Natürlich war es Freddie, der es als Erster ins Freie schaffte.
»O nein!«, hörte Fliegenbein ihn leise sagen. »O nein, o nein.«
Fliegenbein spürte die Angst wie einen Stein in seinem Magen, und einen Moment lang dachte er darüber nach, einfach unter dem Haus zu bleiben und sich den Anblick zu ersparen, der seinen Bruder so entsetzte.
Doch er musste es herausfinden! Selbst wenn ihm der Anblick das Herz brechen würde. Schließlich schlug es ja noch. Freddie half ihm auf die Beine, als er aus dem Tunnel kroch, den sie gegraben hatten, und schloss ihn in die Arme.
»Wir holen sie zurück«, flüsterte er Fliegenbein zu. »Ich weiß nicht, wie, aber wir holen sie zurück.«
Das Erste, was Fliegenbein sah, war das Monster. Oder das, zu dem es jetzt wieder geworden war. Es war ein riesiger Felsklotz, die gebleckten Zähne bloß ein Muster im Stein, die Augen Löcher in der vom Mond beschienenen Oberfläche. Doch dann sah er, wovor Freddie ihn bewahren wollte. Sein Meister hatte sich vor das Haus geworfen, das sie geschützt hatte. Er hatte seine Arme darumgeschlungen und sein Gesicht gegen die Wände gedrückt. Fliegenbein näherte sich mit zitternden Knien. Eine von Bens Händen hatte sich in den Boden gegraben, jeder einzelne Finger grau wie Stein. Fliegenbein war froh, dass er sein Gesicht nicht sehen konnte, denn das hätte sein armes Herz ganz sicher in tausend Splitter zerspringen lassen. Einhundert Jahre. Fliegenbein setzte sich zwischen die versteinerten Finger seines Meisters und presste seine Hände darauf. Er konnte hundert Jahre warten. Warum denn nicht? Die Kojoten würden tot umfallen, wenn sie ihn zu fressen versuchten, von all dem Hass und der Wut, die er in sich trug. Cadoc Aalstrom. Ja, sie würden nach dem ersten Bissen tot umfallen.
Hinter dem versteinerten Körper seines Meisters sah er Vita und Guinever, miteinander verschmolzen, und hinter ihnen Barnabas und Hothbrodd, beide nicht mehr als ein Brocken Stein, die Gesichter steif vor Angst. Nun, in Hothbrodds Fall eher steif vor Wut.
Einhundert Jahre. Auch die würden vergehen. Er hatte Nesselbrand mehr als drei Jahrhunderte lang gedient und es überlebt.
Freddie hatte seine Gabel gefunden. Er hielt sie wie einen Speer und ging auf Guinever zu. Er starrte sie eine Weile lang an. Dann beugte er sich vor und griff nach etwas. Und kam zu Fliegenbein zurück.
»Guck mal, Bruder.« Er richtete seine winzige Taschenlampe auf ein Stück verknittertes Papier. Taschenlampe, Messer, Schere … diese Werkzeuge hatte Freddie immer bei sich. Er wollte jederzeit für jede Situation vorbereitet sein. Vielleicht war das doch nicht so dumm. »Das ist Vitas Handschrift, oder?«
»Das ist die Nachricht«, murmelte Fliegenbein, während weitere Tränen von seiner Nasenspitze tropften. »Die Nachricht aus dem Meer.« Was spielte das jetzt noch für eine Rolle?
Freddie faltete den Zettel dennoch, bis er in seine Tasche passte. »Wir holen sie zurück, Bruder! Es muss einen Weg geben, und wir werden ihn finden!«
»Wovon redest du? Hast du den Metallmann nicht gehört? Es ist unmöglich!«
Fliegenbein erschrak über den schrillen Klang seiner Stimme. Die Verzweiflung zerschnitt die Stille der Nacht. Gut gemacht, Fliegenbein! Sag den Kojoten und den Eulen, dass es hier zwei verzweifelte Homunkuli gibt, die sie fressen können! Er presste sich die Hände vors Gesicht und begann zu schluchzen. Doch auch das war kein Trost. Seine Hände waren nass von seinen Tränen, als er sie erneut gegen Bens kalte Hand drückte.
»Barnabas? Vita? Wo seid ihr?!«
Fliegenbeins betäubter Verstand brauchte ein paar Augenblicke, bis er die Stimme erkannte, die von irgendwo über ihnen rief. Alfonso. Es war die Stimme von Alfonso Fuentes!
