»Willst du mal zu Ottos Grab?« Elsie streute etwas Mehl auf den Tisch und kippte den Brotteig aus der Schale. »Jürgen könnte dich mitnehmen.«
Tekla saß ihr gegenüber am Küchentisch. Sie hob kurz den Blick und schüttelte den Kopf. Sie hatte darüber nachgedacht, war sich aber ganz sicher. Sie wollte nie wieder zurück nach Demmin. Otto war tot, und sie wollte nicht dorthin zurück, wo alles sie an das erinnerte, was sie hinter sich gelassen hatte.
»Nein«, sagte Tekla. »Das ist nicht nötig. Otto ist nicht da, er ist bei mir.«
Sie beobachtete, wie Elsies Hände den Teig kneteten. Arbeitshände, dachte sie, Hände, aus denen Fürsorge und Linderung sprachen. Wie wäre es ihr ohne diese Frau ergangen? Sie hatte ihr Ruhe und Sicherheit gegeben und sie auf ihre freundliche, aber entschiedene Art gezwungen, wieder auf die Beine zu kommen. Eine andere Alternative hatte sie ihr nicht gelassen.
Elsie sagte, dass Tekla so lange auf dem Hof bleiben dürfe, wie sie wolle. Aber das ging nicht. Natürlich nicht. Auch wenn der Frühling alles leichter machte und die Auswahl in den Geschäften etwas reichhaltiger geworden war, hatte die Familie wie alle anderen schwer zu kämpfen. Es gab beinahe jeden Tag Hafergrütze oder Gerstensuppe, und je gesünder Tekla wurde, desto öfter dachte sie, dass die Familie es sich eigentlich nicht leisten konnte, einen weiteren Menschen durchzufüttern.
»Es ist an der Zeit, zurück nach Norwegen zu gehen«, sagte Tekla.
»Das ist ein weiter Weg«, antwortete Elsie und formte ein Brot. »Wie willst du das schaffen?«
»Ich weiß es noch nicht.«
»Gibt es jemanden, zu dem du gehen kannst? Kennst du jemanden in Deutschland?«
»Ja«, sagte Tekla. »Wir haben … ich habe Freunde in Hannover.«
Sie erinnerte sich noch immer an die Adresse von Sonja und Stephan. Aber vielleicht sollte sie zuerst nach Berlin gehen? Eine der Frauen im Lager in Hamburg hatte gesagt, dass die norwegische Regierung dort eine Vertretung einrichten würde. »Vergesst das nie, Mädchen, solltet ihr es einmal bereuen. Dort müsst ihr hin, wenn ihr die Erlaubnis erhalten wollt, nach Norwegen zurückzukehren.« Berlin, dachte Tekla. Ich muss zuerst nach Berlin.
Elsie deckte die beiden Brotlaibe mit einem Küchenhandtuch ab, um sie gehen zu lassen. Dann wandte sie sich Tekla zu und sah ihr fest in die Augen.
»Du wirst das schaffen. Da bin ich mir ganz sicher.«