Faszination Zeitreise

»Wenn ich das gewusst hätte!«

Wer hat sich nicht schon einmal gewünscht, seine Vergangenheit zu ändern? Noch einmal die Chance zu haben, alles besser zu machen? Sich nicht immer wieder mit »Was wäre wenn«-Fragen plagen zu müssen? Wenn ich für diese Prüfung besser gelernt hätte, diese eine Frage im Vorstellungsgespräch anders beantwortet und mein Geld auf eine andere Mannschaft gesetzt hätte? Und was wäre, wenn ich meiner Jugendliebe damals nicht so leichtfertig Lebewohl gesagt hätte? Ungenutzte Chancen, falsche Entscheidungen und verpasste Möglichkeiten gehören zum Leben dazu. Doch was wäre, wenn Sie eine Zeitmaschine zur Verfügung hätten? Eine Zeitmaschine, die es Ihnen erlauben würde, die Prüfung zu wiederholen, sich den Job mit einem brillanten Auftritt im Vorstellungsgespräch zu sichern, Millionen beim Wetten zu gewinnen und die Liebe Ihres Lebens für sich zu erobern? Eine wundervolle Vorstellung, nicht wahr? Doch leider machen uns Albert Einstein und Stephen Hawking wenig Hoffnung, dass eine Reise in die Vergangenheit tatsächlich möglich wäre. Und trotzdem träumt die Menschheit weiter von Zeitreisen, in Literatur, TV-Serien und besonders gerne auf der Kinoleinwand.

Im Jahr 1960 konnten die Kinobesucher beobachten, wie der Wissenschaftler George seine Zeitmaschine bestieg und eine weit entfernte Zukunft bereiste. Auch wenn George Pals DIE ZEITMASCHINE nicht der erste Zeitreisefilm war, gilt er doch als der Klassiker schlechthin und ist das Vorbild für viele weitere Filme, die dem Genre der Science-Fiction angehören. 25 Jahre später raste Marty McFly das erste Mal mit einem zur Zeitmaschine umgebauten DeLorean in die Vergangenheit und wieder ZURÜCK IN DIE ZUKUNFT. Dieser Auftakt zur beliebtesten Zeitreise-Trilogie aller Zeiten war der größte Kinoerfolg des Jahres 1985. In den folgenden Jahren wurden nicht nur in Hollywood viele weitere Zeitreisefilme produziert. RUBINROT, nach dem Beststeller der deutschen Autorin Kerstin Gier, kam 2013 als deutsche Verfilmung in unsere heimischen Kinos. Zeitreisen in Kinofilmen haben eine lange Tradition und faszinieren die Kinobesucher immer wieder aufs Neue. Und Zeitreisen gehören längst nicht mehr nur dem Science-Fiction-Genre an, sondern finden sich auch in Fantasy-Filmen (HARRY POTTER UND DER GEFANGENE VON ASKABAN), romantischen Komödien (30 ÜBER NACHT) und Dramen (DIE FRAU DES ZEITREISENDEN). Seit den 1950er Jahren steigt die Anzahl der produzierten Zeitreisefilme stetig an (siehe Abbildung Nr. 1). Allein in den letzten drei Jahren wurden weltweit vierzehn neue Zeitreisefilme produziert.

Abb. 1: Anzahl an Zeitreisefilmen 1951-2014[1]

Zeitreisen sind jedoch nicht nur der Fiktion in Film und Literatur vorbehalten. Auf Grundlage von Einsteins Relativitätstheorie haben sich viele Astro-Physiker wie Stephen Hawking und Igor D. Novikov mit der tatsächlichen Möglichkeit von Zeitreisen beschäftigt. Auch wenn sich die meisten Physiker einig sind, dass Zeitreisen in die Vergangenheit unmöglich sind, haben einige von ihnen Zeitreisemodelle entwickelt, die sich mit den theoretischen Konsequenzen von Zeitreisen in die Vergangenheit befassen. Diese Zeitreisemodelle finden sich in den meisten Zeitreisefilmen wieder und beeinflussen die narrativen Strukturen dieser Werke.

Dieses Buch beschäftigt sich mit den verschiedenen Möglichkeiten, Zeitreisen in Kinofilmen umzusetzen. Wir begegnen Zeitmaschinen, Schwarzen Löchern, Gendefekten und Magie. Doch bevor wir uns einigen dieser großartigen Zeitreisefilme widmen, werfen wir zunächst einen Blick auf den aktuellen Erzähltrend im zeitgenössischen Kino[2].