»Hier! Wir sind hier, Señor Fuentes!«, schrie Freddie mit seiner Grillenstimme. »Hier unten!!«
Die Eule schoss sofort auf sie herab. Fliegenbein sah ihre vom Mond beleuchteten weißen Federn. Freddie stieß ihn gegen den erstarrten Körper seines Meisters und richtete seine Gabel mit grimmiger Miene auf den angreifenden Vogel. Ihre scharfen Krallen würden sie beide in Fetzen reißen wie die Seiten eines Buches. Fliegenbein schloss die Augen. Doch anstatt ihre Krallen zu spüren, hörte er erneut Alfonso Fuentes’ Stimme, und dann die Stimme der Eule, als antwortete sie ihm. Fliegenbein öffnete ein Auge und sah, wie die weißen Flügel über ihm in Richtung Sterne flogen.
»Ah, pequeños señores!« Alfonso Fuentes seufzte, als er sich neben sie kniete. »Ich fürchte, ich habe einen sehr gefährlichen Zeltplatz vorgeschlagen. Was war ich für ein Narr! Eine Freundin hat mir vor vielen Jahren erzählt, dass zwischen diesen Felsen ein Ungeheuer schläft. Ich erinnere mich sogar, dass ich euch allen davon erzählt habe! Aber ich dachte, es sei nur ein altes Märchen, das sich die Stämme in diesen Bergen erzählten. Nichts als ein altes Märchen! Wissen wir nicht alle, dass die immer ein paar Körner Wahrheit enthalten?«
Er setzte sich Freddie auf die Schulter und griff nach Fliegenbein.
»Nein!« Der Homunkulus schob die helfende Hand von sich. »Ich bleibe bei meinem Meister. Er wird wieder aufwachen. In einhundert Jahren. Und dann werde ich hier sein!«
Alfonso musterte Bens reglose Gestalt mit großer Traurigkeit.
»Señor Fliegenbein«, sagte er. »Euer Meister will, dass Ihr und Euer Bruder in Sicherheit seid. Ihm kann im Moment nichts passieren, aber die Eulen werden Euch sicher fressen, lange bevor die hundert Jahre vergangen sind. Bitte kommt mit mir. Ich werde Euch beide an einen Ort bringen, wo Ihr sicher seid. Und vielleicht fällt uns ein Plan ein, um Euren Meister und die anderen sehr viel früher als in hundert Jahren zurückzubringen. ¡Vamos¡«
Er hielt Fliegenbein erneut seine Hand hin.
»Bitte, Bruder!«, sagte Freddie. »Du weißt genau, dass Ben nicht wollen würde, dass du Eulenfutter wirst. Weißt du, dass die ihrer Beute den Kopf abreißen?«
Fliegenbein blickte zum Himmel. Das war eine recht beunruhigende Information. Nun, sein Meister wollte vermutlich wirklich nicht, dass er so endete. Fliegenbein richtete sich langsam auf und berührte ein letztes Mal Bens Hand, bevor er in Alfonsos kletterte.
»Una noche oscura. Das war eine dunkle Nacht«, murmelte ihr Retter, während er von einem Wiesengrund zum nächsten ging und schließlich vor Hothbrodds versteinertem Körper stehen blieb. Der Troll hatte wütend die Faust gehoben, als der Odem des Monsters ihn umschlossen hatte.
»Wir finden einen Weg!«, sagte Alfonso leise. »Hundert Jahre sind eine viel zu lange Zeit, um sie ohne unsere Freunde zu verbringen.«
Er wischte sacht die Tränen von Fliegenbeins Gesicht. »Siempre hay esperanza. Es gibt immer Hoffnung.«
Dann sah er zuerst Fliegenbein auf seiner linken und dann Freddie auf seiner rechten Schulter aufmunternd an. »Barnabas Wiesengrund ist nicht den ganzen weiten Weg nach Kalifornien gekommen, um ein Stein zu sein und auf den Pazifik zu starren. Auch wenn es sicher nicht viele Orte gibt, die es mit diesem Ausblick aufnehmen können.«
Er warf einen letzten Blick auf die versteinerten Gesichter. Dann drehte er sich um und ging mit schweren Schritten den Pfad hinauf, der zu seinem Pick-up führte.
»Es war Aalstrom!«, schluchzte Fliegenbein, als Alfonso sie auf den Beifahrersitz setzte. »Ich bin ganz sicher! Cadoc Aalstrom und irgendein Metallmann. Lola hatte recht! Er ist hier!«
Lola! Die hatte er ganz vergessen! Barnabas hatte sie losgeschickt, um herauszufinden, wo Aalstrom seine Zelte aufgeschlagen hatte. Wo war sie bloß? Und was war mit diesen törichten Bläulingen? Egal! Er hatte andere Sorgen.
