Eintausend Tintenfischeier und ein Glas voll Hummerlarven. Jetzt musste Kupfer nur noch in die Mischung spucken, und sie würden innerhalb eines Tages bereit sein. Sie würden die Größe eines Orcas erreichen, ihre Scheren stark wie Metall, und sie würden schneiden und stehlen, worauf der Mensch, der ihn versklavt hatte, aus war.
Er ließ ihn nicht aus den Augen.
Cadoc Aalstrom. Er konnte nicht mal Kupfers richtigen Namen aussprechen. Aber natürlich würde er behaupten, der Erfinder der Hummertintenfische zu sein – genau wie er behauptet hatte, die Starendrohnen und die Kupferwespen erschaffen zu haben, die seine Festung bewachten, oder die Mantikore, die seine Feinde zu Tode hetzten.
Das alles hatte er natürlich nicht getan. Der Mensch, der ihm die Freiheit geraubt hatte, war außerstande, irgendetwas zu erschaffen. Er war ein tödlicher Parasit, der sich vom Leben und der Magie anderer ernährte. Eine blasse, unersättliche Made, trotz der glatten Haut und des blonden Haars, die er den zahllosen Moosfeen zu verdanken hatte, die Kupfer für ihn gefangen hatte.
Die größte Angst eines jeden Kupfermenschen war es, von einem Menschen entdeckt zu werden. Denn wenn ein Mensch sie entdeckte, ereilte sie der Fluch, ihm bis zum Ende ihres Lebens dienen zu müssen. Kupfer war in einem der erbärmlichen Tunnel zu Cadoc Aalstroms Sklaven geworden, die er für seine ständig wachsende Festung an der Westküste Englands hatte graben lassen. Ein Blick in die blassblauen Augen, und er hatte gewusst, was ihm blühte. Er spürte die tiefschwarze Verzweiflung immer noch, die sich damals um sein Herz und seine Gedanken gelegt hatte. Er hätte es wissen müssen! Schließlich war es seiner Großmutter genauso ergangen, doch sie waren alle so zornig darüber gewesen, dass dieser Mensch seine Arbeiter immer tiefer und tiefer graben ließ. Er hatte den anderen versprochen, ein paar der Tunnel zum Einsturz zu bringen, darauf vertrauend, dass die Menschen, denen er begegnen würde, ihn für einen Felsbrocken oder eine Metallablagerung halten würden, wie sie es normalerweise taten. Stattdessen war er zum Sklaven geworden. Das war es, was er die letzten drei Jahre gewesen war. Ein Sklave. Drei lange, schreckliche Jahre, verbracht in der Gewissheit, dass er nie wieder frei sein würde, denn es gab nur eines, was den Fluch brechen konnte – Drachenfeuer. Und die Drachen waren verschwunden. Genau wie die wilden Wälder und die Stille in der Welt, über und unter der Erde.
Kupfer spuckte in die Mischung aus Tintenfisch- und Hummernachwuchs und drückte den Deckel fest auf den Metallbehälter, bevor er ihn schüttelte.
Eins, zwei, drei. Die Zahl der Schöpfung.
»Heute Nacht lasse ich sie frei.« Seine Stimme hatte ein leichtes Echo. Sie dröhnte wie eine Glocke, wenn er wollte, dass sie weithin zu hören war. »Der Mond nimmt zu, und mit seinem Licht werden auch sie wachsen.«
»Und du bist dir absolut sicher, dass sie die Aurelia finden?« Cadoc Aalstrom musterte ihn mit seinen blassen Augen. Ich weiß, wie ich dir wehtun kann, sagten sie. Also enttäusche mich nicht.
»Ja«, erwiderte Kupfer, dem blassblauen Blick standhaltend. »Die Vögel haben uns verraten, wo sie hinwill.«
»Und? Das heißt nicht, dass wir wissen, wo sie herkommt. Der Pazifik ist groß.«
»Sie werden sie finden.«
Cadoc Aalstrom hielt ihn immer noch mit seinem Blick fest. »Also kommt sie tatsächlich?«
»Ja.«
Nur ein Mensch konnte eine solche Frage stellen. Sie wussten nichts über die Welt, auch wenn sie sich gern als ihre Herren aufspielten. Der Kupfermann spürte die Antwort in seinen Knochen und in seinem rostroten Blut. Er spürte sie in der Erde und in der Luft, die er atmete. Die Wellen flüsterten ihren Namen, wenn ihre Gischt auf dem Sand zerlief.
»Sie kommt!«, zischten sie. »Sie erhebt sich. Sie singt.«