisausstellung am Königsstuhl

Info

Lage: Der Königsstuhl liegt im Nationalpark Jasmund im Nordosten Rügens.

Aktivitäten:

Nationalpark-Zentrum Königsstuhl: Aus Naturschutzgründen ist die Durchfahrt zum Nationalpark-Zentrum nur für Reisebusse und den öffentlichen Nahverkehr gestattet. Etwa drei Kilometer vor dem Königsstuhl befindet sich ein kostenpflichtiger Großparkplatz in Hagen. Von dort fährt der Pendelbus Linie 19 direkt bis zum Königsstuhl. Vom Parkplatz Hagen führt ein gut ausgebauter Wanderweg zum Nationalpark-Zentrum; Stubbenkammer 2, 18546 Sassnitz, Tel. 038392 661766, koenigsstuhl.com