Die Kreuzfeld-Jakob-Krankheit der
drei Kriegsberichterstatter auf den Sautratten, und – hast g’hört? –
Leich’ gehn! Der Globus is gstorbn!

wider is sseptember –

dos wort hobn wider di kroen.

Wieder ist September –

und wieder haben die Krähen das Wort.

Da geht der Herr nun selbst hinaus / Und macht gar bald ein End daraus. / Der Teufel holt den Henker nun, / Der Henker hängt den Schlächter nun, / Der Schlächter schlacht’ den Ochsen nun, / Der Ochse säuft das Wasser nun, / Das Wasser löscht das Feuer nun, / Das Feuer brennt den Prügel nun, / Der Prügel schlägt den Pudel nun, / Der Pudel beißt den Jockel nun, / Der Jockel schneidt den Hafer nun, / Und kommt auch gleich nach Haus.

die mame, die, als sie siebzehn jahre alt und gerade erst von der Haushaltschule Buchholz nach Hause gekommen war, von ihrer vor dem Garten stehenden Großmutter erfahren hatte, daß ihr Bruder im Krieg gefallen war, mit den Worten: »Der Adam kommt auch heim, aber anders!«, warf, nachdem sie mit ihrer Tochter für die drei Kriegserlebnisse erzählenden Greise das Wiener Schnitzel zubereitet hatte, die ausgekochten Knochen aus den Sautratten angewidert und mit einer reschen Handbewegung auf den Küchenboden vor den aus heiterem Himmel auftauchenden und vor Hunger jaulenden, nach Lavendeltalk riechenden weißen Spitzhund Prinzi. Der langsam auftauende Ragatschnig Motl, der einst im Kohlebergwerk in Sibirien als gefrorenes Holzscheit, wohl oder übel eingebettet zwischen den Holzscheiten seiner zu Tode geschundenen, von den Ratten angefressenen und erfrorenen Kameraden, einen jahrzehntelangen Dornröschenschlaf gehalten hatte, tauchte mit heruntergelassener Hose, noch schwerfällig, mir nichts, dir nichts an der Türschwelle der nach Schweinefett fürs Wiener Schnitzel, nach Menschenknochen und nach Allerheiligenblumen riechenden Küche auf, jammerte: »Prinzi! Prinzi! Hilf mir!«, streckte beide Arme, von denen die sibirischen Eiszapfen fielen, zum Hitlergruß aus und rief: »Ich bin und bleibe ein Österreicher!«, ehe er vor dem aufjaulenden und mit einem ausgekochten Globocnik-Knochen im Maul dastehenden Spitzhund Prinzi tot zusammenbrach. Die drei Soldaten, der Jockel, der Franz und der Hermann, ließen Messer und Gabel fallen, standen vom Tisch auf und hoben, am Wiener Schnitzel weiter kauend, den von den Ratten an der Nasenspitze, den Zehen und Fingern angefressenen und von den Krähen zerhackten Körper vom Ragatschnig Motl auf ihre Schultern, gingen den engen Flur des Bauernhauses entlang in den Hof hinaus, am orangegelbe Früchte tragenden Marillenbaum vorbei, hinter dem man schemenhaft die Köpfe der beiden aus den zerbrochenen Fensterscheiben schauenden und Hafer von den Sautratten zwischen ihren langen gelben Zähnen zermalmenden Pferde, vom Fuchs und der Onga, sah, trugen den vampirisch ins Leben zurückzuckenden Ragatschnig Motl über die Felder, am Manig auf dem Galgenbichl vorbei auf die Sautratten und riefen im Chor: »Buamen, seid’s leise, da Göte is gstorbn! … Leck Arsch! Zusammenpacken und in die Leichenhalle damit! … ›Zwei Millionen ham’ma erledigt!‹ … Hast g’hört? … Marienkäfer, flieg! Der Tate ist im Krieg! Die Mame ist im Pommerland! Und Pommerland ist abgebrannt! … Siegesgewiß klappert sein Gebiß. Siegesbewußt wackelt ihre Brust … Wie Holzscheiter haben sie in Sibirien die stockgefrorenen Toten der Kameraden in einer Hütte übereinandergestapelt, den ganzen Winter lang! Wie die Holzscheiter! Bei vierzig Grad Kälte! … Bis zum Tauwetter im Frühjahr! Hast g’hört? … Unsa Kotz hot Katzlen ghobt, siebene, ochte, neune. Ans hot kane Tatzlen ghobt, steck mas wieder hinten eine! … Red oder scheiß Buchstaben! … Leich’ gehn! Der Prinzi is’ gstorbn. Ich möcht nicht in deiner Haut stecken! Hast g’hört! … Der schaut aus wie der Fuchs im Eisen! … Du Strick, du! … Teufel! Teufel! Doppelteufel! …«