»Alles wird gut, Bruder«, flüsterte Freddie, während sie beide versuchten, nicht von dem Autositz zu rutschen. Alfonso nahm die Kurven der Straße, die sich vor ihnen durch die Nacht wand, mit haarsträubender Geschwindigkeit.
Alles wird gut?? Wie konnte es sein, dass nicht einmal diese Nacht Freddie seinen naiven Glauben an ein Happy End nehmen konnte? Na ja, Fliegenbein, hörte er Ben gelassen anmerken, dein alter Meister Nesselbrand hat Freddie ein Bein abgerissen und hätte ihn fast aufgefressen. Aber er lebt noch – und er tanzt! Wie soll er da nicht an ein Happy End glauben?
»Euer Bruder hat recht, Señor Fliegenbein.« Alfonso Fuentes steuerte den alten Pick-up um eine weitere Kurve, als handelte es sich um einen Rennwagen. »Todo irá bien.«
Fliegenbein versuchte angestrengt, ihm zu glauben, doch alles, woran er denken konnte, war die kalte Hand seines Meisters.
»Wir müssen die anderen in MÍMAMEIÐR informieren«, murmelte er. Warum hatte er es nicht über den Sender versucht, den Hothbrodd aufgebaut hat? Weil der von einem versteinernden Monster niedergetrampelt worden ist, Fliegenbein. Eine weitere Träne stahl sich seine Nase herab.
»Senōr Fuentes, gibt es irgendwo hier einen Teich oder einen See?«, schniefte er.
»Die Freundin, zu der ich Euch bringe, hat einen wunderbaren Teich«, erwiderte Alfonso. »Er hat sie und ihren Hund beim großen Feuer gerettet, das diese Berge vor zwanzig Jahren verwüstet hat.«
Er bremste und bog nach links auf eine unbefestigte Straße ab, die zu einem offen stehenden Tor und an einem verwitterten Holzschild vorbeiführte. Der Name, der in großen farbigen Buchstaben darauf geschrieben stand, lautete: Mary Bright.
»Es gefällt mir wirklich gar nicht, dass wir meinen Meister und die anderen ganz allein an diesem schrecklichen Ort zurückgelassen haben, Señor Fuentes«, flüsterte Fliegenbein.
»No se preocupe. Ich schicke ein paar meiner Männer, damit sie auf sie aufpassen«, erwiderte Alfonso. »Aber Ihr und Euer Bruder bleibt bei Mary.«
Die schmale Straße war wohl irgendwann in den Berghang gesprengt worden, und Fliegenbein entdeckte im Scheinwerferlicht von Alfonsos Wagen versteinerte Muscheln in den blassgrauen Felswänden, an denen sie vorbeifuhren – Erinnerungen daran, dass die Berge um sie her vor Millionen von Jahren Meeresboden gewesen waren. Als die Felsen zurückwichen, zeigte der Mond Fliegenbein ein weites Plateau mit Obstbäumen und einem einfaches Haus. Es stand zwischen alten Eichen und amerikanischen Platanen und war umgeben von einer breiten, hölzernen Veranda. Am fernen Horizont schillerte das Meer im Mondlicht und berührte den Nachthimmel wie verschüttetes Silber.
Alfonso parkte seinen Pick-up und setzte sich die zwei Homunkuli erneut auf die Schultern.
»Ihr werdet meine Freundin mögen, pequeños señores«, sagte er, während er die Treppe zur Veranda des Hauses hinaufstieg. »Sie ist ziemlich einmalig.«
Er klopfte an die Glastür, die ins Haus führte, und lugte durch die Scheibe. »Mary? Lo siento!«, rief er. »Ich weiß, es ist spät, aber ich brauche einen sicheren Ort für zwei amigos pequeños.«
Sie mussten nicht lange warten. Fliegenbein sah durch das Glas der Tür die schlanke Gestalt einer alten Frau aus der Dunkelheit auftauchen. Sie trug einen blauen Morgenmantel, und ihre grauen Zöpfe reichten ihr bis zur Hüfte.
