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WASHINGTON, D.C.

»Keine Spur von einem Genlabor in Dakar.«

Dies waren die ersten Worte, die Kurt hörte, als er aus einem mehrstündigen, dringend benötigten Schlaf aufwachte.

Nachdem er Bethesda verlassen hatte, war er in sein Bootshaus auf dem Potomac zurückgekehrt und hatte sich auf seine Couch fallen lassen. Er hatte die Augen geschlossen mit der Absicht, sich nur für einen Moment zu entspannen und auszuruhen. Aber umgeben von den vertrauten Gerüchen und Geräuschen seines Zuhauses – den würzigen Lackdämpfen, die aus seiner Werkstatt aufstiegen und durchs Haus zogen, dem Summen übergroßer Wasserfilter und Eiweißabschäumer im Aquarium mit seinen exotischen Fischen – war er eingeschlafen, ohne dass es ihm bewusst geworden war.

Rudi Gunns Anruf hatte ihn mehrere Stunden später unsanft in die Gegenwart zurückkatapultiert.

»Sind Sie sicher?«, fragte er. »Millard hat sich ziemlich klar geäußert, als es um den Ort ging.«

Rudi war nicht zu beirren. »Sowohl die CIA als auch die NSA beharren darauf, dass die Wahrscheinlichkeit der Existenz eines Genlabors in Dakar bei null liegt. Ich habe außerdem nach allem suchen lassen, was auf Aktivitäten von Tessas Firma oder Tochtergesellschaften in dieser Region schließen lässt. Aber es gibt nichts, das auch nur im Entferntesten darauf hinweisen könnte, dass zwischen ihr und dieser Region – geschweige denn Dakar – irgendeine Verbindung besteht.

»Was ist mit Millard oder irgendeinem seiner bekannten Geschäftspartner?«

»Dort findet sich auch nichts«, sagte Rudi.

Kurt konnte kaum glauben, was er hörte. »Wie hoch ist die Sicherheitswahrscheinlichkeit dieser Informationen?«

»Hoch«, sagte Rudi. »Die CIA unterhält eine Sondereinheit, die ausschließlich nach genetischen Bedrohungen Ausschau hält. Millard steht schon seit Jahren auf deren Watchlist. Er war in Frankreich, Bermuda und im UK aktiv. Er hat nie einen Fuß auf afrikanischen Boden gesetzt.«

»Was ist mit anderen Orten, die genauso heißen?«, fragte Kurt.

»Da gibt es mehrere«, sagte Rudi. »Einen in Syrien, drei andere in Afrika, einen in Indien. Es gibt sogar eine Kleinstadt im Herzen Russlands, die Dakar heißt. Aber nichts, was auf eine Verbindung zu Tessa oder Millard hinweist. Und zwar bei keinem dieser Orte.«

Kurt blickte zur Decke. Es hatte keinen Sinn, irgendeinen Zweifel zu äußern. »Was ist mit den französischen Passagen der Tonaufnahme? Haben die Dolmetscher etwas Bedeutsames gefunden?«

»Das meiste war unverständlich«, sagte Rudi, »obgleich Millards Stimme ziemlich klar war, als er darauf bestand, das Bakterium nicht geschaffen zu haben. Und als er gegen Ende des Dialogs erklärt hat, ›die Franzosen waren ebenfalls dort‹.«

»Wäre es möglich, ihn noch einmal aufzuwecken?«, fragte Kurt.

»Das habe ich überprüft«, antwortete Rudi. »Er ist jetzt tiefer im Koma als zuvor. Die Ärzte meinen, es würde wahrscheinlich seinen Tod zur Folge haben, würde man versuchen, ihn jetzt in den Wachzustand zu versetzen. Und hinsichtlich des Schädeltraumas sind sie sich nicht sicher, wie seine kognitiven Fähigkeiten beschaffen sind, wenn er aufwacht. Es ist ein Wunder, dass Sie überhaupt etwas aus ihm herausgeholt haben.«

»Na gut, dann müssen wir uns alles noch einmal von vorne anhören und versuchen, irgendeinen Sinn darin zu finden«, sagte Kurt. »Nicht dass ich das Thema wechseln will, aber was ist mit der Monarch

»Wenn wir sie gefunden hätten«, sagte Rudi, »wüssten Sie längst Bescheid.«

»Sorry«, sagte Kurt. »Halten Sie mich auf dem Laufenden.«

Rudi versprach es und trennte die Verbindung.

Kurt stand auf und ging in die Küche. Er schaltete die Kaffeemaschine ein und verzichtete darauf, eine Lampe anzuknipsen. Während er darauf wartete, dass der Kaffee durch den Filter rann, ging er Millards Worte in Gedanken noch einmal durch.

Millard hatte eindeutig und unmissverständlich den Namen Dakar genannt. Er hatte sogar erwähnt, dass die Franzosen dort gewesen seien – und die Franzosen kontrollierten Dakar und Senegal in dieser Region schon seit Jahrhunderten.

Er schaltete den Rekorder ein und lauschte noch einmal Millards Worten, indem er jede Passage mehrmals abspielte, bis er jedes Wort auswendig kannte.

Millards Stimme war sehr leise, und er atmete mühsam. Hinzu kamen die Hintergrundgeräusche eines Krankenhauses. Alles genau zu verstehen war nicht ganz einfach, aber während er die Worte immer wieder abspielte, fiel Kurt etwas auf, das er bisher überhört hatte.

»Le Dakar«, sagte er, indem er Millards Worte wiederholte. »Der, die, das … Dakar.«

Millard meinte also gar keinen Ort, sondern irgendein Ding, und als er hörte, wie Millard erwähnte, dass die armen Seelen ertrunken seien, war Kurt sich ziemlich sicher zu wissen, was mit Dakar gemeint war.

Er setzte sich an seinen Computer, durchforstete das Datenarchiv der NUMA und fand schnell, was er suchte. Aber die Information war spärlich und nicht viel besser als das, was man in öffentlichen Bibliotheken finden konnte.

So etwas war selten der Fall.

Doch wenn er wollte, dass irgendwer seine Theorie ernst nahm, dann brauchte er mehr. Und wenn die Information in den Computern dieser Welt nicht gespeichert war, dann müsste er einen anderen Wissensspeicher anzapfen. Nämlich einen aus Fleisch und Blut.

Nachdem er seine Hausschlüssel von der Anrichte geangelt hatte, rannte Kurt aus dem Haus. Er schwang sich in seinen Jeep und startete durch. Sein Ziel war St. Julien in Georgetown.