Während der auf den Schultern der drei Greise aus Sibirien heimgekehrte und mehr und mehr aus der sibirischen Eiseskälte auftauende Ragatschnig Motl, dem die Eisblumen wie Schuppen von den Augen fielen, seine glasigen Lippen auseinanderreißend dazwischenrief: »Du sollst dich heimgeigen lassen mit deinen Holzscheitern! Hast g’hört, heimgeigen sollst du dich lassen … Du mußt immer das letzte Wort haben! … Zwei Millionen ham’ma immerhin erledigt! … Wirst du wohl folgen? … Komm mit! Komm mit! hat die Tschufitl gerufen, Komm mit! Du sollst dich heimgeigen lassen! … Hast g’hört?« … Und die drei Greise und Kriegsversehrten mit den Allerheiligenblumen in den Knopflöchern ihrer braunen Kärntner Anzüge im Chor, mit dem wiederbelebten Ragatschnig Motl auf ihren Schultern, auf den Sautratten über den Skelettresten von Odilo Globocnik im Kreis tanzend, fortfuhren: »Und wir, wir kommen mit der Tschufitl auf der Schulter, mit den Schröckenfux-Sensen und mit dem Skelett vom Globus aus den Sautratten heim, aber anders! … Schnitter san miar, und miar müssen uns plogn, und mir miasn die Kreuzer mit der Sensn ausaschlogn! Miar dengln und wetzn und mahn bis auf d’Nocht, und dos können nur Schnitter, weil die hobn a Kraft. Gott Vater loßt wochsn dos Getreide aufn Feld, und dos gibt unsern Bauern dos Brot und dos Geld. Ohne Bauern und Schnitter, da gabets ka Brot, und do wär dann im ganzn Land die Hungersnot … Im Krieg hob i oft so einen Hunger ghobt, daß i am liebsten dem Globocnik die Ohrwaschl abgfressn hätt! … Ich möchte nicht in deiner Haut stecken! … Hast g’hört? … Du mußt immer das letzte Wort haben! … I bin a Kärntner Bua und hob an Fuchs im Schuha … Ich werd dich gleich schneiden! … Du Strick, du! … Leich’ gehn! Der Globus is gstorbn! … Leck Arsch! Zusammenpacken und auf die Sautratten damit! … Teufel! Teufel! Doppelteufel! Achtmalteufel! … Red oder scheiß Buchstaben! Ich bin und bleibe beileibe ein Österreicher!«

ich kojf doss flejsch

ich kojf doss flejsch

un kuk nischt ojf dem kazew,

ich kojf doss brojt

un se nischt dem beker.

nor sej weln amol

sich nojkem sajn in mir.

der kazew wet amol

kumen in majn cholem

un mit sajn messer

monen sajn ponem.

der beker wet arojss

fun a sak mit mel,

a wajss geschpensst

on hojt, on bejn,

un monen fun mir

sajn ojfgegessn ponem.

Rajzel Zychlinski