»Alfonso!«, sagte sie mit einem Lächeln, das sich an ihn und die beiden Homunkuli zugleich richtete, als sie die Tür öffnete. »Du hast magische Gäste mitgebracht, wie ich sehe.«
Fliegenbein schätzte sie auf etwa siebzig, doch ihr Lächeln war das eines Mädchens. (Tatsächlich war Mary bereits zweiundneunzig Jahre alt, wie er später erfahren sollte.) Ihr Gesicht war von einem Leben unter der südlichen Sonne gebräunt und voller Lachfalten. Mary Bright erinnerte Fliegenbein an Vitas alte Zentaurenfreundin Raskerwint, auch wenn Mary absolut menschlich zu sein schien. Ihr Gesicht ließ dieselbe Weisheit und dieselbe Neugier auf alles erkennen, was das Leben und die Welt ihr bescherten.
»Das klingt tatsächlich wie die Geschichte, die die Chumash-Frauen mir erzählt haben, als sie mich vor den Felsen dort gewarnt haben«, seufzte sie, nachdem Alfonso ihr erzählt hatte, was geschehen war. »Sie haben mir von einem riesigen Monster erzählt, das ihre Krieger und viele andere Lebewesen in Stein verwandelt hat. Aber sie haben immer gesagt, dass es seit mindestens tausend Jahren schläft!«
»Er hat es aufgeweckt!«, sagte Freddie. »Der Metallmann, der Barnabas’ altem Feind dient. Ich weiß nicht, wie, aber er hat es geschafft!«
Seine Worte brachten Fliegenbein dazu, von Neuem sein Gesicht in den Händen zu vergraben.
»Die pequeños señores würden gerne deinen Teich benutzen, Mary«, sagte Alfonso. »Sie wollen ihre Freunde darüber informieren, was passiert ist. Ich verstehe nicht ganz, wie sie das machen wollen, aber du hast sicher nichts dagegen, oder?«
Mary fragte nicht nach weiteren Erklärungen. Sie setzte sich Fliegenbein und Freddie auf die Schultern und wies sie an, sich an ihren langen grauen Zöpfen festzuhalten. Dann trug sie sie durch die Nacht, an wilden Kakteen und Kojotenbüschen vorbei zu einem großen Teich zwischen Steineichen und Felsen. Auf der stillen Oberfläche spiegelten sich Tausend Sterne.
»Mary und ich passen auf, während Ihr tut, was Ihr tun müsst«, sagte Alfonso, als Mary die beiden Homunkuli am Ufer des Teiches absetzte. »Mary spricht mit den Kojoten, aber ich würde nicht darauf vertrauen, dass sie auf sie hören, falls sie Euch beide als Mahlzeit betrachten.«
»Vielen Dank!«, sagte Freddie. »Ich wurde schon einmal gefressen, und es ist wirklich keine angenehme Erfahrung!«
Fliegenbein sah Mary und Alfonso an, dass sie diese Geschichte liebend gern gehört hätten, doch sie traten respektvoll einen Schritt zurück, als er auf das Wasser zuschritt.
Ein paar winzige Wassernymphen saßen auf den Seerosenblättern. Ihre Flügel fingen das Mondlicht ein, und eine froschartige Kreatur, deren Kopf dem eines Kojoten ähnelte, hüpfte von einem Stein ins Wasser. Mary teilte ihren Berg ganz offensichtlich mit vielen Geschöpfen, von denen einige ganz zweifellos Fabelwesen waren. Oh, sein Meister hätte diesen Ort geliebt! Traurigkeit flutete Fliegenbeins Herz, als er so nah ans Wasser herantrat, dass es die Spitzen seiner Stiefel durchnässte.
»MÍMAMEIÐR!«, rief er. »MÍMAMEIÐR! Bitte melden!«
Das blasse Gesicht, das auf der Wasseroberfläche erschien, gehörte einem der Pilzlinge, denen Gilbert die Aufgabe anvertraut hatte, das Wasserfunkgerät zu bewachen.
»Moldy, hol Gilbert! Schnell! Es ist dringend!«
Pilzlinge machen nie etwas schnell. Aber es dauerte nicht allzu lange, bis das spitznasige Gesicht von Gilbert Grauschwanz zu sehen war. Er sah verärgert aus, aber der Ratten-Kartograf von MÍMAMEIÐR ärgerte sich sehr leicht.
