Manche sagen, Erfolg sei wie eine Droge. Ich kann mich mit dieser Behauptung nicht identifizieren, zumal mir die Vergleichsmöglichkeit fehlt: Ich habe nie Drogen genommen. Aber ich vermute, ein bisschen was ist da schon dran – und doch auch wieder nicht. Für mich hat der Moment des Erfolgs bestimmt etwas vom Zustand des Highseins, der aber genauso schnell verschwindet, wie er gekommen ist.
Ich erinnere mich noch gut an einen großen Erfolg mit Unee bei einem Weltcup-Turnier in Amsterdam 2016. Ich war total euphorisch und erlebte dieses Hochgefühl geradezu fassungslos. Wir hatten gerade ein neues Bestergebnis aufgestellt und waren nur um einen Punkt hinter Isabell Werth mit Weihegold an zweiter Stelle platziert. Drei Stunden später war ich bereits auf dem Heimweg, und alles war wieder »ganz normal«.
Auch nach dem großen Weltcup-Erfolg in Stuttgart 2019 war es so. Ich habe das Gefühl sehr genossen, habe mich immer mal wieder morgens in den Arm gekniffen und mir selbst versichert, dass dies kein Traum ist, dass ich wirklich und wahrhaftig gewonnen hatte. Noch Tage danach war die Freude da. Aber das Highsein war schnell wieder weg, und mein geerdeter Alltag kehrte zurück: der Alltag, den ich so sehr liebe, umgeben von meiner Familie, meinem Team und den Tieren.
Im Negativen ist es ähnlich. Als 2016 klar war, dass ich nicht zu den Olympischen Spielen nach Rio de Janeiro reisen würde, war ich natürlich sehr traurig und enttäuscht. Aber auch in dieser Situation wurde mir zum Glück recht schnell bewusst: Mein Leben ist immer noch genauso gut wie vorher. Ich habe immer noch denselben Mann, der mich noch genauso liebt, ich habe immer noch meine Familie, die Pferde sind gesund, ich darf immer noch jeden Tag das tun, was ich liebe. An den wesentlichen Dingen hatte sich also nichts geändert.
Ich gebe mein Bestes, um erfolgreich zu sein. Und der Erfolg ist auch eine Bestätigung meiner Arbeit und dass ich auf dem richtigen Weg bin. Aber ich möchte auch den Weg zum Erfolg genießen. Und das könnte ich nicht, wenn es mir nur um den Erfolg selbst gehen würde. Felix Gottwald, mehrfacher Olympia-Sieger, hat einmal zu mir gesagt: »Bei den Olympischen Spielen bringen viele Sportler nicht ihre Bestleistung, weil sie vergessen, worum es dort geht: um das Spiel. Die Sportler vergessen es, weil der Druck meist sehr groß ist. Die Art und Weise, wie wir mit diesem Druck umgehen – dem von außen und vor allem dem eigenen –, macht den Unterschied. Sich darauf zu besinnen, warum wir mit dem, was wir tun, als kleines Kind begonnen haben, lässt uns mit dieser kindlichen Begeisterung und dem so wichtigen spielerischen Aspekt in Verbindung bleiben.« Ich finde, er hat so recht. Doch das ist auch leichter gesagt als getan. Und es ist noch einen Tick schwieriger, wenn ich nicht »nur für mich« reite. In einer Einzelwertung bin ich nur für mich selbst verantwortlich. In einer Mannschaftswertung sitzt mir durchaus die gefühlte Verpflichtung im Nacken, für das Team Bestleistungen zu bringen.
Ich gebe mein Bestes, um erfolgreich zu sein. Und der Erfolg ist auch eine Bestätigung meiner Arbeit und dass ich auf dem richtigen Weg bin. Aber ich möchte auch den Weg zum Erfolg genießen. Und das könnte ich nicht, wenn es mir nur um den Erfolg selbst gehen würde.
Ich versuche einfach, mir immer wieder zu sagen, dass ich nicht mehr tun kann, als mein Bestes zu geben. Und mein Bestes gebe ich dann, wenn ich mich und mein Pferd so gut wie möglich vorbereitet habe und bei mir bin, im Hier und Jetzt. Mehr kann ich nicht tun – und daran versuche ich mich immer wieder zu erinnern. Genieße den Erfolg, aber auch den Weg dorthin.