Das Restaurant ist nicht groß, es besteht aus fünf, sechs Tischen. An einem normalen Tag kommen mittags nur etwa zwanzig bis dreißig Stammgäste, sagt Elena. Sie hat zwei Studentinnen als Servicekräfte eingestellt. Die beiden Mädchen lächeln mir zu, doch sie scheinen ebenso schüchtern mit ihrem Englisch zu sein wie ich mit meinem Spanisch.

Ich habe aber sowieso nicht vor, lange mit ihnen zu plaudern, weil ich das Mittagsgericht vorbereiten muss. Chef Ayden hat uns beigebracht, wie man berechnet, wie viel man braucht, und nach einer Weile komme ich auf vier bis fünf Kilo Huhn. Noch nie musste ich so viel Fleisch in so kurzer Zeit zubereiten. Ich mische rasch die Kräuter und achte darauf, dass ich mich möglichst genau an mein Rezept halte, damit das Ergebnis zu dem angekündigten Gericht auf der Tafel passt.

Als die ersten Gäste eintreffen, wische ich mir mit der Außenseite des Handgelenks die schweißnasse Stirn ab. Eine Stunde und mehr sind im Nu vergangen. Elena zwinkert mir zu und begrüßt die Stammgäste. Zeit, zu liefern. Die nächsten Stunden vergehen in Lichtgeschwindigkeit, und als ich aufschaue, um auf die Uhr zu sehen, bin ich schweißgebadet,

«Elena, das Huhn war einfach köstlich! Was war das scharfe Gewürz, Pfeffer oder Chili?», fragt ein großer, recht korpulenter Mann. Seine Augen funkeln, und seine Wangen sind gerötet, vermutlich vom Tischwein. Ich mag ihn, sobald er beginnt, das Tagesgericht zu loben.

«Vielen Dank, Don Alberto. Das Rezept stammt von meiner Souschefin», antwortet sie und weist auf mich.

«Señorita, delicioso. ¿Qué te puedo decir? ¡Me lambí los dedos!», sagt er, und ich lächele, doch außer einem gemurmelten «Gracias, Señor» gebe ich nichts weiter von mir. Im Übrigen hoffe ich, dass er sich nicht wirklich die Finger abgeleckt hat, da er mir kräftig die Hand schüttelt. Auch wenn ich ihn wirklich gut leiden kann, möchte ich nicht, dass seine Spucke an mir klebt.

Don Alberto runzelt die Stirn, ohne meine Hand loszulassen, und fährt mit gesenkter Stimme fort. «Soll ich Ihnen etwas Erstaunliches über Ihr Huhn sagen? Ich habe einen schlechten Tag erwischt. Alles ist schiefgelaufen, unter anderem hat mein Herd den Geist aufgegeben – ausgerechnet an einem Montag! –, weshalb ich zum Essen hergekommen bin. Aber vom ersten Bissen Ihres Essens an … war plötzlich die Erinnerung an meine Lieblingstante da. Wie ich auf ihrem Knie saß, während sie mir Geschichten erzählt und Erbsen gepult

Elena lächelt ihn an. «Ich stelle Ihnen noch eine Karaffe Wein auf den Tisch. Schön, dass Ihnen unser Tagesgericht geschmeckt hat.»

Ich schaue mich um. An mehreren Tischen hat mindestens ein Gast das Huhn bestellt. Beim Anblick der Knochen muss ich lächeln. Die Teller sehen aus wie geleckt.

«Das haben Sie gut gemacht, Emoni.» Elena sieht auf die Uhr. «Oh! Sie müssen los, sonst verpassen Sie das Abendessen mit Ihrer Gruppe. Wir räumen hier schon auf, keine Sorge.»