»Wird aber auch Zeit, dass ihr euch meldet!«, knurrte er. »Ich versuche schon seit Stunden, Barnabas oder Hothbrodd zu erreichen! Ich …«
»Gilbert!«, unterbrach Fliegenbein den Rätterich. »Wir haben schlechte Neuigkeiten!«
»Tja, ich hab auch Neuigkeiten«, fuhr Gilbert ihn an. »Auch wenn ich nicht weiß, ob es schlechte sind. Mich erreichen Berichte von überall, dass irgendwo im Pazifischen Ozean jemand mysteriöse Botschaften aussendet …«
»Wir haben die Botschaft auch erhalten, Meister Grauschwanz!«, rief Freddie. »Wir wollten sie gerade entschlüsseln, als …«
»Sie sind Stein!«, schnitt Fliegenbein seinem Bruder das Wort ab. »Stein, Gilbert! Sie alle. Mein Meister, Vita, Barnabas, Guinever und Hothbrodd!«
Gilbert Grauschwanz fuhr sich mit den Pfoten über die weißen Ohren. Nur diese Geste verriet, dass der stets beherrschte Rätterich etwas die Fassung verlor. »Stein? Was meinst du damit?«
Freddie vollführte ein paar traurige Tanzschritte. »Ich fürchte, das Wort beschreibt ihren derzeitigen Daseinszustand recht präzise, Meister Grauschwanz.«
Gilbert stöhnte auf und zupfte sich fieberhaft die weißen Schnurrhaare zurecht. »Heißt das, ihr beiden seid die einzigen Überlebenden der FREEFAB-Mannschaft?«
»Lo siento, Señor Rato.« Alfonso kniete sich neben die Homunkuli. »Alfonso Fuentes«, stellte er sich vor. »Ich bin ein alter Freund von Barnabas Wiesengrund. Wir werden alles tun, um ihn und seine Begleiter wieder zum Leben zu erwecken.«
»Ja, das werden wir!«, stimmte Mary ihm zu.
Gilbert musterte sie und Alfonso mit unverhohlenem Misstrauen.
»Scheint so, als hättet ihr beiden da drüben schon jede Menge neue Freunde gefunden«, sagte er zu Fliegenbein. »Ich hoffe, ihr seid nicht zu vertrauensselig.«
Fliegenbein blickte Mary und Alfonso entschuldigend an. Höflichkeit war nicht Gilberts große Stärke.
»Gilbert! Weißt du von Cadoc Aalstrom?«
Die Ratte versteifte sich. »Was ist mit ihm?«
»Er ist hier!«, rief Freddie. »Er ist schuld an allem, was passiert ist! Er und der Metallmann, der ihm dient.«
»Das ist ein Kupfermensch«, erwiderte Gilbert finster. »Lola kann euch mehr über ihn erzählen. Oder wurde sie auch in Stein verwandelt?«
»Nein. Barnabas hat sie losgeschickt, um herauszufinden, wo Aalstrom hier abgestiegen ist«, sagte Fliegenbein. »Wir hoffen, dass sie noch lebt.«
»Na, da würde ich mir keine großen Sorgen machen. Lola ist mit Abstand meine zäheste Cousine«, sagte Gilbert. »Und ich habe dreihundertzwei davon. Ich bin froh, dass Lung auf dem Weg ist, um der Kurier des Feuers zu sein. Auch wenn er nicht begeistert sein wird, wenn er erfährt, was mit seinem Drachenreiter passiert ist! Shrii, der Anführer der Greife, hat sich bereit erklärt, die Luft zu übernehmen. Acht, der Große Krake, der uns schon ein paar Mal geholfen hat, soll das Wasser vertreten. Ich habe ihn noch nicht erreicht, aber ich hoffe, mit ihm ist weitere Hilfe auf dem Weg zu euch.«
Lung. Natürlich! Fliegenbein hatte komplett vergessen, dass Schwefelfell und er auf dem Weg zu ihnen waren! Er war so erleichtert. Alles würde gut werden. Der Drache gab ihm immer dieses Gefühl!
Sein Bruder äußerte denselben Gedanken auf seine ganz eigene Freddie-Art.
»Lung!«, rief er, während seine Füße Muster in den feuchten Boden tanzten. »Wie konnten wir nur vergessen, dass er kommt, Bruder? Vielleicht kann Drachenfeuer den Fluch brechen? Oder Lung kann gegen den Metallmann kämpfen und ihn zwingen, den Zauber zurückzunehmen. Oder …«
Ihm fielen noch ein Dutzend weitere törichte Ideen ein, doch Fliegenbein hörte nicht mehr zu. Er genoss einfach nur das Gefühl von Erleichterung und Hoffnung. Ja. Alles würde gut werden. Wenn Lung da war, war es immer so. Immer!
Alfonso stand wieder auf. »Un dragón! Hast du das gehört, Mary?«, sagte er. »Magische Tage!«