»Du hast Iselin also in der Notaufnahme zurückgelassen?«
Blix ärgerte sich über Brogelands träge Verhörmethode. Die Fragen waren rhetorisch, die Wiederholungen pure Schikane. Es schien Brogeland Freude zu machen, Dinge zu betonen, die Blix anders hätte machen sollen. Das war einfach vergeudete Zeit.
»Ja«, antwortete er nur kurz, ohne auf die Überlegungen einzugehen, die er sich gemacht hatte.
»Dieser Hikes …«, fuhr Brogeland fort. »Wieso wurde er verdächtigt?«
»Da kamen verschiedene Dinge zusammen«, antwortete Blix und streckte die Beine unter dem Tisch aus. »In der letzten Zeit ist häufiger in eingerüstete Häuser eingebrochen worden. Die Täter kletterten über das Gerüst hoch und stiegen dann durch offene Fenster ein. Martin Hikes war ein passender Kandidat, er ist bekannt für Beschaffungskriminalität und wurde bereits wegen schwerer Körperverletzung verurteilt. Außerdem wohnt er in der Gegend und ist vor dem Mord auf der Straße gesehen worden. Vielleicht handelt es sich um einen Einbruch, der schiefgelaufen ist.«
»Und du warst dabei, als das Einsatzkommando seine Wohnung gestürmt hat?«
Blix nickte in Richtung des Aktenstapels, der vor Brogeland auf dem Tisch lag.
»Ich nehme an, dass das alles in deinen Berichten steht.«
Es war dunkel geworden. Der Scheinwerfer unter dem Polizeihelikopter wies den Weg. Blaulicht flackerte über die Fassade des alten Ziegelbaus. Nachbarn hatten neugierig die Fenster geöffnet und verfolgten das Geschehen.
Blix fuhr bis zur Absperrung vor und ging zu dem Hauseingang, vor dem Petter Valk mit zwei uniformierten Beamten stand.
»Wir kriegen keinen Kontakt zu ihm«, erklärte Valk. »Er reagiert weder auf unser Klingeln noch auf unsere Anrufe.«
»Ist er auch sicher in der Wohnung?«
»Der Nachbar hat ihn vor etwa einer Stunde hineingehen sehen.«
Blix ging alles im Kopf durch. Eine Stunde. Das konnte stimmen.
Zwei schwarze Lieferwagen rollten auf das Haus zu und blieben halb auf dem Bürgersteig stehen. Sechs Männer des Einsatzkommandos stiegen aus. Schwarze Overalls, Helme, Schilde und Waffen. Einer von ihnen trug einen Rammbock über der Schulter. Nach ein paar kurzen Kommandos verschwanden sie im Gebäude.
Die Wohnung von Martin Hikes lag im zweiten Stock. Blix und Valk warteten auf dem Treppenabsatz darunter.
Einer der Polizisten hämmerte mit der Faust gegen die Tür.
»Polizei!«, rief er. »Öffnen Sie, sonst brechen wir die Tür auf.«
Sie gaben der Person zehn Sekunden Zeit. Der Mann mit dem Rammbock machte sich bereit, schwang ihn mit beiden Händen zurück und dann gegen die Tür. Holz splitterte. Die Tür wurde eingeschlagen und blieb an den Angeln hängen. Das gesamte Kommando stürmte mit gezückten Waffen in die Wohnung.
Blix blieb stehen. Die Kommandorufe verrieten, was vor sich ging:
»Polizei! Keine Bewegung!«
Danach:
»Legen Sie sich hin! Die Arme zur Seite.«
Es vergingen ein paar Sekunden, dann kam die Nachricht über Funk.
»Ein Mann festgenommen. Wohnung gesichert.«
Blix ging die letzten Stufen hoch und betrat gemeinsam mit Valk die Wohnung. Sie stiegen über Computerteile, die auf dem Flur lagen, und gingen ins Wohnzimmer. Einige der Kommandobeamten hatten ihre Helme abgenommen.
Martin Hikes lag auf dem Boden, die Arme mit Handschellen auf dem Rücken gefesselt. Er trug eine dreckige Jeans und einen schwarzen Kapuzenpulli. Dann wurde er hochgezogen und auf einen Sessel gesetzt. Die Haare hingen ihm ins Gesicht, und eine dicke Brille thronte schief auf seiner Nase. Er wirkte apathisch.
»Was soll das?«, stammelte er.
»Schießerei im Geitmyrsveien«, bekam er als Antwort.
»Schießerei?« Martin Hikes schüttelte den Kopf. »Das war ich nicht. Ich mag keine Waffen.«
Der Leiter des Einsatzkommandos richtete sich an Blix.
»Wollen Sie hier mit ihm reden, oder sollen wir ihn ins Präsidium bringen?«
»Nehmen Sie ihn mit«, sagte Valk und wandte sich an Blix. »Ich kümmere mich darum.«
Zwei Männer zogen Hikes auf die Beine und führten ihn aus der Wohnung. Blix blieb stehen und sah dem mageren Mann nach. Etwas sagte ihm, dass sie einer falschen Fährte folgten und das Attentat auf Kovic nichts mit einem schiefgelaufenen Einbruch zu tun hatte.